Simon Geschke, Tour de France 2022, Bergtrikot
Simon Geschke: Tour de France 2022 – Überraschung im Kampf ums Bergtrikot

Plötzlich im Rampenlicht

Simon Geschke: Tour de France 2022 – Überraschung im Kampf ums Bergtrikot

Simon Geschke trug bei der Tour de France 2022 neun Etappen lang das Bergtrikot – so lange wie kein Deutscher zuvor in der Geschichte der Frankreich-Rundfahrt.
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Wer hätte vor der Tour gedacht, dass ausgerechnet der älteste deutsche Fahrer im Peloton für die schönsten Schlagzeilen sorgt? Simon Geschke, genannt „Simoni“, 36 Jahre alt, seit 14 Jahren Profi, zehnte Tour-Teilnahme, Etappensieger 2015 in Pra Loup, übernahm auf der neunten Etappe das Trikot des besten Kletterers, das weiße Leibchen mit den roten Punkten. Vor ihm war das nur sieben deutschen Fahrern gelungen. Und niemand trug es so lange wie Geschke.

Neun Etappen lag es auf seinen Schultern: Geschke hat jeden Tag gekämpft, alles gegeben, aber auf der letzten Pyrenäen-Etappe hinauf nach Hautacam war der Tank leer und der spätere Tour-Sieger Jonas Vingegaard entriss ihm die Führung in der Bergwertung. Und weil dieser nicht zwei Trikots gleichzeitig tragen konnte, trug es Geschke weiter, bis Paris. Aber er war „nur“ Zweiter in der Wertung. Das Trikot die letzten Tage nur als „Stellvertreter“ zu tragen, war nicht leicht für den Berliner, denn in Paris wurde Vingegaard geehrt.

Dass Geschke das Trikot so lange tragen konnte, lag auch am Pech seines Teamkapitäns Guillaume Martin, der wegen Corona zur neunten Etappe nicht mehr antreten konnte. So war der Weg frei für Geschke, bei der Tour auf eigene Rechnung zu fahren. Und er nutzte diese Chance.  Mit Cleverness, Erfahrung und kalkulierter Berechnung hatte Geschke von Beginn der neunten Etappe auf das Bergtrikot hingearbeitet.

Simon Geschke: Einer der beliebtesten Fahrer

Geschke ist einer der beliebtesten Fahrer im Peloton, loyaler Helfer, starker Kletterer, der in den Bergen noch immer überragend fährt, der aber meist im Schatten seiner Team-Leader steht.  Und das macht ihm nichts aus: Im Gegenteil Geschke bleibt gern im Hintergrund. „Ich mag meine Rolle als Helfer. Alles andere bedeutet mir zu viel Druck, zu viel Verantwortung. Mein Tour-Etappensieg hat sich damals quasi so ergeben,“ erinnert er sich.

Diesmal war es ein bisschen anders. Und auch wenn der 36-Jährige am Ende verlor, es waren unvergessliche Tage für Geschke. „Es war immer schon ein kleiner Traum von mir, mal ein Trikot bei der Tour zu tragen“, sagte Geschke im Ziel der neunten Etappe. Zuvor hatte er sich abgerackert, am Col de la Croix alle Bergpunkte abgeräumt. „Ich musste sehr tief gehen und bin mehrere Tode gestorben.“ Aber es hatte sich gelohnt. Geschke war erst der achte Deutsche im Bergtrikot der Tour.  Und niemand trug es so lange wie der Berliner. „Ich würde mir kein T-Shirt kaufen, das so aussieht. Aber das Trikot ist eines der schönsten, die es gibt. Es hat einen Prestigewert im Radsport.“

Simon Geschke, Tour de France 2022, Bergtrikot

Simon Geschke: Das Bergtrikot „hat einen Prestigewert im Radsport“

Vingegaard übernimmt Bergtrikot auf Etappe 18

Mit Stolz trug es Geschke in die Alpen, baute seinen Vorsprung auf den Abschnitten nach Megève und hinauf zum Col du Glandon weiter aus, stach gleich zweimal auf dem beschwerlichen Weg über den Col du Galibier aus der Masse heraus. Bärenstark fuhr er in die Pyrenäen, gewann auf der Etappe hinauf nach Peyragudes weitere acht wertvolle Punkte hinzu. Erst auf Etappe 18 sauste Vingegaard vorbei.

Es gab wohl niemandem im Peloton, der dem „Arbeiter“ Geschke diese Tage im Rampenlicht nicht gönnte. Der Berliner krönte damit eine Saison, die er schon bis zur Tour erfolgreich gestalten konnte. In der Tour de Romandie belegte er hinter Gesamtsieger Aleksandr Vlasov und Gino Mäder Platz drei im Gesamtklassement, und er wurde Dritter der Deutschen Straßenmeisterschaft. Eine Podestplatzierung war dem Berliner bisher bei nationalen Titelkämpfen noch nie gelungen.

Simon Geschke hat im Herbst seiner Karriere den Spaß am Radsport längst nicht verloren. Das hat er in dieser Tour eindrucksvoll bewiesen. Und nächstes Jahr wird er wieder bei der Tour am Start stehen. Es wäre dann seine elfte.

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