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Tapering im Radsport – Training vor dem Wettkampf: Belastung und Erholung

Wie Tapering im Radsport gelingt

Tapering im Radsport – Training vor dem Wettkampf: Belastung und Erholung

Der Tag der Abrechnung wird kommen. Der Tag, auf den man Wochen und Monate hingearbeitet hat. Der Tag, an dem man die Beine sprechen lässt: Es ist der Tag des Saisonhöhepunkts. Ob Alpenmarathon, Deutsche Meisterschaft, RTF oder Jedermann-Rennen, die Grundlagen für den Erfolg werden davor gelegt. Die sensibelste Phase ist die unmittelbar vor dem Wettkampf: Ausruhen oder vorbelasten? Das entzweit die Radsportwelt. Sicher ist: In den letzten Tagen vor dem Ausdauerhöhepunkt gewinnt man keine Rennen. Aber man kann sie verlieren. Eine zu harte Vorbelastung ist genauso kontraproduktiv wie eine übermäßige Ruhe- und Erholungsphase.
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Es gibt Profis, die am Tag vor wichtigen Rennen aufs Rad steigen und harte Intervalle absolvieren. Das britische Profi-Team Sky praktiziert diese Art der Vorbelastung an Ruhetagen der Tour de France. Und es gibt solche Fahrer, die vor wichtigen Rennen am Liebsten einfach nur eine Runde einrollen. Sie fahren sich die Strapazen der Anreise aus den Knochen. Maximal 90 Minuten, ganz locker, mit Cappuccino-Stopp. Wir geben Ihnen Tipps zum sogenannten Tapering, dem Training unmittelbar vor dem Wettkampf.

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Tapering im Radsport: Trainingsumfang und Intensität reduzieren

Die unmittelbare Wettkampfvorbereitung ist so individuell wie das Training selbst. Der eine braucht große Kilometerumfänge, der andere schwört auf Intensität. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass in der Taperingphase sowohl Gesamttrainingsumfang als auch die Intensität reduziert werden.

Der Körper bekommt die Zeit, letzte, entscheidende physiologische Anpassungsprozesse vorzunehmen. Während der Taperingphase sollen sich alle Organsysteme regenerieren und die Energiespeicher gefüllt werden. Zwei Wochen vor dem großen Rennen kann man versäumtes Training nicht mehr nachholen. Stattdessen steht die Erholung im Vordergrund.

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Vorbelastung vor dem Wettkampf: Reduzierung

In der intensiven Trainingsphase schüttet der Körper in Folge der Belastung die Stresshormone Kortisol und Adrenalin aus. Sie beeinflussen unter anderem die Herzfrequenz, den Blutdruck, die Weitstellung der Bronchien und die Energiegewinnung.

Trainiert man immer gleichmäßig auf hohem Niveau, werden die Rezeptoren für diese Hormone unempfindlicher. Am Wettkampftag reicht die „normale“ Aktivierung nicht mehr aus, um den Körper auf Höchstleistung zu pushen. Reduziert man nun in den Tagen vor einem Wettkampf seine Belastung, regulieren sich die Rezeptoren neu. Sie werden sensibler.

Das Aufwärmen und die Wettkampfatmosphäre bewirken eine verstärkte Hormonantwort. In der Folge wird der Körper leistungsbereiter. Ihm stehen auch die letzten Prozent körperlicher Ressourcen zur Verfügung, die über Sieg und Niederlage entscheiden können.

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Unmittelbar vor dem Wettkampf gilt es, das Training zu reduzieren.

Tapering durch Entspannung und verbesserte Sauerstoffaufnahme

Neben dem reduzierten Trainingsumfang lässt sich die Hormonausschüttung auch durch andere Methoden und Techniken steuern. Eine davon ist das mentale Training vor wichtigen Wettkämpfen. Dass dies auch für Hobbyradsportler Sinn ergibt, hat der Sportpsychologe Dr. Thomas Ritthaler in der RennRad 3/2015 berichtet.

Übungen zur meditativen Entspannung und bestimmte Atemtechniken helfen Sportlern, am Tag X leistungsfähiger zu sein. Zum Beispiel ist das Atemtraining eine effektive Maßnahme, um die Sauerstoffaufnahme zu verbessern sowie Ruhe und Entspannung zu finden. „Sie werden dadurch aufnahmebereiter. Ihre Gehirnwellenaktivität wird reduziert“, erklärte Ritthaler. Gleichzeitig wird die Kortisol- und Adrenalinausschüttung in der Taperingphase gesenkt.

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Vor dem Wettkampf: Nicht nur Erholung

Es klingt im ersten Moment paradox, ergibt aber Sinn: Die Gefahr von zu viel Ruhe und Erholung. Verbringt man die letzten Tage vor einem Radmarathon vor allem auf der Couch oder im Hotelbett, ist es durchaus möglich, dass sich der Körper in den Ruhemodus verabschiedet. Höchstleistungen sind dann kaum mehr möglich.

Das hat zum Beispiel eine Studie an Kajaksportlern aus dem Jahr 2010 gezeigt. Die Probanden, die in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung mehrere Tage komplett auf Belastungen verzichteten, hatten in der Folge niedrigere Maximalkraftwerte als jene Gruppe, die kurze, wettkampfnahe Einheiten absolvierte.

Vorbelastung im Vorfeld des Wettkampfs sinnvoll

Allerdings spricht nicht jeder Sportler in gleichem Maße auf eine Vorbelastung an. Eine kurze, hochintensive Vorbelastung ergibt aber vor allem dann Sinn, wenn am Folgetag eine intensive, mit vielen Höhenmetern gespickte erste Rennhälfte erwartet wird.

Bei langen Marathons oder Jedermann-Rennen ist die Belastung im ersten Teil über weite Strecken geringer. Zur Sache geht es dort manchmal erst im Finale. Der Stoffwechsel und die Muskulatur haben dann die Möglichkeit „hochzufahren“. Schlechte Beine am Start wandeln sich im Laufe eines Rennens nicht selten zu guten. „Fahren bis die Beine aufgehen“, nennen das die Sportler.

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Ernährung in der Taperingphase: Kohlenhydrate, Diät und Carboloading

Die Ernährung spielt neben der Vorbelastung in der Taperingphase eine wichtige Rolle. Auch hier gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Die einen setzen auf eine schrittweise Erhöhung der Kohlenhydrat-Zufuhr in den letzten zwei Wochen vor dem Wettkampf.

Eine andere Variante ist die Saltin-Diät oder auch Schweden-Diät. Es ist eine extreme Variante des Carboloadings. Die Diät ist nicht unumstritten. Manche schwören darauf, andere halten davon gar nichts.

Eine Woche vor dem Rennen wird mit einer intensiven Einheit die Phase der Kohlenhydrat-Entleerung eingeleitet. Drei Tage lang steht der völlige Verzicht auf Kohlenhydrate auf dem Speiseplan. In diesen Tagen werden vor allem Nüsse und andere eiweißhaltige Lebensmittel konsumiert.

Erst nach einer letzten kleineren Vorbelastung etwa vier Tage vor dem Wettkampf dürfen wieder kohlenhydratreiche Lebensmittel gegessen werden. Erlaubt ist dann alles. Nudeln, Reis, Kartoffeln, Obst, Marmelade und viel mehr. Am Wettkampftag sind die Energiespeicher dann übermäßig gefüllt. Dem Körper stehen mehr Reserven zur Verfügung.

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Im Wettkampf vorne mitmischen: Dafür braucht es eine passende Ernährung.

Die perfekte Vorbereitung einen Tag vor dem Wettkampf: Training und Erholung

Mit einer kleinen Runde von maximal 90 Minuten und zwei bis drei Antritten liegt man selten verkehrt. Hier gilt: Wie der Körper auf die Vorbelastug reagiert, sollte man im Training testen. Zum Beispiel indem man die Leistungen bei Wettkampfsimulationen oder bei Intervallen vergleicht. Checkt man letzte Details am Material oder der Strecke, beruhigt das nicht nur ungemein, sondern lenkt dazu noch von der Vorstart-Nervosität ab.

Wer aber den halben Tag auf der Couch verbringt, dessen Gedanken kreisen oft ständig um das Rennen. In jedem Fall zu vermeiden sind ungewohnte körperliche Belastungen. Dazu zählt auch ein überlanger Shoppingbummel auf der Marathonmesse oder ausgiebiges Sonnenbaden.

Ganz entscheidend aber ist der Schlaf. Sowohl Länge als auch Qualität beeinflussen die Leistung. Wer Probleme mit dem Hotel-Kopfkissen hat, bringt am besten sein eigenes mit. Ein zu langer Schlaf allerdings wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus. Zumindest dieser Aspekt scheidet bei langen Marathons von vornherein aus. Start ist da meist schon um 7 Uhr.

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Was ist Tapering? Eine Definition

Tapering kommt aus dem Englischen. Im Original meint es „Zuspitzung“ oder „Reduktion“.

Für das Training bedeutet das: In den letzten Tagen vor dem Wettkampf wird es reduziert. Der Trainingsumfang ist dabei zwischen 30 Prozent (Profis) und 50 Prozent (Hobbysportler) geringer als in den Wochen davor.

Ruhephasen gemixt mit gezielten, wettkampfnahen Trainingsreizen wechseln sich ab.

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Erklärung: Carboloading und Mentales Training

Carboloading unterstützt die unmittelbare Pre-Start-Phase. Die Nährstoffspeicher werden mit kohlenhydratreicher Nahrung auf die bevorstehende große Ausdauerleistung vorbereitet.

Ähnlich wie bei Tapering sollte mit dem Carboloading schon einige Tage vor dem Wettkampf begonnen werden. Die „Nudelparty“ am Vorabend der Veranstaltung reicht dazu alleine nicht aus. Im Gegenteil: Sie belastet unnötig den durch die Anspannung nervösen Magen- Darm-Trakt der Sportler.

Mentales Training kann in der Taperingphase die Erholungszeit verkürzen und die Leistungsfähigkeit erhöhen. Dazu zählen bestimmte Atemtechniken genauso wie meditative Entspannungsübungen (z.B. Muskelrelaxation nach Jacobsen, autogenes Training).

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Tapering im Radsport: Training und Tipps vor dem Wettkampf

  • Planen Sie den letzten Ruhetag mindestens zwei Tage vor dem Rennen ein.
  • Vermeiden Sie wenn möglich harte körperliche oder mentale Arbeit an Ihren Ruhetagen. Ruhen Sie sich wirklich aus. Dehnen Sie sich ausgiebig oder gönnen Sie sich eine ausgiebige Massage.
  • Trainieren Sie am Tag vor dem Rennen maximal 60-75 Minuten. Bauen Sie dabei Intervalle von z.B. 3-5×1 Minute in die lockere Ausfahrt mit ein. Vermeiden Sie aber kraftintensive Sprints.
  • Viele Veranstalter bieten eine Marathonmesse an. Vermeiden Sie wenn möglich einen überlangen Einkaufsbummel. Der kann durchaus schwere Beine am Renntag verursachen.
  • Checken Sie am Vortag Ihre Rennutensilien und gehen Sie in Gedanken den Renntag vom Aufstehen bis zum Rennen selbst durch. Liegen die passenden Kleidungsstücke bereit? Haben die Reifen genug Luftdruck? Das bloße „Tun“ bringt Sie auf andere Gedanken.
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