Oberpinzgau, Mittersill, Gravel, Touren
Mittersill-Hollersbach-Stuhlfelden im Nationalpark Hohe Tauern: Gravel-Touren

Berge, Bäche, Pässe

Mittersill-Hollersbach-Stuhlfelden im Nationalpark Hohe Tauern: Gravel-Touren

Straßen und Schotterwege, Hügel und Pässe, steil und flach: Der Oberpinzgau im Nationalpark Hohe Tauern bietet alles. Geheimtipps und Touren für Rennrad- und Gravel-Fahrer.
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Vor mir: ein schmaler Weg wie eine Wand aus Schotter. Ich blicke mehr nach oben als nach vorne, um mein Ziel zu sehen. Ich fahre im Sitzen – sonst würde das Hinterrad durchdrehen. Der Untergrund ist teils lose, steinig, staubig. Der feine Schotter, der von meinen Stollenreifen aufgewirbelt wird, wird zu einer dünnen grau-weißen Wolke. Wenn ich nach oben schaue, erblicke ich: Wald, Nebel, Berge in der Ferne und einen Fischweiher neben der Forststraße.

Vor allem aber merke ich, was fehlt: Geräusche – abgesehen von dem leisen Knirschen des Schotters unter meinen Reifen. Die Angler, die sich wortlos mit ihren Ruten, Keschern, Koffern und Eimern auf den Weg zu ihrem Platz machen, schauen irritiert, als ich an ihnen vorbeifahre. Ich gehe aus dem Sattel, will beschleunigen und dann ist da plötzlich dieser Schmerz im Oberschenkel. Erst ein Zucken, dann ein Ziehen. Ein Krampf. Mein erster seit Langem. Meine Tour hat in Mittersill auf dem Asphalt begonnen und mich über Schotterwege in die Natur geführt. Genauer: in das Hollersbachtal.

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Gravel-Exot in der Region Mittersill-Hollersbach-Stuhlfelden

1:30, 3:45, 0:45 Stunden – die Zahlen auf den Wegweiser-Schildern am Streckenrand geben die Dauer des Fußwegs zur nächsten Alm oder Hütte an. Normalerweise. Radsportler wie mich sieht man hier selten – erst recht, wenn sie auf einem Gravel- und nicht auf einem Mountainbike in die Bergwelt der Hohen Tauern kommen.

Noch kommen nur wenige Radfahrer in dieses breite Almtal, das nur rund fünf Kilometer von Mittersill entfernt liegt und wie aus einer anderen Zeit erscheint. Der Weg, der in diese Welt führt, steigt an, über Schotter- und Forstwege, durch Wälder und Wiesen. Dabei habe ich die Berge der Hohen Tauern stets im Blick.

Mein erstes Ziel: die Senningeralm auf 1250 Metern Höhe. Von der Terrasse aus habe ich einen Panoramablick auf die Gipfel des Nationalparks Hohe Tauern. Doch ich bleibe nur kurz. Auch wenn die Versuchung groß ist: Am Nachbartisch werden Kaiserschmarrn und selbstgemachte Strudel serviert. Ihr Geruch lässt mich fast von meinem Plan abkommen. Doch noch kann ich widerstehen, ich habe noch viele Höhenmeter vor mir. Ich steige wieder auf mein Gravelbike und trete weiter. Sofort geht es wieder bergauf. Steil. Ich schalte in den kleinsten Gang. Langsam rollen die Reifen leise knirschend über die Schotterstraße.

Oberpinzgau, Mittersill, Gravel, Touren

Rennrad- und Gravel-Touren im Oberpinzgau sind ein Traum

Schotter und Asphalt

Die Graveltour in das Hollersbachtal ist nur eine von vielen der von einheimischen Radsportlern ausgearbeiteten Touren in der Region Mittersill – Hollersbach – Stuhlfelden, die zur Nationalpark-Region Hohe Tauern zählt. Berge, Täler, Seen, Flüsse und mehr. Flache Kilometer oder viele Höhenmeter. Auf Asphaltstrecken oder auf unbefestigten Wegen. Ruhe, Abschalten, Auszeit vom Alltag. Dafür bin ich hier – und: um Neues zu erleben. Neue Wege, unbekannte Straßen und Berge.

Eine besondere Neuheit für mich ist am nächsten Tag die Rennrad-Tour zur Rossberg-Panoramastraße. Der Beginn: geradeaus, steil, brutal. 15 Prozent Steigung. Mindestens. Runterschalten, aus dem Sattel gehen, am Lenker ziehen. Mein Oberkörper wiegt hin und her. Ich passiere einige Häuser, bevor die Straße, immer noch weiter ansteigend, am freien Hang des Rossbergs entlangführt. Zwischen mir hier oben und dem Tal wabert der Nebel. Darüber, in südlicher Richtung, am Horizont türmt sich ein Bergpanorama mit schneebedeckten Gipfeln auf. Mittendrin: der höchste Berg der Venedigergruppe in den Hohen Tauern. Er ist 3657 Meter hoch und das Ziel und der Sehnsuchtsort vieler Bergsteiger: der Großvenediger.

Mehr als Entschädigung

Ich fahre im Wiegetritt. Die Straße windet sich immer weiter, in etlichen Kehren nach oben – ehe ich irgendwann oben, am Alpengasthof Rechtegg auf 1250 Metern über dem Meer, ankomme. Dort, wo für Rennradfahrer der Weg aufhört, beginnt ein Paradies für Wanderer. Für mich heißt es endlich: Pause, auf der Terrasse des Alpengasthofs. Das Panorama, der Kaiserschmarrn, das alkoholfreie Bier, die Ruhe entschädigen für die Anstrengung. Mehr als das.

Eine Stunde später sitze ich wieder auf dem Rad und fahre die gleiche Strecke zurück ins Tal. Ich habe Glück, denn: Die Straßen sind leer. Während der 450 Höhenmeter bergab habe ich nahezu freie Fahrt. Unten im Tal ziehe ich meine Windweste und meine Armlinge aus und packe alles in die Rückentaschen.

Es ist warm genug. 23 Grad, grüne Wiesen, weidende Kühe am Wegrand, die Weite des Tals: Dies ist der perfekte Tag. Der perfekte Urlaub. Die perfekte Auszeit. Der Alltag ist so weit weg – verdrängt, vergessen, zumindest jetzt, hier und heute. Dass der Radweg bis Krimml leicht ansteigt, nehme ich kaum wahr. Erst als sich ein Parkplatz an den nächsten reiht und ein Wasserrauschen hörbar wird, fällt mir ein, auf welches Naturerlebnis ich gerade zusteuere: die Krimmler Wasserfälle. Sie sind mit einer gesamten Fallhöhe von 385 Metern die höchsten Wasserfälle Österreichs und die fünfthöchsten der Welt.

Wasserfall und Bergpass

Den Ursprung der Wasserfälle bildet die Krimmler Ache. Sie beginnt am Ende des Krimmler Achentales und durchfließt zuerst sanft über rund 20 Kilometer ebene Almböden, um danach als tosender Gletscherbach den Talausgang zu erreichen. Dort stürzt er die gewaltigen Stufen der Krimmler Wasserfälle hinab.

Mein Weg führt nach oben, zum Gerlospass, der hier direkt vor dem Besucherzentrum der Wasserwelten Krimml beginnt: sieben Kilometer und 600 Höhenmeter bergauf. Über Hangbrücken, Panoramakehren und durch Tunnel. Sein gleichmäßiges Steigungsprofil kommt mir entgegen. Schon nach etwa einem Kilometer habe ich meinen Rhythmus gefunden. Die wuchtigen Kilometersteine am Straßenrand, die Abwechslung von Felswänden, Bergwäldern und Almwiesen erinnern an andere große legendäre Alpenpässe. An dem Aussichtspunkt im letzten Drittel des Passes bleibe ich kurz stehen. Von hier oben hat man einen traumhaften freien Blick auf die Wasserfälle gegenüber.

Abfahrt

Bis nach oben zur Passhöhe sind es von hier aus nur noch wenige Kilometer. Doch: Sie kommen mir extrem lang vor. Auf 1531 Metern habe ich mein nächstes Zwischenziel erreicht. Hier muss ich mich entscheiden: Nehme ich die Abfahrt über die B165 nach Zell am Ziller, ins Zillertal oder fahre ich auf der alten Gerlosstraße zurück ins Oberpinzgau? Ich entscheide mich für Letzteres.

Abfahrt. Die Aussicht und die Streckenführung nach Wald im Pinzgau sind etwas weniger spektakulär als die Auffahrt über Krimml. Zehn, 15, 17 Prozent Gefälle. Mit jedem Tiefenmeter wird die Luft wärmer. Unten erreiche ich den Tauernradweg neben der Salzach. Ausrollen. Vom Berg ins Tal und umgekehrt. Höhenmeter und flache Kilometer. Schotter und Asphalt. Kaum Verkehr und die Weite des Tals. Dahinter: das Bergpanorama der Hohen Tauern.

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Mittersill-Hollersbach-Stuhlfelden: Die Region

Die benachbarten Orte Mittersill, Hollersbach und Stuhlfelden liegen im Oberpinzgau am Oberlauf der Salzach, dem größten Fluss im Bundesland Salzburg. Sie sind mit der Pinzgauer Lokalbahn von Krimml bis Zell am See miteinander verbunden. Eingerahmt wird die Region von den Kitzbüheler Alpen im Norden und der Venedigergruppe im Süden.

Viele Kilometer lange Wanderwege, hohe Bergpässe und ein Panorama auf die höchsten Gipfel Österreichs zeichnen die Region aus. Der beste Reisezeitraum zum Radfahren ist von Mai bis Oktober. Mehr Informationen gibt es hier.

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