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WorldTour 2023: Vorschau auf die Radsport-Saison – Teams, Transfers, Leistungen

Machtwechsel

WorldTour 2023: Vorschau auf die Radsport-Saison – Teams, Transfers, Leistungen

Wenige Top-Teams setzen sich von den anderen ab – oder? Transfers, Leistungen und Machtverhältnisse: ein Ausblick auf die Saison 2023.
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20 Kilometer vor dem Ziel tritt er an – und ist alleine. Alleine an der Spitze des vielleicht berühmtesten und wichtigsten Radrennens des Jahres: Er fährt allein durch „die Hölle des Nordens“. 235 Kilometer liegen schon hinter ihm. Doch es ist nicht die Distanz, die dieses Rennen definiert, sondern der Untergrund: die „Cobbles“ – 55 Kilometer Kopfsteinpflaster, wie man es hierzulande nicht findet: so grob, dass man kaum lenken kann. So zerklüftet, dass man hin- und hergeschleudert wird. Es sei denn: Man fährt extrem schnell. Über die Pave-Abschnitte bedeutet Geschwindigkeit auch: Sicherheit und „Komfort“ – wobei dieses Wort hier eigentlich völlig unangebracht ist. Der Fahrer an der Spitze ist: Dylan van Baarle. Der Niederländer galt bislang als Top-Ten-Klassiker-Fahrer und tempofester Helfer. Doch dieser Tag ändert alles. Er erreicht das Ziel mit 1:47 Minuten Vorsprung auf den Zweitplatzierten, einen der Top-Favoriten bei diesem Rennen, seinen neuen Teamkollegen ab 2023: Wout van Aert, Jumbo-Visma.

Die Top-Teams Ineos Grenadiers und Jumbo-Visma bestimmen die WorldTour. Es sind die Teams mit den höchsten Budgets, mit den stärksten Fahrern und mit den auch in der Breite bestaufgestellten Mannschaften. Ineos Grenadiers gewann von 2011 bis 2021 elf Grand Tours und allein siebenmal die Tour de France. In der vergangenen Saison ging das „Über-Team“ der vergangenen Dekade leer aus. Richard Carapaz scheiterte beim Giro d’Italia knapp an Jai Hindley, Bora-Hansgrohe. Geraint Thomas war bei der Tour de France chancenlos gegen Jonas Vingegaard und Tadej Pogačar. Bei der Vuelta überzeugte Carapaz mit drei Etappensiegen aus Fluchtgruppen – nicht jedoch in der Gesamtwertung. Der beste Fahrer des Teams war ein 21-Jähriger: der Spanier Carlos Rodríguez, als Siebter. Der Erfolg von Dylan van Baarle bei Paris-Roubaix, aber auch sein späterer Wechsel zum niederländischen Team Jumbo-Visma zeigen zwei Neuausrichtungen: jene innerhalb des einstigen Top-Teams und jene eines Machtwechsels in der WorldTour.

WorldTour 2023: Neuausrichtung und Top-Talente

39 Siege erreichte die britische Equipe Ineos Grenadiers 2022. Die größten Erfolge: der Sieg bei Paris-Roubaix durch Dylan van Baarle und jener beim Amstel Gold Race durch Michał Kwiatkowski. Nimmt man den Erfolg des damals 19-jährigen Magnus Sheffield beim Pfeil von Brabant hinzu, zeigt sich: Ineos Grenadiers war eine der stärksten Klassiker-Mannschaften des vergangenen Jahres. Die Ausrichtung des Teams veränderte sich. Die Ineos-Fahrer traten oft geschlossen und taktisch aggressiv auf – und belohnten sich dafür. Die „Sky-Züge“ von früher sah man dafür bei den Bergetappen der großen Rundfahrten nur selten. Ineos hatte mit dieser Neuausrichtung Erfolg – aber möglicherweise auch keine Wahl.

Dies ist die zweite Seite jener „Neuausrichtung“: Andere Teams sind bei den Rundfahrten an den Briten vorbeigezogen – vor allem eines: Jumbo-Visma. Dem niederländischen Team gelang es im vergangenen Jahr nach mehreren erfolglosen Versuchen, die Tour de France zu gewinnen. Der Sieg Jonas Vingegaards entstand aus der Dominanz der Equipe – und seinen hervorragenden Einzelfahrern: Jonas Vingegaard ließ sich zu keinem Zeitpunkt von dem Top-Favoriten Tadej Pogačar abschütteln. Eines der bleibenden Bilder der Tour sind seine Wechselangriffe auf den Slowenen gemeinsam mit Primož Roglič am Col du Galibier. Wout van Aert gewann nicht nur drei Etappen und das Grüne Trikot, sondern war auch in den Pyrenäen der wichtigste Helfer Vingegaards. Mit der Tour de France unterstrich Jumbo-Visma den Anspruch als Nummer eins der WorldTour – vor Ineos Grenadiers, und vor überragenden Top-Fahrern wie Tadej Pogačar und seinem UAE-Emirates-Team. Die Transfers der Equipe sprechen für ein Fortbestehen dieses „Macht-Anspruchs“. Dylan van Baarle hat gezeigt, dass er einer der besten Klassiker-Fahrer der Welt sein kann – und einer der stärksten Helfer bei einer Grand Tour.

Wilco Keldermann kommt von Bora-Hansgrohe. Er war bereits sechsmal unter den Top Ten bei dreiwöchigen Landesrundfahrten, 2020 war er Dritter beim Giro. Er wird wohl in die Rolle eines Edelhelfers für Jonas Vingegaard und Primož Roglič schlüpfen. Letzterer ist das einzige große Fragezeichen in diesem Team. Die Tour und die Vuelta musste er je nach einem Sturz beenden. Seine Schulterprobleme behindern wohl auch seinen Saisonstart. „Ich traue Primož immer noch Etappensiege, ein Bergtrikot oder Top-Fünf-Plätze bei Giro, Tour und Vuelta zu – ein Siegfahrer ist er bei den großen Rundfahrten aber nicht mehr“, sagte Jens Voigt bereits vor der Vuelta. Primoz Roglič ist 33 Jahre alt – und sein Nachfolger befindet sich schon im gleichen Team.

Die Neuzugänge sprechen dafür, dass die Mannschaft wieder bei allen Rennen eine Rolle spielen möchte – bei den Klassikern mit Van Aert, Van Baarle, Tiesj Benoot und einer Reihe starker Helfer. In den Bergen bei den großen Rundfahrten mit Vingegaard, Roglič, Sepp Kuss, Kelderman, Kruijswijk und Co.

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Vorschau auf die WorldTour 2023

Abgänge und Zugänge

Nennenswerte Abgänge des Teams sind Tom Dumoulin, der seine Karriere beendete, Mike Teunissen, Chris Harper, David Dekker und Pascal Eenkhoorn. Auf dem Papier ist das Team mit Kelderman, dem Ungarn Attila Valter, Jan Tratnik und dem 21-jährigen Briten Thomas Gloag noch stärker geworden. Letzterer ist eigentlich ein typischer Transfer des Ineos-Teams. Die Equipe bildet seit einigen Jahren die besten britischen und viele internationale Talente zu Top-Fahrern aus. Tom Pidcock, Carlos Rodríguez und Magnus Sheffield sind die bisher herausragenden Beispiele. Auch Ben Turner, Ben Tulett, der Australier Luke Plapp und der Deutsche Kim Heiduk gehören zu dieser jungen Generation. Zur kommenden Saison kommen mit Leo Hayter, 21, Joshua Tarling, 18, und dem Kanadier Michael Leonard, 18, neue Top-Talente hinzu.

Der prominenteste Zugang des Teams ist Thymen Arensman, der von der niederländischen Equipe DSM zu den Briten wechselte. Der 23-jährige Niederländer feierte 2022 seinen Durchbruch. Er wurde zweimal Etappen-Zweiter beim Giro d’Italia und gewann die Königsetappe der Vuelta in der Sierra Nevada. In der Gesamtwertung belegte am Ende Rang sechs. Er ist ein großes Rundfahrer-Talent mit Stärken in den Bergen und im Zeitfahren. Die Briten mussten allerdings auch einige Leistungsträger abgeben: Adam Yates wechselt zum Team UAE-Emirates, Richard Carapaz und Andrey Amador gehen zu EF Education-EasyPost, der Grand-Tour-„Edelhelfer“ Richie Porte beendete seine Karriere, Eddie Dunbar wechselte zum Team BikeExchange und Dylan van Baarle zur Equipe Jumbo-Visma.

Favoriten und Herausforderer

Dafür kann Ineos auf einen Quasi-Neuzugang hoffen: Egan Bernal verpasste fast die gesamte Vorsaison nach seinen schweren Verletzungen nach einem Unfall im Januar. Wie seine Verfassung im Jahr 2023 sein wird, ist eine der großen Fragen der neuen Saison. Zu den Top-Teams des vergangenen Jahres zählte auch das UAE Team Emirates um Tadej Pogačar. Trotz des verpassten Tour-de-France-Erfolgs war „Pogi“ mit 16 Siegen der erfolgreichste Fahrer des Jahres 2022 – sein Team ist mit 48 Siegen gleichauf mit Jumbo-Visma an der Spitze. Seine Mannschaft konnte allerdings gerade während der Tour nur sporadisch überzeugen.

Die Neuzugänge sollen nun vor allem im Gebirge helfen. Vor allem: Jay Vine. Der 26-Jährige zeigte bei der Vuelta mit zwei Etappensiegen, dass er sich zu einem der stärksten Bergfahrer entwickelt hat. Der Australier kam als Sieger der „Zwift Academy“ in die WorldTour: Er fuhr virtuelle Rennen auf dem Rollentrainer – und wies herausragende Leistungsdaten nach. Mehr zu diesem Konzept finden Sie in der RennRad-Ausgabe 11-12/2022. Die weiteren Neuzugänge: Felix Großschartner von Bora-Hansgrohe, Tim Wellens von Lotto Soudal und Adam Yates von Ineos Grenadiers. Der 30-jährige Brite ist selbst einer der stärksten Bergfahrer des Pelotons und ein fünfmaliger Top-Ten-Finisher bei Grand Tours. Zudem verpflichtete das Team das 18-jährige „Wunderkind“ Jan Christen aus der Schweiz.

Christen gewann im Junioren-Bereich die Schweizer Meisterschaften auf der Straße, im Cross und auf dem MTB. Im Cyclocross ist er auch amtierender Junioren-Weltmeister. Für das Team Quick-Step Alpha Vinyl verlief die erste Jahreshälfte 2022 extrem enttäuschend. Bei den Frühjahrsklassikern konnte das Team keinen größeren Sieg einfahren – lediglich Fabio Jakobsen besserte die Bilanz zum Saisonstart bei Kuurne-Brüssel-Kuurne auf. Der zweimalige Weltmeister Julian Alaphilippe stürzte während Lüttich-Bastogne-Lüttich schwer und konnte insgesamt nur einen Saisonsieg einfahren – bei der Wallonie-Rundfahrt. Dennoch liegt das Team in der Jahresbilanz mit 47 Siegen auf Rang drei.

Die Gründe: die Sprinter Fabio Jakobsen und Mark Cavendish mit zwölf respektive fünf Saisonsiegen und – natürlich – Remco Evenepoel. Der inzwischen 23-jährige Belgier gewann die Algarve-Rundfahrt, Lüttich-Bastogne-Lüttich, die Norwegen-Rundfahrt, die Vuelta und die Straßen-Weltmeisterschaft. Insgesamt 15 Saisonsiege fuhr er ein und „rettete“ Patrick Lefeveres Team die Saison fast im Alleingang. Auch im kommenden Jahr wird er der Kapitän des Teams sein, das künftig Soudal Quick-Step heißen wird. Mit Zdeněk Štybar, BikeExchange-Jayco, Mikkel Honoré, EF Education-EasyPost, und Iljo Keisse, Karriereende, verlassen einige starke Fahrer die Mannschaft. Auch Mark Cavendish wird im kommenden Jahr nicht mehr für Quick-Step fahren – sein neues Team ist Astana Qazaqstan.

Mit Tim Merlier kommt stattdessen ein sehr starker Sprint-Neuzugang vom Team Alpecin-Fenix, der den „Altmeister“ ersetzen wird. Mit Jan Hirt wechselt zudem ein Bergfahrer zum Team, der Remco Evenepoel im Hochgebirge unterstützen kann. Wenige Teams haben in diesem Jahr große Veränderungen in ihrer Besetzung vorgenommen.

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Wer dominiert die Radsport-Saison 2023?

Neue Chancen und Ziele

Der deutsche Rennstall Bora-Hansgrohe hatte im Vorjahr den großen Umbruch – und die neuen Fahrer haben 2022 für große Erfolge gesorgt: 30 Saisonsiege, darunter der Gesamtsieg beim Giro d’Italia durch Jai Hindley sprechen für sich. „Aufsteigen ist relativ einfach, oben bleiben wird deutlich härter“, sagte der Team-Chef Ralph Denk bei der Saisoneröffnung im Ötztal. Vier Abgänge und drei Neuzugänge verzeichnet das deutsche Team: Die Österreicher Felix Großschartner, UAE Team Emirates, und Lukas Pöstlberger, BikeExchange-Jayco, der Niederländer Wilco Kelderman, Jumbo-Visma, und Martin Laas haben die Mannschaft zum Jahresende verlassen. Die Neuzugänge: der luxemburgische Tour-Etappensieger Bob Jungels, von AG2R Citroën, und Nico Denz, von DSM. „Für mich fühlt sich der Wechsel an, als sei es der Beginn von etwas Großem“, sagt Jungels. Der 30-Jährige ist ein erfahrener Top-Allrounder.

Zudem neu im Team: Florian Lipowitz, ein ehemaliger Biathlet und Radmarathon-Fahrer, der bereits als Stagiaire für Bora Rennen fuhr. „Florian hat einen großen Motor. Wir wurden schon im Vorjahr auf ihn aufmerksam, wollten ihm aber noch Zeit geben, im Radsport richtig Fuß zu fassen. Bei unserem Development-Partner-Team Tirol KTM Cycling hatte er ein sehr gutes Rennprogramm. Als Stagiaire konnte er überzeugen. Das Potenzial ist da, es liegt nun an uns, dieses auch voll zu entwickeln“, sagt Denk über die Verpflichtung des 22-Jährigen. Die Ziele des deutschen Rennstalls werden sich 2023 wohl nicht von jenen der vergangenen Saison unterscheiden. Vor allem Top-Platzierungen im Gesamtklassement der Grand Tours stehen ganz oben.

Mit dem Giro-Sieger Jai Hindley, dem Russen Aleksandr Vlasov und Sergio Higuita aus Kolumbien stehen die Chancen dafür recht gut. Zudem wollen 2023 auch wieder Emanuel Buchmann, Tour-Vierter von 2019, Lennard Kämna und Maximilian Schachmann bei den Rundfahrten überzeugen. Der Berliner Maximilian Schachmann klagte im Spätsommer über ein Erschöpfungssyndrom und beendete die Saison 2022 vorzeitig. Der Sprinter Sam Bennett, der 2022 zu Bora-Hansgrohe zurückkehrte, gewann 2022 zwei Vuelta-Etappen. Im Frühjahr will der Deutsche Meister Nils Politt wieder bei den wichtigen Eintagesrennen um eine Top-Platzierung mitkämpfen und sich seinen Traum vom Klassiker-Triumph erfüllen.

DSM und Astana

Der inzwischen unter niederländischer Flagge startende Rennstall DSM hat zwei deutsche Fahrer ziehen lassen: Nikias Arndt wechselt zu Bahrain Victorious und Nico Denz zu Bora-Hansgrohe. Mit sechs deutschen Fahrern hat DSM immer noch die meisten im Aufgebot – darunter sind neben dem Routinier John Degenkolb auch junge Talente wie Marco Brenner oder Leon Heinschke. Eine der namhaften Neuverpflichtungen des Teams ist Patrick Bevin von Israel Premier Tech, der unter anderem einen Etappensieg bei der Tour de Romandie feierte.

Im Team Astana wird man Vincenzo Nibali, der seine erfolgreiche Karriere 2022 beendet hat, vermissen. Mit Luis León Sánchez von Bahrain Victorious kommt ein sehr erfahrener Mann ins Team. Nur fünf Siege konnte die kasachische Mannschaft im Vorjahr einfahren – für die hohen Ansprüche des Teams ist das zu wenig. Mit Sprintstar Mark Cavendish stieß im Januar ein großer Name zum Team. Phil Bauhaus und Jasha Sütterlin bekommen bei Bahrain Victorious einen deutschen Teamkollegen: Nikias Arndt, der seine bisherige Profilaufbahn zuvor stets bei Iwan Spekenbrink beim Team DSM verbrachte. Arndt ist ein wertvoller Fahrer für die Rundfahrten, weil er ein Rennen „lesen“ kann und eine große Rennübersicht hat – und er kann Phil Bauhaus bei den Sprints unterstützen. Mit Mikel Landa und dem Mailand-Sanremo-Sieger Matej Mohorič sowie Pello Bilbao sind wichtige Leistungsträger im Team verblieben.

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AG2R Citroën, Groupama-FDJ, Intermarché-Circus-Wanty

Der französische Rennstall AG2R Citroën hat sich von starken Fahrern wie Bob Jungels, Lilian Calmejane und Clément Champoussin getrennt. Ben O’Connor, Oliver Naesen oder Benoît Cosnefroy sind neben dem Olympiasieger Greg van Avermaet die wichtigsten verbliebenen Leistungsträger. Das Team will sich vor allem bei den Klassikern vorne zeigen. Cofidis hat die Verträge mit den beiden Deutschen Simon Geschke und Max Walscheid verlängert. Geschkes neun Tage im Bergtrikot zählen zu den Saison-Highlights der französischen Equipe. Bei der Zusammensetzung 2023 gab es nur wenige Veränderungen.

Ähnliches gilt für Groupama-FDJ – auch hier bleiben die Leistungsträger dieselben: Arnaud Démare hatte zwar eine schwierige Saison, doch er genießt weiterhin das Vertrauen der Teamleitung, ebenso wie Thibaut Pinot, der als Etappensieger der Tour de Suisse zu überzeugen wusste. Die weiteren Kapitäne: David Gaudu und der Schweizer Zeitfahr-Spezialist Stefan Küng. Gaudu hat erneut eine Top-Platzierung bei der Tour de France als Hauptziel. Die Neuzugänge des französischen Teams sind ungewöhnlich: Alle sieben Fahrer entstammen dem eigenen Nachwuchs-Team. Der prominenteste unter ihnen ist wohl Romain Grégoire.

Die unter belgischer Flagge fahrende Mannschaft Intermarché-Circus-Wanty muss 2023 auf den erfahrenen Sprinter und Klassikerjäger Alexander Kristoff verzichten, den es zurück in seine Heimat Norwegen zum Team Uno-X gezogen hat.

Wechsel und Kontinuität

Mit zehn Neuverpflichtungen hat Intermarché „groß eingekauft“. Es sind vor allem drei Fahrer, die unter diesen Zugängen hervorstechen: Der Portugiese Rui Costa, ehemaliger Straßenweltmeister, kommt von UAE Emirates, der Tour- und Vuelta-Etappensieger Lilian Calmejane von AG2R und Mike Teunissen von Jumbo-Visma.

Der wohl „spannendste“ Fahrer im Team ist der junge Eritreer Biniam Girmay. Mit seinem Etappensieg beim Giro und seinem Sieg beim Klassiker Gent-Wevelgem hat er gezeigt, was er kann. In der neuen Saison will er dies bestätigen. Das belgische Lotto-Dstny-Team hat 2023 seinen WorldTour-Status verloren, wird aber als Nummer eins unter den ProTour-Teams alle großen Rennen bestreiten können. Die lange Ungewissheit über den Verbleib in der WorldTour war bei Neuverpflichtungen nicht gerade förderlich. Einer der wichtigsten Fahrer im Team ist der junge belgische Sprinter Arnaud de Lie, der 2022 neun Siege feierte. Leistungsträger bleibt auch der Australier Caleb Ewan, der künftig ohne seinen Edelhelfer Roger Kluge auskommen muss: Der Deutsche erhielt keinen neuen Vertrag mehr. Zu den Leistungsträgern, die im Team blieben, zählen unter anderem Andreas Kron, Thomas de Gendt und Victor Campenaerts. Sechs neue Fahrer starten 2023 im Trikot der belgischen Equipe – der bekannteste unter ihnen ist der Niederländer Pascal Eenkhoorn vom Team Jumbo-Visma.

Aufsteiger und Absteiger

In die WorldTour aufgestiegen ist dagegen die Equipe Alpecin-Deceuninck um den Superstar Mathieu van der Poel. Das Team hat mit dem Dänen Sören Kragh Andersen und dem Sprinter Kaden Groves zwei Top-Fahrer verpflichtet. Letzterer soll den Abgang von Tim Merlier zu Soudal Quick-Step kompensieren. Der US-amerikanische Rennstall Trek-Segafredo sicherte sich die Dienste von Natnael Tesfatsion, einem Talent aus Eritrea, dem eine große Zukunft vorausgesagt wird. Er gewann bereits zweimal die Ruanda-Rundfahrt. Der wichtigste Fahrer der Equipe bleibt wohl der dänische Ex-Weltmeister Mads Pedersen, der im Vorjahr drei Vuelta-Etappen gewinnen konnte und für fast die Häfte aller Team-Siege sorgte.

Große Veränderungen hat das Team nicht vorgenommen. Mit Quinn Simmons, Matthias Skelmose, Juan Pedro López, dem Gesamtzehnten des Giro 2022 – und weiteren – hat man mehrere junge Fahrer mit viel Potenzial in den eigenen Reihen. Der deutsche U23-Europameister Felix Engelhardt freut sich auf seine erste Saison beim australischen Team BikeExchange-Jayco. „Für mich geht mit dem Wechsel ein Traum in Erfüllung. Seit ich mit dem Radsport begonnen habe, habe ich immer zu diesem Team aufgeschaut, vor allem wegen der tollen Atmosphäre“, sagt der 22-Jährige über einen ersten Vertrag in der WorldTour. „Es ist immer aufregend, junge Talente mit viel Potenzial in das Team zu holen“, sagt der Teamchef Brent Copeland. Zu den weiteren Zugängen zählen etwa die erfahrenen Zdeněk Štybar, Lukas Pöstlberger, Eddie Dunbar und Alessandro de Marchi.

Der Wechsel von Richard Carapaz

Eine der namhaftesten Neuverpflichtungen des gesamten Transfers-Zeitraums gelang der US-amerikanischen Equipe EF Education-EasyPost: Richard Carapaz, der Olympiasieger von Tokio und Giro-Gesamtsieger von 2019, kommt vom Team Ineos Grenadiers – und wird der neue Kapitän bei den meisten Grand Tours sein. Carapaz hat seinen Edelhelfer Andrey Amador mitgebracht, Stefan de Bod kam von Astana, Mikkel Honoré vom Team Quick-Step. Weiterhin im Team sind starke Kletterer wie Esteban Chaves, Rigoberto Urán und Hugh Carthy, während Ruben Guerreiro zu Movistar wechselte.

Das Team Movistar: Alejandro Valverde hat Ende 2022 mit 42 Jahren seine Karriere beendet. Mit Enric Mas hat man aber nach wie vor einen der stärksten spanischen Klassementfahrer in den eigenen Reihen – und einen der stärksten der Welt. Doch: Die Machtverhältnisse bei den Grand Tours scheinen schon vor der Saison klar zu sein. Die drei stärksten Einzelfahrer heißen, zumindest vorab, „auf dem Papier“: Tadej Pogacar, Jonas Vingegaard und Remco Evenepoel. Die Duelle bei der Tour de France könnten lauten: Slowenien gegen Dänemark – und Team UAE Emirates gegen Jumbo-Visma.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 3/2023Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.


Die Top-Teams der WorldTour-Saison 2022

Team Siege Rang 2 Rang 3
Jumbo-Visma 48 41 25
UAE Team Emirates 48 28 36
Quick-Step Alpha Vinyl 47 31 23
Ineos Grenadiers 39 38 34
Alpecin-Deceuninck 33 34 20
Bora-Hansgrohe 30 21 24
Lotto Soudal 25 13 13
Intermarche Wanty Gobert 24 20 33
BikeExchange-Jayco 22 22 15

WorldTour 2023: Wechsel

Name Team 2022 Team 2023
Andrey Amador Ineos Grenadiers EF Education-EasyPost
Søren Kragh Andersen Team DSM Alpecin-Deceuninck
Thymen Arensman Team DSM Ineos Grenadier
Nikias Arndt Team DSM Bahrain Victorious
Richard Carapaz Ineos Grenadiers EF Education-EasyPost
Mark Cavendish Quick-Step Alpha Vinyl Astana Qazaqstan
Rui Costa UAE Team Emirates Intermarché-Circus-Wanty
Nico Denz Team DSM Bora-Hansgrohe
Pascal Eenkhoorn Jumbo-Visma Lotto Dstny
Felix Engelhardt Tirol KTM Cycling BikeExchange-Jayco
Fernando Gaviria UAE Team Emirates Movistar Team
Felix Großschartner Bora-Hansgrohe UAE Team Emirates
Kaden Groves BikeExchange-Jayco Alpecin-Deceuninck
Ruben Guerreiro EF Education-EasyPost Movistar Team
Jan Hirt Intermarché-Wanty-Gobert Soudal Quick-Step
Mikkel Honoré Quick-Step Alpha Vinyl EF Education-EasyPost
Bob Jungels AG2R Citroën Bora-Hansgrohe
Wilco Kelderman Bora-Hansgrohe Jumbo-Visma
Florian Lipowitz Tirol KTM Cycling Bora-Hansgrohe
Tim Merlier Alpecin-Deceuninck Soudal Quick-Step
Lukas Pöstlberger Bora-Hansgrohe BikeExchange-Jayco
Luis León Sánchez Bahrain Victorious Astana Qazaqstan Team
Zdeněk Štybar Quick-Step Alpha Vinyl BikeExchange-Jayco
Mike Teunissen Jumbo-Visma Intermarché-Circus-Wanty
Jan Tratnik Bahrain Victorious Jumbo-Visma
Attila Valter Groupama-FDJ Jumbo-Visma
Dylan van Baarle Ineos Grenadiers Jumbo-Visma
Jay Vine Alpecin-Deceuninck UAE Team Emirates
Tim Wellens Lotto Soudal UAE Team Emirates
Adam Yates Ineos Grenadiers UAE Team Emirates
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