Women's World Tour, Analyse, Teams, Top-Fahrerinnen
Women’s World Tour: Transfers, Talente, Teams der Frauen-Tour

Entwicklung

Women’s World Tour: Transfers, Talente, Teams der Frauen-Tour

23 Rennen, neun Teams, 119 Fahrerinnen – das ist die Women’s World Tour. Transfers, Talente, Top-Fahrerinnen, Teams und Analysen.
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13 steile Rampen, Kopfsteinpflaster, 152 Kilometer, 1700 Höhenmeter, 38 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit – und eine altbekannte Solo-Siegerin: Annemiek van Vleuten. Die Ex-Weltmeisterin und amtierende Europameisterin aus den Niederlanden gewann das zweite große Rennen der Women’s World Tour i Frauen-Radsportkalender 2021. Das erste gewann eine Landsfrau: Chantal van den Broek-Blaak siegte als Solistin bei Strade Bianche – dem harten, hügeligen Klassiker über die „weißen“ unasphaltierten und, je nach Wetterbedingungen, matschigen oder staubigen Naturstraßen der Toskana.

Frauen-Radsport ist – so könnte man ein berühmtes aus dem Fußball bekanntes Zitat des Engländers Gary Lineker abwandeln – wenn viele Dutzend Fahrerinnen Radrennen fahren und am Ende eine Niederländerin gewinnt. Neben Annemiek van Vleuten, der „Überfahrerin“ der vergangenen Jahre, zählen auch Chantal van den Broek-Blaak, Anna van der Breggen, die amtierende Weltmeisterin, und Marianne Vos zu den niederländischen Weltklasse-Athletinnen. Vos’ Palmarès ist fast unglaublich: Dreimal war sie Weltmeisterin auf der Straße, fünfmal gewann sie den Flèche Wallonne – und in diesem März zum ersten Mal Gent-Wevelgem. Allein beim Giro d’Italia gewann sie 28 Etappen. Dreimal wurde sie Gesamtsiegerin. Ihr erstes Profirennen fuhr sie im Jahr 2007.

Top-Fahrerinnen und Talente auf der Women’s World Tour

Seither wandelte sie sich von einer Cyclocrosserin und Rundfahrerin zu einer Klassiker- und Sprint-Spezialistin. In diesem Jahr bestreitet die 34-Jährige ihre 14. Profi-Saison. Allein in der letzten Saison vor der Corona-Pandemie feierte sie 19 Saisonsiege. Nach zwei Saisons beim polnischen Team CCC, das sich Ende 2020 auflöste, unterschrieb sie für 2021 beim niederländischen Team Jumbo-Visma Women, das im ersten Jahr seines Bestehens noch keinen WorldTour-Status hat.

Da es aber nur insgesamt neun Mannschaften der ersten Kategorie gibt, muss man sich bei Jumbo-Visma keine Sorgen um genügend Startplätze bei den hochrangigen Rennen machen – erst recht nicht, wenn man eine Marianne Vos im Team hat. Anfang April war sie Zweite der Women’s-World-Tour- und Vierte der Weltrangliste. Zu ihrem Team gehört auch die Leipzigerin Romy Kasper, die sich seit Jahren als wertvolle Helferin in verschiedenen Teams verdient macht.

Weltmeisterin Anna van der Breggen

Die amtierende Weltmeisterin Anna van der Breggen führt das Team SD Worx an, das 2020 noch als Boels-Dolmans an den Start ging. Die 31-Jährige, die dreimal den Giro d’Italia und siebenmal den Flèche Wallonne gewann, bestreitet ihre letzte Saison. Zum Jahresende wird sie ihre Laufbahn beenden. Ihr großes Ziel zuvor lautet: Olympia-Gold. Zu ihren neuen Teamkolleginnen zählen unter anderem die erfahrene Italienerin Elena Cecchini, die von Canyon-Sram in die Niederlande wechselte, die sechsfache südafrikanische Meisterin Ashleigh Moolman-Pasio und ihre Landsfrau Demi Vollering, die mit ihren 24 Jahren bereits der Weltspitze angehört.

Das dritte große niederländische Team, Liv Racing, wird von der Belgierin Lotte Kopecky angeführt, die zu Beginn dieser Saison beim Klassiker Gent-Wevelgem auf den zweiten Platz sprintete. Mit einer deutschen Lizenz, aber unter niederländischer Führung gehört das Team DSM, das vormals „Sunweb“ hieß, zur Riege der neun WorldTour-Mannschaften.

DSM ist ein extrem junges Team: Nur drei der 13 Fahrerinnen sind älter als 25. Neun von ihnen sind 23 oder jünger. Zwei dieser jungen Athletinnen kommen aus Deutschland: Liane Lippert, 23, und Franziska Koch, 20. Lippert gewann im Vorjahr die Nachwuchswertung der WorldTour und war Gesamtzweite der Tour Down Under sowie Fünfte der Straßenweltmeisterschaften. Die erst 20-jährige Franziska Koch gewann bei den Europameisterschaften in Plouay die Silbermedaille im Zeitfahren der U23-Klasse und war Vierte im Straßenrennen. Die Niederländerin Lorena Wiebes wechselte im Sommer 2020 zum Team DSM.

Women's World Tour, Analyse, Teams, Top-Fahrerinnen

Analysen der Fahrerinnen und Teams auf der Women’s World Tour

Sprinterinnen und Olympia

Mit ihren erst 22 Jahren hat sie sich längst als eine der schnellsten Sprinterinnen der Welt etabliert. Im Vorjahr gewann sie vier, in der Saison davor 16 Rennen. Zwar verlief ihr Saisonbeginn 2021 nicht nach Wunsch – „erst“ beim Scheldeprijs Anfang April feierte sie ihren ersten Saisonsieg. Doch sie bringt alles mit, um die Massenankünfte und nicht allzu bergigen Eintagesklassiker mit zu dominieren. Extrem spannend wird auch die Entwicklung einer ihrer neuen Teamkolleginnen sein: Megan Jastrab. Die US-Amerikanerin wurde im Januar 19 Jahre alt. Sie war die überragende Junioren-Fahrerin ihrer Generation. 2019 gewann sie fünf ihrer neun Saisonrennen – darunter das um die Juniorinnen-Weltmeisterschaft. Dreimal wurde sie Zweite. Ihre „schlechteste“ Platzierung: Rang neun im WM-Zeitfahren.

Die einzige australische Mannschaft der WorldTour, Bike Exchange, setzt unter anderem auf die erfahrene Kapitänin Amanda Spratt. Die 33-jährige Australierin gewann unter anderem dreimal die Tour Down Under und wurde 2018 Vize-Weltmeisterin. Ihre Landsfrau Grace Brown hat sich, das hat sie spätestens mit dieser Saison gezeigt, zu einer Weltklasse-Fahrerin entwickelt. Ihre Ergebnisse bei den ersten acht Saisonstarts lauten: zwei, zwei, acht, zwei, eins, 22, sechs, drei. Sie gewann Brügge-De Panne, wurde Zweite bei Nokere Koerse und Dritte der Flandern-Rundfahrt.

Team FDJ Nouvelle-Aquitaine Futurscope bei der Women’s World Tour

Ein starkes – und sehr junges – Team wurde bei FDJ Nouvelle-Aquitaine Futuroscope entwickelt. Acht der 13 Fahrerinnen sind 25 oder jünger. Gerade für schwere Eintagesrennen und Rundfahrten ist das französische Team hervorragend aufgestellt. Im Vorjahr konnten sich gleich drei Fahrerinnen unter den Top 14 des Giro d’Italia platzieren: Die Dänin Cecilie Uttrup Ludwig, 25, wurde Vierte, die erst 21-jährige Französin Évita Muzic Zehnte, die Italienerin Marta Cavalli, 23, 14.

Einen nicht ganz optimalen Saisoneinstieg hatten die Fahrerinnen des deutschen Teams Canyon-Sram. Nach dem Weggang von Tanja Erath, zum Team Tibco, und Christa Riffel, zu Hitec Products, gehören nur noch zwei deutsche Fahrerinnen dem Team an: die U23-Zeitfahr-Europameisterin Hannah Ludwig, 21, und Lisa Klein. Die 24-Jährige fuhr auf fast allen Terrains bereits Erfolge ein: bei Klassikern, bei Rundfahrten und auf der Bahn. Allein 2019 gewann sie unter anderem die Gesamtwertungen der BeNe Ladies Tour und der Healthy Ageing Tour.

Bei den Bahn-Weltmeisterschaften 2020 in Berlin holte sie mit dem deutschen Vierer die Bronzemedaille – in einer neuen deutschen Rekordzeit. In der Einerverfolgung wurde sie Vierte. Im Vorjahr hatte sie gesundheitliche Probleme, doch ihr guter Saisonauftakt zeigt, dass diese überwunden sind: Sie wurde Sechste der Healthy Ageing Tour und Dritte von Nokere Koerse.

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Spitzen-Fahrerin

Eine andere Spitzen-Fahrerin ist neu im Team: Chloé Dygert. Die US-Amerikanerin hat – nach einem Sturz während des WM-Zeitfahrens von Imola, bei dem sie in Führung lag – eine lange Verletzungsphase hinter sich. Dennoch zählt sie mit ihren erst 24 Jahren zu den großen Versprechen des Radsports. Lange dominierte sie die Verfolgungswettbewerbe auf der Bahn. 2019 feierte sie ihren Durchbruch auf der Straße: Sie wurde Zeitfahr-Weltmeisterin, Vierte des Straßenrennens und gewann insgesamt 13 Rennen. Auch ihr großes Saisonziel lautet: die Olympischen Spiele von Tokio.

Neu im Team ist auch ein weiteres Top-Talent: die 22-jährige Neuseeländerin Mikayla Harvey. Sie gehört zu den talentiertesten Berg- und Rundfahrerinnen überhaupt. Im Vorjahr wurde sie unter anderem Zwölfte von Strade Bianche, Siebte des Flèche Wallonne und Fünfte des Giro d‘Italia. Die Kapitänin für viele Rennen wird aber die Polin Katarzyna Niewiadoma sein. Die 26-Jährige zählt seit Jahren zu den Top-Rundfahrerinnen. Im Vorjahr wurde sie unter anderem Zweite des Giro Rosa.

Top-Teams auf der Women’s World Tour

Das US-amerikanische Team Trek-Segafredo führte im Vorjahr die WorldTour-Rangliste an – und zählt auch in dieser Saison zu den Top-Teams des Frauenradsports. Die Niederländerin Ellen van Dijk konnte im Frühjahr bereits zwei Etappensiege bei der Healthy Ageing Tour einfahren. Die Neuzugänge Amalie Dideriksen aus Dänemark und die Australierin Chloe Hosking – die Sprinterin gewann im Vorjahr drei Rennen – sind klare Verstärkungen.

Die beiden Leaderinnen werden aber wohl dieselben wie in den Vorjahren sein: die Italienerin Elisa Longo Borghini, 29, und die Britin Elizabeth Deignan, 32. Erstere war eine der dominierenden Fahrerinnen der Vorsaison, in der sie unter anderem Dritte des Giro und des WM-Rennens wurde. Zu Beginn dieser Saison bestätigte sie diese Konstanz – mit Rang zwei bei Strade Bianche, dem Sieg bei der Trofeo Alfredo Binda und Platz vier bei der Flandern-Rundfahrt. Deignan, die Weltmeisterin von 2015, gewann 2020 unter anderem La Course und Lüttich-Bastogne-Lüttich.

Trixi Worrack aus Dissen in Brandenburg ist die einzige Deutsche im Team – und eine von nur fünf deutschen Fahrerinnen in der WorldTour. Worrack ist seit 17 Jahren, seit 2004, Radprofi. Sie gewann in ihrer langen Karriere bislang sieben Rundfahrten. 2006 war sie Vize-Weltmeisterin.

Continental-Teams

Unterhalb des WorldTour-Status stehen 19 deutsche Fahrerinnen in den Diensten der derzeit 51 bei der UCI lizenzierten Continental-Teams.

Eine ganz besondere Rolle, aus deutscher Sicht, spielt dabei das von dem Südbadener Ex-Profi Dirk Baldinger geführte Continental-Team Ceratizit-WNT Pro Cycling. Dort stehen mit der Ex-Zeitfahrweltmeisterin Lisa Brennauer, Kathrin Hammes, Franziska Brauße, und Lea Lin Teutenberg, gleich vier deutsche Fahrerinnen unter Vertrag. Erstgenannte zählte seit vielen Jahren zu den Spitzen-Fahrerinnen – auf der Bahn, im Zeitfahren, bei Rundfahrten und bei Eintagesrennen. Ein Porträt der 32-jährigen Allgäuerin finden Sie hier. Die neue Saison begann gut für Lisa Brennauer: mit Platz zwei bei der Healthy Ageing Tour und der Flandern-Rundfahrt sowie Platz drei bei Gent-Wevelgem.

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Top-Talente auf der Women’s World Tour

Emma Norsgaard | 21 | Team Movistar

Die Dänin ist eine Aufsteigerin der Saison 2021. In ihren ersten zehn Saisonrennen fuhr sie neunmal in die Top Ten. Fünfmal wurde sie Zweite, unter anderem bei Le Samyn und dem Scheldeprijs – hinter der nur ein Jahr älteren, aber längst in der Sprint-Weltspitze etablierten Lorena Wiebes.

Elisa Balsamo | 23 | Team Valcar

Die Italienerin gewann bereits 2019 vier Rennen. Im Vorjahr wurde sie U23-Europameisterin und gewann eine Etappe der Ceratizit Challenge. In dieser Saison siegte sie beim GP Oetingen, wurde Dritte des Scheldeprijs und Vierte bei Gent-Wevelgem. Sie ist extrem endschnell und tempofest.

Liane Lippert | 23 | Team DSM

Die Deutsche Liane Lippert überraschte vor der Corona-Pause mit Top-Ergebnissen: Zweite der Tour Down Under, Siegerin des Cadel Evans Great Ocean Road Race. Auch nach der Pause war sie regelmäßig in den Top Ten und gewann die Nachwuchswertung der WorldTour. Ein Porträt von ihr finden Sie in der RennRad 7/2020.

Mikayla Harvey | 22 | Canyon Sram Racing

Bereits mit 20 Jahren gewann die Neuseeländerin ihr erstes internationales Rennen: das Einzelzeitfahren der Tour de Bretagne. Im Trikot von Bigla-Katusha zeigte sie beim Giro d’Italia als Gesamtfünfte ihr Talent als Rundfahrerin. Zudem wurde sie Siebte des schweren Klassikers Flèche Wallonne.

Megan Jastrab | 19 | Team DSM

Der Neuzugang im Team DSM zählte in den vergangenen Jahren zu den herausragenden Fahrerinnen im U19-Bereich – auf der Straße und der Bahn. Die US-Amerikanerin begann als Jugendliche auf dem BMX und dem Mountainbike. Auf der Straße wurde sie 2019 U19-Weltmeisterin und gewann die Juniorinnen-Rennen von Gent-Wevelgem und der Healthy Ageing Tour.

Weitere Top-Talente

Niam Fisher-Black, NZL, 20 / Sarah Gigante, 20, AUS / Juliette Labous, FRA, 22 – und mehr Fahrerinnen


Die Teams auf der Women’s World Tour 2021

  • Alé BTC Ljubljana
  • Canyon-Sram Racing
  • FDJ Nouvelle-Aquitaine Futurscope
  • Liv Racing
  • Movistar Team
  • SD Worx
  • Team BikeExchange
  • Team DSM
  • Trek-Segafredo Women
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Die Fahrerinnen der deutschen Teams auf der Women’s World Tour

Canyon-SRAM

Alena Amialiusik (BLR | 32), Alice Barnes (GBR | 25), Hannah Barnes (GBR | 27), Neve Bradbury (AUS | 18), Elise Chabbey (SUI | 27), Tiffany Cromwell (AUS | 32), Chloé Dygert (USA | 24), Ella Harris (NZL | 22), Mikayla Harvey (NZL | 22), Lisa Klein (GER | Saarbrücken | 24), Hannah Ludwig (GER | Traben-Trarbach | 21), Katarzyna Niewiadoma (POL | 26), Alexis Ryan (USA | 26), Omer Shapira (ISR | 26) Sportdirektor: Ronny Lauke, Leipzig

Team DSM

Susanne Andersen (NOR | 22), Pfeiffer Georgi (GBR | 27), Megan Jastrab (USA | 19), Leah Kirchmann (KAN | 30), Franziska Koch (GER | Mettmann | 20), Juliette Labous (FRA | 22), Liane Lippert (GER/Friedrichshafen, 23), Floortje Mackaij (NED | 25), Wilma Olausson (SWE | 19), Esmée Peperkamp (NED | 23), Coryn Rivera (USA | 28), Julia Soek (NED | 30), Lorena Wiebes (NED | 22), Sportdirektor: Hans Timmermans (NED)

Dieser Artikel erschien in der RennRad 6/2021. Hier können Sie die Ausgabe als E-Paper oder Printmagazin bestellen.

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