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Höhentraining: Tipps zur Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt

Bergtraining

Höhentraining: Tipps zur Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt

Die Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt: Pässe, Pacing, Taktik und Höhentraining. Tipps vom zweimaligen Ötztaler-Sieger Stefan Kirchmair.
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Meine Trittfrequenz sinkt: 75, 70, 65 Umdrehungen pro Minute. Meine Herzfrequenz: 180. Ich ringe nach Luft. Die Straße vor mir steigt an: mit 13, 14, 15 Prozent. 33, 34 Grad. Keine Bäume, kein Schatten. Nur trockenes braun-beige-grünes Gras, Felsen und das schmale Asphaltband vor mir. Ich fahre auf mehr als 2000 Metern Höhe. Noch 150 Höhenmeter bis zur Passhöhe des Timmelsjochs liegen vor mir – dem letzten Pass des Ötztaler Radmarathons. Der höchste Punkt liegt auf 2474 Metern. Die Luft wird dünn – wörtlich und im übertragenen Sinn.

Vor allem für die „Flachland-Tiroler“ ist es ein wichtiges Thema in der Vorbereitung: Die Frage, wie man die Höhenlage in Rennen oder bei Radmarathons richtig trainieren kann. Das Training am Berg wird daher auch an dieser Stelle häufig thematisiert, zuletzt in der RennRad-Ausgabe 5/2022.

Anstiege zwingen uns vor allem zu einer gleichmäßigen Leistungsabgabe. Erholungsphasen wie im Flachen gibt es nicht. Doch neben dem Training an Anstiegen ist auch eine Anpassung an die Höhe wichtig. Die Luft und ihr Einfluss auf den Körper ändern sich im Hochgebirge extrem im Vergleich zum „Flachland“. Eine mögliche Lösung: ein Höhentrainingslager.

Für Profis sind zwei bis drei Aufenthalte in der Höhe seit einigen Jahren selbstverständlich. Auf Teneriffa, in Livigno, St. Moritz, Kühtai, Sierra Nevada, Tignes oder an vielen anderen Orten. Alle liegen sie auf rund 2000 Metern Seehöhe. Doch sogar schon einige spezialisierte Hotels auf geringerer Höhe leisten sich Höhenkammern oder können ganzen Zimmern den Sauerstoff entziehen, was dadurch wie ein Höhentraining in den Bergen wirken kann.

Wirkung eines Höhentrainingslagers

Ein Höhentrainingslager ist für gewöhnlich sehr zeitaufwendig und teuer, aber: Es hat eine Wirkung. Deshalb ist es kein Wunder, dass sich die Profi-Teams seit Jahren in der Vorbereitung und zwischen den Grand-Tours in allen möglichen Höhentrainings-Zentren treffen.

Für Amateursportler gibt es andere, günstigere Alternativen – etwas mittels höhenlagen-simulierender Zelte: Man schläft in einem Zelt, in dem der Luft durch ein Aggregat ein Teil des Sauerstoffs entzogen wird. Und: Natürlich ist es auch möglich, ein Höhentraining in den Alltag einzubinden.

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Anpassung und Risiken

Auf Seehöhe beträgt der Sauerstoffanteil der Luft rund 21 Prozent. Dieser Wert bleibt grundsätzlich konstant – in der Höhe nimmt der Luftdruck jedoch ab und reduziert damit den absoluten Sauerstoffgehalt in der Luft, sodass auf rund 2000 Metern über dem Meer nur noch rund 17 Prozent Sauerstoff verfügbar sind. Der Körper kann durch die Abhnahme des Sauerstoffpartialdrucks in der Luft pro Atemzug weniger Sauerstoff aufnehmen – und versucht, diesen Sauerstoffmangel zu kompensieren: Die Atem-Frequenz und die -Tiefe erhöhen sich signifikant. Das Atemminutenvolumen nimmt zu.

Und: Es wird deutlich schwieriger, sein Leistungsniveau zu halten. Auch bei der Pacing-Strategie im Wettkampf muss man dies berücksichtigen, sonst fährt man sich „kaputt“ und hat im weiteren Verlauf Probleme. Doch man kann diese Effekte trainieren und sich auch deutlich verbessern, indem man sich an die Höhenlage akklimatisiert oder gezielt in der Höhe trainiert. Besonders, wenn man auch in der Höhe schläft, spürt man die schlechtere Erholung und sicherlich auch eine höhere Herzfrequenz, auch in Ruhe.

Akklimatisierung

Wichtig ist es, zu Beginn eine Akklimatisierungsphase von etwa drei bis vier Tagen – je höher der Aufenthaltsort, desto länger – einzuhalten. Die Trainingsdauer sollte, ebenso wie die Intensität, sehr gering sein. Gerade während dieser Gewöhnungsphase sind Probleme wie leichte Kofschmerzen, Müdigkeit und trockene Schleimhäute nicht selten. Diese sollten nach der Akklimatisierungszeit verschwinden.

Nicht für jeden ist ein Höhentrainingslager geeignet. Jeder Körper passt sich anders an die neue Umgebung an, für einige bleiben die Anpassungen gering. Ein möglicher positiver Nebeneffekt ist der erhöhte Kalorienverbrauch, der auch noch nach einem längeren Höhenaufenthalt anhalten kann. Entsprechend kann ein Höhentraining manchen Fahrertypen dabei helfen, das Gewicht zu reduzieren  Die Dauer und der Zeitpunkt eines Höhentrainingslagers sind Gegenstand vieler sportwissenschaftlicher Studien –  einen Hintergrundartikel dazu finden Sie in einer der nächsten RennRad-Ausgaben.

Training und Berge

Positive Effekte dieser Trainingsform wurden bei verschiedenen Methoden festgestellt. Man unterscheidet drei verschiedene Herangehensweisen. Zum einen das Live High – Train High: Dabei trainiert der Athlet über die Dauer des Trainingslagers in der Höhe und hält sich auch zum Schlaf und während der Regeneration in Höhenlagen auf.

Beim Live-High-Train-Low-Ansatz wird der Aufenthalt in der Höhe gewählt, aber das Training wird auf unter 1000 Meter Höhe durchgeführt. So können im Training intensive Reize gesetzt werden und ein Verlust von Muskelmasse wird verhindert. Die Adaptation an die Höhe findet im Schlaf und während der Regenrationsphasen statt.

Eine dritte Möglichkeit ist das umgekehrte Verfahren, das Live Low – Train High. Nur die Trainigseinheiten werden dabei in der Höhe absolviert. Dies führt zu einer besseren Regeneration und Schlafqualität, bringt aber auch deutlich geringere Effekte. Das Training kann aufgrund der Höhe zudem nicht in der gewohnten Intensität stattfinden.

Polarized Training

Um die Sauerstoffaufnahme zu verbessern, gibt es auch „im Tal“ gute Möglichkeiten. Das Stichwort lautet: Polarized Training. Der Fokus liegt dabei auf einem Training im Grundlagentempo mit niedriger Intensität im Wechsel mit sehr hohen Intensitäten durch harte Intervalleinheiten.

Die Verteilung liegt dabei bei rund 90 Prozent Grundlage und zehn Prozent hochintensiven Einheiten. Seine Ziele kann man auf null oder auf 2000 Metern Höhe erreichen. Egal ob es die Bestzeit beim „Ötzi“ oder die Bestzeit am eigenen Hausberg ist.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 7/2022Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

Stefan Kirchmair ist zweimaliger Sieger des Ötztaler Radmarathons und Radtrainer mit A-Lizenz. Er trainiert etliche Amateur- und Hobbytahleten. Mehr zu ihm und seinem Team finden Sie auch unter: www.kirchmair-cycling.com

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