Lazer Kineticore
Lazer Kineticore: Helm getestet

Neue Helm-Technologie: Lazer Kineticore

Lazer Kineticore: Helm getestet

Der belgische Helm-Hersteller Lazer präsentiert die neue vollintegrierte Technologie Kineticore, die insbesondere vor den Folgen von Rotationskräften schützen soll. Details, Gewicht, Preise und der erste Test.
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Der belgische Helm-Hersteller Lazer präsentiert eine neue Schutz-Technologie. Diese soll insbesondere vor den Folgen von Rotationskräften schützen, die bei einem schrägen Aufprall auf das Gehirn einwirken. Das neue System trägt den Namen Kineticore. Die Bezeichnung steht für die kinetische Energie, also die Bewegungsenergie, die bei einem Aufprall auf den Kernbereich des Kopfes, das Gehirn, wirken kann. Unter anderem die beiden neuen für den Rennrad- und Gravel-Einsatz ausgerichteten Modelle Lazer Vento und Lazer Strada verfügen über das Kineticore-System.

Kineticore wurde von Lazer für die eigenen Helmmodelle entwickelt. Es handelt sich um ein in das EPS-Dämpfungsmaterial des Helmes vollintegriertes Schutzsystem, für das keine zusätzlichen Materialien am Helm angebracht werden müssen.

Lazer Kineticore

Lazer Kineticore: Blockartige Strukturen aus EPS-Schaum sollen als „Knautschzonen“ Stöße dämpfen.

Die Innenseite des Helms verfügt über eine gerippte Oberfläche mit erhobenen „Knautschzonen“. Einzelne Schaumbereiche, die sich in der in der Höhe, Länge und Breite unterscheiden, stehen auf der Innenseite des Helms blockartig hervor. Diese Knautsch-Blöcke können sich bei einem Aufprall gezielt verformen.

Knautschzonen: Lazer Kineticore

Auch das gezielte Brechen einzelner Blockstrukturen sowie aller Helmschichten bei einem Aufprall kann laut den Analysen der Lazer-Ingenieure der Dämpfung des Aufpralls dienen. Die Kraft, die bei einem Aufprall entsteht, soll sich zum einen auf eine möglichst große Oberfläche verteilen, und zum anderen auch insgesamt verringert werden.

Lazer Kineticore

Im Vergleich zu anderen Systemen, die vor gefährlichen Rotationskräften schützen sollen, ist Lazer Kineticore voll in die Helmstruktur integriert.

Dieses Kineticore-Prinzip soll sowohl linear vor den Auswirkungen des „dumpfen“ Aufpralls schützen, vor allem aber auch vor seitlich vor schrägen Krafteinwirkungen, die zu einer abrupten Bewegung der „schwimmend“ im Schädel gelagerten Gehirnmasse führen können.

Im Gegensatz zu anderen vor dem sogenannten „rotational Impact“, den Rotationskräften, schützenden Technologien, für die zusätzliches Material an der Helminnenseite verbaut wird, ist Lazers Kineticore als spezielle Oberflächenstruktur der Innenseite voll in die dämpfende EPS-Schaumschicht der neuen Helme integriert.

Lazer Kineticore

Die Kineticore-Technologie besteht aus strategisch angeordneten EPS-Blöcken an der Innenseite des Helms.

Integriertes Schutzsystem: Lazer Kineticore

Dadurch soll laut Lazer ein besonders geringes Gewicht der Helme möglich sein. Auch weitere Funktionen, wie etwa die Aerodynamik, die Belüftung durch Öffnungen und Kanäle für die Leitung des Luftstroms an der Innenseite und die Anpassung der Befestigungstechnologie an die individuelle Kopfform sollen durch das Kineticore-Prinzip nicht beeinträchtigt sein. Auch der Tragekomfort soll sich durch die integrierte Technologie erhöhen lassen. Denn für Lazer Kineticore müssen keine zusätzlichen Bauteile an der Helminnenseite angebracht werden. Die Technologie kann zudem besonders spezifisch auf die unterschiedlichen Helmgrößen und Passformen angepasst werden.

Da es sich um Lazers eigene Technologie handelt, entfallen zudem Zusatzkosten, die Helmhersteller etwa bei dem ebenfalls auf den Schutz vor Rotationskräften ausgerichteten Mips-System bezahlen müssen und die sich auch in den Preisen der mit Mips ausgestatteten Helmen niederschlagen. Bei den Tests der US-amerikanischen Universität Virginia Tech, die hinsichtlich der Sicherheit von Schutzhelmen international als Maßstab zitiert werden, erreichten Lazers neue Helmmodelle mit dem Kineticore-System den Bestwert: fünf von fünf Sternen.

Insgesamt präsentiert Lazer sechs neue Modelle mit dem System Kineticore. Neben den beiden für den Rennrad- und Gravel-Einsatz ausgerichteten Modellen Lazer Vento und Lazer Strada sind auch Mountainbike- und Kinderhelme erhältlich, dazu solche Modelle, die für den „Urban“- oder Pendler-Einsatz ausgerichtet sind. Lazer bietet derzeit jedoch weiterhin Modelle an, die über keine speziell auf den Schutz vor Rotationskräften ausgerichtete Technologie verfügen. Auch Modelle mit dem Mips-System sind weiterhin erhältlich.

Lazer Kineticore Vento

Im Test: der neue Aero-Helm Lazer Vento mit der Kineticore-Technologie.

Aero-Helm: Lazer Vento Kineticore

RennRad war für eine Vorab-Präsentation der neuen Technologie und der neuen Helmmodelle am Lazer-Hauptsitz in Belgien. Dabei besichtigten wir die Test- und Entwicklungsabteilung des seit 1919 bestehenden belgischen Traditionsbetriebs – der seit dem Jahr 2016 zu Shimano gehört. Hier erhielten wir auch die Gelegenheit, mit den Entwicklern die neuen Helmmodelle und die Technologie Kineticore zu besprechen – und das Modell Lazer Vento vorab zu testen.

Das Modell Lazer Vento ist Lazers neues Top-Aero-Modell. Es wird künftig Lazers Aero-Helm Bullet 2.0 ersetzen. Der Vento soll bei den Parametern Aerodynamik, Gewicht und Belüftung besser abschneiden als der Bullet 2.0 mit Mips-System. Neben dem noch stärker auf ein besonders geringes Gewicht und eine optimierte Belüftung ausgelegten Modell Genesis werden unter anderem die Profis des Top-Teams Jumbo-Visma – um Marianne Vos, Wout van Aert und Primoz Roglic – den Lazer Vento im Rennen tragen.

Lazer Kineticore

Die Kineticore-EPS-Blöcke sind so angeordnet, dass die Luft besonders effizient kühlend in Kanälen am Kopf entlang strömen kann.

Der Helm Marianne Vos, Wout van Aert und Primoz Roglic

Die Jumbo-Visma-Profis waren an der Entwicklung des neuen Top-Aero-Helms beteiligt. Laut Lazer hatten sie sich für das neue Modell Verbesserungen bei den Faktoren Gewicht, Belüftung und Aerodynamik gewünscht. Der neue Lazer Vento wiegt in der Größe M 283 Gramm. Das für einen Aero-Helm ordentliche – und im Vergleich mit dem Vorgängermodell Lazer Bullet 2.0 Mips um 90 Gramm reduzierte – Gewicht verteilt sich durch das Design und das Befestigungssystem gleichmäßig und ohne spürbare Schwerpunkte am Kopf. Auch im Test-Einsatz auf ruppigen Gravel-Strecken wackelte der Helm dadurch nicht.

Aerodynamik, Gewicht, Belüftung: Lazer Kineticore Vento

Die Passform erwies sich als vor allem für ovale Kopfformen passend. Laut Lazer passen Helme in der Regel entweder für ovale oder runde Kopfformen besonders gut. Versucht ein Hersteller, einen Kompromiss zu finden und mit einem Modell verschiedenen Kopfformen gerecht zu werden, führe dies oft dazu, dass er bei besonders vielen Kopfformen nicht optimal passe.

Wie von Lazer gewohnt, ist der Helm sowohl weiten- als auch höhenverstellbar. Das den Kopf umfassende Befestigungssystem ermöglicht es, den Helm wackel- und rutschfrei zu befestigen, ohne dass die festen Teile der Helmschale an den Kopf gepresst werden. Dies kann – bei Befestigungssystemen, die nur am Hinterkopf enger gestellt werden – etwa zu Druck- oder Reibestellen an der Stirn führen.

Lazer Vento Kineticore

Der Aero-Helm Vento überzeugt auch durch sein Belüftungssystem mit Luftstrom-Kanälen an der Innenseite.

Befestigung: „Scrollsys“

Auch für die Einstellung der Befestigung hat Lazer eine neue Technologie entwickelt. Bisher kommt bei vielen Modellen das „Rollsys“-System zum Einsatz. Über ein Drehrad auf der Oberseite des Helms kann damit die Weite des Helms auch während der Fahrt mit einer kleinen Drehung eingestellt werden. Die neue Weiterentwicklung dieses Prinzips ist das „Scrollsys“-System. Über ein durch ein großflächigeres, breites Gummiband bewegtes Drehrad im Hinterkopf-Bereich lässt sich nun die Weite des Helms leicht einstellen. Im Test gelang dies auch mit dickeren Langfinger-Handschuhen problemlos.

Das Scrollsys-Drehband befindet sich aerodynamisch vorteilhaft am Hinterkopf, in dem, von Lazer bekannten, in der Form eines Diamanten gestalteten Hinterkopfbereiches – ein Verweis auf die Edelstein-Tradition der „Diamantenstadt“ Antwerpen, in deren Region Lazer beheimatet ist.

Der Vento ist, wie auch andere Modelle des Herstellers, speziell für gebundene Langhaarfrisuren geeignet. Durch eine zentrale Aussparung des Befestigungssystems am Hinterkopf können die Haare platziert werden, ohne die Weitenverstellung, die Passform oder den Tragekomfort zu beeinträchtigen.

Belüftung: Öffnungen und Kanäle

Zur Belüftung dient Lazers „Venturi“-Belüftungssystem mit mehreren Lufteinlässen und Luftauslässen. Zudem sind die Blöcke der Kineticore-Struktur so angeordnet, dass zwischen ihnen die Luft in Kanälen entlang des Kopfes fließen kann. Dadurch wird vermieden, dass sich warme Luft anstauen kann, zudem kann der Luftstrom kühlend wirken. Durch die großen Öffnungen vorne, an den Augenbrauen und an den Seiten soll der Kühleffekt um 5,4 Prozent besser sein als beim Bullet 2.0 Mips.

Aerodynamik: Lazer Kineticore Vento

In Lazers eigenem Windkanal wurde auch die Aerodynamik des Lazer Vento im Vergleich mit dem Vorgängermodelle Lazer Bullet 2.0 weiter überarbeitet. Neben einer in allen Positionen und Anströmwinkeln verbesserten Aerodynamik soll sich besonders bei einer Neigung des Kopfes um 15 Grad die Aerodynamik nochmals verbessern – vor allem durch eine verringerte Stirnfläche.

Bei den aerodynamischen, tiefen Positionen, die bei hohen Geschwindigkeiten in intensiven Rennsituationen und bei Sprints eingenommen werden, soll der Aero-Vorteil dadurch besonders hoch sein. Im Vergleich mit dem Bullet 2.0 soll die Aerodynamik um 2,3 Prozent verbessert worden sein.

Der Lazer Vento verfügt zudem über eine „Brillengarage“. Gummierte Bereiche aus TPU-Material an den seitlichen Belüftungsöffnungen ermöglichen es, viele Sport-Sonnenbrillenmodelle dort rutschfrei am Helm zu verstauen.

Im vorderen oberen Bereich sowie im Bereich der Stirn ist an der Innenseite zudem eine Polsterung angebracht, die eine druckstellenfreie Passform und einen hohen Tragekomfort bietet. Sie besteht aus dem Polygenie-Material, in dem beständiges und recyceltes Silberchlorid verarbeitet ist, das das Wachstum von Bakterien behindert, die sich durch das Schwitzen in den Polstern festsetzen können. Im Test zeigte sich, dass das Polygiene-Material der Bildung von Schweißgeruch vorbeugen kann.

Lazer präsentiert zudem ein neues Rücklicht, das durch ein Drehverschluss-Befestigungssystem im Hinterkopfbereich des Helms angebracht werden kann. Durch ein Klettband kann es auch an anderen Helmmodellen befestigt werden. Es soll als zusätzliche Beleuchtung am Kopf die Sichtbarkeit im Straßenverkehr erhöhen. Es wird über ein Magnet-Verbindungskabel geladen und kommt ohne Kabelbuchsen aus, die durch Nässe und Verschmutzung defektanfällig sind. Das neue Rücklicht „Universal LED“ soll dadurch besonders haltbar sein. Sein Gewicht: 20 Gramm.

Lazer Strada Kineticore

Ebenfalls mit Kineticore ausgestattet und neu von Lazer: das günstigere Allround-Modell Lazer Strada.

Preis, Gewicht, Versionen: Lazer Kineticore Vento & Strada

Der Lazer Vento mit der neuen Kineticore-Technologie ist in drei Größen und in acht verschiedenen Farbdesigns erhältlich. In der getesteten Größe M wiegt er 283 Gramm. Der Preis: 269,99 Euro. Das ebenfalls neue Rennrad-Helm-Modell Strada ist ebenfalls mit der Kineticore-Technologie ausgestattet. Es ist als effizient belüftetes Allround-Modell ausgerichtet und überzeugt insbesondere hinsichtlich des Preis-Leistungsverhältnisses. Der Preis: 109,99 Euro.

Weniger Plastik und Tinte: Helme und Verpackung

Für die neuen mit Kineticore ausgestatteten Helme soll weniger Plastik eingesetzt werden als für viele andere Fahrradhelme. Beim Lazer Vento sollen im Vergleich mit dem Lazer Bullet 2.0 Mips 90 Gramm Plastik eingespart werden. Auch die Helmverpackung hat Lazer überarbeitet – im Sinne der Einschränkung des Ressourcenverbrauchs. Die Kartonverpackung der Helme wird nun nicht mehr großflächig bedruckt, wodurch sich viel Druckfarbe einsparen lasse. Auch die Plastikverpackung um den Helm und um die – gesetzlich verpflichtend beizulegende – Gebrauchsanweisung könne künftig eingespart werden. Im Jahr 2022 will Lazer somit 10.500 Kilogramm Plastik einsparen. Mehr Informationen zu Lazer Kineticore und zu den neuen Helm-Modellen stehen auf der Website des Herstellers.

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