Tipps: Rennradfahren im Winter
Rennradfahren im Winter: Tipps
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Kälte, Nässe, Dunkelheit: Beim Rennradfahren im Winter sind viele besondere Herausforderungen zu überwinden. Doch klar ist: Auch im Winter kann man draußen radfahren. Was zu beachten ist und wie das Outdoor-Training im Winter gelingt – Tipps und Hinweise zur Bekleidung, zum Training und zur Planung.
Kälte: Rennradfahren im Winter
Sobald die Temperatur auf weniger als 20 Grad sinkt, kann es ratsam sein, sich nicht auf kurze Trikots und Hosen zu beschränken. Armlinge, Beinlinge, Handschuhe, Überschuhe, eine Windweste sowie ein Halstuch und ein Stirnband sollten bereits im Herbst und im Frühling meist eingeplant werden.
Insbesondere bei Fahrten in den Bergen mit ausgesetzten Höhenlagen und langen Abfahrten oder auf schattigen Strecken, etwa durch Wälder, können die Temperaturunterschiede – gerade bei langen Fahrten im Tagesverlauf – groß sein. Wichtig ist auch: Feuchte Straßen und Regenschauer sind bei Kälte deutlich unangenehmer und können die Gefahr des Auskühlens vergrößern.
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Radsport rund um den Gefrierpunkt
Beim Rennradfahren im Winter gelten hinsichtlich der Temperaturen die gleichen Herausforderungen – in einer deutlich verstärkten Form. Im Winter sind die Bedingungen extremer. Doch: Mit der richtigen Bekleidung und Strategie kann man auch rund um den Gefrierpunkt auf der Straße trainieren. Dabei kann es entscheidend sein, zu wissen, wie kalt es wirklich wird.
Zehn, acht, fünf oder drei Grad Celsius: Bei welchen Temperaturen ist welcher Wetterschutz nötig? Wo genau die Grenzen liegen, ab denen bestimmte wärmende Kleidungsstücke notwendig werden, ist individuell – und abhängig von den Streckenbedingungen sowie der Dauer und der Intensität der Fahrt.
Rennradfahren im Winter: Strecken und Empfinden
Wind, fehlende Sonneneinstrahlung und die Nähe zu Gewässern zählen zu den Voraussetzungen, die die Temperatur beeinflussen. Hinzu kommt die individuelle Empfindlichkeit gegenüber der Kälte sowie die Frage, in welchen Körperregionen man individuell besonders schnell friert.
Um nicht auszukühlen, ist es für viele besonders wichtig, den Rumpf und den Hals warm zu halten. Diese Körperregionen sind dem kühlenden Fahrtwind ausgesetzt, die dortige Muskulatur ist beim Rennradfahren im Winter zudem kaum beansprucht. Bei gemäßigten Temperaturen hilft hierbei eine Windweste mit einem hohen Kragen. Bei extremer Kälte sind eine winddichte und wärmende Jacke sowie weitere wärmende Schichten darunter nötig.
Dass über den Kopf im Vergleich zu anderen Körperteilen überproportional viel Wärme „verlorengeht“, ist ein inzwischen wissenschaftlich widerlegter Mythos. Jedoch zählt er zu den Körperpartien, die besonders weit vom Rumpf entfernt sind, und kühlt daher, ähnlich wie die Hände und die Füße, besonders schnell aus.
Zudem sind viele am Kopf, der dem Fahrtwind ausgesetzt ist, besonders kälteempfindlich.
Mindestens ein Stirnband, meist jedoch eine Helmmütze, die die Ohren vollständig bedeckt und idealerweise mit einem Windstopper-Material ausgestattet ist, sind daher im Winter sinnvoll. Den Hals und den Nacken kann man etwa mit einem Multifunktions-Halstuch warmhalten. Dieses lässt sich in der Regel auch über den Mund und die Nase ziehen. Bei tiefen Temperaturen und bei einer hohen Trainingsintensität kann man so einem Auskühlen durch den Fahrtwind, dem sogenannten Wind-Chill-Effekt, vorbeugen.
Kalte Finger? Rennradfahren im Winter
Besonders empfindlich sind viele an den Füßen – insbesondere an den Zehen – und an den Händen: Beide Körperregionen sind dem Fahrtwind meist frontal ausgesetzt. Hinzu kommt, dass die Füße durch die Nähe zum Untergrund besonders gefährdet sind, nass zu werden. Warme, winddichte Handschuhe, die zudem in der Bremsgriffhaltung speziell zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger nicht zu eng sind, sind für viele daher wichtig.
Bei sehr niedrigen Temperaturen sind „Fäustlinge“ oder ähnliche Handschuh-Konstruktionen oft eine sinnvolle Wahl. Wichtig ist jedoch, dass die Finger und Hände beim Lenken, Schalten und Bremsen nicht eingeschränkt sind.
Schuhe und Überschuhe: die Füße
An den Füßen können winddichte und gut abschließende Überschuhe in vielen Fällen helfen. Allerdings sind Radschuhe oftmals auf eine gute Belüftung ausgerichtet. Durch die Sohle, die nicht immer vollkommen von den Überschuhen verdeckt wird, kann dann oft kühle Luft einströmen. Allerdings lässt sich die Sohle mit einer Schicht Aluminium-Folie oder ähnlichem unterhalb der Einlegesohle oft „abdichten“.
Etwas dickere, wärmere Socken können sinnvoll sein. Jedoch sollten keine zu voluminösen Socken den Platz im Schuh füllen oder gar die Füße beengen und die Durchblutung einschränken, was wiederum zu einem Auskühlen beitragen kann. Die Wärmeisolation und die Abwehr von Kälte und Nässe sollte beim Rennradfahren klar durch die äußerste Schicht kommen – von Überschuhen. Anders als oftmals schwerere und weniger steife Winter-Radschuhe ermöglicht die Kombination aus Überschuhen und „normalen“ performance-orientierten Radschuhen beim Rennradfahren im Winter die gleiche Biomechanik und Leistungsübertragung wie im Sommer.
Die Radhose beim Rennradfahren im Winter
Je nach den Temperaturen kann man entweder eine wärmere kurze Träger-Radhose mit Beinlingen kombinieren oder eine lange Träger-Radhose wählen. Ein dickeres Stoffmaterial, Fütterungen oder windabweisendes Material können je nach den Temperaturen sinnvoll sein. Wichtig ist dabei, dass der Schnitt die Passform nicht einschränkt.
Neben einer optimalen Passform des Polsters ist es wichtig, dass das oftmals etwas festere Material im Bereich der Knie bei der Pedalierbewegung nicht spannt. Vorgeformte Schnitte und Einsätze aus flexiblem Material können hierbei sinnvoll sein. Winter-Radhosen schließen in manchen Fällen höher ab als Modelle für die wärmeren Jahreszeiten. Sie können dann den Rumpf wärmen, was bei der Oberkörper-Bekleidung beachtet werden kann.
Überhitzen und Schweiß: Rennradfahren im Winter
Entscheidend ist jedoch auch: Man kann auch beim Rennradfahren im Winder zu warm – beziehungsweise zu wenig atmungsaktiv – gekleidet sein. Schweiß kann zu einem Auskühlen beitragen. Materialeinsätze aus atmungsaktiveren und zudem oft flexiblen Stoffen sind dabei in der Kombination mit wärmeisolierenden und wind- und wasserabweisenden Textilien sinnvoll. Bei der Kombination mehrerer Bekleidungsschichten sollte auf eine durchgehend hohe Atmungsaktivität geachtet werden.
Sichtbarkeit beim Rennradfahren im Winter
Neben der Wärme-Funktion sollte die Bekleidung auch der Sichtbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer dienen. Signalfarben und reflektierende Elemente sind sinnvoll und sollten mit der Vorder- und Rück-Beleuchtung am Rennrad kombiniert werden – speziell im Herbst, Winter und Frühling auch tagsüber.
Trägt man helle oder reflektierende Kleidung, kann man beim Radfahren im Winter im Straßenverkehr bereits auf eine deutlich längere Distanz erkannt werden als mit dunkler Kleidung. An den beim Radfahren bewegten Körperteilen, insbesondere an den Beinen, erhöhen Reflektoren und Signalfarben die Identifizierbarkeit als Radfahrer – entsprechend dem Prinzip der „Biomotion“.
Neben der speziellen Bekleidung ist auch ein spezielles Material am Rennrad im Winter sinnvoll. Da die Straßen in vielen Regionen in den Wintermonaten häufiger nass sind und die Nässe im Winter zum Auskühlen beitragen kann, können Schutzbleche im Winter besonders sinnvoll sein.
Aufgrund der besonders häufig auftretenden Verschmutzungen der Straßen können besonders pannensichere Reifen sinnvoll sein. Breitere Reifen, etwa 30 Millimeter breite Modelle, die mit einem geringeren Luftdruck gefahren werden können, „rollen“ leichter über spitze Steinchen oder ähnliches hinweg. Tubeless-Modelle, die mit Dichtmilch montiert werden, können vorteilhaft sein.
Da auf den oftmals besonders feuchten Straßen zudem viel Streusalz und andere Verschmutzung liegt, kann eine intensivere Pflege des Materials sinnvoll sein. Vorder- und Rückbeleuchtung gehören – auch tagsüber – an das Rennrad. Anstatt einer verdunkelnden Sonnenbrille kann ein Glasmodell mit kontrastverstärkender, aufhellender Funktion sinnvoll sein.
Interview: GRL.PCK und Canyon Rad Pack
Worauf kommt es beim Rennradfahren im Winter besonders an? Maike Frye und Ingo Engelhardt von den Hamburger Radsport-Teams Grl.Pck und Canyon Rad Pack im Interview. Die Teams werden von Gore Wear ausgestattet. Der Test der Winter-Bekleidung von Gore Wear steht hier.
Fahrbar oder nicht – bis zu welchen Temperaturen fahrt Ihr auf den Straßen?
Maike: Ob ich auf der Straße fahre, hängt kaum von den Temperaturen ab. Mit der richtigen Bekleidung kann man sehr gut auch bei Minustemperaturen auf der Straße fahren. Wenn ich mit Eis und viel Feuchtigkeit rechnen muss, dann wechsle ich lieber auf mein Gravelbike und gehe in den Wald, der auch mehr Schutz vor kaltem Wind bietet.
Ingo: Wir fahren bei allen Temperaturen. Alle Hamburger oder Nordlichter wie wir können das sicherlich nachvollziehen: Wir haben viele Regentage und vor allem jeden Tag Wind. Eine gute Trainingsgruppe hilft enorm. Wenn man weiß, dass am Treffpunkt fünf Leute warten, dann muss man auch da sein. Ab Oktober steigen wir außerdem vermehrt aufs Gravelbike, da wir dann endlich mal neue Routen fahren können.
Worauf kommt es für Euch am meisten an, um auf dem Rennrad nicht zu frieren?
Maike: Ich persönlich fahre im Winter am liebsten ohne Stopps, da ich sonst zu sehr auskühle. Zudem ist es für mich wichtig, dass vor allem meine Finger und mein Brustkorb warm sind. Die Gore Split Gloves sind für mich die absolute Geheimwaffe und meine Finger bleiben durch den Hautkontakt wirklich warm.
Ingo: Wir haben mittlerweile die Regel, dass wir bei Drei-Stunden-Ausfahrten keine langen Pausen machen. Wenn man einmal stehen bleibt, dauert es einfach zu lange, bis man wieder warm gefahren ist. Die Finger und die Füße müssen warm sein. Sonst strahlt die Kälte direkt in die Arme und Beine. Die Gore-Wear-Shield-Thermo-Überschuhe und -Handschuhe sind mein Tipp, dazu dicke Socken. Viele ziehen zwei Paar Socken übereinander an. Dadurch ist allerdings oft wenig Platz für warme Luft im Schuh.
Wind, Feuchtigkeit, fehlendes Licht, Temperaturschwankungen über den Tag bei langen Ausfahrten: Welche Faktoren muss man einbeziehen, wenn man abschätzen will, wie kalt es bei einer Ausfahrt wirklich wird?
Ingo: So kompliziert ist es eigentlich gar nicht. Wir schauen vor der Ausfahrt ins Handy und glauben der Wetter-App, die am wenigsten Regen anzeigt. Und dann ziehen wir uns im Winter immer gleich an. Unsere Bekleidung ist warm und atmungsaktiv, außerdem sind wir durch unterschiedliche Schichten flexibel. Nur wenn die Regenwahrscheinlichkeit hoch ist, packen wir zusätzlich noch eine regenfeste Jacke ein. Zum Beispiel eine Gore Wear Insulated Shakedry oder wahlweise die C5 Gore-Tex Infinium Thermo.
Was sind neben der Kälte die Umstände, die im Winter das Training auf der Straße schwieriger machen – und was kann man dagegen tun?
Maike: Für mich persönlich ist die Temperatur der Faktor, auf den man am besten reagieren kann. Wenn die Bekleidung besonders leicht, dünn und atmungsaktiv ist, kann man mit mehreren Schichten sehr flexibel sein. Rennradfahren im Winter bedeutet unter der Woche mit einem Vollzeitberuf ständiges Radfahren im Dunkeln. Auch am Wochenende sind die Licht-Zeiten begrenzt. Das ist nicht nur gefährlicher, sondern kann auch die Motivation reduzieren. Hier hilft es mir vor allem, in der Gruppe zu fahren. Ich fühle mich sicherer und meine Motivation steigt. Sobald ich auch nur einen Teil meines Wintertrainings im Dunkeln verbringe, kleide ich mich zusätzlich auffällig durch Neonfarben, mit Reflektoren und mit starken Radlichtern. Für mich ist das Progress Thermo Jersey in der Kombination mit der Stream Jacket ideal. Indoortraining ist in den letzten Jahren extrem attraktiv geworden und bietet eine gute Alternative. Vitamin D, frische Luft und draußen Rennradfahren im Winter mit Freunden sind jedoch nicht ersetzbar.
Welchen Fehler aus dem vergangenen Winter wollt Ihr in diesem Winter vermeiden? Woraus habt Ihr gelernt?
Maike: In den vergangenen Jahren habe ich mich oft einlagig zu dick gekleidet. Dadurch überhitzt man leicht und schwitzt, wenn es tagsüber wärmer wird. Wenn man dann einen Stop einlegt, droht man auszukühlen. Im vergangenen Winter bin ich am Wochenende oft später gestartet, wenn es schon wärmer war. Lange Ausfahrten enden dann aber oft am späten Nachmittag im Dunklen, wenn es schnell extrem abkühlt. Das werde ich dieses Jahr ändern: Lieber früher und mit mehreren Lagen bekleidet starten, mit den steigenden Temperaturen und der Körperaktivierung eventuell eine oder sogar zwei dünne Lagen ausziehen und dann auch nicht zu spät wieder nach Hause kommen.
Welche Trainingseinheiten sind im Winter für Euch besonders sinnvoll?
Maike: Prinzipiell trainiere ich im Winter vor allem meine Grundausdauer, mit dem Beginn der Saison werden die Einheiten dann wieder intensiver. Dazu fahre ich unter der Woche trotzdem kürzere, etwas härtere Einheiten, da ich keine Zeit für lange Ausfahrten habe. Die längeren, weniger intensiven Ausfahrten verlege ich dann auf das Wochenende und wenn möglich in die Tageslichtstunden. Meine Atemwege sind beim Rennradfahren im Winter sehr anfällig. Ich trage bei langen Ausfahrten mit nicht zu hoher Anstrengung oft ein dünnes Funktionshalstuch über dem Mund, durch das ich atme, um die Luft vorzuwärmen. Das hilft mir, wenn ich mich nicht zu sehr anstrenge und im Bereich des Grundlagenausdauertrainings fahre.
Rennrad im Winter: Fahrt Ihr „Winterräder“? Oder passt Ihr Eure Rennräder an?
Ingo: Wir bauen im Winter auf 32 Millimeter breite Reifen um, die wir tubeless-montiert fahren. Gerade wenn viel Rollsplit auf den Straßen liegt, bekommt man nicht so schnell einen Platten. Einige von uns montieren beim Rennradfahren im Winter Schutzbleche. Ansonsten sind die Cyclocross- oder Gravelbikes unsere Winterräder.
Passt Ihr beim Rennradfahren im Winter die Ernährung an?
Maike: Ich ändere meine Ernährung eigentlich nicht zwischen Sommer und Winter. Bei langen Ausfahrten bleibe ich bei Riegeln, die man auch gut während der Fahrt essen kann. Leider fallen im Winter oft die Stopps für Kaffee und Kuchen weg.
Ingo: Wichtig ist, dass man auch beim Rennradfahren im Winter genügend trinkt. Man verspürt bei der Kälte oft weniger Durst, der Körper benötigt aber dennoch Flüssigkeit. Iso-Trinkflaschen mit warmem Tee sind optimal. Das wichtigste bleibt aber, vorher ausreichend gegessen zu haben. Ein Hungerast ist im Winter besonders unangenehm. Eine oder zwei Stunden schafft man aber auch im Winter ohne viel zu essen.
Gibt es noch einen ganz speziellen Tipp für die richtige Bekleidung beim Rennradfahren im Winter?
Ingo: Mein Geheimtipp: bei langen Ausfahrten, ein zweites Unterhemd mitnehmen! Das passt immer noch in die Rückentasche. Während einer längeren Pause kann ich mir so ein trockenes Unterhemd anziehen und friere nicht. Ansonsten, grundsätzlich: Lieber einmal in die richtige Bekleidung investieren, als fünfmal die falschen Sachen zu kaufen, nur weil die im ersten Moment günstiger erscheinen. Die neue Winter Collection auf gorewear.com bietet für alle etwas.