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Trainingsmethoden: Wie werde ich schneller am Berg?

Trainingsideen für mehr Speed bergauf

Trainingsmethoden: Wie werde ich schneller am Berg?

Bergauf fallen die Entscheidungen. Bergauf leidet man auf dem Rennrad – oder hat Spaß. Nicht jeder kann ein überragender Bergfahrer werden, aber jeder kann seine Kletterfähigkeiten verbessern.
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Wie steigert ein Radsportler am effizientesten seine Fähigkeiten beim Klettern? Trainingsideen für mehr Speed bergauf.

Chris Froome besteht aus Sehnen, Knochen und wenigen schmalen Muskeln an den Beinen. So scheint es. Doch bei seinem Leistungstest 2015 hatte der zweimalige Tour-de-France-Sieger einen Körperfettanteil von 9,8 Prozent. Dies ist der offizielle Wert, der wohl auch auf die besondere Messmethode zurückzuführen ist. Froome sieht eher nach drei Prozent aus.

Der Körper eines 30-jährigen Mannes besteht durchschnittlich zu rund 20 Prozent aus Fett. Die Gleichung der Radprofis lautet: Fett gleich Gewicht gleich weniger Geschwindigkeit bei gleicher Leistung. Gerade bergauf macht sich jedes Kilogramm weniger bemerkbar. Der Wert, der letztendlich zählt, heißt: Watt pro Kilogramm. Es geht also um die Leistung in Relation zum Körpergewicht – beziehungsweise zum Systemgewicht, das sich aus dem Fahrer, seiner Kleidung und seinem Rad zusammensetzt.

Trainingsideen: Abnehmen als Tipp für schnelleres Bergfahren

Ein Beispiel: Ein Fahrer bewegt ein Systemgewicht von 85 Kilogramm mit 35 km/h. Verringert man bei Fahrten in der Ebene das Gewicht um ein halbes Kilogramm, so sinkt die erforderliche Leistung für den Rollwiderstand nur um 0,24 Watt, der Leistungsbedarf, um den Luftwiderstand zu überwinden, bleibt gleich. Ergo: Für konstante Geschwindigkeit auf völlig flachem Terrain bringt Gewichtstuning fast gar nichts. Bergauf dagegen schon.

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Fährt derselbe Fahrer einen fünf Kilometer langen Anstieg mit durchschnittlich sechs Prozent Steigung mit einer konstanten Geschwindigkeit von 15 km/h, muss er dafür durchschnittlich 236 Watt leisten. Ein um 0,5 Kilo minimiertes Systemgewicht spart 1,2 Watt. Somit kann der Fahrer nun um 0,1 km/h schneller fahren. Die Fahrzeit von knapp 20 Minuten reduziert sich um sechs Sekunden. Fährt man generell schneller oder beschleunigt zwischendurch einige Male, gewinnt man noch mehr Zeit dazu.

Der „einfachste“ Weg zu einer besseren Leistung bergauf lautet demnach: abnehmen. Natürlich kann man auch Gewichtstuning an seinem Rad betreiben – doch erstens sind dem bei Lizenzrennen durch das von der UCI vorgegebene Gewichtslimit von 6,8 Kilogramm Grenzen gesetzt. Und zweitens ist diese „Abnehmmethode“, die das Systemgewicht senkt, teuer.

Schneller bergab fahren: Tipps und Tricks

Intervalle: hohe Intensität, hohe Herzfrequenz, hohe Atemfrequenz

Bergauffahren bedeutet in vielen Fällen: sich anstrengen, hohe Intensitäten, hohe Herzfrequenz, hohe Atemfrequenz. Dieses Fahren im roten – oder orangefarbenen – Bereich lässt sich durch etliche Methoden trainieren. Ein fast schon klassisches Beispiel bilden wiederholte einminütige Intervalle. Bei diesen nähert sich die Herzfrequenz ihrem Maximum, zudem gehört vor allem die Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) zu den erwiesenen Effekten.

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Daneben wird auch die Laktattoleranz verbessert. Eine besonders harte Version eines effektiven Bergtrainings haben die Forscher der „Association of British Cycling Coaches“ um Dr. Gordon Wright entwickelt. Die Pyramiden-Intervalle basieren auf mehreren maximalen 15-sekündigen Sprints, nachfolgenden einminütigen maximalen Intervallen und wiederum darauffolgenden fünfminütigen Intervallen (siehe Infokasten).

Training für den Berg: Fahrtechnik, Körperstabilität, Grundlagenausdauer

Vor den verschiedenen Formen des Intervalltrainings gilt es aber, die Grundlagen zu legen. Dies betrifft die Fahrtechnik, die Körperstabilität, das Niveau der Grundlagenausdauer und den mentalen Bereich.

Zu den ersten beiden Punkten: Gerade für das Fahren im Wiegetritt muss der Rumpf stabil sein. Übungen für Rücken, Bauch- und Schulterbereich sind für jeden einfach zu Hause durchzuführen.

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Trainingsideen für Leistungssteigerung bergauf: Die Basis

Der Wiegetritt ist weniger effizient als das Fahren im Sitzen. Dennoch setzen auch Radprofis ihn bergauf oft ein, vor allem um zu beschleunigen oder die Muskulatur etwas anders zu belasten und besser zu durchbluten. Typischerweise bleiben beim Aus-dem-Sattel-Gehen die Ellenbogen leicht angewinkelt, die Kopfhaltung bleibt eher aufrecht, mit Blick voraus auf die Straße. Blickt man nach unten, gehen in der Regel die Schultern mit nach unten, was die Atmung einschränken kann. Je rutschiger die Straße ist, desto mehr Gewicht muss auf dem Hinterrad bleiben.

Die Grundlagenausdauer ist die Basis, auf der man intensivere Trainingsinhalte aufbauen kann. Ideen, wie jeder Radfahrer diese entwickeln kann, stellten wir in der RennRad-Ausgabe 4/2016 vor.

Vor der Saison und für Einsteiger gilt fürs Erste: Bevor man mit Bergsprints und Intervallen startet, sollte man auch bergauf im Training zunächst überwiegend unter der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) bleiben. Bergfahren kommt vom Bergfahren. Deshalb sollten die Höhenmeterumfänge nach und nach gesteigert werden. Ist dies nicht möglich, kann man das Bergauffahren auch auf einem gebremsten Rollentrainer simulieren.

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Training am Berg: Kraftausdauer durch K3?

Ein traditioneller Trainingsinhalt ist aktuell unter Trainern und Sportwissenschaftlern mehr als umstritten: K3 oder „Kraft am Berg“. Generationen von Radsportlern sind – vor allem in der Saisonvorbereitung – immer wieder längere Anstiege mit sehr schweren Gängen und sehr niedrigen Trittfrequenzen von 40 bis 60 Umdrehungen pro Minute hinaufgefahren, um ihre Kraftausdauer zu verbessern.

Inzwischen wurde jedoch durch Studien gezeigt, dass die Kraftleistungen dadurch nicht verbessert werden können. Dazu wären deutlich höhere Kraftanstrengungen nötig. Um seine Leistung an der IAS zu erhöhen, sind die Intensitäten wiederum zu niedrig. Fazit: Für Einsteiger könnte das K3 ein etwas intensiveres Ausdauertraining darstellen. Hochtrainierte Fahrer sollten ihr Krafttraining im Studio, am besten mit freien Gewichten, absolvieren – und ihre Intervalle in höheren Intensitätsbereichen mit wettkampfspezifischeren Trittfrequenzen.

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Mentale Stärke beim Bergfahren wichtig

Gerade bergauf spielt auch der Kopf eine wichtige Rolle – die mentale Stärke. Die wichtigste psychische Fähigkeit dabei ist die, sich selbst richtig zu „pacen“, also die für diesen Anstieg beziehungsweise diese Tour oder dieses Rennen optimale Geschwindigkeit zu finden.

Gerade Rennrad-Einsteiger oder Fahrer, die nur selten die Gelegenheit haben, längere Bergabschnitte zu fahren, machen hier sehr häufig einen entscheidenden Fehler: Sie überziehen.

Sie fahren zu früh zu schnell, orientieren sich an anderen Fahrern, kommen früh in den roten Bereich – und brechen dann ein. Das Pacing kann man wissenschaftlich angehen. Wie es etwa Chris Froome macht. Er geht fast nie aus dem Sattel. er sitzt und tritt, hält seinen Kopf nach unten geneigt und starrt auf die Anzeige seines Powermeters. Er weiß ganz genau, bis zu welchem Bereich – bis zu welchen Wattzahlen – er locker gehen kann, wann es ernst wird, mit wie viel Watt auf der Anzeige er eine Attacke durchziehen kann.

Leistungsdiagnostik auch als Nicht-Profi

Auch als Nicht-Profi kann man sich nach einer Leistungsdiagnostik und der Analyse seiner Trainingszonen an seinen Wattzahlen orientieren. Doch der viel schlichtere Weg heißt: Körpergefühl und mentales Training. Oft muss man sich selbst zunächst einmal bremsen – gerade wenn man in der Gruppe fährt. Deshalb gilt: Wer an seiner Pacing-Strategie arbeiten will, sollte anfangs alleine fahren. Und zwar an einem Berg oder Hügel, nicht drinnen auf der Rolle.

Die einfachste Methode ist die des Trial and Error: Man suche sich einen geeigneten Anstieg und probiere sich an ihm aus. Zunächst fährt man mit hoher Trittfrequenz und im Grundlagenbereich, dann steigert man sich. Später können Varianten ausprobiert werden: Steigerungsfahrten, Wechsel von maximalen und submaximalen Belastungen etc.

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Trainingsideen: Physische und psychische Basis, dann der Feinschliff

Schnell bergauf zu fahren erfordert demnach viele Fertigkeiten.

Als Erstes muss eine physische und psychische Basis vorhanden sein. Danach kommt der Feinschliff – und mit der Form dann auch der Spaß bergauf.

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Effizientes Training: Tipps für Einsteiger

– Lernen Sie, sich zu „pacen“. Fahren Sie auf keinen Fall zu früh im roten Bereich.

– Bleiben Sie auch bei Ihrer Trittfrequenz in einem ökonomischen Bereich. Studien haben gezeigt, dass hohe Frequenzen zwischen 80 und 90 Umdrehungen pro Minute am effizientesten sind.

– Schalten Sie rechtzeitig vor den steilsten Stellen.

– Fahren Sie willentlich meist im Sitzen, der Wiegetritt dient zum Beschleunigen und zur zeitweiligen Entlastung der Muskulatur.

– Fahren Sie enge Kurven von außen an, um auch an Steilstellen im Tretrhythmus zu bleiben.

Trainingsideen

– Steigerungsfahrten: 3-6 Wiederholungen, am Fuß des Hügels im Grundlagenbereich beginnen, steigende Intensität bis zum All-Out-Sprint über die Kuppe.

– Einminüter: 3-10 Wiederholungen, 95 Prozent Intensität bergauf.

– Modernes K4: 2-6 Wiederholungen an einem längeren Anstieg, etwas unterhalb der IAS fahren, jede (oder jede zweite) Minute einen zehnsekündigen Sprint einbauen.

– Pyramiden-Intervalle:

A) 6-10 Sprints bei 100-prozentiger Leistung über je 15 Sekunden mit rund 120 Umdrehungen pro Minute. Dazwischen jeweils mindestens drei Minuten, danach mindestens zehn Minuten aktive Pause.

B) 6-10 einminütige submaximale Intervalle im Entwicklungsbereich mit mindestens 110 Umdrehungen pro Minute. Zwischendurch jeweils mindestens fünf Minuten, danach 10-15 Minuten aktive Pause.

C) 3-4 rund vier Kilometer lange Zeitfahrsimulationen in Wettkampfintensität, dazwischen jeweils mindestens sechs Minuten aktive Pause. 15 Minuten Ausfahren.

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