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Aerodynamik auf dem Rennrad beim Triathlon: Sitzposition, Tipps und Tricks

Aerodynamik-Tipps für Hobbysportler

Aerodynamik auf dem Rennrad beim Triathlon: Sitzposition, Tipps und Tricks

Auf der Suche nach Leistungsreserven lassen Profi-Triathleten regelmäßig ihre Sitzposition im Windkanal überprüfen. Wir haben es ihnen gleichgetan. Für mehr Komfort und eine verbesserte Aerodynamik auf dem Triathlonrad: Die Watt-Spar-Tipps eines Experten.
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Sechs Watt sind objektiv betrachtet wenig. Im Triathlon sind sechs Watt Welten. Bei der Königsdisziplin Langdistanz entsprechen sechs Watt mehr als zwei Minuten Zeitersparnis für einen Athleten, der auf der 180-Kilometer-Strecke eine 200-Watt-Durchschnittsleistung erbringen kann. Ergo gilt: Sechs Watt mehr oder weniger können über Platzierungen, über Sieg oder Niederlage entscheiden. Über Drama oder Triumph. Entsprechend wichtig ist eine hohe Aerodynamik.

Das Beste herausholen, das Maximum erreichen, am Optimum arbeiten. Tag für Tag. Darum dreht sich im Profisport alles. Training, Ernährung, Regeneration. Die Fortschritte werden kleiner, die Leistungsreserven auch. Auf der Suche nach neuen Leistungsboostern holen sich viele Profi-Triathleten mittlerweile regelmäßig Rat von Aerodynamik-Experten und bei Windkanal-Tests. Denn: Mensch und Maschine müssen harmonieren.

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Tests im Windkanal, Experte für Aerodynamik, Berater für Triathleten: Jean-Paul Ballard

Jean-Paul Ballard hat früher Formel-1-Autos entworfen. Heute designt er Hightech-Laufräder und berät Weltklasse-Triathleten. Er gibt ihnen Aerodynamiktipps. Patrick Lange, Jan Frodeno, Andreas Dreitz, Laura Philipp und Daniela Sämmler: Ballard kennt sie alle. Er testet mit ihnen regelmäßig ihr Equipment.

Auf der Suche nach einer besseren Aerodynamik, nach mehr Geschwindigkeit bei gleicher Leistung. Doch Windkanaltests und Computersimulationen sind vergleichsweise teuer, aerodynamische Faktoren sind oft schwierig zu verstehen.

„Für den Endverbraucher ist Gewicht greifbarer als Aerodynamik“, sagt Ballard, „dabei spielt das Gewicht des Materials für die Performance auf flachen Kursen fast überhaupt keine Rolle.“ Viel wichtiger ist es, Leistung einzusparen. Durch eine verbesserte Aerodynamik.

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Aerodynamik verbessern durch Sitzposition und geringen Luftwiderstand

Entscheidend ist vor allem die Körperposition auf dem Rad. Denn der Fahrer verursacht 75 bis 80 Prozent des gesamten Luftwiderstands. Hier besteht am meisten Potenzial.

Wer über einen langen Zeitraum in einer aerodynamisch günstigen Position auf dem Rad sitzen kann, der spart einige Watt Leistung – und damit Minuten. Das ist die Theorie der Aerodynamik im Triathlon.

Sie ist nicht alles. Aber ohne Aerodynamik ist alles nichts. Die Sitzposition auf dem Triathlonrad ist immer auch ein Kompromiss. Aus Aerodynamik, Komfort, Leistung und Steuerbarkeit.

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Jean-Paul Ballard von Swiss Side ist ein Experte für Aerodynamik. Er berät unter anderem die Stars der Triathlon-Welt.

Ironman Hawaii: Die Hälfte des Triathlons auf dem Rennrad

Der Ironman Hawaii ist der Traum vieler Triathleten. Auf „Big Island“ findet jährlich die WM statt. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen. Wer hier besteht, der ist ein Held. Wer hier gewinnt, bleibt unvergessen.

Mit knapp über vier Stunden Fahrzeit macht der Rad-Part bei den Profis fast die Hälfte der Ironman-Gesamtzeit aus. Das Zeit- und Watt-Sparpotenzial ist enorm. Jean-Paul Ballard und sein Team haben das längst erkannt. Die Radstrecke auf Hawaii ist aber auch berüchtigt: Sie führt durch Lavafelder, weist hohe Asphalttemperaturen auf – und ist seitenwindanfällig.

Ein Triathlet, der auf Hawaii bestehen will, muss daher in der Aero-Position stabil und komfortabel sitzen. Sein Rad muss auch bei Böen des berüchtigten Passatwindes jederzeit sicher bleiben.

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Bessere Aerodynamik: Segeleffekt  und Laufräder

So hat Jean-Paul Ballard für den dreimaligen Hawaii-Zweiten Andreas Raelert einst eine noch aerodynamischere Position ermittelt. Raelert entschied sich allerdings dagegen, da sie für ihn nicht wirklich bequem war. Er nahm stattdessen die zwei bis drei Watt Mehraufwand zugunsten von mehr Komfort und einer optimierten Kraftentfaltung über die lange Wettkampfdauer hinweg in Kauf. Mit Erfolg. Raelert schrammte 2015 nur knapp am Hawaii-Sieg vorbei.

Im Hinblick auf den berühmten Segeleffekt, der Luftwiderstandsminimierung durch Seitenwind, machen die Laufräder bis zu 65 Prozent aus. „Den größten Einfluss haben die Felgen aber auf die aerodynamische Stabilität, also auf das Fahrverhalten“, erklärt Ballard. Genau daran arbeiten er und sein Team.

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Sitzposition als entscheidender Baustein, große Watt-Ersparnis durch aerodynamische Kleidung

Die Laufräder und die Sitzposition müssen harmonieren. Beides zusammen bildet den entscheidenden Baustein einer verbesserten Aerodynamik auf dem Triathlonrad. Die Optimierung ist aber leider auch vergleichsweise teuer. Hochprofilfelgen kosten oft einen mindestens vierstelligen Betrag, ein professionelles Aerofitting im Windkanal ist für die meisten Hobbytriathleten kaum zu stemmen.

Interessantes, vergleichsweise günstiges Watt-Sparpotenzial besteht vor allem bei der Bekleidung. „Zwischen einem schlechten Zweiteiler und einem guten Einteiler liegen schon jetzt bis zu 15 Watt Unterschied“, erklärt Ballard. Ein Zeitfahranzug mit Ärmeln ist aerodynamischer als ein ärmelloser. Schon die Positionsveränderung einer Naht kann aerodynamische Folgen haben. Von bis zu fünf Watt. Aber die „Schlacht“ um die Aero-Kleidung hat gerade erst begonnen. „Die Kleidung bietet derzeit das größte Potenzial im Bereich des Materials“, sagt Ballard.

Verbesserte Aerodynamik muss nicht immer teuer sein. Vergleichweise günstig und trotzdem effektiv ist Aero-Bekleidung.

Entwicklungspotenzial beim Thema Aerodynamik: Aero-Rahmen und Helme

Viel weiter ist die Entwicklung im Bereich des Rahmenbaus fortgeschritten. Zum Teil futuristische Aero-Rahmen haben längst die einst klassischen Rundrohrrahmen abgelöst. 40 bis 50 Watt Unterschied liegen zwischen einem Rundrohrrahmen und einem Aero- oder Zeitfahrrad der aktuellen Generation.

Der Trend hin zu mehr Integration am Cockpit, verkleideten Bremsen und leichten Lenkerüberhöhungen ist unübersehbar. Jean-Paul Ballard sieht in der aerodynamischen Optimierung der Räder noch immer großes Potenzial: „Mit unseren Werkzeugen bei Swiss Side können wir in der Regel eine Widerstandsreduzierung in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent erreichen.“

Auch mit dem richtigen Helm kann man viel Zeit gewinnen. Der Trend zu Helmen mit kürzerem Ende kehrt sich aktuell um. Viele Profis setzen wieder auf Modelle mit längerem Ende, die genau am Rücken abschließen und so für eine bessere Umströmung in diesem Bereich sorgen.

Wir haben dazu drei Aero- und Zeitfahrhelme miteinander verglichen und Unterschiede von bis zu 13,5 Watt zwischen dem besten und dem „schlechtesten“ Zeitfahrhelm herausgefunden. Einen ähnlichen Test im Windkanal finden Sie hier

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Aerodynamik und Sitzposition: Das Fazit

Die Aerodynamik und die Sitzposition sind untrennbar miteinander verbunden. Doch die „richtige“ Sitzposition auf dem Triathlonrad gibt es nicht. Sie ist ein Kompromiss aus Aerodynamik, Komfort, Leistung und Steuerbarkeit. Die optimale Sitzposition hängt von den individuellen Bedürfnissen des Athleten ab.

Die Triathlon-Kolumne 2018 des RennRad-Magazins:

1: Neue Ziele – stärker zurückkommen nach einer Verletzung

2: Wettkämpfe und Streckenlängen beim Triathlon: Formatfrage

3: Tipps für ein effizienteres Training: Im Trainingslager

4: Ernährungsstrategien für Triathleten: Low Carb, Train Low, Superfoods

5: Aerodynamik auf dem Rennrad beim Triathlon: Sitzposition, Tipps und Tricks

6: Zeitfahrhelme im Windkanal-Test: Welcher Helm bringt die meiste Aerodynamik?

7: Olympische Distanz: Erfahrungswerte und Probleme eines Triathlon-Einsteigers

8: Fe226 Aeroforce Sleeved Tri Suit: Triathlon-Einteiler im Härtetest

9: Cervélo P3 – Triathlon-Klassiker im Test: Fahrverhalten, Gewicht, Preis

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