Japan-Diät, Ernährung, Prinzip
Japan-Diät als Ernährungsprinzip: Hintergrund, Erklärung, Tipp

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Japan-Diät als Ernährungsprinzip: Hintergrund, Erklärung, Tipp

Was ist das Geheimnis von Gesundheit und einem hohen Alter? Die Ernährung? Einblicke: die Japan-Diät – Gewicht, Kohlenhydrate & Sport.
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Das „Dorf der Hundertjährigen“ liegt auf einer Insel im Pazifik. Mehr als 90 seiner 3200 Bewohner sind älter als 90 Jahre – zwölf von ihnen sind mindestens 100. Der Name dieses Dorfes lautet Ōgimi. Die Insel, auf der es liegt, gehört zur Präfektur Okinawa. Mehr als 900 der 1,3 Millionen Menschen, die auf dieser Inselgruppe leben, sind 100 Jahre und älter. Selbst für Japan, das Land, dessen Bewohner zu den langlebigsten der Welt zählen, ist dies ungewöhnlich. Der proklamierte Hauptgrund für diese Langlebigkeit: die Ernährung. Das auf Okinawa traditionelle Essen enthält viel Obst und Gemüse, viele Kohlenhydrate, viele Ballaststoffe und wenig Fett, Fleisch, Fisch und Eier. Die Japan-Diät ist fettärmer und kohlenhydratreicher als die meisten anderen Ernährungsformen.

Damit steht die Japan-Diät konträr zu dem aktuell wohl wichtigsten Ernährungstrend: dem Low-Carb-Prinzip – das in seinen unterschiedlichen Ausprägungsformen immer eine Reduktion der Kohlenhydrate und eine Steigerung des Fettanteils der Ernährung zur Folge hat. Auf die Vor- und Nachteile der Low-Carb-Diäten werden wir in den nächsten RennRad-Ausgaben eingehen.

Kochen und Essen haben in Japan einen anderen Stellenwert als etwa in Deutschland. Man nimmt sich Zeit. Viel Zeit. Die traditionelle japanische Ernährung basiert auf Fisch, Meeresfrüchten, Gemüse, Algen, Reis, Suppen. Gewürzt wird vor allem mit Sojasoße, Ingwer, Knoblauch und Chili. Die Gardauer, etwa in einem Wok, ist meist kurz – das Essen ist somit in der Regel leicht bekömmlich und recht kalorienarm.

Allerdings verbreitet sich die „moderne westliche“ Ernährungsweise auch in Japan immer mehr. Wohl deshalb verliert auch Okinawa nach und nach seine Sonderstellung. 2010 erreichten die weiblichen Bewohner der Inselgruppe bei der Langlebigkeit noch Rang drei in Japan.

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Hat die Japan-Diät einen nachweisbaren Effekt auf die Lebensdauer?

Die männlichen lagen nur auf Rang 30. Ein Grund dafür: die Verwestlichung des Lebensstils der Jüngeren. Nach einer Studie der University of the Ryukyus ist dort der Fettanteil in der Ernährung von zehn Prozent in den 1960er-Jahren auf aktuell 30 Prozent gestiegen. Menschen, die heute in Deutschland geboren werden, erreichen durchschnittlich ein Alter von 80 Jahren – ein Japaner wird statistisch gesehen vier Jahre älter. Warum? Das japanische Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat Richtlinien für die typische „Japan-Diät“ veröffentlicht, die scheinbar einen maßgeblichen Anteil an dem hohen Alter der Japaner hat.

Doch wie hängen nun Alter, Gewicht und Ernährung miteinander zusammen? Oder beruht die Langlebigkeit auf ganz anderen Faktoren? Diesen Fragen gingen Forscher in einer 2016 veröffentlichten groß angelegten Studie mit knapp 80.000 Teilnehmern nach. Die Probanden wurden zweimal, mit einem Abstand von 15 Jahren, zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Mittels einer Punkteskala wurde bewertet, wie streng die Probanden nach der Japan-Diät lebten.

Japan-Diät

Hintergründe zur Japan-Diät

Ergebnis der Studie

Das Ergebnis: Je höher der Punktestand eines Teilnehmers war, desto gesünder war er. Dies bezog sich auf das Risiko für altersbedingte Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Alzheimer, Herz-Kreislauf- und Krebs-Erkrankungen. Das Studien-Fazit: Wer nach der Japan-Diät lebt, wird älter und bleibt dabei gesünder. In weiteren Studien wurde festgestellt, dass vor allem die knappe Kalorienzufuhr für die Langlebigkeit verantwortlich ist.* Was genau macht diese Ernährung aus? Die Kategorien Getreide, Gemüse, Proteine, Früchte und Milch – und eine Kalorienmenge von durchschnittlich 2000 bis 2400 Kilokalorien. Die Getränke der Wahl sind Wasser und Tee.

* Inzwischen wird auch darüber debattiert, dass ein Statistikfehler für die „Langlebigkeit“ der Japaner verantwortlich sein könnte. Der Grund: Die Melderegister seien teils veraltet und somit seien längst verstorbene Menschen noch gemeldet und flössen in die Statistik ein.

Kohlenhydrate: mehr & mehr

Zucker spielt kaum eine Rolle. Früchte – Fruktose – und Milchprodukte – Laktose – bilden die Spitze der Ernährungspyramide und stellen somit den kleinsten Teil der Japan-Diät dar. Ein Großteil der Gesamtenergiemenge kommt von Getreide und Fisch – „unterrepräsentiert“ ist Fett. Butter, Käse, Olivenöl oder fettreiches Fleisch kommen gar nicht oder nur in sehr geringen Mengen vor. In Japan, dem Land des Sushis, denkt man beim Wort „Kohlenhydrate“ natürlich zunächst an Reis. Aber auch Kartoffeln, Süßkartoffeln, Weizen in Form von Nudeln und Brot sind weit verbreitet. Als frisches Gemüse landen vor allem Karotten, Spinat, Kohl und Kürbisse auf dem Teller. Auch eingelegtes Gemüse ist ein wichtiger Faktor für die Versorgung mit pflanzlichen Nährstoffen.

In Japan besteht eine große Fischfang-Tradition – diese schlägt sich auch in der landestypischen Küche und somit der Alltagsernährung nieder. Auch die Sojabohne spielt eine große Rolle und wird unverarbeitet oder verarbeitet, etwa als Tofu, gegessen oder als Sojamilch getrunken. Auch wenn Schweinefleisch durchaus eine Rolle in der japanischen Küche spielt, wird es selten verzehrt. Weißes Fleisch beziehungsweise Protein, worunter die Forscher etwa Hühnchenfleisch und alle Arten von Fisch verstehen, stellt die bevorzugte Proteinquelle dar. Auf der anderen Seite befindet sich das rote Protein, worunter Schweine- und Rindfleisch fallen, aber auch hochgradig verarbeitete Fleischprodukte wie Wurst.

Prinzipien der Japan-Diät

Ein Verhältnis von vier zu eins wird als ideal beschrieben. Etwa 30 Gramm Protein pro Tag entsprechen 120 Gramm Hühnchen, 170 Gramm Wildlachs oder 200 Gramm Tofu. Nach der Empfehlung gelten rund 200 Gramm Früchte pro Tag als gesund. Das hat man schon mit einem kleinen bis mittelgroßen Apfel im Müsli am Morgen und einer Banane vor dem Training geschafft. Auch die empfohlenen Mengen an Milch und Käse sind sehr gering. 200 Milligramm Kalzium sollten demnach aufgenommen werden. Dies entspricht rund 100 Millilitern Milch, also einem Cappuccino oder einer Scheibe Käse. 200 Kilokalorien pro Tag sind für Süßes, frittierte Snacks und Alkohol vorgesehen.

Die Prinzipien der Japan-Diät lassen sich recht einfach auch mit den in Europa üblichen Lebensmitteln einhalten. Wer gerne asiatisch kocht oder zumindest isst, hat es natürlich noch leichter. Am wichtigsten ist aber, was auch das japanische Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung empfiehlt: „Enjoy your meals“ – genieße deine Mahlzeiten. Die „strengere“ Art der hier Japan-Diät genannten Ernährungsweise wird seit einiger Zeit auch als „echte“ Diät, mit der man effizient abnehmen kann, propagiert – unter der Bezeichnung „Okinawa-Diät“. Sie ist kalorien- und fettarm.

Chancen und Risiken der Japan-Diät

Chancen und Risiken der Japan-Diät

Chancen & Risiken

Dafür ist sie aber reich an Kohlenhydraten. „Gut“ sind demnach etwa Reis, Fisch, Süßkartoffeln, Algen, Rapsöl, Soja, Kohl, Sprossen, Rettich, Kohl, Okra, Kürbis und Papaya. Zu den eher „zu meidenden“ zählen Fleisch, Eier, Milchprodukte und Weizen. Der größte Unterschied zur „westlichen“ Ernährungsweise ist der sehr viel geringere Stellenwert von Weißmehl- und zuckerhaltigen Produkten, Salz und Fleisch.

Diese moderne Interpretation der „Okinawa-Diät“, wie sie etwa in Frauenzeitschriften propagiert wird, ist jedoch eher ein Etikettenschwindel. Denn sie ist weniger ausgeglichen und „strenger“ als die tatsächliche traditionelle Ernährungsweise der Bewohner von Okinawa. Sie orientiert sich sehr viel stärker an der Kaloriendichte der Lebensmittel. So sollen Abnehmwillige primär zu Lebensmitteln greifen, die eine extrem geringe Kaloriendichte von 0,7 aufweisen wie etwa Gurken, Algen, Äpfel – und Tee.

Doch jedes Extrem hat Nachteile. Die Risiken hierbei: Diese sogenannte „Okinawa-Diät“ ist eine ballaststoffreiche, kalorien- und vor allem fettreduzierte Ernährungsform. Sie unterliegt somit denselben Problemen wie alle Diäten: Die starke Kalorienrestriktion ist nur ein kurz-, kein langfristiges Konzept. Und sie ruft naturgemäß einen Jo-Jo-Effekt hervor. Zudem wird dabei stark an Fetten gespart – worunter auch die gesunden ungesättigten Fettsäuren fallen. Zwar sorgen die Ballaststoffe für eine schnelle Sättigung – doch es besteht das Risiko, dass die Ernährung sehr nährstoffarm ausfällt.

Wie nehme ich nachhaltig ab?

Wer sein Körpergewicht nachhaltig reduzieren will, der muss langfristig denken. Keine Diät führt ans Ziel, sondern nur eine langfristige Ernährungsumstellung. Die Grundregeln einer gesunden Ernährung sind dabei denkbar einfach: viel Obst, noch mehr Salat und Gemüse, selbst kochen, sich Zeit nehmen. Alterungsprozesse des Körpers sind unter anderem auf die schädliche Wirkung freier Sauerstoffradikale zurückzuführen und somit auf oxidativen Stress.

In einer US-amerikanischen Studie unter der Leitung von Henry Thomson mit rund 250 Probandinnen wurde festgestellt, dass eine Ernährung, die vorwiegend aus Gemüse und Obst besteht, die oxidative Belastung des Körpers um rund 50 Prozent reduzieren konnte.

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Ernährung und Leistung

Kohlenhydrate

Die Japan-Diät setzt stark auf Kohlenhydrate – im Gegensatz zu dem größten Trend unter Ausdauerathleten: der Low-Carb-Ernährung. Diese hat – wie wir in den kommenden RennRad-Ausgaben detailliert darlegen werden – Vor- und Nachteile. Sie birgt definitiv auch Risiken. So wurde in einer Studie, die 2016 im Journal of Physiology erschien, festgestellt, dass sowohl eine Low-Carb- als auch eine High-Fat-Diät die Trainingsökonomie und die Leistung beeinträchtigten. Nach drei Wochen ketogener Ernährung war die Fettverwertung der Probanden – hochtrainierte Geher der Weltspitze – während des Trainings signifikant erhöht. Jedoch hatte sich ihre Leistung in den höheren Intensitätsbereichen verschlechtert. Die Leistung in einem Zehn-Kilometer-Rennen konnten nur die Probanden der High-Carb-Gruppe und die der alternierend Kohlenhydrate zuführenden Gruppe verbessern – um durchschnittlich 6,6 beziehungsweise 5,3 Prozent.

Grüner Tee

Er ist ein integraler Bestandteil der japanischen Kultur – und weit mehr als nur ein Getränk. Dies wird dem westlichen Besucher spätestens dann klar, wenn er zum ersten Mal einer der mehrstündigen Tee-Zeremonien beiwohnt. Die positiven Gesundheitseffekte des grünen Tees sind inzwischen unumstritten. Zu mittelbaren Auswirkungen auf die sportliche Leistung gibt es sich widersprechende Resultate. In einer Studie der American Physiology Society wurden nach der regelmäßigen Einnahme von Grüntee-Extrakt über einen Zeitraum von zehn Wochen hinweg Verbesserungen der Ausdauerleistung zwischen acht und 24 Prozent festgestellt.

Ingwer

Frisch oder als Pulver hat Ingwer nachweislich schmerz- und entzündungslindernde Effekte. In einer Studie der University Isfahan wurden 60 trainierte Frauen in Gruppen eingeteilt, die während drei Wochen täglich je drei Ingwer-, Zimt- oder ein Placebo-Pulver einnahmen. Ergebnis: Die muskuläre Erschöpfung der Probandinnen der Ingwer- und der Zimt-Gruppen war geringer als jene der Placebo-Gruppe. Jedoch gibt es auch hier widersprüchliche Ergebnisse im Bezug auf die sportliche Leistung.

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Japan-Diät: Gut und gesund?

Sojabohnen

Soja als Bohne oder auch verarbeitet als Tofu steht wegen der enthaltenen Hormone oft in der Kritik. Forscher fanden allerdings heraus, dass gerade die Phytoöstrogene die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit, besonders in Bezug auf Brustkrebs, reduzieren können. Trotz aller vermuteten Nebenwirkungen dieses Inhaltsstoffes scheint sich – für manche – langfristig also eine gesundheitsfördernde Wirkung einzustellen. Nichtsdestotrotz steht die Bohne in der Kritik und sollte nur in Maßen genossen werden.

Weißes & rotes Protein

Bei der Japan-Diät unterscheidet man zwischen dem weißen, dem gesünderen, und dem roten Protein, das gerade einmal 20 Prozent der Proteinaufnahme ausmachen sollte. Zum weißen Protein zählt neben dem Hühnchenfleisch auch jeglicher Fisch, zum roten Protein alles rote Fleisch sowie verarbeitete Fleischwaren wie Wurst. Diese sind eher zu meiden.

Bunito

Die aufwendig hergestellten Fischflocken sind natürliche Geschmacksverstärker und bilden die Grundlage für den japanischen Fischfond, den Dashi. So kann auf künstliche Inhaltsstoffe verzichtet werden. Hierzulande gibt es diese auch als Instantprodukt und erlaubt eine einfache Verarbeitung.

Miso

Diese Paste besteht zu einem großen Teil aus Soja und Getreide in fermentierter Form. Die wichtigsten Inhaltsstoffe wie Proteine, Kohlenhydrate, Vitamine und Spurenelemente bleiben erhalten.

Ramen

Die aus Weizenmehl bestehenden Nudeln sind unseren Nudeln ganz ähnlich. Schon vorgekocht füllen sie beispielsweise Suppen auf oder dienen als gehaltvoller Belag des Okonomiyakis, des japanischen „Pfannkuchens“.

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Portionen

Die Portionsgrößen in der Japan-Diät unterscheiden sich je nach Kategorie stark, immer ist eine andere Messgröße ausschlaggebend.

  • Getreide, 5–7 pro Tag. 1 Portion: 40 Gramm
  • Gemüse, 5–6 pro Tag. 1 Portion: 70 Gramm
  • Proteine, 3–5 pro Tag. 1 Portion: 6 Gramm
  • Milch, 2 pro Tag. 1 Portion: 100 Milligramm
  • Frucht, 2 pro Tag. 1 Portion: 100 Gramm
  • Zucker, Snacks, Alkohol: maximal 200 Kilokalorien pro Tag
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