Ob John Degenkolb, Tony Martin oder Chris Froome. Fast alle Profis tun es. Manche von ihnen sogar in der Sauna: Rollentraining. „Hassliebe“ beschreibt die Beziehung vieler Radsportler zum Training auf der Rolle wohl am besten.
Es gibt viele Gründe, weshalb ein Rollentrainer-Kauf Sinn ergibt. Die meisten sind eher unerfreulich: Das Wetter, die Dunkelheit oder eine Verletzung, die das Straßentraining unmöglich machen. Und es gibt genügend Gründe für die Rolle: Ein Buch, dass man während des Trainings lesen kann, ein guter Film, der nebenbei läuft oder einfach, um am Winterabend den Kopf vom Büro frei zu fahren. Im Test haben wir drei verschiedene Trainer-Systeme getestet: Freie Rollen sowie magnet- und luftgebremste Kassettentrainer.
Rollentrainer im Test: Kassettentrainer
Der klassische Kassettentrainer benötigt kein Hinterrad. Er verfügt am Antrieb über einen Zahnkranz. Dort wird der Hinterbau des Rennrads eingespannt. Man spart sich einen speziellen Trainingsreifen wie bei den klassischen Rollentrainern und kann das Gerät auch an die Bedürfnisse eines Mountainbikes anpassen. Beim magnetgebremsten Kassettentrainer treibt man nicht sein eigenes Hinterrad, sondern ein Zusatzgewicht an. Das erklärt das relativ hohe Eigengewicht im Vergleich zu anderen Modellen. Der Wahoo Kickr im Test wiegt beispielswiese knapp über 20 Kilogramm. Der Tretwiderstand passt sich entweder automatisch an oder wird per App gesteuert. Der Vorteil dieses Systems liegt auf der Hand: Das Trainieren kommt dem Fahrgefühl auf der Straße sehr nahe. Lässt man zwischendurch die Beine hängen, dann bremsen diese Trainer nicht sofort auf Null herunter, sondern laufen noch eine Weile nach. Je nach Modell und Geldbeutel sind die magnetgebremsten Rollentrainer mit einem Powermeter ausgerüstet. Beim Wahoo Kickr ist das beispielsweise der Fall. Man hat dann Wattwerte, Kadenz, Geschwindigkeit und weitere Parameter stets im Blick.
RennRad-Tipp: Aufgepasst beim Kauf. Nicht alle Modelle gibt es mit Campagnolo-Freilauf.
Der Klassiker, die freie Rolle, ist als Trainingsmittel im Radsport seit Jahrzehnten nicht wegzudenken. Es gibt kaum einen Nachwuchssportler, der nicht mit einer freien Rolle aufgewachsen ist. Mittlerweile sind die Modelle bei den Jüngeren aber etwas aus dem Bewusstsein verschwunden. Zu unrecht. Freie Rollen wie zum Beispiel die Elite Quick Motion sind deutlich leiser als andere Systeme. Sie eignet sich vor allem für Mieter, die nach der Arbeit gerne noch eine Stunde locker trainieren möchten. Doch einfach mal aufs Rad setzen und Hirn ausschalten, gelingt hier nicht. Man bewegt sich schließlich auf freien Rollen. Das schult Koordination und Kondition gleichzeitig. Das Fahrgefühl ist äußerst realistisch. Trotzdem will der Umgang mit diesen Systemen gelernt sein. Anfänger sollten das Fahren zunächst in der Nähe eines Tisches oder einer Ablage üben, um sich im Notfall abstützen zu können. Sehr hohe Wattzahlen sind konstruktionsbedingt kaum möglich, dafür aber das Fahren im Wiegetritt.
RennRad-Tipp: Wem das Fahren auf der freien Rolle am Anfang zu unsicher ist, der kann sich bei einigen Modellen sogar eine Halterung für die Gabel kaufen. Der beim Training gewünschte Koordinationsaspekt fehlt dann allerdings.
Rollentrainer im Test: Der Newcomer
Zugegeben, unsere Tester waren am Anfang etwas irritiert, als sie das Modell Revbox zum ersten Mal gesehen haben. Was ausschaut wie ein riesiger Ventilator, ist die neueste Entwicklung des deutschen Tüftlers Philipp Schacht. Anders als bei den herkömmlichen Kassettentrainern ist der Trainer nicht magnet-, sondern luftgebremst. Konkret bedeutet das, dass der Tretwiderstand durch einen Luftwiderstand erzeugt wird. Deshalb drängt sich der Vergleich mit dem Ventilator auf. Komplett neu ist das System übrigens nicht. In herkömmlichen Fitnessstudios gehören luftgebremste Indoor-Rudermaschinen schon lange zum Inventar. Das Fahrgefühl auf der Revbox unterscheidet sich wesentlich von dem auf der freien Rolle oder dem magnetgebremsten Kassettentrainer. Durch die fehlende Schwungmasse hat man quasi keinerlei Unterstützung vom Eigengewicht des Schwungrads und demnach auch keinen Nachlauf. Hört man auf zu treten, stoppt das System. Ein Vorteil besteht darin, dass das Training durch das Geräusch des „Ventilators“ hörbar wird. „Audible feedback“ nennt der Entwickler diesen Umstand. Ein konstanter Sound lässt auf einen runden Tritt schließen. Ist dies nicht der Fall, ist noch viel Training auf der Revbox nötig.
RennRad-Tipp: Das Modell braucht etwas Eingewöhnungszeit. Einfach loslegen und Kopf ausschalten, funktioniert hier nicht. Die Geräuschkulisse ist gewollt und soll den Tritt verbessern. Mieter legen einfach eine etwas festere Matte unter den Trainer.
Auf der Rolle
Rollentraining im Winter ist zwar nicht immer schön, aber dafür effektiv. Die besten Tipps für ein effizientes Intervall-Programm auf der Rolle.
Zum Einstieg: Fahrtspiel (Fartlek) auf der Rolle
Sie haben das Wort „Fahrtspiel“ nie zuvor gehört? Die Trainingsform (schwedisch: Fartlek, von fart = Geschwindigkeit und lek = Spiel) kommt eigentlich aus dem Laufsport. Während eines Dauerlaufs wird dabei das Lauftempo mehrmals gesteigert und verringert. Das lässt sich eins zu eins aufs Rollentraining übertragen. Ziel ist die Steigerung der allgemeinen Fitness. Ein Fahrtspiel eignet sich daher perfekt zum Einstieg ins Wintertraining. Die Belastung fällt ähnlich wie bei der Intervallmethode unregelmäßig und unterschiedlich hoch aus. Die Dauer liegt bei 45 Minuten für Einsteiger und bis zu 90 Minuten für Fortgeschrittene. Die Belastung bewegt sich dabei im Bereich von 70-85 Prozent der maximalen Herzfrequenz.
Rollentrainer-Programm für Fortgeschrittene
Ziel des traditionellen Intervalltrainings ist je nach Intensität die Kraftausdauer, die Schnelligkeitsausdauer, die Laktattoleranz und die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) zu verbessern. Ein typisches Intervallprogramm auf der Rolle dauert zwischen 45 und 90 Minuten. Generell gilt noch: Je kürzer die Gesamtzeit, desto härter können Sie die jeweiligen Intervalle planen. Der Pulsbereich liegt meist zwischen 70 bis 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Hören Sie beim Intervalltraining auf der Rolle unbedingt in Ihren Körper hinein. Im Zweifelsfall lässt man eher eine Serie weg, statt diese mit aller Gewalt zu Ende zu bringen.
Beispiel Intervall-Programm (75 Minuten)
Ein typisches Intervallprogramm auf der Rolle dauert zwischen 45 und 90 Minuten. Generell gilt noch: Je kürzer die Gesamtzeit, desto härter können Sie die jeweiligen Intervalle planen. Der Pulsbereich liegt meist zwischen 70 bis 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz.
Beispiel Fartlek-Programm für Einsteiger (60 Minuten)
Stufe | Dauer in min |
Position und Profil | Trittfrequenz | % der max. Herz- frequenz |
Warm up | 10 | Sitzend und flach | 80-100 | 60-70 |
5 | Sitzend und flach | 100-110 | 70-75 | |
5 | Sitzend und Berg | 70-75 | 80 | |
2 | Sitzend und Berg | 70-75 | 80 | |
3 | Sitzend und Flach | 100 | 85 | |
10 | Sitzend und Flach | 100 | 70 | |
3 | Sitzend und Flach | 105 | 75 | |
2 | Sitzend und Flach | 110 | 80 | |
5 | Sitzend und Flach | 90 | 70 | |
Steigern | 5 | Sitzend/Stehend und Berg | 70, 65, 60 | 75, 80, 85 |
Ausrollen | 10 | Sitzend und flach | 90 | 70-60 |
Beispiel Intervall-Programm (75 Minuten)
Stufe | Dauer in min |
Position und Profil | Trittfrequenz | % der max. Herz- frequenz |
Warm up | 10 | Sitzend und flach | 90-100 | 60-70 |
7/3 | Sitzend und flach | 90-100 | 75/85 | |
5 | Sitzend und flach | 90-100 | 60-70 | |
7/3 | Sitzend und Berg | 70 | 75/90 | |
5 | Sitzend und Flach | 90-100 | 60-70 | |
7/3 | Sitzend und Flach | 90-100 | 75/85 | |
5 | Sitzend und Flach | 90-100 | 60-70 | |
7/3 | Sitzend und Berg | 70 | 75/90 | |
Ausrollen | 10 | Sitzend und Berg | 90-100 | 60-65 |
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