Primož Roglič: Ein Grand-Tour-Sieger für das Team Bora-Hansgrohe

Top-Transfer: Primož Roglič

Primož Roglič: Ein Grand-Tour-Sieger für das Team Bora-Hansgrohe

Einer der Topstars des Radsports verlässt sein Erfolgs-Team Jumbo Visma - und wechselt zur deutschen Equipe Bora-Hansgrohe: Primož Roglič. Einblicke.
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1,1 Kilometer vor der Ziellinie tritt Tadej Pogačar an. Es geht steil bergauf. Dies ist der Schlussanstieg – der Ort der Entscheidung. Das Fahrerfeld „explodiert“ sofort. 900 Meter vor dem Ziel sind nur noch zwei Fahrer an seinem Hinterrad: Richard Carapaz, der Olympiasieger von Tokio, und Primož Roglič, der Zeitfahr-Olympiasieger. 500 Meter vor dem Ziel werden die ersten drei Fahrer langsamer, vier andere können aufschließen. 350 Meter vor der Linie tritt ein Fahrer an – und niemand kann ihm folgen.

Primož Roglič gewinnt nach 204 anspruchsvollen Kilometern eines der letzten großen Saisonrennen, den Giro dell’Emilia, vor seinem slowenischen Landsmann Tadej Pogačar und dem Briten Simon Yates. Es war sein drittletztes Rennen für jenes Team, in dem er zum Star wurde – und das er mit groß gemacht hat: die Equipe Jumbo-Visma. Es ist das Ende einer Ära, nach acht Jahren. Roglič ist einer der „Überfahrer“ seiner Generation – und einer von sehr wenigen Athleten, die aktuell in der Lage sind, eine Grand Tour zu gewinnen. Die eine Frage ist: Wie lange noch?

Die junge Konkurrenz

Denn der Slowene wurde Ende Oktober 34 Jahre alt. Seine zukünftigen Hauptkonkurrenten bei den großen Landesrundfahrten – Pogačar, Vingegaard, Evenepoel – sind 25, 27 beziehungsweise 23 Jahre alt. In der Saison 2023 gewann er jede Rundfahrt, bei der er antrat: Tirreno-Adriatico, Volta a Catalunya, Vuelta a Burgos, Giro d’Italia. Bis auf eine: die Vuelta. Darauf hatte er sich monatelang vorbereitet – und zugunsten seines Teamkollegen Jonas Vingegaard auf die Tour de France verzichtet.

Doch im Verlau der Rundfahrt änderte man innerhalb seines Teams die Taktik – mit dem Ergebnis, dass der bisherige „Edelhelfer“ Sepp Kuss die Gesamtwertung gewann. Vor Vingegaard und Roglič.

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Dominanz & Taktiken

Für das Team Jumbo-Visma war es der totale Triumph. Doch für Roglič war es vielleicht ein Vertrauensbruch. Direkt im Anschluss an seinen Sieg beim Giro dell’Emilia gab er bekannt, dass er sein Team verlassen wird – trotz eines noch gültigen Vertrags.

Für seine neue Equipe ist seine Verpflichtung ein Coup. Der zweite, sechs Jahre nach der sensationellen Verpflichtung des damals amtierenden Weltmeisters Peter Sagan. Mit ihm schaffte der deutsche Rennstall endgültig den Aufstieg in die Topriege der WorldTour.

Meilenstein für Bora-Hansgrohe

Ralph Denk, der Teamchef, nennt diesen Transfer einen „weiteren Meilenstein“ in der Geschichte seines Rennstalls. „Primož ist nicht nur sehr professionell, sondern er liebt auch, was er tut. Und diese Verliebtheit wird ihm auch helfen, dass er in relativ hohem Alter Höchstleistungen erbringen kann.“

Denk und Roglič hatten schon einmal miteinander verhandelt – vor der Saison 2016. „Die guten Erinnerungen an unser Kennenlernen vor acht Jahren haben die Gespräche einfach gemacht“, sagte Primož Roglič. „Aber ausschlaggebend war, dass das Team richtig motiviert ist, mit mir zu arbeiten, und wir die gleichen Ideen haben.“ Primož Roglič ist ein Superstar. Vier Grand Tours hat er bereits gewonnen: dreimal die Vuelta a España und einmal, in diesem Jahr, den Giro d’Italia. Nur ein Sieg fehlt ihm noch: jener bei der Tour de France. Hier erwuchs ihm inzwischen eine enorm starke Konkurrenz im eigenen Team.


Primož Roglič im Steckbrief

Geboren: 29. Oktober 1989
Größe: 1,77 Meter
Gewicht 65 Kilogramm

Primož Roglič: Top-Ergebnisse

  • 3 x Gesamtsieg Vuelta 19, 20, 21
  • 12 x Etappensieger Vuelta 19, 20, 21, 22, 23
  • 1 x Gesamtsieg Giro 2023
  • 1 x Olympiasieger Einzelzeitfahren 2021
  • 2 x Gesamtsieg Tirreno-Adriatico 23, 19
  • 2 x Sieg Baskenland-Rundfahrt 21, 18
  • 2 x Sieg Tour de Romandie 19, 18
  • 3 x Etappensiege Tour de France 17, 18, 20
  • 1 x Gesamtsieg Paris-Nizza 2022
  • 1 x Sieg Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020
  • 3 x Sieger Giro dell’Emilia 23, 21, 19
  • 1 x Gesamtsieger Critérium du Dauphiné 2022

Transfers & Ziele

Ab der neuen Saison wird er nun zu jenen gehören, die die Fahrer des in diesem Jahr so dominanten Jumbo-Visma-Teams schlagen wollen. „Primož war der Ausgangspunkt des Erfolgs unseres Teams. Ich denke, dass er absolut alles dafür tut, um die Tour de France zu gewinnen“, sagte sein ehemaliger Jumbo-Visma-Teamkollege Dylan van Baarle nach dem Bekanntwerden des Scheiterns eines medial viel diskutierten Zusammenschlusses seiner Equipe mit Soudal Quick-Step.

Klar ist: Dieser Wechsel verändert das Gefüge innerhalb der WorldTour. Er verändert Taktiken, Ansprüche und Ziele. Und er zeigt unter anderem eine Ausrichtungsänderung des Teams Bora-Hansgrohe: hin zu großen Grand-Tour-Ambitionen. Mit dem Giro-d’Italia-Sieger2022 Jai Hindley, Aleksandr Vlasov, Sergio Higuita, Lennard Kämna, dem 20-jährigen Supertalent Cian Uijtdebroeks und dem Neuzugang Daniel Felipe Martínez ist die Equipe hier gut aufgestellt. Das große gemeinsame Ziel lautet: Tour de Fance. Dort könnte es 2024 zum „Clash der Superstars“ kommen: Vingegaard versus Roglič versus Pogačar versus Evenepoel.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 01/02/2024Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

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