Wintertraining, Tacx, Jonas Rutsch
Wintertraining: WorldTour-Profi Jonas Rutsch über Rollentraining

Wintereinheit

Wintertraining: WorldTour-Profi Jonas Rutsch über Rollentraining

Jonas Rutsch, 22, bereitet sich im Wintertraining auf seine zweite Saison als WorldTour-Profi vor: mit Intervallen, Rollentraining und mehr.
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RennRad: Herr Rutsch, wie ist Ihr Wintertraining aufgebaut?

Jonas Rutsch: Ich bin seit November wieder im Training. In diesem Jahr wird es wohl wegen der Corona-Pandemie kein extra Trainingslager geben. So kann ich Zuhause trainieren und habe Zeit für Dinge neben dem Radsport. Ich lerne für meine Prüfungen bei der Polizeiausbildung, verbringe viel Zeit mit meiner Freundin und trainiere draußen und auf der Rolle.

Wie und wie oft nutzen Sie beim Wintertraining einen Rollentrainer?

Ich nutze die Rolle häufig – aktuell vor allem für das Zeitfahrtraining. Im Winter finde ich es oft gefährlich und weniger sinnvoll, draußen auf dem Zeitfahrrad Intervalle zu fahren. Gerade hochintensive Einheiten trainiere ich dann Zuhause – ohne Sturzgefahr. Mein Setup für den Winter besteht in erster Linie aus meinem Zeitfahrrad, der Tacx-Rolle und Zwift-Einheiten.

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Wie lange und intensiv sind diese Indoor-Einheiten in der Regel?

Meine längste Einheit war 2,5 Stunden lang. Extrem lange Einheiten fahre ich eher nicht auf der Rolle. Das hat einen einfachen Grund: Ich schwitze viel und verliere viel Flüssigkeit. Die Intensitäten sind dabei sehr verschieden. Ich habe schon alle Intervallformen, die man auch im Freien fährt, auch auf dem Tacx-Trainer absolviert. Die hochintensiven Einheiten empfinde ich auf der Rolle meist als härter und anstrengender als auf der Straße. Erstens wegen der anderen Temperaturentwicklung, zweitens weil die mentale Belastung auf dem Heimtrainer größer ist.

Alternativsport beim Wintertraining

Welche Alternativsportarten betreiben Sie im Winter zusätzlich?

Im vergangenen Jahr saß ich sehr viel auf einem Ruder-Ergometer. Damit trainiert man im Grunde den ganzen Körper. Das Training damit eignet sich gut für Radfahrer, gerade für VO2max-Einheiten. Aktuell nutze ich beim Wintertraining das Rudergerät vor allem als Warm-Up-Mittel für das Krafttraining. Das besteht bei mir vor allem aus klassischen Übungen wie Kniebeugen, Liegestützen, Klimmzügen, Sprüngen, Ausfallschritten – meist mit Gewichten. Ich muss allerdings aufpassen: Ich bin ein kräftiger Fahrer und nehme schnell an Muskelmasse zu. Wenn ich zu viel für den Oberkörper trainiere, steht plötzlich ein Gewicht auf der Waage, mit dem ich keinen Berg mehr hochkommen würde.

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Zählen Sie zu den Fahrern, die gerne „auf der Rolle“ trainieren?

Ja, ich trainiere gerne auf dem Rollentrainer. Ich bin früher noch viele Cyclocross-Rennen gefahren – auch da war die Rolle ein fester Bestandteil des Aufwärmprogramms. Es ist bei mir eine Gewohnheit: Das Training auf der Rolle gehört schon immer dazu.

Sie integrieren demnach das Indoor-Training gezielt in Ihren Trainingsalltag – nicht nur als Schlechtwetter-Alternative?

Richtig. Ich teile mir die Einheiten auch gerne auf: Wenn ich beispielsweise fünf Stunden am Tag zu trainieren habe, beginne ich morgens mit einer Stunde auf der Rolle. Davor trinke ich nur einen Espresso und aktiviere somit meinen Körper. Anschließend mache ich Krafttraining. Das ist in dieser Reihenfolge für mich sinnvoll: Das Krafttraining ist so intensiv, dafür muss der Körper schon ein wenig „wach“ sein. Auch zwei Grundlagen-Rad-Einheiten lassen sich gut auf den Morgen und den Nachmittag aufteilen. In der Zwischenzeit mache ich dann oft Stabilisationsübungen oder ähnliches.

Rolleneinheiten beim Wintertraining

Was ist ihre Lieblings-Rollen-Einheit?

Ich fahre aktuell sehr oft die „Alpe du Zwift“. An diesem virtuellen Anstieg kann man gut K3-Einheiten, also Einheiten mit viel Kraftaufwand und einer geringen Kadenz, trainieren. Das dauert etwas länger als 30 Minuten. Das habe ich schon während der ersten Lockdown-Phase im Frühjahr für mich entdeckt. Auch Sweet-Spot-Intervalle fahre ich auf dieser Strecke sehr gerne.

Wie läuft ein Warm-Up auf der Rolle vor einem Zeitfahren oder einer kurzen, intensiven Berg-Etappe bei Ihnen ab?

Das Warm-Up läuft sehr individuell und für jeden anders ab. Ich wärme mich vor einem Zeitfahren ganz anders auf als beispielsweise meine Teamkollegen Alberto Bettiol oder Sebastian Langeveld. Zudem ist die Vorbereitung auch von der Verfassung, den Ambitionen auf eine gute Platzierung und dem Zeitpunkt während einer Rundfahrt abhängig. Die Fahrer, die eine gute Platzierung herausfahren wollen – zu denen zähle ich mich normalerweise – haben meist ein strukturierteres Warm-Up.

Es gibt aber auch starke Zeitfahrer, die sich nur sehr kurz auf die Rolle setzen. Sie treten nur für einige Minuten ganz locker und steigen dann wieder ab. Die mögen diese Trainings-Struktur vor dem Start nicht. Sie brauchen Ruhe, bis es losgeht, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Ich versuche vor einem Rennen, die Laktatbelastung möglichst gering zu halten.

Ich gehe dann meist für drei bis fünf Minuten an meine individuelle anaerobe Schwelle heran – bleibe aber noch darunter, um nicht mit „angesäuerten“ Beinen ins Rennen zu starten. Das gilt insbesondere für kürzere Zeitfahren. Ich spreche mich vorher mit meinem Trainer, Ken Vanmarcke, ab. Er kennt mich gut und weiß am besten, was für mich in der jeweiligen Situation sinnvoll ist.


Rollentraining: Intervall-Einheiten

A.) FTP-Intervalle

  • 10 Minuten: Warm-Up GA1
  • 5 Minuten: bei 90 – 100 Prozent der FTP
  • 5 Minuten: KB, hohe Frequenz
  • 5 – 8 x 1 Minute bei 110 Prozent der FTP, dazwischen je 1 Minute KB
  • 15 Minuten: Cool-Down, hohe Frequenz

B.) Kraftausdauer-Intervalle

  • 15 Minuten: Warm-Up GA1
  • 10 Minuten: K3 – GA2-Bereich, 70–80 Prozent der FTP, 40-60 U/min
  • 10 Minuten: GA1, 90-100 Umdrehungen
  • 15 Minuten: K3 – GA2-Bereich, 80–90 der FTP, 40-60 U/min
  • 10 Minuten: GA1, 90 – 100 Umdrehungen
  • 15 Minuten: K3 – GA2-Bereich, 80–90 der FTP, 40–60 U/min
  • 15 Minuten: Cool-Down GA1, 90–100 Umdrehungen

C.) High-Intensity-Intervalle

  • 30/30: 30 Sekunden All-Out-Intervalle, 30 Sekunden aktive Erholung, für 3 bis 6 Minuten, mit je 5 Minuten Pause & 15 Minuten Cool-Down
  • Einminüter: 6 – 10 x 1 Minute, 90-100 Prozent Intensität, Pausendauer je 1 Minute & 20 Minuten Cool-Down
  • Sprints: 30 x 6 Sekunden, 100 Prozent Intensität, Pausendauer 24 – 30 Sekunden & 15 Minuten Cool-Down

Steckbrief: Jonas Rutsch

Geboren: 24. Januar 1998 in Erbach im Odenwald

Wohnort: Wiesbaden

Größe: 1,97 Meter

Gewicht: 82 Kilogramm

Team: EF Pro Cycling

Erfolge:

  • 2018: Deutscher Bergmeister
  • 2019: Sieger Gent-Wevelgem U23
  • Flandern-Rundfahrt U23
  • Luxemburg-Rundfahrt
  • Gesamtsieger Rad-Bundesliga
Jonas Rutsch, EF Pro Cycling Team, Wintertraining

Jonas Rutsch fährt auf der WorldTour für das EF Pro Cycling Team


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