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Istria300: Reportage und Tipps zum Radmarathon in Kroatien

Hügel & Meer

Istria300: Reportage und Tipps zum Radmarathon in Kroatien

Das Istria300 in Kroatien ist viel mehr als ein Radevent. Es bietet: Gemeinschaft, Urlaubsgefühle, Anstrengung und Touren bis zu 300 Kilometer. Reportage & Tipps.
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Die Luft riecht nach Salz, der Klang der Wellen vermischt sich mit den Geräuschen von Stimmen, Ketten und Freiläufen. Die Luft ist mild, der Himmel wolkenlos. Ich gehe aus dem Sattel und fahre im Wiegetritt bergab. Wie so oft. Hügel folgt hier auf Hügel. Die Sonne malt goldene Streifen auf die Straßen.

Ich erlebe eine Mischung aus Idylle, Urlaubsgefühl und Renn-Atmosphäre. Für mich kam all dies extrem unerwartet. Es fühlt sich an wie ein Lottogewinn. Nun bin ich hier, in der Region Poreč, in Istrien, Kroatien – als Teil der Ladies Squad Istria300.

Es war viele Wochen zuvor, an einem grauen Nachmittag, als alles begann. Ein Freund legte mir das RennRad-Magazin auf den Tisch, in dem er einen Artikel über das Istria300-Event markiert hatte. „Das musst du machen“, sagte er mit einem Blick, der keine Widerrede zuließ. Ich lachte, schüttelte den Kopf. „Ich? Keine Chance, da werde ich nie ausgewählt.“ Aber er ließ nicht locker. Ich schickte meine Bewerbung ein – mit der festen Überzeugung, dass ich niemals eine Antwort bekommen würde. Doch dann kam sie: die Mail. Ich saß wie erstarrt vor dem Bildschirm, las die Worte ein zweites, ein drittes Mal und fühlte: aufkommendes Glück. Ich war dabei.

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Adrenalin & Gemeinschaft

Parallel zur Euphorie drängte sich jedoch eine weitere Stimme in meinen Kopf und wurde immer lauter. Sie stellte immer nur eine Frage: Bin ich dem überhaupt gewachsen? Istria300 ist ein ganz besonderes Rad-Event: Es findet immer im September oder Oktober statt – drei verschiedene Strecken werden angeboten. Das Highlight für viele ist klar: Man hat hier die Möglichkeit, eine „magische Grenze“ zu durchbrechen – die 300-Kilometer-Marke. Die Streckenoptionen lauten: 135 Kilometer mit 1800 Höhenmetern, 209 Kilometer mit 3250 Höhenmetern und 300 Kilometer mit 5150 Höhenmetern.

Als ich in Poreč ankam, spürte ich sofort: Hier geschieht etwas Besonderes. Die ersten Begegnungen mit den anderen Frauen der Ladies Squad verliefen wie ein Wiedersehen mit alten Freundinnen. Vom ersten Moment an herrschte ein familiärer Geist – keine Spur von Konkurrenzdenken, nur Vorfreude und Neugier. Unsere ersten gemeinsamen Touren führten uns durch malerische Dörfer, über Hügel, die sich wie grüne Wellen aneinanderreihten, und entlang des glitzernden Meeres.

Besonders beeindruckend war, dass auch viele Locals und Rennrad-Einsteiger an den Social Rides teilnahmen. Es entwickelte sich eine wunderbare Dynamik unter all den Frauen aus verschiedenen Ländern mit ihren sehr unterschiedlichen Hintergründen. Dann kommt er: der Morgen des Rennens. Früh aufstehen, viel frühstücken, sich bereit machen – das fühlte sich elektrisierend an. Im Startbereich stellen wir uns direkt hinter den Profis auf. Meine Herzfrequenz steigt schon jetzt auf deutlich mehr als 120 Schläge in der Minute.

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Hügel & Ausdauer

Dies ist ein Moment, den ich niemals vergessen werde. Die Geräuschkulisse, das Klicken der Pedale, die Jubelrufe der Zuschauer – alles ist intensiver, größer, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte mich für die mittlere Strecke entschieden: 215 Kilometer, eine Distanz, die Respekt einflößt, aber nicht einschüchtert. Während wir losrollen, fühle ich eine Mischung aus Adrenalin und innerer Ruhe. Der Gedanke, ein Teil von etwas Großem zu sein, treibt mich an. Die Strecke ist – durch die vielen, meist kurzen, aber oft steilen Anstiege – anspruchsvoll, aber landschaftlich wunderschön. Flache Abschnitte wechseln sich mit Hügeln, Rampen und Abfahrten ab. Die vielen technischen Passagen fordern die volle Konzentration.

Was mich am meisten berührt, ist die Unterstützung innerhalb der Gruppe. Egal, ob jemand am Berg kämpft oder auf einer langen Geraden das Tempo nicht halten kann – wir sind alle füreinander da: Anfeuerungsrufe, Scherze und ein Lächeln, das alles etwas leichter macht. Nach rund 150 Kilometern erlebe auch ich eine kleine Krise. Ich fühle mich schwach. Die Ermüdung dringt immer weiter durch. Doch nach einer kurzen Verpflegungspause und einem längeren Flachstück erhole ich mich wieder etwas.

Istria300: Ein besonderes Rad-Event

Irgendwann nähern wir uns wieder der Küste des Mittelmeers – und bald auch dem Ziel. Wir kommen wieder dort an, wo wir Stunden zuvor gestartet sind: in Poreč. Als ich die Ziellinie überquere, bin ich erschöpft, aber glücklich. 209 Kilometer liegen hinter uns – jeder einzelne davon hat sich gelohnt. Die Anstrengung, die Stunden im Sattel, die Herausforderungen unterwegs – alles wird in diesem Moment irrelevant. Absteigen, sich freuen, essen, duschen, essen, schlafen, essen.

Dies war ein besonderes Rad-Event – und ein besonderes Wochenende. Das eigentliche Geschenk lag für mich nicht nur in der langen Tour, sondern in dem ganzen Erlebnis – in den Menschen, mit denen ich es teilen durfte. Die Ladies Squad war mehr als nur ein Team – sie war eine Gemeinschaft, die mich inspiriert und bereichert hat.

Die Erfahrung in Istrien hat mir letztlich nicht nur gezeigt, was ich sportlich erreichen kann, sondern auch, wie viel Kraft in einer Gemeinschaft und einer gegenseitigen Unterstützung steckt. Schon kurz nach der Zieldurchfahrt ist mir völlig klar, wie ich diese Geschichte fortschreiben will: Ich möchte im nächsten Jahr wiederkommen – und dann die 300-Kilometer-Strecke in Angriff nehmen. Diese besondere Reise war erst der Anfang für mich.

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Istria300: mehr als nur ein Rad-Event – sondern ein Erlebnis

Das Event: Istria300

Der Start und das Ziel sind im kroatischen Poreč auf der Halbinsel Istrien. Man kann Strecken über 135, 209 oder 300 Kilometer wählen. Das Event ist seit seiner Einführung rasant gewachsen – und war auch 2024 mit 3500 Startern ausverkauft.

Auch der Anteil der Frauen an der Gesamt-Starteranzahl stieg kontinuierlich an. 2023 gingen 470 Fahrerinnen an den Start. Die Quote hat sich damit von neun Prozent bei der ersten Auflage auf 17 erhöht. Passiert ist dies jedoch nicht einfach so. „Wir haben 2023 die Initiative ‚Istria300 Ladies‘ ins Leben gerufen“, sagt die Projektleiterin Valerie Rupitsch, die auch Botschafterin der Frauen-Rennrad-Marke Liv ist. „Dabei haben wir bewusst Maßnahmen gesetzt, die Frauen dabei unterstützen, ihre Ziele zu erreichen und ihnen ein einzigartiges Erlebnis bieten sollen. Dass die Frauen-Teilnahme-Quoten bei Events oftmals sehr gering sind, betrifft leider viele Sportarten. Gerade im Radsport gibt es hier aktuell eine sehr große Diskrepanz zwischen dem Alltag und Events, denn die Zahl der rennradfahrenden Frauen ist in den letzten Jahren extrem stark gestiegen. Wir wollen alle und speziell Frauen darin bestärken, an dem Rennen teilzunehmen. Wir wollen sie sichtbar machen, unterstützen und gemeinsam ein Netzwerk aufbauen.“

Der Erfolg des Istria300 Ladies beruht auch auf dem Gastgeber, den Valamar-Hotels in Poreč, die ihren Slogan „Valamar loves Bike“ mit Leben erfüllen. So gibt es die Möglichkeit, die Räder im Zimmer aufzubewahren und am Rennsonntag ein „Early-bird-Frühstück“ zu bekommen, um so optimal gestärkt auf die jeweilige Strecke zu gehen. Schließlich sind bis zu 300 Kilometer mit 5200 Höhenmetern zu absolvieren.

Was auch bei der vierten Auflage gleich bleibt, ist die volle Flexibilität. Konkret: dieselbe Startgebühr für alle drei Strecken und die Möglichkeit, sich unterwegs noch zu entscheiden, welche Strecke man fahren möchte. Somit kann man seine Runde auch nach dem Startschuss noch an die aktuelle Tagesform anpassen.

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Poreč: Ideale Rennrad-Destination

Dazu kommt, dass Poreč für viele als ideale Rennrad-Destination gilt. Denn das Wetter ist meist schon im Frühjahr mild. Zudem kann man von hier aus die Küsten, das Hinterland und die gesamte Halbinsel Istrien optimal erkunden. Beim Istria300 im Oktober warten mit meist rund 21 bis 23 Grad perfekte Sport-Temperaturen auf die Athleten.

Wie es sich anfühlt, zum ersten Mal beim Istria300 dabei zu sein, schilderte ein RennRad-Autor bereits in einer großen Reportage. Sein Eindruck: „Zum ersten Mal in meinem Leben überschreite ich die Marke: Ich fahre 300 Kilometer in einem Radrennen. 300 Kilometer an einem Tag – mit fast 5400 Höhenmetern. Ich bin beim Istria300. Das Event eignet sich perfekt für solch ein Experiment, weil man noch auf der Strecke selbst entscheidet, ob man 135, 209 oder 300 Kilometer fahren will – beziehungsweise fahren kann. Ich habe mir die Minimum-Durchgangszeiten aufs Oberrohr geklebt, um noch spontan je nach dem Gefühl und dem Ermüdungsgrad entscheiden zu können. Ich fahre durch Nadelbaumwäldchen, durch graue Felslandschaften, durch kleine Dörfchen mit Steinhäusern. Auf und ab und auf und ab. Die meisten Anstiege sind recht kurz, weniger als 100 Höhenmeter, aber teils steil und unrhythmisch zu fahren. Es ist die Masse der Hügel, die mir die Kraft aus den Beinen zieht.“

Weitere relevante Informationen finden Sie unter www.istria300.com/de.

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