Abnehmen, Ernährung, Training
Abnehmen für Athleten: Tipps für Ernährung und Training

Leistungsgewicht

Abnehmen für Athleten: Tipps für Ernährung und Training

Watt pro Kilogramm, Gesundheit, Fitness – Leistungsreserven finden & Abnehmen für Athleten. Einblicke und Tipps.
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Ein 80 Kilogramm schwerer Athlet muss an einem Anstieg von zehn Kilometern Länge und sieben Prozent Steigung etwa 20 bis 30 Watt mehr leisten, um dieselbe Geschwindigkeit zu fahren wie ein 70 Kilogramm schwerer Fahrer. Die Formel, um die es im Rennrad-Sport geht, lautet: Watt pro Kilogramm. Ergo: Es geht nicht um die absolute Leistung – um maximal hohe Wattzahlen – sondern um die dauerhaft erbrachte Leistung in Relation zum Systemgewicht aus dem eigenen und dem des Rades beziehungsweise des Materials.

Die Leistung ist der eine Aspekt, die eine Motivation, sich dazu zu entschließen, am eigenen Gewicht „arbeiten“ zu wollen – die Gesundheit ist ein anderer. Zwei Drittel der Männer und 53 Prozent der Frauen in Deutschland sind übergewichtig oder gar adipös. Auch deshalb zählen „Diät-Ratgeber-Bücher“ seit Jahren zu den Bestsellern. Beinahe wöchentlich kommen neue „Lösungen“ auf, wie man „schnell und einfach“ abnehmen kann. Angeblich. Vieles davon ist unseriöser unwissenschaftlicher Humbug. Die Grundfragen lauten: Welche Rolle spielt die Ernährung – welche das Training? Was sollten abnehmwillige Athleten beachten? Welche Trainingsinhalte sind am effizientesten?

Zu letzterer Frage veröffentlichten brasilianische Forscher im British Journal of Sports Medicine 2019 eine Meta-Analyse, die einen pragmatischen Überblick über das Themenfeld bietet. Sie liefert Erkenntnisse zu den Gewichtsverlust-Effekten nach verschiedenen Trainingsprogrammen. Die Ergebnisse: Es kam sowohl nach intensiven Intervall- als auch nach Grundlagen-Trainings-Programmen zu signifikanten Reduzierungen des Gesamtkörperfettanteils. Nach ersteren zu einer Abnahme von durchschnittlich 1,5, nach zweiteren zu einer von im Mittel 1,44 Prozent. Dieser geringe Effektunterschied zwischen den beiden Methoden war statistisch nicht signifikant.

Tipps, Ernährung, Abnehmen

Tipps für die richtige Ernährung zum effizienzen Abnehmen für Radsportler

Training für effizientes Abnehmen: Intervalle vs. Grundlage

Ein solcher wurde jedoch bei der Reduktion der absoluten Gesamtfettmasse gefunden – mit Effizienzvorteilen für das intensive Intervall-Training. Subgruppenanalysen zeigten zudem, dass gerade das Sprint-Intervalltraining zu den höchsten Verlusten der absoluten Gesamtfettmasse führte – um durchschnittlich 3,22 Kilogramm. Das Fazit der Forscher: Beide Trainingsformen, das moderat-intensive wie das „harte“ Intervalltraining, können den Körperfettanteil reduzieren. Doch das Intervalltraining bewirkte eine um 28,5 Prozent höhere Reduktion der absoluten Gesamtfettmasse als das „lockere“ Grundlagentraining.

Zudem haben hochintensive Intervalle – selbst wenn sie nur je zehn bis 30 Sekunden kurz sind – noch weitere positive Effekte: Studien haben gezeigt, dass sie zum einen die Produktion von Hormonen ankurbeln können, die das Hungergefühl regulieren. Zum anderen regen sie die Ausschüttung von Wachstumshormonen an. Diese tragen zur Regeneration und zum Aufbau von Muskeln bei. Was wiederum ein Ziel für Athleten sein sollte, die abnehmen wollen. Denn mehr Muskeln bedeuten einen höheren Grundumsatz, ergo einen erhöhten Energieverbrauch.

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Studien

Die Zeit, in der das das Fahren im Grundlagen-Bereich, bei 50 bis 75 Prozent der anaeroben Schwelle, als die effizienteste Fettverbrennungsmethode galt, scheinen vorbei. Zwar ist der relative Anteil von Fett an der Energiegewinnung bei extensiven Belastungen am höchsten. Doch die absoluten Werte sind bei intensiveren Belastungen höher.

Dies zeigte unter anderem eine Studie an 18 Hobbyradsportlern. Ergebnis: Zwischen 55 und 72 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme war der absolute „Fettverbrauch“ am höchsten. Das Maximum lag bei rund 64 Prozent der maximalen Sauerstoff-Aufnahme beziehungsweise 74 Prozent der maximalen Herzfrequenz.

Auch in einer Studie der Laval Universität zeigte sich ein intensiveres dem ruhigen „Fettstoffwechseltraining“ überlegen: Die Intervall-Trainierenden hatten innerhalb von 15 Wochen mehr Fett abgebaut. Den Effekt führten die Forscher auf eine erhöhte Enzymaktivität zurück.

Ernährung und Training

Aus anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen – etwa aus großen Meta-Analysen – lassen sich zwei weitere generelle Empfehlungen ableiten: Die Ernährung ist demnach durchschnittlich zu rund 75 Prozent für Abnehmerfolge verantwortlich – die Qualität und Quantität des Trainings „nur“ zu 25 Prozent. Und: Je langsamer man abnimmt, desto nachhaltiger ist es. Das heißt, man sollte jeden Tag nur ein sehr geringes Kalorien-Defizit aufweisen. Dies gilt im Besonderen für Athleten. Denn diese sollten bei der Arbeit am eigenen Gewicht anders vorgehen als „normale“ Menschen – beziehungsweise: Sie müssen mehrere andere Faktoren beachten. Denn: Sie unterliegen Risiken. Etwa jenen, an Leistungsfähigkeit und an Muskelmasse zu verlieren.

Dies zeigte etwa eine Studie von Pasiakos et al. Für diese setzten die Forscher ihre Probanden, körperlich aktive Militärangehörige, 30 Tage lang auf Diät. Ihre Kalorienzufuhr wurde um 40 Prozent reduziert. Die Effekte: Die Probanden nahmen um durchschnittlich 3,3 Kilogramm ab – doch 1,9 Kilogramm davon, 58 Prozent, war Muskelgewebe. Ein ungewollter Effekt, den gerade Athleten um jeden Preis vermeiden sollten. Der jedoch gerade Sportler besonders betrifft.

Protein-Zufuhr

Dies zeigte unter anderem eine Untersuchung von Redman et al. Für diese wurde die Kalorienmengen der Probanden – Menschen, die keinen Sport treiben – für drei Monate um 25 Prozent reduziert. Ergebnis: Die Probanden verloren im Durchschnitt sechs Kilogramm – zwei davon, 33 Prozent, betrafen das Muskelgewebe.

Ein mögliches „Gegenmittel“, um solche Muskel-Verluste zu reduzieren, heißt: Protein-Zufuhr. Dies suggerieren mehrere Studienergebnisse. Etwa jenes von Mettler et al. Die Forscher teilten ihre Probanden, gut trainierte männliche Athleten, in zwei Gruppen auf. Die Angehörigen der einen nahmen im Untersuchungszeitraum von einer Woche, während dem die Kalorienmenge für alle Probanden um 40 Prozent reduziert wurde, ein Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag zu sich. Die andere Gruppe 2,3 Gramm pro Kilogramm und Tag. Ergebnis: Die Athleten der ersten, der Low-Protein-Gruppe, bauten durchschnittlich 1,6 Kilogramm Muskelmasse während dieser Woche ab – jene der High-Protein-Gruppe nur 0,3 Kilogramm.

Kohlenhydrate und Proteine

Auch die Qualität und Quantität eines weiteren Nährstoffs ist relevant: Kohlenhydrate. In einer Studie an Ringern konnten die Sportlergruppen, die 41 oder sogar 55 Prozent der Gesamtenergiemenge aus Kohlenhydraten aufnahmen, ihre Leistungen nicht halten. Das gelang nur der Gruppe, deren Nahrung einen Kohlenhydratanteil von 66 Prozent hatte. Daraus leiten die Forscher ab, dass auch Athleten, die abnehmen wollen, täglich mindestens fünf Gramm Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen sollten.

Die Bedeutung der Kohlenhydrate scheint vielen Athleten zu wenig bewusst zu sein – gerade aktuell, in den Zeiten des „Low-Carb-Trends“. In Zeiten, in denen das sogenannte „ketonische Training“ – das lockere Training auf nüchternen Magen – von etlichen Profis und Amateur-Sportlern praktiziert wird. Vor dem Frühstück ist der Insulinspiegel noch niedrig. Einige Studien – auch mit Radfahrern, wie etwa jene der Universität Birmingham – deuten darauf hin, dass die Muskeln dann mehr Fettsäuren verbrennen. Jedoch birgt diese Methode auch Risiken. Wie wir in bereits mehreren RennRad-Artikeln, etwa jenem in der Ausgabe 11-12/2020, dargelegt haben.

Wie wichtig ist die Geschwindigkeit beim Abnehmen?

Auch die Geschwindigkeit der Gewichtsabnahme spielt eine wichtige Rolle. Dies zeigte unter anderem eine Studie von Garthe et al., in der gezeigt wurde, dass ein „langsamerer“ Gewichtsverlust bei Athleten – von 0,7 Prozent des Körpergewichts pro Woche – signifikant dazu beitrug, die Muskelmasse zu erhalten. Im Gegensatz zu einer „schnelleren“ Variante, bei der die Sportler durchschnittlich 1,4 Prozent ihres Körpergewichts pro Woche abnahmen.

Dieses „langsame“ Vorgehen kann zudem dazu beitragen, einen weiteren ungewünschten Prozess zu vermeiden beziehungsweise zu minimieren: den Jojo-Effekt. Dieser ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf ein hartes Ernährungsregime. Ergo: auf eine extreme Kalorienreduktion – und damit auf jede Form der Radikal-Diät. In einer großen Meta-Analyse, die im Journal „American Psychology“ erschien, wurde konstatiert: Mehr als ein Drittel aller Teilnehmer, die eine Diät hinter sich hatten, wogen kurz danach deutlich mehr als davor. Der Anteil derer, die ihr während der Diät erreichtes Gewicht halten konnten, lag bei nur zehn Prozent.

Tipps, Ernährung, Abnehmen

Wie wichtig ist der Zeitpunkt der Kalorienaufnahme beim Abnehmen?

Zeitpunkt der Kalorienaufnahme

Ein weiterer Ansatz zur langfristigen und nachhaltigen Gewichtsabnahme betrifft den Zeitpunkt der Kalorienaufnahme. So zeigten etwa Erdman et al. mit ihrer Untersuchung, dass 98 Prozent der befragten kanadischen Elite-Level-Athleten täglich frühstückten. Im Gegensatz dazu traf dies nur auf 23 Prozent der Amateur-Hochschul-Sportlerinnen zu, die Shriver et al. befragten.

Die Mehrheit dieser Athletinnen gab an, die Mehrzahl der Tageskalorien abends zu sich zu nehmen – und ihre eigene Ernährung als nur „ausreichend“ oder gar „schlecht“ zu bewerten. Zudem gab rund ein Drittel von ihnen an, abnehmen zu wollen. Eigentlich gibt es zum Thema „Abnehmen“ nur einen Satz zu schreiben: Wer mehr Energie verbraucht, als er zu sich nimmt, nimmt ab. Punkt. Nur die Wege zu diesem Ziel sind extrem unterschiedlich.

Dieser Artikel erschien in RennRad-Ausgabe 3/2021. Hier gibt es eine Übersicht über die Inhalte.


Fettstoffwechsel & Nüchtern-Training: Anleitung

Tag 1

Das Ziel ist es, die Kohlenhydratspeicher zu leeren – indem man während einer rund 1,5 Stunden langen Einheit 4 x 10 Minuten an der Schwelle oder 5 x 6 Minuten bei 110-120 Prozent der Schwelle beziehungsweise der FTP fährt. Die Pausenzeiten: jeweils halb bis maximal so lange wie die Intervallzeit bei 60 bis 65 Prozent der Schwelle. Die Ernährung danach: Low Carb, ergo fett- und proteinlastig. Wichtig: In eine solche Trainingseinheit sollte man nicht nach einem Low-Carb-Tag beziehungsweise mit angegriffenen Glykogenspeichern starten.

Tag 2

Nüchtern-Training. Eine ruhige Einheit bei 55 bis 68 Prozent der Schwelle. Fährt man länger als eine Stunde, beginnt man nach der ersten Stunde damit, ein dünn angerührtes Iso-Getränk – rund 30 Gramm pro Stunde – oder Nüsse zu sich zu nehmen. Diese Einheit sollte ein Low-Carb-, kein Low-Calorie-Training sein.

Tag 3

Je nachdem wie gut der eigene Fettstoffwechsel bereits trainiert ist, lässt sich das Training des zweiten Tages noch einmal wiederholen, bevor ein Ruhetag oder zumindest ein „normales“ Training folgt. War Tag zwei fordernd, so sollte am Folgetag eine moderat intensive Einheit mit einer ausreichenden oder maximal leicht reduzierten Kohlenhydrat-Zufuhr absolviert werden, um den Stress auf den Organismus zu minimieren. Achtung: Es dauert in der Regel mehrere Wochen bis Monate, bis sich der Fettstoffwechsel an ein solches Trainingsregime adaptiert.

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