Algarve, Rennrad-Destination, Radreise, Trainingslager
Algarve: Touren und Tipps für die Radsport-Destination in Portugal

Meer Sonne

Algarve: Touren und Tipps für die Radsport-Destination in Portugal

Hügel, Strände, Ruhe, leere Straßen: Die Algarve bietet extrem viel – und ist im Radsport fast noch ein Geheimtipp. Touren, Tipps und ein Radmarathon im Februar.
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Noch fahre ich durch eine Idylle – noch, doch ich sehe schon, was vor mir liegt: Eine Felswand, in der sich in etlichen Serpentinen eine Straße nach oben windet. Wir fahren durch eine scharfe Rechtskurve und über eine malerische Brücke. Da piepst mein Radcomputer – auf dem Display erscheint die Meldung: „Anstieg beginnt in 270 Metern.“ Als Nächstes sehe ich die harten Zahlen dazu – und das passende Höhenprofil: stufige 16 Kilometer mit 780 Höhenmetern warten auf mich. Die Strecke führt uns zum höchsten Punkt der Algarve. Auf den 907 Meter hohen Alto da Fóia.

Dies ist im Wortsinn der Höhepunkt des Granfondo Algarve. Vor drei Tagen kam ich hier an – aus dem deutschen Winter in den portugiesischen Frühsommer. Zumindest fühlt sich der Winter hier so an. Es ist Mitte Februar. Die Temperaturen: zwischen 15 und 25 Grad. Selbst nachts wird es kaum kälter als zehn Grad.

Für mich es meine erste Algarve-Reise. Viele andere Radurlaubs- beziehungsweise Trainingslager-Destinationen kenne ich schon. Aber eine solche Traum-Kombination aus einer wunderschönen hügeligen Landschaft, perfektem Asphalt und quasi null motorisiertem Verkehr habe ich noch nirgends erlebt. Die Straßen schlängeln sich in endlosen Kurven bergauf, bergab durch das wellige Hinterland der Atlantik-Küste. Die meisten dieser schmalen, oft leeren Straßen sind frisch asphaltiert.

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Küste und Hinterland

Diese Straßen sind es, die ich am Tag des Granfondos und in den Tagen zuvor erleben und erkunden darf. Die erfahrenen Guides von Bikesul, dem größten Radverleih der Umgebung, geben mir einen Einblick in die Vielfalt der Region. Meine erste Fahrt: Es geht durch malerische kleine Ortschaften, vorbei an Orangen- und Zitronenplantagen bergauf, bergab hinauf zu großen Stauseen. Die Touren-Optionen sind enorm. 100-Kilometer-Runden mit weit mehr als 1000 Höhenmetern und fast ohne Verkehr sind hier der „Standard“. Je weiter man sich von der Küste wegbewegt, desto hügeliger wird die Landschaft. Und: Desto länger werden die Anstiege. Doch einiges bleibt überall gleich: die Ruhe, die Einsamkeit und der sehr gute Zustand der Straßen.

Gerade im Hinterland ist die Navigation kein Problem. Dort sind sogar die Hauptverkehrsrouten – zumindest jetzt im Februar – fast komplett frei von Autoverkehr. Je näher man sich an der Küste und den Ortschaften Faro, Tavira, Loulé und Albufeira bewegt, desto größer wird das Verkehrsaufkommen. Zumindest auf den Hauptverkehrsadern. Mit etwas Ortskenntnis oder erfahrenen Guides gibt es aber auch hier etliche Möglichkeiten, dem Verkehr auf kleinen Sträßchen auszuweichen.

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Granfondo Algarve

Zurück ins Jetzt: Ich bin einer der vielen Teilnehmer des größten Radmarathons der Region, des Granfondo Algarve. Der Start- und Ziel-Ort: Lagoa an der Küste. Die Strecke: 130 Kilometer mit 2500 Höhenmetern. Schon vor dem Start ist es warm, rund 20 Grad. Ich fahre in „kurz/kurz“, in einer kurzen Radhose und einem Kurzarm-Trikot. Und das im Februar. Meine Laune: extrem gut – noch.

Die Route führt auf direktem Weg ins Hinterland. Der erste längere Anstieg umfasst rund 400 Höhenmeter. Ich halte mich im vorderen Viertel des Pelotons auf – und kann an den Spitzenfahrern dranbleiben. Auch wenn meine Beine schon jetzt durch den Faktor „Schmerz“ signalisieren, dass meine letzte Rennbelastung schon einige Monate zurückliegt und es eben doch erst Februar ist. Nach 33 Kilometern hat man die Wahl: Lang- oder Kurzstrecke? Ich entscheide mich diesmal für die längere Variante – für die Strecke, die auf den Alto da Fóia führt. Schon am Fuß des Anstiegs führen die Schmerzsignale aus meinen Muskeln – und die langsam stärker werdende Einsicht in meinem Kopf – dazu, dass ich die Spitzengruppe gleich ziehen lasse. Glücklicherweise müssen auch zwei andere Fahrer aus der rund 20-köpfigen Gruppe „reißen lassen“. Zu dritt fahren wir weiter. Dies ist mental „einfacher“, als jetzt schon alleine zu sein.

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Anstiege und Abfahrten

Vor uns verschwinden das Rennleiterauto, die Fahrergruppe und die Motorräder aus dem Blickfeld. Stille kehrt ein. Bis auf das rhythmische Schnaufen und das Surren der Ketten hört man nichts. Es wird nichts gesprochen. Jeder von uns drei ist mit sich und seinen schmerzenden Beinen beschäftigt. In diesem leicht meditativen Zustand geht es eine knappe Stunde lang bergauf. Kurve für Kurve. Immer wieder wird der Rhythmus von Steilstufen und anschließenden Flachpassagen gebrochen. Meine Leistung pendelt zwischen vier und 4,5 Watt pro Kilogramm – womit ich angesichts der Umstände und des Saison-Zeitpunkts echt zufrieden bin.

Aufgrund meiner Wettererfahrung der letzten Tage und der Temperaturen am Morgen hatte ich dem Wetterbericht wenig Beachtung geschenkt. Ein Fehler, wie ich jetzt merke. Ich ging recht naiv nur mit zusätzlichen Armlingen und einer Windweste ins Rennen. Doch nun blicke ich nach oben – und sehe dunkelgraue Wolken, die in meine Richtung ziehen. Kein Blau mehr. Nirgends.

In dem Moment, in dem ich die Passhöhe des Alto da Fóia vor mir sehe, bekomme ich die ersten Tropfen ab. Die Straße ist schon nass. Die Scheibenbremsen meines KTM-Leihrads von Bikesul greifen dennoch stark zu. Nach der ersten engen Kurve blicke ich mich um und bemerke, dass niemand mehr an meinem Hinterrad ist. Die Straße vor mir ist zweispurig, breit, gut, schnell, die Abfahrt 23 Kilometer lang – nur kurz unterbrochen von einem kleinen Gegenanstieg. Ich lasse es laufen. Obwohl ich durchnässt bin, friere ich nicht, denn die Temperatur liegt noch immer bei rund 15 Grad.

Als ich unten im Tal ankomme, hat der Regen aufgehört. Ich bin allein. Vor mir liegen noch 30 flache Kilometer bis ins Ziel. Die vierte Rennstunde beginnt. Die „pushende“ Wirkung der während der Abfahrt ausgeschütteten Glückshormone lässt nach – die negativen Gefühle übernehmen: Müdigkeit und Schmerz. Ich stelle mich auf eine knapp einstündige Solofahrt ins Ziel ein. Doch: Plötzlich sehe ich andere Rennradfahrer vor mir. Viele. Es sind die Teilnehmer des kürzeren Mediofondos. Immerhin. Ich bin nicht ganz allein. Und andere zu überholen, kann auch motivierend sein. Leider finde ich niemanden, mit dem ich mir die Arbeit gegen den Wind teilen könnte.

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Finale und Erlebnis

Dann, kurz vor dem Ziel, werde ich eingeholt. Eine siebenköpfige Gruppe schließt zu mir auf. Ich bin froh, die letzten fünf Rennkilometer im Windschatten der anderen „ausrollen“ zu können und hätte mir die ganze Arbeit, allein gegen den Wind zu kämpfen, auch sparen können. Aus dem Schluss-Sprint halte ich mich raus. Als 34. rolle ich über die Ziel-Linie in Lagoa. Duschen, dann Essen. Es gibt ein riesiges Buffet. Ein paar Meter gehen – und schon erlebe ich das nächste Highlight: das abschließende und entscheidende Zeitfahren des Profirennens Volta ao Algarve. An der Stelle, an dem wir Radmarathon-Fahrer am Morgen gestartet sind, stehen nun dutzende Reisebusse der Profiteams.

Vor jedem davon sitzen Radprofis auf ihren auf Rollentrainern eingespannten Zeitfahrmaschinen und fahren sich warm, hören Musik, schwitzen. Schon am Vortag sah ich den Profis zu. Ich war bei der Bergankunft am Alto de Malhão vor Ort. Der Tagessieger: Thomas Pidcock, der MTB-Olympiasieger, das britische Super-Talent aus dem Team Ineos.

Die Stimmung an diesem drei Kilometer langen und bis zu 15 Prozent steilen Schluss-Anstieg war extrem gut – wie bei der Tour de France. Die Fans sorgten für eine riesige Party mit Bier, Bratwurst, Musik. Auch heute hier in Lagoa sind die Radsport-Fans gut drauf. Es ist voll, es ist laut, es ist warm. Für die Radprofis ist dies heute der Abschluss der Volta ao Algarve. Auch für mich ist es der letzte Tag in Portugal. Schon bevor ich am nächsten Tag in den Flieger steige, denke ich darüber nach, wann ich zurückkehren werde. Die Algarve mag im Sommer vor allem für wunderschöne Strände, Meer, Sonne und Klippen bekannt sein – doch sie bietet noch so viel mehr. Und das zu jeder Jahreszeit. Das Potenzial, das die Region für Radsportler auf der Suche nach perfekten Trainingsbedingungen vor allem im Winter hat, ist wohl den wenigsten Sportlern bewusst – noch.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 10/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.


Algarve: Region und Radmarathon

Die Algarve ist die südlichste Region Portugals – sie liegt am südwestlichen Ende des europäischen Festlandes am Atlantik. Wegen ihres ganzjährig milden Klimas ist sie ein ideales Ziel für Aktivurlauber. Neben langen Sandstränden und idyllischen Badebuchten erwarten den Besucher ein hügeliges Hinterland mit viel intakter Natur, geschichtsträchtigen Städten, Kultur und Kulinarik.

Der Flughafen Faro wird von allen großen deutschen Flughäfen angeflogen. Der Flug dauert meist knapp drei Stunden. Das Wetter ist mit 13 Grad Durchschnittstemperatur im Dezember und Januar am kältesten und bewegt sich durchschnittlich von November bis April zwischen 13 und 20 Grad. Insgesamt weist die Region laut Statistik nur etwas mehr als 40 Regentage pro Jahr auf.

Die Profi-Rundfahrt Volta ao Algarve gehört zu den hochklassigen und mehrtägigen Radrennen und ist Teil der UCI ProSeries. Der bereits seit 1977 alljährlich ausgetragene Wettbewerb ist für die Fahrer besonders reizvoll – streckenweise führt er nahe am Atlantik entlang – die Bergetappen wiederum stellen eine ernsthafte Herausforderung dar.

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Die Algarve ist als Radsport-Destination fast noch ein Geheimtipp

Volta ao Algarve Experience

Parallel zur Volta ao Algarve findet das von Bikesul angebotene Programm „Volta ao Algarve Experience“ statt. Radsportler haben hier die Möglichkeit, sich auf ausgewählten Teilstrecken an den Zeiten der Profis zu messen. Zur Wahl stehen ein viertägiges und ein siebentägiges Programm.

Ein Highlight ist dabei der Radmarathon Grandfondo Algarve am 19. Februar, der in Lagoa gestartet wird. Die Veranstalter bieten mehrere Streckenlängen an.

Je nach Kondition kann man zwischen einer Strecke mit 50, 86 oder 132 Kilometern Länge wählen. Start und Ziel sind jeweils am frühen Morgen in Lagoa.

Auf der langen Strecke mit insgesamt 2325 Höhenmetern stellt der 15 Kilometer lange Anstieg auf den Fóia-Gipfel die größte Herausforderung dar.

Bikesul

Bikesul ist einer der größten Radsportanbieter der Algarve. Der zentrale Standort in Albufeira liegt günstig und lässt sich von allen größeren Orten der Region schnell und einfach erreichen. Das Verleihsortiment beinhaltet alle Radgattungen – auch modernste hochklassige Rennräder.

Neben vielfältigen Routenvorschlägen über eine App bietet Bikesul geführte Touren mit Supportautos und ortskundigen Guides für alle Fitnesslevel an. Weitere Informationen unter:

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