Lea Sophie Friedrich, Interview, Radsport
Lea Sophie Friedrich im Interview über Erfolge, Ziele und Konkurrenz

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Lea Sophie Friedrich im Interview über Erfolge, Ziele und Konkurrenz

Sieben Medaillen in einer Saison – und das mit erst 21 Jahren: Lea Sophie Friedrich ist das Top-Talent des Bahn-Sprints und längst in der Weltspitze angekommen. Sie gewann im Jahr 2021 dreimal WM-Gold und einmal Silber, einmal EM-Gold und zweimal Silber – und die Olympia-Silbermedaille im Teamsprint. Im RennRad-Interview spricht die Bundespolizistin über ihre neue Wahlheimat Cottbus, ihren Förderer Detlef Uibel, das Verhältnis zu ihrer Konkurrentin Emma Hinze – und mehr.
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RennRad: Lea Sophie Friedrich, mit dreimal Gold und einmal Silber waren Sie die erfolgreichste Fahrerin der Bahn-WM von Roubaix. Unmittelbar danach haben die Wettkämpfe der neuen Bahn Champions League begonnen. Wie beurteilen Sie Ihre Saison und hatten Sie schon Zeit, Ihre Erfolge zu genießen?

Lea Sophie Friedrich: Ja, mittlerweile schon. Endlich. Bei der WM ist einfach ein Traum für mich wahr geworden. Und so langsam habe ich meine Erfolge auch realisiert. Meine Leistungen sind aber auch mit etwas Abstand nach wie vor unglaublich für mich, weil ich vor der WM eine ganze Woche krank im Bett gelegen habe und mit nichts mehr gerechnet hatte. Inzwischen habe ich die Medaillen bei mir zu Hause in der Wohnung in einer Vitrine hängen und werde jetzt jeden Morgen daran erinnert.

Dassow an der Ostsee ist Ihr Zuhause. Doch Sie leben und trainieren nun in Cottbus. Wie sehen Sie die Möglichkeiten dort?

Cottbus ist auf jeden Fall für die nächsten Jahre mein Trainingsort. Daneben versuche ich gerade, mich in der Stadt auch ein bisschen einzuleben. Ich habe vor einigen Wochen knapp 500 Meter entfernt vom Sportzentrum eine Zwei-Zimmer-Wohnung bezogen. Ich bin bisher echt überrascht von Cottbus. In der Altstadt kann man sehr schön Kaffee trinken gehen, auch darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Es ist aber auch schön, dass Berlin nicht so weit entfernt ist. Dort habe ich noch viele Freunde.

Lea Sophie Friedrich über ihre Wahlheimat

Warum haben Sie nach den sehr erfolgreichen Jahren als Juniorin und dem ebenfalls geglückten Einstieg in den Frauen-Elitebereich Ihren bisherigen Trainings-Standort Schwerin verlassen?

Es gab leider in Schwerin aufgrund der fehlenden Radrennbahn nie optimale Trainingsbedingungen. Ich hatte keine richtige Trainingsgruppe, zudem war die Zusammenarbeit mit meinem Trainer Ronald Grimm auch nicht mehr so super. Jörg-Uwe Krünägel, mein Trainer bei der Bundespolizei, der mich schon während der letzten Jahre sehr intensiv betreut hat, hat mich auf den Gedanken gebracht, etwas zu verändern. Ich stand dann leider irgendwann vor der Wahl: Entweder wechsele ich den Trainingsort oder ich lasse das mit dem Leistungssport ganz sein. Aufhören war für mich keine Option. Deshalb habe ich mich für Cottbus entschieden. Und ich kann mit Sicherheit sagen: Es ist die richtige Entscheidung gewesen.

Sie trainieren bereits seit März in Cottbus mit dem Trainer Bill Huck und haben demnach neben der EM- und WM- auch die Olympia-Vorbereitung in der Lausitz absolviert. Welchen Anteil hatte dieser Wechsel, haben diese Impulse, an Ihren Erfolgen?

Cottbus und Bill Huck haben schon einen großen Anteil daran. Wir haben mein Training etwas verändert. Ich bin schon vorher schnell gefahren, aber ich merke, dass ich jetzt noch schneller fahren kann. Die Umstellung der Trainings-Methodik war dazu der Schlüssel.

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Lea Sophie Friedrich über die Olympischen Spiele und die WM

Bei den Olympischen Spielen gewannen Sie und die anderen deutschen Sprinterinnen eine Silbermedaille. Bei den Weltmeisterschaften war die deutsche Bilanz dann noch deutlich besser. Warum?

Wir hatten vor Olympia viele interne Diskussionen. Das war mental zwar sehr belastend. Es war aber letztlich nicht ausschlaggebend dafür, dass es am Ende im Sprint und im Keirin nicht zu einer weiteren Medaille gereicht hat. Wir waren in Japan leider mental einfach nicht voll auf der Höhe und haben mit dem Druck von außen nicht richtig umgehen können. Ich finde aber generell nicht, dass wir uns etwas vorzuwerfen haben. Emma Hinze und ich hatten in Tokio jeweils eine Top-Form. Und eine Silbermedaille bei Olympischen Spielen zu gewinnen, das ist ein toller Erfolg. Darüber freuen wir uns nach wie vor riesig.

Zählen die Olympischen Spielen 2024 von Paris nun zu Ihren Zielen?

Natürlich ist der Gewinn einer olympischen Goldmedaille mein Traum. Natürlich wünsche ich mir das. Aber erst einmal wäre ich froh, wenn ich wieder eine Medaille gewinnen könnte. Das wäre ein Riesenerfolg für mich. Dazu muss ich die nächsten drei Jahre über zunächst einmal gesund bleiben und weiter vernünftig trainieren.

Nach mehr als 30 Jahren ist Ihr bisheriger Bundestrainer Detlef Uibel ausgeschieden. Künftig wird Jan van Eijden die deutschen Sprinterinnen und Sprinter trainieren. Der ehemalige Weltmeister kehrt nach 15 Jahren beim britischen Verband zurück. Wie gut kennen Sie Jan van Eijden und was erwarten Sie von ihm?

Ich kenne ihn bisher noch nicht so gut. Natürlich haben wir bei verschiedenen Wettkämpfen schon dann und wann kurz miteinander geredet, das war es dann aber auch schon. Ich freue mich jetzt sehr darauf, ihn bald besser kennenzulernen, und bin gespannt auf seine Pläne mit uns Sportlerinnen und Sportlern.

Lea Sophie Friedrich über Detlef Uibel und Emma Hinze

Wie sehen Sie Ihre Zusammenarbeit mit Detlef Uibel?

Die Zusammenarbeit mit ihm war manchmal nicht einfach, aber im Großen und Ganzen kann ich ihm sehr dankbar sein. Herr Uibel hat mir schon als sehr, sehr junge Sportlerin die Chance gegeben, mich international zu präsentieren, Erfahrungen zu sammeln und mich deutlich weiterzuentwickeln. 2019 etwa: Da war ich gerade aus dem Juniorinnen-Bereich „nach oben“ gekommen und konnte bei der Elite-WM in Polen gleich Platz vier im Sprint belegen. Von daher bin ich unserem ehemaligen Bundestrainer megadankbar.

Ihre größte Konkurrentin während den Weltmeisterschaften kam mit Emma Hinze aus dem eigenen Team. Zudem trainieren Sie jetzt beide in Cottbus. Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben?

Auf der Bahn sind Emma und ich natürlich Konkurrentinnen, aber sobald wir von der Bahn runter sind, sind wir Freundinnen. Wir haben in den letzten Monaten gelernt, wie wir miteinander umgehen. Sport ist Sport, privat ist privat. Das macht uns beide zusammen stärker. Ich freue mich auch riesig für Emma, dass sie Sprint-Weltmeisterin wurde. Wenn sich jemand den Titel und die Goldmedaille verdient hat, dann Emma. Aber natürlich würde ich mich freuen, wenn ich auch einmal das Trikot der Sprint-Weltmeisterin tragen könnte. Das muss man sich über Jahre verdienen, erarbeiten und erkämpfen – und das ist nicht einfach.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 1-2/2022Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

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