Ausdauer, Schweiß, Mineralstoffe, Natrium, Flüssigkeit, Energie, Training
Ausdauer, Leistung und Schweiß: Der Einfluss von Mineralstoffen

Ausdauer

Ausdauer, Leistung und Schweiß: Der Einfluss von Mineralstoffen

Leistung, Anstrengung, Erfolg, Schweiß und Tränen – all dies hängt zusammen. Es basiert auf Mineralstoffen, Natrium, Flüssigkeit, Energie und Training. Einblicke und Tipps für mehr Ausdauer.
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Sommer. Training. Man sieht: Ein Glitzern auf dunklem Grund – Salzkristalle auf einem Sommertrikot. Sie sind ein Zeichen für die getane Arbeit, für Hitze. Und für die Bedeutung des richtigen Flüssigkeitsmanagements während des Trainings. Wer beim Sport viel schwitzt, verliert: vor allem Mineralstoffe, allen voran Natrium. Dieses Elektrolyt reguliert unter anderem den Flüssigkeitshaushalt der Zellen, fördert die Wasseraufnahme, bindet Wasser in den Geweben und sorgt für die Übertragung und Weiterleitung von Nervenimpulsen. Auch an der Aufnahme und dem Transport von Glukose, Aminosäuren und anderen Nährstoffen sowie der Regulierung des Säure-Basen Haushalts ist Natrium beteiligt. Es ist somit: unverzichtbar.

Der Mineralstoff muss in einer bestimmten Konzentration vorliegen, um seine „Aufgaben“ optimal erfüllen zu können. Wer viel Natrium über den Schweiß verliert, muss es wieder zuzuführen. Dies ist – gerade bei langdauernden oder heißen Events – mitentscheidend für die Leistung. Und für die Gesundheit. Denn nur mit Wasser zu rehydrieren, würde auf Dauer die Natriumkonzentration im Blut „verwässern“, wodurch es zu Leistungseinbußen und Wasserverschiebungen im Körper kommen kann. Der schlimmstmögliche Fall ist das Entstehen eines Hirnödems. Diese Situation tritt nur sehr selten ein, kam aber während Ironman- oder Marathon-Wettkämpfen bereits mehrfach vor.

Das „Wirkprinzip“: Bei einem Natriummangel sinkt der osmotische Druck im Blut. Deshalb wird Flüssigkeit von den Zellen regelrecht „aufgesaugt“. Deren Volumen kann im Hirn jedoch nicht zunehmen. Es kommt zu einem gesteigerten Hirndruck. Gravierend waren in diesem Hinblick die Befunde eines internationalen Forscherteams. Diese wurden 2015 im „Clinical Journal of Sport Medicine“ veröffentlicht. Die Probanden: Teilnehmer von Ultramarathons und Ironman-Triathlons. Die Ergebnisse: Bis zu 50 Prozent der Untersuchten zeigten Anzeichen einer belastungsbedingten Hyponatriämie. Rund ein Drittel der Betroffenen litt unter Symptomen wie Benommenheit, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Krampfanfällen.

Schweiß und Salz

Ein hoher Natriumverlust kann zu Krämpfen führen. Die Studienlage dazu zeigt allerdings keinen klaren eindeutigen Zusammenhang. Die, nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, häufigsten Muskelkrampf-Ursachen lauten: Kohlenhydratmangel oder Überforderung durch ungewohnte Muskelbelastungen. Einzelstudien zeigen jedoch teils auch, dass Krämpfe mittels einer Natriumsupplementation reduziert bis vermieden werden können. Einen großen Übersichtsartikel zu den Ursachen von Krämpfen – und den potenziellen Gegen-Strategien – finden Sie in der „Wissen-ist-Macht-Rubrik“ der RennRad-Ausgabe 6/2022. Das, was auf der Haut sichtbar ist, wenn man schwitzt, ist das Ergebnis eines ausgeklügelten Systems.

Der sogenannte Primärschweiß ist isotonisch zu Blutplasma. Das heißt: Er enthält sehr viele gelöste Teilchen, darunter auch Natrium. Dieses nimmt man zum großen Teil über Salz, Natriumchlorid, zu sich. Beim Durchgang durch die Kanäle der Schweißdrüsen „holt“ sich der Körper einen Teil dessen wieder zurück, sodass der final austretende Schweiß hypoton ist – also weniger gelöste Teilchen enthält als das Blutplasma. Die Range wird dabei zwischen 200 und 2300 Milligramm pro Liter angegeben. Die relativen Unterschiede sind demnach: gigantisch. Wer hier hohe Werte aufweist, wird diese sein Leben lang behalten. Ein „salty sweater“ bleibt immer ein „salty sweater“.

Je höher die Schweißrate ist, desto wichtiger ist es, die Natriumverluste auszugleichen. Die „richtige“ Natriumkonzentration kann mit einer Leistungssteigerung einhergehen. Dies suggerieren die Ergebnisse einer Studie Bostoner Forscher: Während des Trainings verloren ihre Probanden durchschnittlich 565,5 Milligramm Natrium pro Liter Schweiß. Diejenigen, die während der Belastung mit Natrium versetztes Wasser zu sich nahm, steigerten ihre Leistung und verkürzten die nötige Erholungszeit nach dem Training deutlich.

Klar ist: Der Körper produziert Schweiß, um sich durch die Verdunstungskälte zu kühlen. Bei einer intensiven Belastung in einer warmen Umgebung kann man bis zu drei Liter pro Stunde „ausschwitzen“. Lange galt ein Flüssigkeitsdefizit von rund zwei Prozent des Körpergewichts als kritischer Wert, ab dem ein deutlicher Leistungsabfall einsetzt.

Ausdauer, Schweiß, Mineralstoffe, Natrium, Flüssigkeit, Energie, Training

Ein Ausdauertrainings-Effekt: Statt der „normalen“ Kapazität von 250 bis 300 Gramm kann der Körper eines Ausdauer-Athleten 500 bis 600 Gramm Kohlenhydrate speichern...

Ausdauer, Schweiß, Mineralstoffe, Natrium, Flüssigkeit, Energie, Training

Anders gesagt: Der „Energietank“ ist doppelt so groß

Flüssigkeitsdefizit und Leistungsverlust

Doch diese Grenze ist umstritten. Manche Forscher gehen erst ab drei oder gar fünf Prozent Flüssigkeitsverlust von Leistungseinbußen aus. In zahlreichen Untersuchungen hat man festgestellt, dass Schweißverluste zwischen 0,5 und zwei Litern pro Stunde als „normal“ anzusehen sind.

Potenzielle Einflussgrößen auf die Schweißmengen sind unter anderem: Intensität, Dauer, Umweltbedingungen, Kleidung, Flüssigkeitshaushalt, Hitzeakklimatisation, Trainingszustand – und die Natriumzufuhr über die Ernährung. Die eigene „sweat rate“ lässt sich recht einfach selbst bestimmen. Man wiegt sich ohne Kleidung vor dem Training ab, fährt eine normale bis intensive Runde und wiegt sich erneut – wieder ohne Kleidung. Dies ist wichtig, damit die Schweißreste in der Kleidung das Ergebnis nicht verfälschen. Zudem muss man die während des Trainings getrunkene Flüssigkeit sowie potenzielle Toilettenstopps beziehungsweise „Pinkelpausen“ gegenrechnen.

Rechnung und Energie

Werden beispielsweise 700 Milliliter getrunken, muss diese Menge am Ende hinzuaddiert werden. Die Differenz der Körpergewichtsmessungen plus die verbrauchte Flüssigkeit ergibt die gesamtverschwitzte Menge. Diese rechnet man auf eine Stunde. Zum Beispiel: Vor dem Sport wiegt Person A 70, nach dem Sport wiegt sie 68,5 Kilogramm. Getrunken hat die Person 700 Milliliter und die Einheit dauerte zwei Stunden. Die Differenz des Körpergewichts beträgt 1,5 Kilogramm. Addiert mit 700 ergibt dies 2,2 Kilogramm. Dividiert durch zwei Stunden lag die „sweat rate“ von Person A bei 1,1 Litern pro Stunde. Dies ist die vereinfachte Rechnung.

In der Realität ist ein Teil der Gewichtsabnahme auf den metabolischen Verlust zurückzuführen, ergo auf den Verbrauch von Glykogen und dem gespeicherten Wasser sowie auf den respiratorischen Verlust von Wasser in der Atemluft. Man geht davon aus, dass fünf bis 15 Prozent des Verlusts mit diesen Prozessen zu erklären sind.

Wer ganz genau sein will, kann sein Schweißverhalten und den Natriumverbrauch professionell analysieren lassen. Die gängige Messung wird am Unterarm durchgeführt – die Messungen an anderen oder zusätzlichen Stellen erhöhen die Genauigkeit nicht.

Um den Natriumhaushalt konstant zu halten, kann eine Prise Salz im Wasser schon eine Lösung sein. Auch isotonische Getränke, bei denen das Verhältnis von Wasser zu Nährstoffen demjenigen im Blut entspricht, gelten als gute Wahl. Grundsätzlich sollte bei der richtigen Verpflegungsstrategie der Natriumgehalt der Produkte eine wichtige Rolle spielen. Ein Sportgetränk sollte nicht zu süß sein und eine ausreichende Menge an Natrium enthalten: rund 500 Milligramm pro Liter. Bei besonders intensiven oder längeren Einheiten empfiehlt sich die Aufnahme von Kohlenhydraten über die Trinkflasche – etwa bis zu 60 Gramm Maltodextrin pro Liter oder eine Glukose-Fruktose-Mischung. Mit einer solchen ist eine Aufnahme von bis zu 90 Gramm Kohlenhydraten – einzelne aktuelle Studienergebnisse suggerieren gar eine maximal mögliche Aufnahme von bis zu 120 Gramm – pro Stunde möglich.

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Training, Fleiß und Schweiß

Kohlenhydrate und Ausdauer

Einen großen Hintergrundartikel zur Kohlenhydrat-Aufnahme und den Zusammenhängen mit der Leistungsfähigkeit finden Sie in der RennRad-Ausgabe 11/2020.

Eine Beispiel-Rechnung: Ein Radsportler mit einem hohen Natriumverbrauch von 1500 Milligramm pro Liter und einer „sweat rate“ bei moderaten Umgebungstemperaturen von einem Liter pro Stunde sollte über Getränke und feste Nahrung rund 1500 Milligramm Natrium zu sich nehmen. Dies entspricht über die Belastungsdauer rund 3,8 Gramm Salz. Über welche Verpflegung und in welchen Mengen das Natrium aufgenommen wird, sollte vor einem Wettkampf unbedingt im Training getestet werden.

Mehrere Studien zeigten einen Einfluss des Ausdauertrainings auf das Schwitzverhalten: Umso stärker ausdauertrainiert eine Person ist, desto schneller setzt die Schweißproduktion ein. Denn: Der Körper hat gelernt, schneller auf den Kühlbedarf zu reagieren, und beginnt somit auch früher mit der Schweißabsonderung. Zudem wurde festgestellt, dass trainierte Sportler durchschnittlich weniger Nährstoffe über den Schweiß ausschwemmen als weniger Sportliche.

Die Effekte des Ausdauer-Trainings sind enorm – im Hinblick auf den Flüssigkeitshaushalt, aber noch stärker in Bezug auf das „Energie-Management“ des Körpers. Zu den vielen positiven Trainingseffekten zählt etwa die Vergrößerung der körpereigenen „Energiespeicher“. Die Glykogenspeicher in der Leber und in den Muskeln können bei einem Trainierten doppelt so „groß“ werden wie bei einem Untrainierten. In Zahlen: Statt der „normalen“ Kapazität von 250 bis 300 Gramm kann der Körper eines Ausdauerathleten 500 bis 600 Gramm Kohlenhydrate speichern. Bei vier Kilokalorien pro Gramm bedeutet dies eine Steigerung von rund 1000 auf bis 2400 Kilokalorien. Anders gesagt: Der Tank – ergo der Energiespeicher, mit denen der Motor, die Muskeln, angetrieben wird – ist mehr als doppelt so groß.

Fett, Kohlenhydrate und Leistung

Ein weiterer Effekt des Ausdauertrainings: Es ist möglich, die intrazellulären Fettspeicher – die sogenannten Fetttröpfchen in der Muskelzelle – extrem zu vergrößern. Athleten weisen hier bis zu dreimal größere Depots auf als Untrainierte. Das klassische Trainingsmittel der Wahl, um diese Effekte zu erzielen, lautet: Grundlageneinheiten. Der sogenannte Grundlagenbereich „GA1“ liegt zwischen 50 und 74 Prozent der individuellen anaeroben Schwelle. Mit diesen langen ruhigen Ausdauereinheiten soll die Basis der Höchstleistung in der Saison gelegt werden. Ohne dieses Fundament ist es kaum möglich, bei langen Rennen und Radmarathons im Sommer Topleistungen abzurufen.

„Das Ausdauertraining“ gibt es nicht. Es ist immer ein individuelles – und es kann extrem vielseitig gestaltet werden. Die Diskussionen unter Trainingswissenschaftlern sind endlos – und noch längst nicht beendet. Zusammengefasst stehen zwei Trainingskonzepte im Mittelpunkt: HIIT versus HVT. Ergo: High-Intensity Interval Training gegen High Volume Training. Zu Deutsch: kurzes intensives Intervalltraining gegen langes ruhiges Grundlagentraining. Bei Letzterem bewegt man sich in der Regel im wenig intensiven Bereich unterhalb der sogenannten „Laktatschwelle“, bei rund 60 bis 75 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme.

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Beispiel-Einheiten lesen Sie in der RennRad 8/2022

Intervalle und Effekte

Beim HIIT hingegen absolviert man typischerweise kurze Intervalle – mit einer Dauer von 30 Sekunden bis zu acht Minuten – bei einer Intensität von 90 bis 100 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme. Die Pausengestaltung variiert je nach der Länge des Intervalls zwischen einer und fünf Minuten.

Das hochintensive HIIT-Training wirkt stärker auf die „schnellen“ weißen Typ-II-Muskelfasern. Die Effekte auf das Herz-Kreislauf-System sind – laut einiger Studien – denen des Grundlagentrainings sehr ähnlich, teilweise sogar besser. Eine grobe Richtlinie ist es, mit etwas längeren und weniger intensiven Intervallen zu beginnen, zum Beispiel mit dreimal sechs Minuten im sogenannten Entwicklungsbereich an der anaeroben Schwelle. Von dieser Basis ausgehend kann man nach und nach die Anzahl der Wiederholungen steigern – auf sechsmal sechs Minuten.

Mit der Zeit kann man dann die Intervalldauer verkürzen und stattdessen die Intensität erhöhen. Gleiches gilt für die in der Regel noch einmal deutlich kürzeren High-Intensity-Intervalle: Hier kann man etwa mit kurzen All-out-Sprints – fünfmal sechs Sekunden mit 100 Prozent Intensität und je 30 Sekunden aktiver Pause dazwischen – beginnen und sich danach auf fünfmal 15 Sekunden mit je 30 Sekunden aktiver Pause steigern.

Ausdauer-Studie

Burgomaster ließen ihre Probanden für eine Studie während sechs Wochen entweder HIIT oder im Grundlagenbereich trainieren: vier bis sechs 30-sekündige Sprints mit vierminütigen Pausen dreimal wöchentlich gegenüber 40 bis 60 Minuten mit 65 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme fünfmal wöchentlich. Das Ergebnis: Das Level an oxidativen Enzymen, die mit einer verbesserten Energiegewinnung einhergehen, nahm bei beiden Trainingsgruppen in gleichem Maß zu.

Perry und Kollegen wiesen bereits 2008 nach einem sechswöchigen HIIT-Programm nach, dass auch der Fettstoffwechsel durch das kurze hochintensive Training positiv beeinflusst werden kann. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Forschergruppe um Skovgaard 2016: Die Wissenschaftler stellten in ihrer Studie fest, dass der Fettsäureumsatz während einer dreistündigen Grundlageneinheit durch das Fahren kurzer All-out-Sprints – sechsmal 30 Sekunden mit je dreiminütigen Pausen – signifikant gesteigert wurde. Die Gründe dafür liegen wohl in der Hemmung des Schlüsselenzyms durch die harte vorangegangene Belastung und die Steigerungen des PGC-1alpha- und des PDK4-mRNA-Levels.

Low-Intensity-Training

Die oft verwendete Abkürzung LIT steht für Low-Intensity-Training und kann mehr oder minder synonym zu dem alteingesessenen Grundlagenausdauertraining GA1 verwendet werden. Ein weiterer Begriff, der in die Trainingslehre Einzug gehalten hat, ist jener der ominösen FATMAX-Zone. Viele schreiben ihm dieselbe Bedeutung zu wie dem Grundlagenbereich.

Eine Kombination aus ruhigen und intensiven Einheiten kann für viele ideal sein, um sich etwa auf Radmarathons vorzubereiten – und an ihrer Fähigkeit des Bergauffahrens zu arbeiten: So werden durch lange, lockere Trainingseinheiten Anpassungen im Ausdauerbereich unter der aeroben Schwelle erzielt. Der Fettstoffwechsel wird verbessert, und die Effizienz bei niedrigen Intensitäten gesteigert. Gleichzeitig wächst die Leistung, ab der die Energie hauptsächlich durch den anaeroben Stoffwechsel bereitgestellt wird.

Ein besonderer Fokus kann zudem auf den sogenannten Sweet Spot – zu Deutsch in etwa „Ideal-Punkt“ – gelegt werden. Die „Sweet Spot“-Intensität, SST, befindet sich bei 85 bis 95 Prozent der Schwellenleistung oder 75 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Fährt man etwas unterhalb seiner IANS, können solche Belastungen nahe des Sweet Spots sogar bis zu 60 Minuten dauern. Gerade für Sportler mit begrenzter Zeit ist dies ein guter Kompromiss – denn das Training ist sehr effektiv.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 8/2022Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

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