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Lebensmittel im Radsport: Stand der Forschung zur Ernährung

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Lebensmittel im Radsport: Stand der Forschung zur Ernährung

Welche Lebensmittel sind wirklich gesund? Welche sollte man meiden? Und warum? Welche Lebensmittel sorgen für eine hohe sportliche Leistungsfähigkeit? Einblicke.
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Viele Radprofis trinken Cola, das Zuckerwasser mit Koffein, Aroma und Farbstoffen. Warum? Weil es zu dem Zeitpunkt, an dem sie das Lebensmittel zu sich nehmen, Sinn ergibt: im Finale eines Radrennens. Der Zucker liefert schnell Energie, das Koffein regt an. Dieses Beispiel zeigt eine der vielen Schwierigkeiten in der sehr menschlichen Suche nach einer Einteilung: gut gegen böse. Nur: So einfach ist es meist nicht.

Der viel diskutierte Stoff namens „Zucker“ hat sehr viele Nachteile. Er ist für viele gesundheitliche Schäden zahlreicher Menschen mitverantwortlich. Oder ist es eher der Umgang der Menschen mit diesem Stoff, der dafür verantwortlich ist? Fakt ist, dass man – gerade als Sportler – den Zucker nicht per se verteufeln sollte. Im Alltag ist er eher zu meiden. Doch um sportliche Höchstleistungen zu erbringen, ist er unverzichtbar.

Ein dauerhaft erhöhter Zuckerkonsum steht unter anderem im Zusammenhang mit einem steigenden Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer Beeinträchtigung der Darmgesundheit, der Entstehung von systemischen Entzündungen und der Störung von Hormonsignalen – insbesondere von Dopamin, einem „Glückshormon“. Ein Zuviel an Zucker hat demnach nicht nur negative körperliche, sondern auch mentale Folgen.

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Depressionen

In einer groß angelegten aktuellen Studie der Women’s Health Initiative wurden 70.000 Frauen über drei Jahre hinweg beobachtet. Die Forscher stellten dabei fest, dass Frauen, die große Mengen an raffiniertem Zucker konsumieren, ein 23-fach höheres Risiko hatten, später an einer Depression zu erkranken als diejenigen, die nur geringe Mengen täglich zu sich nehmen.

Folgestudien zeigten, dass die Häufigkeit von Depressionen bei Jugendlichen und Erwachsenen auch bei denjenigen höher war, die angaben, regelmäßig zuckergesüßte Getränke zu trinken. Eine generelle Empfehlung der Wissenschaftler lautet: Männer sollten weniger als 36 Gramm Zucker täglich zu sich nehmen – Frauen maximal 25 Gramm.

Milch als umstrittenes Lebensmittel

Ein weiteres „umstrittenes“ Lebensmittel ist Milch. Milch besteht zu rund 87 Prozent aus Wasser. Der Rest setzt sich aus Eiweißen, Milchzucker und Fetten zusammen. Trotz des hohen Wasseranteils gilt Milch nicht als Getränk, sondern als ein Grundnahrungsmittel. Noch einige weitere Mineralstoffe, Vitamine und Rückstände sind in Kuhmilch enthalten und machen sie gegenüber anderen Lebensmitteln besonders.

Milch enthält rund 400 verschiedene Fettsäuren, Hormone und sehr viele essenzielle Nährstoffe. Die Studienlage ist jedoch widersprüchlich. Im Hinblick auf Kohlenhydrate, Elektrolyte oder Kalzium kommen die meisten Studien nur auf wenig aussagekräftige Ergebnisse. Für Athleten sind vor allem für die darin – in Form von Molke und Kasein – enthaltenen Proteine interessant.

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Regeneration

Die Ernährungswissenschaftlerin Glenys Jones nennt Milch „ein ideales Sportgetränk“. Andere Experten raten hingegen, vor allem aufgrund der enthaltenen Hormone, davon ab, Milch zu trinken.

Eine – allerdings von der Milchindustrie finanzierte – Studie der englischen Northumbria Universität zeigte, dass Athleten, die direkt nach der Trainingseinheit Milch konsumierten, beim nächsten Training eine höhere Leistung erbrachten als diejenigen, die ein Sportgetränk zu sich nahmen. Die Studienleiterin Emma Cockburn empfiehlt Athleten, Milch unmittelbar nach der Belastung zu trinken, um mithilfe des enthaltenen Eiweißes die Muskelregeneration zu unterstützen. Dass Kakao beziehungsweise Schokomilch ähnlich effizient ist wie teure Recovery-Drinks, haben mehrere Studien gezeigt.

Die Themen „Regeneration“ und „Proteine“ gehören zusammen. Entscheidend bei der Auswahl der Proteine ist die biologische Wertigkeit. Je höher die Wertigkeit, desto besser kann der Körper die Proteine verwerten. Als Referenzwert gilt das Hühnerei mit einer Wertigkeit von 100. Fisch und Rindfleisch kommen in ihrer Wertigkeit auf knapp über 90, Käse auf 85, Sojabohnen auf 84.

Lebensmittel wie Reis, Kartoffeln und Brot besitzen eine Wertigkeit von rund 70. Die gute Nachricht für alle vegetarischen Sportler ist: Durch die richtige Kombination mehrere Proteinquellen kann die biologische Wertigkeit stark erhöht werden, wie zum Beispiel Kartoffeln mit Hühnereiern – gemeinsam erreichen die beiden Lebensmittel eine Wertigkeit von 136.

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Wie sind Eier als Lebensmittel für Sportler zu bewerten?

Auch darüber, wie gesund beziehungsweise ungesund Eier sind, wird gestritten. Die Sicht, dass sie wegen „ihres hohen Cholesteringehaltes“ unbedingt zu meiden seien, ist veraltet. Genetisch bedingt verfügt ein Mensch über mehr oder weniger sogenannter LDL-Rezeptoren in der Leber, die den Cholesterinwert im Blut regulieren. Der Cholesterinspiegel lässt sich demnach nur in geringem Maße über die Ernährung steuern.

Während das Eiklar fast überwiegend aus Wasser sowie wenig Fett und Cholesterin besteht, setzt sich das Eigelb aus 32 Prozent Fett und 16 Prozent Eiweiß zusammen. Den Rest machen Wasser, Mineralstoffe wie die Vitamine A, D und E sowie Zink, Eisen, Selen, Folsäure und Biotin aus.

Koffein und Kaffee

Ein früher oft negativ gesehenes Lebensmittel, das inzwischen als rehabilitiert gilt, ist Kaffee. Dessen ehemals schlechtes Image geht auf einen simplen Statistikfehler zurück, genauer auf Studien aus den 1980er-Jahren, in denen Kaffeetrinker eine erhöhte Sterblichkeit aufwiesen. Nur war dafür nicht der Kaffee die Ursache, sondern der Fakt, dass viele exzessive Kaffeetrinker auch starke Raucher waren.

Für Wettkampfathleten war ein Zuviel an Koffein einst auch tabu – denn bis 2004 stand es auf der Dopingliste der WADA. Sobald Koffein im Blut angekommen ist, wird es in fast alle Organe transportiert und entfaltet seine Wirkung über Bindungen an unterschiedlichen Rezeptoren.

Koffein hat zum einen Auswirkungen auf das Gehirn, was sich zum Beispiel in einer verbesserten Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit widerspiegelt. Zum anderen kann es die körperliche Leistungsfähigkeit beeinflussen: Es wirkt sich auf das Nervensystem aus und führt zu einer Erweiterung der Bronchien, zur Steigerung der Herzfrequenz und des Blutdrucks. Da Koffein auch Calciumionen aus den Zellspeichern freisetzt, hat es einen direkten Einfluss auf die Muskelaktivität, denn Calciumionen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Muskelkontraktion. Eine erhöhte Ionen-Zahl führt somit zu einer gesteigerten Kontraktionskraft des Muskels.

Die Ausdauerleistung

Durch die Freigabe des Koffeinkonsums im Leistungs- und Wettkampfsport kam wahrscheinlich auch ein gesteigertes wissenschaftliches Interesse an diesem Thema auf. Ist Koffein wirklich leistungsfördernd?

Das British Journal of Sports Medicine hat 2019 insgesamt 21 Studien zum Thema Leistungssteigerung und Koffein miteinander verglichen. Die Ergebnisse: Positive Effekte zeigten sich im Bereich der Muskelausdauer, der Muskelkraft sowie der anaeroben Kraft und der aeroben Ausdauerfähigkeit. Weiter hat sich die „School of Sport, Exercise and Nutrition“ in Neuseeland dieses Themas angenommen und im Rahmen einer Metaanalyse 41 Studien ausgewertet. Der durchschnittliche leistungssteigernde Effekt des Koffeins liegt bei 2,58 Prozent.

Ähnliche positive Ergebnisse zeigten sich bei der Sprung- und der Schnellkraft. Bei den meisten dieser Untersuchungen wurde Koffein in Tablettenform substituiert. Es konnte belegt werden, dass eine Koffeinmenge von drei bis sechs Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu entsprechenden Effekten führt. Für einen 70 Kilogramm schweren Athleten entspricht dies 210 bis 420 Milligramm. Eine Tasse Kaffee enthält rund 100 Milligramm Koffein. Auch das Timing ist wichtig: Denn der Koffeinspiegel im Blut erreicht erst rund 40 bis 80 Minuten nach dem Kaffeetrinken seinen Höhepunkt. Die optimale Wirkung von Koffein entfaltet sich nach rund 60 Minuten.

Wie Kaffee dem Sportler bei der Erholung hilft

Alkohol und Sport

Das eine Weißbier nach dem Training? Das „gesunde“ Glas Rotwein am Abend? Wie schädlich ist Alkohol wirklich? Dies ist ein viel diskutiertes Thema. Ein Gramm Alkohol, ergo der Ethanol-Anteil in alkoholischen Getränken, entspricht ganzen sieben Kilokalorien. Der Alkohol gelangt durch den Mund, den Magen und den Dünndarm in den Blutkreislauf und wandert dann in die Leber, wo er zum Teil abgebaut wird. Ein Glas Bier hat rund doppelt so viele Kalorien wie ein Glas Wein.

Wie wirkt sich Alkohol auf die Leistungsfähigkeit eines Sportlers aus? Diese Frage beantworteten Forscher in einer umfangreichen, 2014 veröffentlichten Studie. Die Probanden: männliche gut trainierte Sportler.

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Welchen Einfluss hat Alkohol als Lebensmittel auf die sportliche Leistungsfähigkeit?

Sie führten zunächst ein Krafttraining, danach ein 30-minütiges intensives Intervalltraining durch. Unmittelbar nach dem Training – und nochmals vier Stunden später – nahmen die Probanden entweder 25 Gramm Molkeprotein, eine Menge von 1,5 Gramm Alkohol pro Kilogramm Körpermasse oder eine energetisch angepasste Menge an Kohlenhydraten in Verbindung mit Alkohol zu sich.

Die Ergebnisse: In Verbindung mit Alkohol zeigte sich nach dem Training eine signifikant geringere Proteinbiosynthese. Alkohol hemmt somit die Regeneration und den Muskelaufbau – und beeinträchtigt die Anpassungsprozesse des Körpers an eine Belastung.

Alkohol und Radsport: Ist Alkohol wirklich leistungshemmend?

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