Gesunde Ernährung, Ernährungs-Tipps, Ratgeber
Gesunde Ernährung: Welche Ernährung macht wirklich fitter und gesünder?

Gesunde Ernährung: Lebensmittel

Gesunde Ernährung: Welche Ernährung macht wirklich fitter und gesünder?

Sich gesund und „gut“ ernähren – das wollen viele. Doch wie geht das? Was sind nur Trends, was sagt die Wissenschaft? Wie wirkt sich die Ernährung auf die Leistung aus? Und wie hängen Vegetarismus und Sport zusammen? Antworten.
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Das Thema Ernährung ist nicht nur im Sport eines der meistdiskutierten überhaupt. Fast täglich erscheinen neue Studien dazu, die sich häufig widersprechen und statt für Aufklärung eher für Verwirrung sorgen. Immer mehr „Gurus“ und „Normalos“ predigen Verzicht – den Verzicht auf bestimmte „ungesunde“ Lebensmittel. Andere Propheten propagieren bestimmte, oft exotische Nahrungsmittel und -zusätze. Wie strikt sollte man sein? Welche Ernährungsformen, welche Nahrungsmittel sind die „richtigen“ und welche die „falschen“? Gibt es sie überhaupt?

Paleo, Low Carb, Clean Eating, vegetarisch, vegan oder flexitarisch: Dies ist nur eine kleine Auswahl der Ernährungsweisen, die aktuell durch die Medien, sozialen Netzwerke, Supermärkte und Restaurants geistern – und deren Befürworter oftmals den eigenen Anspruch stellen, den einen, „den richtigen“ und einzig wahren Weg zu einer gesunden und/oder leistungssteigernden Lebensweise zu kennen. Bei dieser Vielfalt an Begrifflichkeiten wird klar, dass die Ernährung heutzutage nicht mehr ausschließlich der Energieaufnahme dient, vielmehr ist sie ein Statement des menschlichen Lifestyles geworden. Ein Mittel zur Arbeit an der eigenen Identität. Man identifiziert sich darüber – zum Beispiel darüber, was man alles nicht isst.

In einer Studie zur alltäglichen Ernährungsweise gab die Mehrheit der Befragten an, sich gesund zu ernähren. Demgegenüber lässt sich ein stetiger Anstieg übergewichtiger Menschen verzeichnen, was darauf hindeutet, dass die Wahrnehmung und die Umsetzung von gesunder Ernährung weit auseinandergehen.

Gesunde Ernährung: Die Studienlage

Es ist logisch, und soll hier dennoch als Fazit vorangestellt werden: Dogmen sind immer – egal in welchem Lebensbereich – falsch. Und: Die eine gesunde Ernährung oder Ernährungsweise gibt es nicht. Jeder Mensch hat einen individuellen Stoffwechsel. Hinzu kommen eventuelle Lebensmittelallergien und Unverträglichkeiten oder der Verzicht auf bestimmte Produkte aus ethischen Gründen oder aus Überzeugung. Wie unterschiedlich der menschliche Stoffwechsel sein kann, zeigte unter anderem eine Studie der TU München. Hierfür wurden 15 junge Männer ausgewählt, die sich äußerlich stark ähneln: Körpergröße, Gewicht, Statur, Alter und der Nüchtern-Blutzuckerspiegel der Probanden waren nahezu gleich. Die Studienteilnehmer mussten 36 Stunden lang fasten.

Alle zwei Stunden wurden Blut-, Urin- und Atemluftproben genommen. Nach dem Ablauf der Zeit bekamen die Männer spezielle Zuckerlösungen oder eine mit Fett angereicherte Trinknahrung. Auf diese Weise versuchte die Ernährungswissenschaftlerin Hannelore Daniel einen möglichst genauen Einblick in den Stoffwechsel zu bekommen. Untersucht wurde zudem, wie sich die Produktion von Stresshormonen unter verschiedenen Bedingungen veränderte. Zum einen führten die Probanden dazu einen Belastungstest auf dem Radergometer durch. Zum anderen wurden sie dazu aufgefordert, ihre Hände in Eiswasser zu halten. Die Ergebnisse: Trotz der gleichen Nüchternblutzucker-Werte wiesen alle Probanden sowohl nach der Gabe der Trinknahrung als auch nach der sportlichen Belastung extrem unterschiedliche Blutzuckerwerte auf. Ein Hauptgrund: die Gene.

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Dieser Artikel erscheint in RennRad-Ausgabe 1-2/2020

Leistung & Ernährung

Die sportliche Leistungsfähigkeit und die Ernährung stehen in einem direkten Zusammenhang. Doch dieser ist höchst individuell. Die eine Zauberformel für alle existiert nicht – lediglich grobe Formeln. Um den Körper optimal mit Nährstoffen zu versorgen, wird folgende Verteilung der Makronährstoffe empfohlen: 50 bis 55 Prozent der Energie sollten aus Kohlenhydraten stammen, 20 bis 25 Prozent aus Fetten und 15 Prozent aus Proteinen.

Ambitionierte Ausdauersportler stellen im Gegensatz zur restlichen Bevölkerung einen Sonderfall dar. Sie sollten vor allem darauf achten, dass ihre Kohlenhydratspeicher, die den Körper mit Energie versorgen, immer gut gefüllt sind. Vornehmlich sollten komplexe „gute“ Kohlenhydrate wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Gemüse ausgewählt werden. Auf einfache „schlechte“ Kohlenhy­drate wie etwa Weißmehlprodukte oder Einfachzucker sollte weitestgehend verzichtet werden.

Kohlenhydrat- und Eiweißzufuhr

Nach harten Trainingseinheiten, wie zum Beispiel Intervallen, sind die Kohlenhydratspeicher oft restlos verbraucht und der Körper bedient sich nun an den Eiweißreserven zur Energiegewinnung. Aus diesem Grund sollten neben einer erhöhten Kohlenhydratzufuhr auch auf eine erhöhte Eiweißaufnahme geachtet werden. Hier eignen sich besonders Proteinquellen wie beispielsweise Hülsenfrüchte, Milchprodukte, mageres Fleisch und Fisch.

Auch Fett spielt eine wichtige Rolle. Einst war es als ungesunder Dickmacher verschrien, heute weiß man: Auf die „richtigen“ Fette kommt es an. So können Omega-3-Fettsäuren die Regeneration und das Immunsystem stärken. Sie werden in die Mem­branen der Muskelzellen eingelagert, wirken entzündungshemmend und können einen positiven Einfluss auf die Verletzungsanfälligkeit haben. „Gute“ Fettquellen sind etwa Leinöl, Olivenöl, Kokosöl, Butter, Makrele, Hering oder Lachs. Vermeiden sollte man dagegen Omega-6- sowie gehärtete Fettsäuren – sie stehen in einer Relation zu Herzproblemen und -infarkten sowie einer verminderten Muskelleistung. Zu diesen eher „schlechten“ Fettquellen zählen etwa: Distel-, Soja-, Sonnenblumen- oder Maiskeimöl.

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Vegetarische Ernährung: Fleischlos erfolgreich

Eine vegetarische oder vegane Ernährung schien für die meisten Spitzensportler vor einigen Jahren noch undenkbar zu sein. Doch längst entscheiden sich immer mehr Sportler dazu, fleischlos oder sogar ganz ohne tierische Produkte zu leben. Die Anzahl der Veganer in Deutschland wird zurzeit auf etwa 900.000 geschätzt.

In den letzten 50 Jahren hat sich die Ernährung in den westlichen Industrieländern enorm verändert: Sie wurde „industrialisiert“ – hin zu extrem hohen Energiedichten und in Fabriken hergestellten Fertiggerichten. Weg von der einstigen Ausgewogenheit. Doch gerade unter Sportlern und gesundheitsbewussten Menschen ist längst ein Wandel im Gange – zurück zu den Wurzeln. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Tierschutz, der ökologische sowie der gesundheitliche Aspekt sind essenzielle Punkte, warum sich viele Menschen für eine fleischlose Ernährung entscheiden. Pflanzliche Diäten sind umweltverträglicher, da sie weniger Ressourcen verbrauchen und weniger Umweltschäden verursachen.

Hinzu kommt: Wer sich vegetarisch oder sogar vegan ernährt, kann das Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Herzleiden, Diabetes, Bluthochdruck, bestimmte Krebsarten sowie Fettleibigkeit enorm senken. In einer groß angelegten Studie der Mayo Clinic stellten die Forscher fest: Vegetarier leben, nach dem Ausschluss von Störvariablen, im Durchschnitt fast vier Jahre länger als Fleischesser. In der „EPIC-Oxford Vegetarian Study” mit 45.000 Menschen hatten die Vegetarier ein um 32 Prozent vermindertes Risiko, eine Herzkrankheit zu entwickeln.

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Kann man mit einer fleischlosen, vegetarischen Ernährung sportliche Erfolge erzielen?

Die Leistungsfähigkeit

Nicht nur den Tieren zuliebe ernähren sich Weltklasseathleten wie Novak Đjoković, Venus Williams, Weltfußballer Lionel Messi oder Lewis Hamilton rein pflanzlich, sondern vor allem der Gesundheit wegen. In der Forschung wird heute davon ausgegangen, dass pflanzliche Diäten mehrere Leistungsparameter positiv beeinflussen. Zusätzlich soll die erhöhte Aufnahme von Antioxidantien durch eine pflanzliche Ernährung positive Auswirkungen auf den durch die Belastungen ausgelösten oxidativen Stress haben.

Viele Studien zu diesem Thema bestätigen, dass der Verzicht auf tierische Produkte keine negativen Auswirkungen auf den Nährstoffhaushalt und die sportliche Leistung haben. Marczykowski und Breidenassel etwa untersuchten 2016, ob Veganer die kritischen Referenzwerte für bestimmte Nährstoffe durch ihre alltägliche Ernährung erreichen können. Die Antwort, die ihre Untersuchung lieferte, lautet: Ja. Alle überprüften Referenzwerte konnten durch die alltägliche rein pflanzliche Ernährung eingehalten werden. Die wenigen existierenden Studien zu den Effekten der vegetarischen Ernährungsweise auf die sportliche Leistung suggerieren: In der Leistungsfähigkeit zeigten sich keine signifikanten Unterschiede.Die sogenannte NURMI-Study – Nutrition and Running high Mileage – ist eine internationale und interdisziplinäre vergleichende Laufstudie.

Das Ziel der Untersuchung war es, wissenschaftlich fundierte Aussagen zur sportlichen Leistungsfähigkeit von Mischköstlern beziehungsweise „Normalessern“ im Vergleich zu vegetarischen und veganen Läufern zu erhalten. Bei dieser aufwendigen Studie wurden rund 200 Läufer getestet. Nachdem die Teilnehmer ein Rennen über eine Distanz von mindestens einem Halbmarathon absolviert hatten, wurden die Platzierungen, die Zielzeiten, die Energie- und Flüssigkeitsaufnahmen, die individuelle Ernährungsstrategie während des Rennens und die körperlichen und geistigen Wahrnehmungen festgehalten. Die Ergebnisse zeigen, dass Vegetarier und Veganer im Vergleich zu Mischköstlern ein geringeres Körpergewicht und Körperfett aufwiesen. Bei den Leistungsparametern fanden sich keine Unterschiede. Unabhängig von der jeweiligen Ernährungsweise hatten alle untersuchten Sportler einen guten Gesundheitszustand.

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Gesunde Ernährung: Richtlinien

Doch die vegetarische Ernährung stellt, gerade für Athleten, auch eine Herausforderung dar. So beinhalten die meisten pflanzlichen Proteinquellen — mit Ausnahme von Quinoa, Soja und Hanf — kein breites Aminosäurespektrum. Dem kann man begegnen, indem man Lebensmittel kombiniert, zum Beispiel: Getreide mit Hülsenfrüchten, Getreide mit Milchprodukten – etwa Porridge, Soja mit Gemüse, Hülsenfrüchte mit Nüssen, Eier mit Gemüse. Für die optimale muskuläre Erholung werden mindestens 0,3 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht nach dem Training empfohlen.

Auch bei der Eisenversorgung sollten Vegetarier und Veganer umsichtig sein – denn das Eisen, das in Pflanzen vorkommt, ist in der Regel für den Organismus schwieriger zu verwerten als jenes aus Fleisch. Ein Trick ist, neben eisenhaltigen auch Vitamin-C-haltige Lebensmittel wie Früchte und Gemüse zu essen. Das Vitamin kann die Eisenaufnahme verbessern. Pflanzliche Eisenquellen sind etwa Vollkorngetreide, Quinoa, Nüsse, Samen, Bohnen, Linsen, Trockenfrüchte.

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Worauf muss man bei einer gesunden vegetarischen oder veganen Ernährung achten?

Vitamin B12: Risiko einer Unterversorgung

Auch beim Vitamin B12 besteht gerade bei Veganern das Risiko einer Unterversorgung. Ernährungswissenschaftler wie der promovierte Biologe Wolfgang Feil empfehlen hier regelmäßige Blutuntersuchungen. „Vor allem zwei Mineralien sollten im Lot sein: Eisen und Zink“, sagt er. „Der Ferritinwert sollte immer über 100 liegen. Damit haben viele Sportler Probleme, gerade solche, die kein oder wenig Fleisch essen. Veganer sollten am besten einmal pro Quartal ihren Ferritinspiegel messen lassen.“ Denn niedrige Eisenwerte bedeuten eine niedrige Leistungsfähigkeit. Generell gilt: Neben den wichtigsten Makronährstoffen Kohlenhydrate, Fette und Proteine spielen die Mikronährstoffe eine ebenso wichtige Rolle bei der täglichen Ernährung. Sportler benötigen oftmals drei- bis viermal mehr Mikronährstoffe als Nicht-Sportler. Besonders frisches Obst, Gemüse, Vollkorngetreide, Nüsse und grünes Blattgemüse helfen bei der optimalen Versorgung. Zu den empfohlenen Kohlenhydrat-Lieferanten zählen etwa Kartoffeln, Bananen, Haferflocken, Hirse, brauner Reis.

Generelle Ernährungsempfehlungen müssen wissenschaftlich begründet sein. Dies trifft etwa auf die sogenannte Mittelmeer-Ernährung zu: Diese zeigt seit Jahrzehnten in Vergleichsstudien gute oder sehr gute Ergebnisse. Zu den Hauptnahrungsmitteln zählen etwa Fisch, Gemüse, Kräuter, Früchte, Nüsse, Olivenöl. Eine aktuelle Studie der Saint Louis University, USA, hat die kurzfristigen Auswirkungen einer solchen Ernährungsweise auf die sportliche Leistung untersucht. Die Forscher verglichen dabei die Leistungen ihrer Probanden bei einem Fünf-Kilometer-Lauf. Das Ergebnis: Diejenigen, die sich fünf Tage lang nach der Mittelmeerdiät ernährt hatten, waren signifikant – im Durchschnitt um sechs Prozent – schneller als die „Normalesser“. Bei anaeroben Tests waren keine Unterschiede festzustellen. Aufgrund der kleinen Stichprobe ist die Aussagekraft dieser Studie allerdings als schwach zu bewerten – es bleibt, auf Replikationsstudien zu warten.

Was also ist nun eine „gute“ gesunde Ernährung? Die Antwort ist wohl einfacher als gedacht: Sie ist vor allem selbst gekocht und gemüselastig. Wolfgang Feils schlichte Antwort lautet: „Gemüse, Gemüse, Gemüse, Salat, Salat, Salat – mit vielen Gewürzen, Kräutern, gesunden Fetten wie Olivenöl. Zwei Eier dazu. Fertig. So einfach ist das.“

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