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Hungerast als Gefahr: Ernährungsstrategie im Radsport

Gegen den Hungerast

Hungerast als Gefahr: Ernährungsstrategie im Radsport

Der Hungerast ist die größte Gefahr, die Athleten droht. Gerade in mehrstündigen Rennen ist die passende Ernährungsstrategie ein Schlüssel zum Erfolg.
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Fast jeder Radfahrer kennt diesen Zustand: Der Tritt wird immer „unrunder“, die Geschwindigkeit geringer, nichts geht mehr. Der berühmte „Mann mit dem Hammer“ hat zugeschlagen. Das bedeutet: Die Energiereserven sind verbraucht. Der Hungerast ist die größte Gefahr, die selbst gut trainierten Athleten droht. Mit der richtigen Ernährung lässt sich ein solcher Einbruch vermeiden. Gerade in mehrstündigen Rennen ist die passende Ernährungsstrategie ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg.

Kohlenhydrate gegen den Hungerast

Nach 90 Minuten sind die bis zu 600 Gramm Kohlenhydrate fassenden Glykogenspeicher in Leber und Muskulatur in der Regel aufgebraucht. Für die intensiven Belastungen im anaeroben Bereich werden jedoch Kohlenhydrate dringend benötigt. Denn: Wird die Energie ausschließlich aus Fett gewonnen, kann keine Spitzenleistung erbracht werden.

Carboloading: Energiespeicher Kohlenhydrate im Radsport

Je intensiver die Belastung, desto größer ist auch der Anteil der Kohlenhydrate an der Energiebereitstellung. Der Körper benötigt schnell verwertbare Energie. Dauert ein Wettkampf 60 bis 90 Minuten, dann können vorher gut gefüllte Glykogenspeicher ausreichen.

Ansonsten aber gilt es, dem Körper diese Form der schnell verfügbaren Energie immer wieder rechtzeitig neu zuzuführen. Auch Proteine und Fette sind wichtig für den Körper. Im Wettkampf spielen sie in der Regel aber eine sekundäre Rolle.

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Ernährung während dem Rennen: Vorsicht bei Magen und Darm

Im Gegensatz etwa zum Laufen wird beim Radfahren der Magen-Darm-Trakt kaum erschüttert. Essen und Trinken ist also in der Regel relativ problemlos möglich.

Doch durch zu viele Kohlenhydrate können die Verdauungsorgane überlastet werden. Was im Magen ist, wird nach und nach in den Dünndarm weitergeleitet. Von dort aus gelangen die meisten Nährstoffe mit dem Blut in den Kreislauf. Es können sich hier aber mehr Kohlenhydrate befinden, als aufgenommen werden. Dann werden diese in den Dickdarm weitergegeben und zur Ausscheidung verarbeitet.

Unverarbeiteter Zucker hat im Dickdarm eine osmotische Wirkung. Er zieht also Wasser an, was die Hydration beeinträchtigen und bei manchen Sportlern zu Verdauungsproblemen führen kann.

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Gel, Chips, Fruchtgummi, Getränkepulver und Riegel: Energie während dem Wettkampf

Es überrascht nicht, dass Produkte, die zum Verzehr während des Wettkampfs bestimmt sind, überwiegend schnell verfügbare Kohlenhydrate als Energiequellen beinhalten. Verbreitet sind Mischungen aus unterschiedlich schnell verwertbaren Kohlenhydraten.

Gelpäckchen sind schnell geöffnet und auch bei Anstrengung einfach zu verzehren. In der Regel sind sie aber zähflüssig, Wasser muss nachgespült werden. Bei speziellen Liquid-Gels ist keine zusätzliche Flüssigkeit nötig. Gel-Chips oder spezielle Fruchtgummis werden gelutscht und geben die Energie langsam, aber kontinuierlich über die Mundschleimhaut ab. Durch die verstärkte Insulinausschüttung wird der Transport der Energie aus dem Blut in die Muskeln beschleunigt.

Mit löslichem Getränkepulver kann man die Kohlenhydratmenge nach Geschmack und Gebrauch dosieren. Riegel enthalten in der Regel viele langsamer verwertbare Kohlenhydrate und sind schwerer zu kauen und zu verdauen. Gerade auf längeren ­Distanzen mit ruhigeren Abschnitten kann man mit bekömmlichen Riegeln die Speicher auffüllen.

Snacks, Obst & Smoothies gegen den Hungerast

Im Profizirkus sieht man immer wieder, wie Fahrer in ruhigen Rennphasen kleine Snacks aus Alufolie auspacken. Häufig sind das Reiskuchen mit Trockenfrüchten. Ebenso wie Riegel liefern diese langsamer verwertbare, dafür aber nachhaltigere Energie.

Viele Radsportler greifen auch häufig zu frischem oder getrocknetem Obst. Gerade die beliebten Bananen sind während Wettkampfbelastungen jedoch nur bedingt geeignet. Je nach Reifegrad sind sie mehr oder weniger gut verdaulich. Aber auch gut gereiftes Obst enthält häufig Ballaststoffe und Säuren, die bei körperlicher Belastung Probleme machen können.

Das gilt auch für Obst-Smoothies. Ein hoher Fruktose-Anteil überlastet den Dünndarm. Der Zucker gelangt von dort nicht weiter ins Blut. Stattdessen wird er in den Dickdarm weitergeleitet. Die dortigen Bakterien vermehren sich, Verdauungsprobleme könnten die Folge sein.

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Elektrolyte und Koffein: Leistungsfördernd, aber auch Anregung der Verdauung

Natrium wird zur Aufnahme von Glukose im Darm benötigt. Viele Gels enthalten zudem zusätzlich Koffein. Hohe Dosen an Koffein galten als Doping – seit 2004 darf das Stimulans jedoch in Training und Wettkampf ohne Beschränkung eingesetzt werden.

Dabei ist seine leistungssteigernde Wirkung erwiesen: Durch Koffein können zum einen vermehrt Fettsäuren freigesetzt und verwertet werden. Das schont die Kohlenhydratspeicher. Zum anderen werden Erschöpfung und Müdigkeit weniger intensiv empfunden, Aufmerksamkeit und Konzentration können leichter aufrechterhalten werden.

Wirksam ist Koffein vor allem dann, wenn man es nicht durch Dauerkonsum im Alltag und Training gewohnt ist. Es lohnt sich also, sich den Koffein-Kick für den Wettkampf und dort für die Endphase aufzusparen. Will man Kaffee am Verpflegungspunkt als Koffeinquelle nutzen, sollte man beachten, dass er die Verdauung anregen und Säuren zu Magenproblemen führen können.

Ernährung während dem Rennen: Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Bei Radmarathons eignen sich Flachpassagen sowie ruhige Abfahrten für feste Nahrung. Gels und kohlenhydratreiche Getränke können immer aufgenommen werden. In kurzen Anstiegen und in komplizierten Abfahrten sollte natürlich darauf verzichtet werden. Bei mehrstündigen, harten Rennen sollte man bereits nach 45 Minuten mit der Kohlenhydratzufuhr beginnen. Anschließend sollte man je nach Belastung alle 20 bis 45 Minuten nachlegen.

Ein Gelpäckchen liefert je etwa 100 bis 150 Kilokalorien, und damit bis zu 30 Gramm Kohlenhydrate. Pro Stunde können trainierte Sportler während der Belastung etwa 90 Gramm Kohlenhydrate verwerten. Schnell verfügbare Kohlenhydrate sollten kontinuierlich in kleinen Portionen aufgenommen werden. Denn das durch den Zucker ausgeschüttete Insulin führt die Energie vom Blut in die Muskelzellen. Dadurch sinkt der Zuckerspiegel im Blut ab. Das führt zu einem Leistungsabfall, wenn nicht rechtzeitig weitere Kohlenhydrate über die Darmzellen ins Blut gelangen.

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Auch das richtige Trinken hilft gegen den Hungerast

Bereits ein Flüssigkeitsverlust von etwa zwei Prozent des Körpergewichts kann die Leistungsfähigkeit einschränken. Kleinere Verluste kann der Körper ausgleichen. Aber auch zu viel Flüssigkeit kann gefährlich werden. Vor allem dann, wenn nicht ausreichend Elek­trolyte vorhanden sind.

Idealerweise trinkt man nach Gefühl und in regelmäßigen kleinen Schlucken. Etwa 0,4 bis 0,8 Liter pro Stunde sollten es sein. Häufig ist die Energieversorgung, etwa durch Gels und Riegel, ausreichend. Enthalten diese zusätzlich genügend Elek­trolyte, dann kann auch pures Wasser in der Trinkflasche ausreichend sein.

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Getränkepulver für Zufuhr von Kohlenhydraten und Elektrolyten

Ansonsten können mit Getränkepulvern gleichmäßig und einfach Kohlenhydrate und Elektrolyte zugeführt werden. Als ideal gilt eine Konzentration von Kohlenhydraten im Wasser von vier bis acht Prozent. Mit jedem getrunkenen Liter sollten 300 bis 700 Milligramm Elektrolyte zugeführt werden.

Getränke sind idealerweise isotonisch. Das bedeutet, dass sie den gleichen Anteil an gelösten Teilchen haben wie das Blutplasma. Hypertonische Flüssigkeiten wie Cola oder unverdünnter Fruchtsaft hingegen haben eine höhere Konzentration an gelösten Teilen als das Blutplasma. Um dies auszugleichen, muss der Körper dem Blut Flüssigkeit entziehen.

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Keine Experimente mit der Ernährung während des Wettkampfs

Grundsätzlich gilt: Keine Experimente im Rennen. Im Wettkampf sollte man nur zu Nahrungsmitteln greifen, die man im Training getestet hat. Das gilt auch für die Menge.

Allerdings sollte man sich der Intensität der Belastung bewusst sein. Wenn auf längeren, aber ruhigen bis gezügelten Trainingseinheiten die Käsesemmel oder das Stück Mohnkuchen zwischendurch keine Probleme machen, kann das bei langer Maximalbelastung schon anders aussehen.

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