Rouvy und der Giro d'Italia: Hintergründe, Vorbereitung & Training
Mit Rouvy zum Giro d’Italia 2024
in Event
Der Giro d’Italia gehört zu meinen absoluten Lieblingsradrennen. Im Gegensatz zum Hochglanzformat der Tour de France ist der Giro sportlich nahezu gleichwertig, lässt aber gleichzeitig noch und gerade Emotionen zu. Ganz besondere Geschichten verbinde ich mit dem Giro. Besonders ist mir in Erinnerung geblieben, wie damals der Franzose Mickaël Buffaz sich 2007 bei seiner ersten dreiwöchigen Landesrundfahrt ungewollt alleine vor dem Feld wiederfand.
Giro d’Italia: Geschichten & Erinnerungen
Selbst eine ausgedehnte Pinkelpause, ein Laufradwechsel und ein Stopp am Straßenrand, bei dem er sich weinend ans Teamfahrzeug lehnte, brachten das Peloton kaum näher an ihn heran. Erst nach Trost und Zuspruch seines sportlichen Leiters setzte er sich wieder in Bewegung. Das Hauptfeld hatte jedoch gar nicht die Absicht, ihn vorzeitig wieder einzuholen. Mit einem Schnitt vom 32,5 km/h brachte er es auf einen Vorsprung von zwischenzeitlich über neun Minuten. Am Ende wurde er etwa zwölf Kilometer vor dem Ziel eingeholt.
Eine ähnlich bemerkenswerte Geschichte gab es bei der diesjährigen Austragung. Der 20-jährige Giulio Pellizzari lag als letzter „Überlebender“ der Ausreißergruppe auf der verregneten 16. Etappe alleine in Führung. Der Sieg schien ihm gewiss. Und doch wurde er wenige Meter vor dem Ziel von Tadej Pogačar – seines Zeichens im Kampf um den Gesamtsieg – zunächst eingeholt und wenig später überholt. Dabei wirkte es sogar so, als wenn Pogačar kurzzeitig zögerte, um Pellizzari noch den Etappensieg zu überlassen. Ein Blick zurück und der herannahende Martinez machten dies aber unmöglich. Mit leeren Händen sollte Pellizzari jedoch nicht nach Hause gehen. Im Zielbereich zog Pogačar sein durchnässtes Rosa Trikot aus und übergab es mit seiner rosa-farbenen Radbrille dem jungen Italiener. Solche und andere Geschichten erlebe ich meistens Giro, weswegen er für mich zu den besonderen Rennen gehört.
Giro d’Italia: Saisonziel & Stellenwert
Gleichzeitig ist der Giro d’Italia für viele Teams nach den Frühjahrsklassikern das erste große Saisonziel. Wer hier in der Gesamtwertung gut abschneidet oder gar eine Etappe gewinnt, kann bereits ein Ausrufezeichen hinter seine Saison setzen und sie als Erfolg verbuchen. Dementsprechend groß war der Druck und die Anspannung beim Grande Partenza, dem Giro-Start, in Piemont zu spüren. Anders als in den vergangenen Jahren startete der Giro 2024 mit einer schweren Straßen-Etappe anstelle eines Prologs rund um Turin. Neben dem Etappensieg würde der Gewinner der ersten Etappe auch das Rosatrikot übernehmen. Und ein kleiner, aber sehr steiler und Anstieg rund drei Kilometer vor dem Ziel ließen eine Vielzahl von Fahrern auf den Sieg und das Rosa Trikot spekulieren. Gemeinsam mit Lidl-Trek konnte ich die erste Etappe rund um Turin und die damit verbundene Spannung hautnah verfolgen und einen ganz einen besonderen Eindruck von den Vorbereitungen des Teams und dessen Giro-Start gewinnen.
WorldTour-Teams: Scouting & Vorbereitung
Für jedes Team gehört heutzutage ein ausgiebiges Scouting der Rennstrecke dazu. Das Kennen der neuralgischen Abschnitte, wie die des steilsten Abschnitts in einem Anstieg, das folgende Flachstück, die enge oder technische Einfahrt in einen rennentscheidenden Sektor, kann am Ende der entscheidende Vorteil sein, wenn es im Finale um den Sieg geht. Viele Teams lassen in der Off-Season oder während eines Trainingslagers im Vorfeld ihre Spitzenfahrer Monate oder Wochen vor dem Rennen bereits auf den Rennstrecken trainieren und diese selbst erkunden. Bei der Anzahl der Rennen über das Jahr hinweg ist es jedoch unmöglich, alle Strecken oder die entscheidenden Kilometer auf diese Weise abzudecken. Auch ist es für die Profis nur schwer möglich sich am Renntag an alle wichtigen Punkte der bevorstehenden Strecke zu erinnern.
Aus diesem Grund ist es zur Regel geworden, dass alle Teams Sportliche Leiter die Rennstrecke vor den Rennen auf die letzte Erkundung schicken. So ist für das Team Lidl-Trek der Sportdirektor Steven de Jongh gerade mehrere Wochen in Frankreich für die Vorbereitung auf die Tour de France unterwegs gewesen. Die Aufnahmen werden anschließend im Team gesichtet, Relevantes wird notiert und für das Briefing, die taktische Mannschaftsbesprechung, am Renntag aufgearbeitet. Die Fahrer bekommen die gesammelten Infos im Mannschaftsbus in kurzen Videosequenzen, zum Beispeil von den letzten Kilometern bei einer Sprintankunft oder anderen wichtigen Rennabschnitten, gezeigt. Denn es kann entscheidend sein, was sie hinter der Zielkurve erwartet oder welche Seite eines Kreisverkehrs die Kürzere ist. Je mehr Ortskunde die Fahrer über das haben, was noch vor Ihnen liegt, desto besser können sie ihre Position im Feld, ihre Efforts oder sogar den richtigen Moment für den Antritt timen.
Rennablauf, Verpflegung & Interaktion
Das Scouting hört jedoch hier noch nicht auf, sondern geht noch am Renntag weiter, sogar während das Rennen bereits selbst stattfindet. In der Regel sind zwei Teamfahrzeuge Bestandteil des Rennkonvois. Daneben gibt es je nach Team eine weitere Anzahl von Teamfahrzeugen, welche nicht zum Rennkonvoi zählen, also nicht in das Rennen selbst eingreifen dürfen, sondern vor oder um das Rennen herum auf der bereits gesperrten Strecke unterwegs sind. Betreuer fahren in ihnen voraus und übernehmen die Verpflegung vom Straßenrand und in den Verpflegungszonen.
Eines der Fahrzeuge hat jedoch eine spezielle Funktion: Als Scoutingfahrzeug wird es von einem Sportlichen Leiter gesteuert, welcher die abgesperrte Strecke selbst abfährt und der Ideallinie folgen kann. Sieht er, dass abgesenkte Bordsteine, Steine auf der Straße oder plötzliche Verengungen für das Peloton eine Gefahr darstellen könnten, informiert er die Sportlichen Leiter im Rennkonvoi, welche wiederum die Informationen per Funk an die Fahrer weitergeben. Gleiches gilt auch für aufziehende Wetterwechsel oder Windkantensituationen. Insbesondere im Finale der Etappe steigt auch in diesem Auto die Anspannung.
Die engen Kurven in Turin während des harten Finales der ersten Etappe waren abgesperrt, aber die Menschen standen dicht gedrängt hinter den Absperrgittern, so dass man stellenweise nicht mehr sehen konnte, wie die Kurve tatsächlich verläuft. Zudem übernahmen wir die letzte Verpflegung der Fahrer 500 Meter vor der letzten Bergwertung des Tages. Die Spannung im Auto und im Team war groß, lag mit dem eritreischen Lidl-Trek-Profi Amanuel Ghebreigzabhier ein Fahrer aussichtsreich in Führung und hoffte auf die Übernahme des Bergtrikots. Seinen Voranstrengungen musste er jedoch letztlich Tribut zollen und dem Franzosen Lilian Calmejane den Vortritt lassen.
Rouvy: Steckenbesichtigungen & Trainingseinheiten
Ortskunde und Detailwissen sind ein enorm wichtiger Bestandteil im modernen Radsport geworden. Hierbei wird Lidl-Trek von Rouvy unterstützt. Rouvy ist eine Trainingsplattform, auf der die Fahrer nicht nur Indoortrainings wie Intervallprogramme absolvieren können, sondern sie können viele der wichtigen Rennabschnitte per Videoaufzeichnung abfahren. Im Gegensatz zu Zwift, wo man sich fast ausschließlich in einer virtuellen Fantasie-Welt bewegt, nutzt Rouvy professionell aufgezeichnete Videos von realen Strecken für die Trainingssimulation. Rouvy hat mehr als 14.000 fotorealistisch abbildbare Kilometer, welche man im Rennen, als Gruppenfahrten, bei einem Workout oder einer freien Fahrt abfahren kann.
Rouvy kann über einen PC, aber auch mit allen gängigen Tablets oder dem Handy benutzt werden, so dass man legendäre Routen in Europa, Neuseeland, Mallorca, den USA und in vielen andere Ländern abfahren kann. So konnte nicht nur ich mich auf meinen Giro-Start in meiner „Pain Cave“ vorbereiten, sondern auch die Profis von Lidl-Trek und zwar von zuhause. Vor allem fand ich es spannend, mir bekannte Strecken wie das Kühtai, den Poggio oder das Stilfser Joch abzufahren. Letztgenannter Anstieg wäre in diesem Jahr eigentlich die Cima Coppi, der höchste Punkt des diesjährigen Giros gewesen. Doch leider machte das Wetter mit sehr viel Schnee im Vorfeld eine Auffahrt unmöglich.
Rouvy: Winter- & Hintzetraining
Für Profis ist das Indoortraining jedoch nicht nur nützlich beim Scouting. Die absolute Mehrheit der Profis nutzt das südeuropäische mildere Klima für das Grundlagentraining im Winter. Nichtsdestotrotz wächst der Anteil an Indoortrainingseinheiten im Profi-Peloton. Auch können gezielte Intervalle auf der Straße unter renn-ähnlicheren Bedingungen absolviert werden. Zum einen nutzen Profis das Rollentraining, wenn sie nicht gerade in einem Trainingslager sind und zuhause in Deutschland, Frankreich, der Schweiz oder einem der nord- und osteuropäischen Ländern keine idealen Wetterbedingungen für fünf bis sechs Stunden Training vorfinden, um das Trainingsvolumen dennoch zu erfüllen. Häufig werden drei bis vier Stunden draußen bei Wind und Wetter absolviert, bevor es im Anschluss noch auf die Rolle für 60 bis 90 Minuten geht, um das Trainingsvolumen zu erreichen.
Auch wird die Rolle für ein kurzes Nüchterntraining am Morgen bevorzugt verwendet. Der neueste Nutzen von Rollentraining, so berichtet es Michael Schär, einer der drei Sportlichen Leiter des Teams Lidl-Trek beim Giro, ist ein körpertemperaturgesteuertes Training. Man möchte, dass sich der Körper an die Hitze während der Sommerrennen akklimatisieren soll. Hierfür sitzen die Profis auf dem Heimtrainer und pedalieren so lange alternierende Intervalle, bis eine angestrebte Körpertemperatur erreicht wurde.
Rouvy: Warm-up & Visualisierung
Neben anderen Einsatzbereichen wie dem Aufwärmen vor Zeitfahren, spielt das Rollentraining für Profis insbesondere nach Verletzungen eine entscheidende Rolle. Besonders nach Knochenfrakturen kann auf der Rolle schnell ohne ein hohes Refrakturierungsrisiko der Kreislauf wieder in Schwung gebracht werden. Gleichzeitig wirkt sich das Aktivsein während der Reha in der Regel auch positiv auf die Knochenheilung aus.
Bei allen Szenarien bietet Rouvy die Möglichkeit, dass die Fahrer ohne zusätzlichen Aufwand während der Trainingseinheiten verschiedene Abschnitte der realen Rennstrecken erkunden können. Sprichwörtlich können sie das Rennen so visualiseren und die neuralgischen Landschaftspunkte, Häuserecken und Straßenschilder als Erkennungsmerkmale vor wichtigen Punkten im Rennen studieren.
Rouvy nutzt die getretenen Wattwerte und passt die Abspielgeschwindigkeit des Videos entsprechend an. Zudem kann man selbst aussuchen, ob Rouvy die Kontrolle der Rolle übernimmt, zum Beispiel für ein Intervalltraining, oder ob der Fahrer durch seine erbrachte Leistung die Strecke abspult. Rouvy hat eine sehr umfängliche und abwechslungsreiche Streckensammlung. Zum einen sind nahezu alle Frühjahrsklassiker wie Mailand-Sanremo, Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix oder das Amstel Gold Race abschnittsweise fahrbar. Zum anderen stehen auch alle berühmten europäischen Anstiege in hochauflösender Videoqualität zur Verfügung. Interessanterweise gehören zu den meistgefahrenen Strecken häufig auch exotische Länder, wie die kasachische Steppe, Mexiko oder Strecken in Asien.
Ich bin vor dem Giro die folgenden Etappenabschnitte abgefahren, einschließlich des zunächst eingeplanten Stilfser Jochs:
- PRATI DI TIVO | ITALY 51.16km; 1550m (Stage 8) https://riders.rouvy.com/route/9605
- PASSO DEL MORTIROLO | ITALY 13.00km; 911m (Stage 15) https://riders.rouvy.com/route/94286
- PASSO DI FOSCAGNO | ITALY 14.60km; 928m (Stage 15) https://riders.rouvy.com/route/93854
- LE PRESE TO PRADELLE | ITALY 19.00km; 543m (Stage 15) https://riders.rouvy.com/route/96250
- BORMIO TO PASSO STELVIO | ITALY 20.80km; 1483m (Stage 16) https://riders.rouvy.com/route/94271
- ORTISEI TO PASSO SELLA | ITALY 17.39km; 1045m (Stage 17) https://riders.rouvy.com/route/96216
- PREDAZZO TO PASSO ROLLE | ITALY 20.10km; 959m (Stage 17) https://riders.rouvy.com/route/93860
- MONTE GRAPPA | ITALY 19.09km; 1572m (Stage 20) https://riders.rouvy.com/route/96214
Rouvy: Trainieren wie die Profis
Durch die Kooperation mit dem Team Lidl-Trek können Trainingspläne und -einheiten der Equipe von Rouvy-Nutzern abgefahren werden. Diese gehören mit zu den anspruchsvollsten, die ich bisher absolviert habe. Zudem steht eine große Anzahl weiterer Trainingseinheiten zur Auswahl. Zu jedem Training wird zudem eine passende Strecke vorgeschlagen, die man allerdings nicht auswählen muss.
Rouvy
Rouvy bietet entweder eine monatliche oder jährliche Mitgliedschaft sowie weitere Rabatte für einen Duo- beziehungsweise Gruppenaccount an. Die monatliche Mitgliedschaft kostet 14,99, die jährliche 12,42 Euro. Rouvy kann auf dem PC, MacOS, Android, iOS, iPadOS, AppleTV genutzt werden und mit allen gängigen Smarttrainern verbunden werden. Ein kostenloses Ausprobieren ist für 14 Tage möglich. Zudem besteht die Möglichkeit, das Abonnement für bis zu 180 Tage im Jahr kostenlos „ruhen“ zu lassen und Rouvy dennoch bis zu 20 Kilometer pro Monat nutzen zu können. Auch einen Tagespass für 24, 48 und 72 Stunden bietet Rouvy inzwischen an. Weitere Infos: www.rouvy.com