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L’Alpe d’Huez: Training für großes Radmarathon-Ziel

Alpe du Zwift

L’Alpe d’Huez: Training für großes Radmarathon-Ziel

Vom Rollen-Training über Radmarathons und Berg-Trainingslager zum großen Ziel: der Rekordzeit an dem legendären Anstieg zur L’Alpe d’Huez. Einblicke & Trainingspläne.
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13,4 Kilometer, 1132 Höhenmeter – ein Anstieg, eine Legende, ein Rekord: Dies war mein großes Saisonziel, mein Plan, meine selbstauferlegte Herausforderung – und das Thema meiner letzten Artikel. In diesen schilderte ich meinen Weg zur Top-Berg-Form und nannte etliche Trainingstipps, um schneller bergaufzufahren. Mein Ziel lautete: Eine neue Bestzeit an dem legendären Anstieg zur L’Alpe d’Huez aufstellen.

Eigentlich lief alles nach Plan – ich war im Soll. Im Hochsommer absolvierte ich eine Generalprobe an einem der härtesten Anstiege Österreichs: dem Kitzbüheler Horn. Ich brauchte für die 9,9 Kilometer und 1240 Höhenmeter 40:43 Minuten – und unterbot damit die bisherige Bestzeit um acht Minuten.* Danach legte ich eine kleine Trainingspause ein. Doch der folgende Wiedereinstieg fiel mir erschreckend schwer: Meine Bein-Muskeln fühlten sich wie verklebt an. Ich war träge und müde. Ohne große Ambitionen startete ich kurz darauf in meinen ersten Radmarathon seit fast zwei Jahren: die Dolomiten Rundfahrt in Lienz. Der Gedanke in meinem Kopf: „Zum Glück sind es heuer nur 110 statt 230 Kilometer wie beim Supergiro. In gut drei Stunden ist das Ding vorbei.“

L’Alpe d’Huez: Watt-Werte und Berge

Nach den ersten 20 Kilometern des Einrollens lief es am ersten Anstieg sehr gut: Ich leistete über 15 Minuten hinweg durchschnittlich 415 Watt – und dezimierte damit das Feld, sodass nur noch wenige Fahrer an der Spitze blieben. Etwas später konnte ich mich, zusammen mit einem weiteren Fahrer, von der Spitzengruppe absetzen.

Doch: Wir kamen nicht ganz durch. Eine Fahrergruppe holte uns wieder ein. Im Zielsprint wollte ich nichts riskieren. Ich wurde Vierter. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass mich das Rennen wieder zurück in die Spur gebracht hatte. Es folgten zwei Trainingstage in den Dolomiten. Als kleinen Test fuhr ich, von der „flacheren“ Seite aus, auf den berühmten Monte Zoncolan. Die Daten der Auffahrt: 14 Kilometer, 1190 Höhenmeter. Mir fehlten fast drei Minuten auf Damiano Carusos Fabel-Zeit, die er während des Giro d’Italia dieses Jahres aufstellte – immerhin platzierte ich mich mit meiner Zeit von 41 Minuten, was einer Durchschnitts-Leistung von 370 Watt entspricht, in den Top-Ten der Strava-Rangliste.

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Ordentliche Trainingseinheit

Am nächsten Tag holte ich – während einer 200-Kilometer-Trainingseinheit – noch die Bestzeiten, die „KOMs“, am Misurina See an den Drei Zinnen, am Passo Tre Croce und am Passo Mauria. An den folgenden beiden Tagen trainierte ich nur sehr locker, mit dem Fokus auf der Regeneration. Es folgte: eine spontane Entscheidung.

Ich startete beim „Kühtaier Bergkaiser“ – und überraschte mich selbst: Überraschend deutlich konnte ich den Top-Favoriten Michael Spögler distanzieren und, mit einem neuen Streckenrekord, das Rennen für mich entscheiden. Am Giro Dolomiti in Bozen konnte ich dann wetterbedingt nicht teilnehmen.

Während meiner drei Tage in Bozen war lediglich eine ordentliche Trainingseinheit – bei der ich mir die Strava-Bestzeit, den KOM, den „King-Of-The-Mountain-Titel“, an der Auffahrt zum Lago di Tovel holte. Vor dem Arlberg Giro fühlte ich mich schlecht, aufgrund des schlechten Wetters startete ich dort nicht.

Radmarathon-Sieg & Formaufbau

Es folgten: Ein einwöchiges Trainingslager mit meinem Team – und etliche lange Grundlagen-Einheiten. Mein nächstes geplantes Highlight: der Highlander Radmarathon mit seinen 181 Kilometern und 4040 Höhenmetern. Leider war das Wetter an diesem Wochenende richtig mies. Ich machte schon früh, am Anstieg zum Bödele-Anstieg das Tempo und dünnte die erste Gruppe auf 15 Fahrer aus. Das Wetter, der starke Regen und die Temperaturen von knapp über Null Grad, kosteten extrem viel Energie.

Erst nach der Streckenteilung trockneten die Straßen kurzzeitig ab. Ich setzte mich erst mit einem weiteren Fahrer ab – und war kurz darauf allein an der Spitze. Ich kam an, als Solist. Zum zweiten Mal in meiner Radmarathon-Karriere konnte ich den Highlander gewinnen. Dieser Tag, ein Tag der Freude, wurde zum letzten Tag meiner Top-Form. Die Kälte, der Energiemangel und Magen-Darm-Probleme kamen zusammen: Ich musste meine Frankreich-Reise absagen. Es fiel mir extrem schwer, doch ich hatte keine Wahl: Ich musste meinen Rekordversuch auf das nächste Jahr verschieben.

Meine nächsten großen Ziele zuvor werde ich Zuhause, in den eigenen vier Wänden angehen, auf meinem Rollen-Trainer. Sie lauten: die Premier-Division-Rennen auf der digitalen Plattform Zwift. Um für diese kurzen und harten virtuellen Ergometer-Rennen wieder leistungsfähig und spritzig genug zu sein, bedarf es einer radikalen Umstellung des Trainings. Nach diesem Sommer weiß ich, dass ich mein großes Ziel, den L’Alpe-d’Huez-Rekord, erreichen kann. Und ich kenne – gerade in Sachen Trainingsplanung und Formaufbau – den Weg dorthin.

*Die Rennen am Kitzbüheler Horn enden – wie die Österreich-Rundfahrt – am Alpenhaus. Die Zahlen: 6,9 Kilometer, 861 Höhenmeter. Mit einer Zeit von 28:40 Minuten unterbot Stefan Kirchmair die bisherige Bestzeit von Aleksandr Vlasov um fünf Sekunden.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 10/2021. Dort finden Sie auch weitere Trainingspläne. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

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