Monat: Januar 2024

Benotti Bikes: Neuer Online-Shop vorgestellt

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Der deutsche Fahrradhersteller Benotti hat Anfang 2024 seinen neuen Online-Shop gestartet. Hier findet der Kunde jetzt ausschließlich Rennräder wie das Fuoco Aero SL und Gravelbikes von Benotti.

Mehr zum Benotti Fuoco Aero SL

Um mehr den Fokus auf seine Eigenmarke Benotti zu legen, hat man sich dazu entschieden, die Marke aus dem eigenen Onlineshop Benobikes auszugliedern, der auch E-Bikes, Rennräder und Trekkingbikes anderer Hersteller vertreibt.

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Mehr Übersicht und Zubehör

Kunden erwartet im neuen Benotti-Shop eine Übersicht über die wichtigsten Features und Funktionen der Räder, außerdem Anleitungen und die Abmessung der Körper- und Fahrraddaten. Zudem gibt es das passende Zubehör zum Benotti-Bike wie z. B. Fahrradcomputer, Beleuchtung und ab sofort auch neue Laufräder von ax-lightness aus dem High-End-Segment sowie das neue Fuoco Gravel AL. Damit bietet Benotti nun auch ein preislich attraktives Gravel-Einsteigermodell aus Aluminium an.

ax-lightness composites im Portrait

Bestellen, auspacken, fahren

Ein neues benutzerfreundliches Feature ist ab sofort der Versand des komplett montierten Bikes in einem neuen, extra dafür konzipierten Versandkarton, sodass der Kunde sein neues Bike nur noch aus dem Karton herausrollen muss und nach einem kurzen Luftdruck-Check sofort losfahren kann.

Außerdem erhalten Kunden ab sofort eine sechsjährige Garantie auf Carbon-Bauteile der Marken ax-lightness und Benotti.

Weitere Informationen unter: https://www.benotti-bikes.com/

Übertraining als Gefahr: Belastung und Erholung optimieren

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Herzfrequenz: 170, 175, 180 Schläge pro Minute. Steilheitsgrad der Straße: acht, neun, zehn Prozent. Geschwindigkeit und Leistung: frustrierend. Fast jeder hat seine „Teststrecke“, seinen „Hausberg“, seinen Arbeitsweg, seinen Ortsschildsprint-Abschnitt. Ergo: eine Strecke, auf der man sich selbst immer wieder testet. Hier sieht man seine Fortschritte – anhand objektiver Daten oder anhand des Körpergefühls. Oder eben nicht.

Wer trainiert, wird besser. Das ist die Grundmechanik des Sports. Doch: So einfach ist es nicht. Je länger man dabei ist, je höher das eigene Fitnesslevel ist, desto schwieriger ist es, besser beziehungsweise schneller zu werden. Man muss immer mehr investieren – Zeit, Schmerz, Anstrengung – um immer kleinere Fortschritte zu machen. Das ist der „Fluch“ des Leistungssports. Und: Es ist ein Risiko. Oder anders gesagt: ein Vabanquespiel.

Übertraining: Diagnose und Symptome

Es droht: Übertraining – ergo ein Leistungsverlust trotz hoher Trainingsaufwände. Die Regeneration gelingt auch in den Erholungsphasen nicht. Der Körper kann sich nicht angemessen auf die nächste Belastung vorbereiten. Das Ergebnis: Das Leistungsniveau nimmt ab – man trainiert sich „in den Keller“.

Die Symptome zeigen sich oft nicht nur in körperlicher, sondern auch in mentaler Art: Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Reizbarkeit. Durch die Vielzahl und die individuellen Ausprägungen der Symptome ist die Diagnose „Übertraining“ nicht einfach. Die Häufigkeit der Fälle unter Sportlern wird in der Forschung mit zehn bis 64 Prozent sehr breit angegeben – dazu kommen hohe Rückfallraten.

Dr. Sarah Jakowski, Sportwissenschaftlerin an der Ruhr-Universität Bochum, forscht unter anderem auf dem Gebiet von Erholungsstrategien. Sie beschreibt Übertraining als einen Prozess, der sich über mehrere Wochen oder Monate erstreckt. „Charakteristisch ist, dass die Leistung stagniert oder sogar abnimmt, obwohl ausreichend trainiert wird. Wenn falsche Trainingsgestaltung – in der Regel eine Mischung aus zu viel, zu häufig und zu intensiv – auf mangelhafte Regenerationsphasen trifft, kommt eine schädliche Kaskade in Gang, die den Athleten im schlimmsten Fall physisch und psychisch für Monate, manchmal sogar Jahre ausbremst.“

Oft werden die Symptome nicht auf ein Übertraining zurückgeführt, sondern etwa auf eine Depression. Ein Hauptmerkmal von echtem Übertraining gegenüber den ihm vorangehenden Phasen ist die Persistenz der Symptome über Wochen, manchmal sogar Monate. Während die kurzzeitige funktionale Überlastung im Rahmen der sogenannten Reizstufen-Regel sogar notwendig ist, um physische Leistungssteigerungen zu erreichen, führt dies zu einem hohen Risiko: zu viel zu trainieren – beziehungsweise sich nicht ausreichend zu erholen.

Die Diagnose „Übertraining“ ist letztlich meist nur durch ein Ausschlussverfahren zu diagnostizieren. Laborparameter wie Blutwerte lassen darauf oftmals nur bedingt und indirekt schließen. Vielmehr sind trainingsbedingte Faktoren wie eine zu hohe Wettkampfdichte, ein sehr hohes Trainings-Pensum, Monotonie und Schlafstörungen Indikatoren für ein Übertraining.

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Emotionen und Entscheidungen

Französische Wissenschaftler beschäftigten sich in einer Studie explizit mit den mentalen Ermüdungserscheinungen des Übertrainings und dessen Auswirkungen. Die Ergebnisse stellten sie in der Fachzeitschrift „Current Biology“ vor.

Sie verglichen eine Gruppe von 19 männlichen Triathleten um die 35 Jahre, deren Trainingsvolumen drei Wochen lang um rund 40 Prozent angehoben wurde, mit einer gleichaltrigen Vergleichsgruppe von 18 Triathleten, die ihr normales Trainingspensum weiterverfolgten. Die Leistungssportler, die zu viel trainierten, zeigten nicht nur übermäßige physische, sondern auch mentale Ermüdungserscheinungen.

Diese zeigten sich auch im Verhalten der Athleten: Sie handelten impulsiver. In der Studie konnten die Sportler sich etwa entscheiden, ob sie lieber 80 Euro sofort oder 100 Euro in zwei Wochen bekommen wollten. Die Athleten der Gruppe, die eine zu hohe Trainingsintensität verfolgte, entschieden sich eher für die unmittelbare als für die längerfristige und dafür größere Belohnung.

Die Wissenschaftler leiten daraus auch eine Ursache für Übertraining ab: Die Sportler hören trotz schmerzender Muskeln nicht auf zu trainieren, da sie dadurch in dem Moment ein höheres Leistungsempfinden haben. Die Gehirnregion, die auf das übermäßige Sporttraining reagierte, war laut den Forschern die gleiche, die in vorhergehenden Studien auf extreme mentale Belastungen reagierte. Dieser Bereich des Gehirns könnte demnach mitentscheidend sein. Für das Trainingspensum bedeutet dies: „Man muss sich bewusst dafür entscheiden aufzuhören, wenn beim Ausdauertraining etwa die Muskeln oder Gelenke schmerzen, um einen langfristigen Trainingserfolg zu erzielen“, sagt Mathias Pessiglione, der Studienleiter. Ausdauersport sei zwar generell gut für die Gesundheit, Übertraining jedoch könne ungünstige Effekte auf das Gehirn haben, schlussfolgern die Wissenschaftler. „Wir haben herausgefunden, dass man nicht die gleichen Entscheidungen trifft, wenn das Gehirn stark ermüdet ist“, sagt Pessiglione.

Stoffwechsel und Training

Das Übertraining kann neben körperlichen und mentalen Symptomen auch unmittelbare Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben.

Filip Larsen von der Schwedischen Schule für Sport- und Gesundheitswissenschaften forscht zum Bereich Übertraining. Sein Studiendesign: Larsen und seine Kollegen rekrutierten elf gesunde junge Menschen und unterzogen sie einem vierwöchigen, immer intensiver werdenden Trainingsprogramm auf Rad-Ergometern. Dabei wurden ständig die Glukosetoleranz und die Mitochondrien-Funktion überwacht.

In der härtesten Woche zeigten die Probanden eine Insulinresistenz und andere schädliche Stoffwechselveränderungen. Diese Veränderungen sind bemerkenswert: Normalerweise verbessert sich die kardio-metabolische Gesundheit mit zunehmendem Trainingsumfang.

Doch die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es einen Punkt gibt, an dem diese Vorteile nicht mehr gegeben sind: den Kipppunkt. Anders gesagt: Jene Zone, in der „viel“ „zu viel“ wird. Dann, wenn das Gleichgewicht aus Belastung und Erholung nicht mehr gegeben ist.

Tatsächlich zeigten die Mitochondrien der Probanden – die anhand von Muskelbiopsien entnommen wurden – in den ersten zwei Wochen des Trainingsprogramms eine erhöhte Kapazität. Das Trainingsprogramm: Auf ein Aufwärmen folgten hochintensive vier- bis achtminütige Intervalle. Dazwischen: je dreiminütige aktive Pausen. Anfangs umfasste das Training insgesamt 36 Minuten hochintensiver Intervalle über eine Woche verteilt. In der folgenden Woche absolvierten die Probanden dann insgesamt 90 Minuten Intervalle. Die Forscher stellten unter anderem fest, dass sich die mitochondriale Atmung, ein Maß für die Stoffwechseleffizienz, in dieser Zeit verbesserte, ebenso wie einige physiologische Parameter wie der Sauerstoffverbrauch.

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Übertraining: Studien und Fehler

Dies änderte sich in der dritten Woche. Der Grund: die erhöhte Trainingsbelastung. Die Teilnehmer absolvierten innerhalb dieser sieben Tage insgesamt 152 Minuten Intervalle. Der Effekt: Die mitochondriale Atmung der Probanden sank um durchschnittlich 40 Prozent – im Vergleich zu den Werten der Vorwoche. Dies ist vergleichbar mit den Veränderungen, die man bei Menschen sieht, die beginnen, Diabetes oder eine Insulinresistenz zu entwickeln. Darüber hinaus sank die Glukosetoleranz der Probanden – gemessen anhand des Glukosespiegels vor und nach dem Verzehr eines süßen Getränks.

Nach der Folgewoche, in der die Probanden „nur“ 53 Minuten Intervalltraining absolvierten, kehrten die meisten Messwerte wieder in den Normbereich zurück. Der Sauerstoffverbrauch und die Leistungsabgabe der Probanden während des Trainings waren nach der Erholungsphase höher als zu Beginn oder zu einem anderen Zeitpunkt während des Experiments. Die mitochondriale Atmung hatte sich jedoch bis zum Ende des Experiments nicht vollständig regeneriert – und fiel auch nach dieser „Erholungsphase“ um durchschnittlich 25 Prozent niedriger aus als nach der moderaten Woche.

In einem zweiten Teil des Experiments überprüften die Forscher den Blutzuckerspiegel von 15 Spitzensportlern, die keinerlei Intervention unterzogen wurden, sowie von vergleichbaren Kontrollpersonen, die keine Athleten waren. Im Durchschnitt waren die Werte der beiden Gruppen über einen bestimmten Zeitraum von 24 Stunden etwa gleich – doch die Sportler verbrachten längere Zeit mit Blutzuckerwerten über oder unter dem Normalbereich. Obwohl in der Studie nicht untersucht wurde, ob und welche langfristigen gesundheitlichen Folgen ein übermäßiges Training haben könnte, sieht Larsen die Auswirkungen der Ergebnisse vor allem als akademisch an. Schließlich lebten Spitzensportler in der Regel sehr gesund und zudem sei zu wenig Bewegung ein weitaus häufigeres Problem als zu viel.

In der Tat ist fraglich, inwieweit das extrem exzessive Training der dritten Woche auf Leistungssportler in der „echten Welt“ übertragbar ist. Die Studienlage zeigt, dass das Übertraining ein reales Problem – insbesondere für ambitionierte Hobby- und Leistungssportler – sein kann. Die Schwelle, wann ein Athlet ins Übertraining gerät, ist, auch das zeigt die Studienlage, extrem individuell.

 

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Wie kann ich Übertraining vorbeugen?

Dies gilt auch für dessen Ausprägung. Nicht immer ist der reale Leistungsabfall sofort deutlich zu erkennen. Oftmals ist es ein schleichender langwieriger Prozess. Darum ist es auch nicht möglich, eine allgemeine „Toleranz-Grenze“ für Trainings-Belastungen festzulegen. Stattdessen können andere Faktoren nützlich sein, um dem vorzubeugen: ausreichender Schlaf und Regenerationsphasen, Trainingspausen, eine gesunde Ernährung und weniger Alltagsstress etwa.

Hinsichtlich des Trainings kann eine stärkere Periodisierung sinnvoll sein. Hochintensive Einheiten wechseln sich nach einem bestimmten Prinzip mit weniger belastenden Grundlagen-Einheiten ab. Dies kann auch die Monotonie des Trainings brechen und für mehr Abwechslung sorgen. Wird ein Übertraining diagnostiziert, sollte man eine komplette Trainingspause einlegen – bis man sich wieder vollständig erholt hat.

Ein typischer Fehler, gerade im Hobbysport-Bereich ist es, sich auch während der „ruhigen“ Einheiten zu stark zu belasten. Ein potenzielles Gegenmittel – neben der Überwachung der objektiven Watt- und Herzfrequenz-Werte sowie dem wichtigen Charaktermerkmal der Selbstdisziplin: das Prinzip des polarisierten Trainings. Ergo: Knapp 20 Prozent der Trainingszeit werden im obersten Leistungsbereich an der anaeroben Laktatschwelle und darüber absolviert, die restlichen 80 Prozent des Trainings im ruhigen Grundlagenbereich. So sollen sowohl muskuläre als auch Herz-Kreislauf-Anpassungen hervorgerufen werden, ohne dabei zu riskieren, ins Übertraining abzurutschen.

Oder wie es der Top-Trainer und aktuelle Sportwissenschaftler des australischen Rad-Nationalteams Peter Leo im RennRad-Interview ausdrückte: „Wenn es sich ein Profi- oder Elite-Fahrer erlauben kann, viele Einheiten mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 27 oder 28 km/h zu fahren, dann brauchen auch Hobby-Athleten nicht immer den ‚Dreißiger-Schnitt‘. “

Dieser Artikel erschien in der RennRad 6/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.


Das Polarized Training

Das polarisierte Training ist vor allem durch Spitzenathleten des Wintersports bekannt geworden. Genauer: durch die norwegischen Nationalteams der Langläufer und Biathleten. Das Konzept der Norweger setzt vor allem auf die Extrembereiche des Trainings: sehr locker oder extrem intensiv.

Die Idee des polarisierten Trainings ist nicht neu – aber durch den Trend zu kurzen hochintensiven Intervallen, HIIT, setzen auch Radsporttrainer wieder verstärkt auf dieses Konzept. Es verbindet die „alte Schule“ des langen Grundlagentrainings mit den weniger zeitaufwendigen neueren hochintensiven Intervall-Trainingsmethoden.

Beim Polarized Training werden knapp 20 Prozent der Trainingszeit im obersten Leistungsbereich, an der anaeroben Laktatschwelle und darüber, absolviert, die restlichen 80 Prozent des Trainings werden im ruhigen Grundlagenbereich verbracht. Dadurch soll der Körper immer neue Reize erhalten: einerseits durch die fordernden hochintensiven Einheiten, andererseits durch die langen Grundlagenausdauereinheiten. Weitere Informationen, Studien und Hintergründe zum Polarized Training finden Sie hier.


Ernährung & Regeneration

Eine optimierte Ernährung kann dabei helfen, die Regenerationszeit deutlich zu verkürzen. Die Gabe von hochwertigem Eiweiß direkt im Anschluss an eine Belastung stimuliert effektiv die Muskelproteinsynthese. Gerade während intensiven Trainingsphasen sollte eine Eiweißzufuhr von bis zu zwei Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag erfolgen. Je kürzer die Zeit zwischen dem Trainingsreiz und der Proteinaufnahme, desto besser. Denn: Der Körper kann die Aminosäuren, aus denen das Eiweiß besteht, für die Reparaturprozesse in der Muskulatur einsetzen. Als „Goldstandard“ gilt das Whey- beziehungsweise Molkenprotein, das einen hohen Leucinanteil aufweist. Weitere hochwertige Proteinquellen sind Eier, Fleisch und Fisch. Pflanzliches Eiweiß findet man zum Beispiel in Sojaprotein, Quinoa, Nüssen oder Hülsenfrüchten wie Kichererbsen und Bohnen. Zur Beschleunigung der Regeneration empfiehlt es sich, Kohlenhydrate und Proteine im Verhältnis von 3:1 bis zu 5:1 aufzunehmen. In Bezug auf das Körpergewicht werden 0,2 bis 0,4 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde direkt im Anschluss an eine Belastung empfohlen.

Zudem können natürliche Antioxidantien, wie sie etwa in Sauerkirschen und Beeren enthalten sind, den Regenerationsprozess – zumindest laut einiger Studien – offenbar beschleunigen.

Auch einige Gewürze können Sportlern demnach teils zu einer schnelleren Regeneration verhelfen, zum Beispiel Zimt, Pfeffer, Chili, Kurkuma oder Ingwer. Vor allem die regelmäßige Einnahme von Ingwer scheint Muskelkater und Muskelschmerzen reduzieren zu können. Dafür verantwortlich ist das im Ingwer enthaltene Gingerol. Curcumin heißt der Inhaltsstoff in Kurkuma. Die tägliche Aufnahme von mindestens 200 Milligramm Curcumin soll Muskelschmerzen und -verletzungen lindern und die Regeneration unterstützen können. In Zimt stecken Hunderte pflanzlicher Substanzen. Neben der entzündungssenkenden Eigenschaft hilft Zimt dabei, die Glukoseaufnahme in die Muskulatur zu fördern und gleichzeitig den Blutzuckerspiegel zu senken beziehungsweise stabil zu halten. Der Pfeffer-Inhaltsstoff Piperin kann die Aufnahmefähigkeit und Wirkung von Nährstoffen aus der Nahrung um bis zu 1000 Prozent erhöhen. Die im Chili enthaltene Substanz Capsaicin hat eine schmerzsenkende, teils entzündungshemmende Wirkung.


Superkompensation

Die Superkompensation ist eine überschießende Anpassungsreaktion des Organismus infolge einer belastungsinduzierten Auslenkung aus der Homöostase. Die ausgelösten Wiederherstellungsvorgänge verbessern die Leistungsfähigkeit über das Ausgangsniveau hinaus.

Die Superkompensationsphase tritt aufgrund des Belastungsreizes erst im Anschluss an eine Erholungsphase ein und ist zeitlich reversibel. Zwischen der Belastung und der Anpassungsreaktion des Körpers besteht ein dynamisches Gleichgewicht: die Homöostase.

Würde kein besonderer Reiz auf den Organismus einwirken, würde das Leistungsniveau nur leicht, in Abhängigkeit von der Tagesform, schwanken. Trainingsreize bewirken eine Auslenkung aus der Homöostase. Um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen und damit der Körper für spätere Trainingsreize derselben Art besser gewappnet ist, kommt es zur Anpassung von Funktionen und Strukturen. Diese Wiederherstellungsvorgänge steigern das Leistungsniveau für einen begrenzten Zeitraum über den Ausgangswert hinaus. Diese Phase, in der die Leistungsfähigkeit über dem Ausgangslevel liegt, ist die Superkompensationsphase.

Würde kein weiterer Belastungsreiz erfolgen, kehrte die Leistungskurve wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Ein sportliches Training zielt im Idealfall auf eine kontinuierliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit ab.

Der optimale Zeitpunkt, um den nächsten Trainingsreiz zu setzen, ist der jeweils höchste Punkt in der Superkompensationskurve. Und genau da liegt die Schwäche des Superkompensationsmodells. Denn es ist extrem schwierig zu bestimmen, wann genau dieser Zeitpunkt ist oder sein wird. Zudem ist dieser Zeitpunkt für die verschiedenen Muskeln, Organe und Körpersysteme jeweils unterschiedlich. Wie lange die optimale Pause oder Regeneration sein soll, ist demnach mittels des Superkompensationsmodells kaum zu bestimmen. Es stößt hier, hinsichtlich des Nutzens für den eigenen Trainingsplan, an seine Grenzen.


Trainingsideen: Neue Reize gegen Stagnation

  • IANS/Schwellenleistung: Pro Woche ein- oder zweimal Schwellenintervalle fahren, zum Beispiel 3 x 8 Minuten genau mit der Schwellenleistung. Dazu wöchentlich die theoretische IANS um ein bis zwei Watt erhöhen. Dadurch wird ein fortschreitend effektiver Trainingsreiz anvisiert.
  • Explosivität bergauf: Mit zwei hochintensiven Einheiten pro Woche, zum Beispiel am Dienstag und Samstag, gezielt intensiv trainieren. Ein solch fokussierter Trainingsblock sollte mindestens vier Wochen dauern, um signifikante Resultate zu erzielen. Gerade Fahrer mit Potenzial im Spitzenbereich können sich so verbessern. Zum Beispiel: 2,5 Stunden GA1 mit 5 bis 8 Steigerungsfahrten bergan, vom GA2 bis zum EB und jeweils All-out-Sprint über die finalen zehn Sekunden. Die aktive Pause: je fünf Minuten im Kompensationsbereich.
  • Ermüdungsresistenz: Um diese zu trainieren, kann man etwa regelmäßig eine Schwellenbelastung bereits am Anfang einer Ausfahrt fahren und am Ende wiederholen. Zum Beispiel ein zweistündiges Training mit zehn Minuten bei 95 bis 100 Prozent in den ersten 20 bis 30 Minuten – und diese Belastung in den letzten 20 Minuten dann wiederholen.
  • Fahrtspiele: Ein wettkampfspezifisches Training in der Gruppe, zum Beispiel im Rahmen einer 1,5-Stunden-Fahrt: warmfahren, Start, drei- bis fünfmal Bergwertungen über Hügel und/oder Punktewertungen im Flachen sowie den finalen Zieleinlauf, etwa an einem Ortsschild, ausfahren. Sprinten, attackieren, Solo-Fluchten. Die Belastungsbereiche: GA1, GA2, EB und SB.
  • Maximalkraft: Neue intensive Reize setzen im Kraftraum. Das Trainingsziel ist die Verbesserung der intramuskulären Koordination. Dazu 2 bis 5 Sätze mit je 1 bis 3 Wiederholungen absolvieren. Die Königsübung: die freie Kniebeuge. Achtung: Zuerst muss die Technik perfekt beherrscht werden.
  • Wichtig: Im Sinne eines polarisierten Trainings gilt es, die Grundlagen- und Erholungseinheiten sehr niedrigintensiv zu fahren und ein Übertraining um jeden Preis zu vermeiden. In beruflichen Hochstressphasen sollten die Trainingsintensitäten zudem deutlich gesenkt werden. Zudem sollten die Parameter Schlaf und Ernährung die Regeneration unterstützen.

Warum treiben Menschen Sport? Zahlen, Thesen, Hintergründe

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9,3 Millionen Menschen sind hierzulande in Fitnessstudios angemeldet – aus den unterschiedlichsten Gründen: soziale, psychische, physische. 23,4 Millionen sind Mitglied in einem Sportverein. 6,3 Millionen gehen mehr oder weniger regelmäßig laufen, 12,8 Millionen geben „Radfahren“ als ein Hobby an. Die Fitness-Industrie setzte 2019 allein in Deutschland rund 5,3 Milliarden Euro um. Warum?

Natürlich ist ein trainierter Körper auch ein Symbol. Gerade auf dem heute in manchen Gesellschaften so offenen „Partnermarkt“. Online-Partnersuch-Plattformen und Apps wie Parship, ElitePartner, Tinder, Bumble et cetera sorgen hier für „grenzenlose Freiheiten“ oder, anders gesagt: für eine enorme Auswahl. Und somit auch: eine enorme Konkurrenz.

Oder: in der Arbeitswelt. Eine 2018 in Großbritannien durchgeführte Studie ergab, dass übergewichtige Menschen durchschnittlich mehr als 2200 Euro weniger pro Jahr verdienen als ihre gleich qualifizierten schlankeren Kollegen. Auch und vor allem die sozialen Medien sind Treiber der Äußerlichkeiten. Wie viele Prozent der, in Sachen Reichweite und Einkommen, erfolgreichsten „Influencer“ entsprechen wohl nicht den gängigen Schönheitsidealen? Einer großen Umfrage aus den USA zufolge beträgt der Anteil der Jugendlichen, die als Influencer Geld verdienen wollen: 40 Prozent.

Sport und Symbole

„Der Ausdauersportler ist ein Idealtyp des neoliberalen Selbst“, schreibt der Historiker Jürgen Martschukat in seinem Buch ‚Das Zeitalter der Fitness‘. „Er ist Teil einer Kultur und Bewegung, fühlt sich dabei aber unabhängig und selbstbestimmt. […] Er investiert beständig in sich und ist um Gesundheit, Selbstoptimierung und Leistungsfähigkeit bemüht.“

Alles ist politisch, auch der Sport – so lautet eine Grundthese des Werks. Der Körper wird als Kapital gesehen, als Ausdruck des Neoliberalismus – Fitness als Statement. „Ein neoliberales Fitness-Ideal durchdringt offenbar unser ganzes Leben. Wer nicht fit genug oder gar übergewichtig ist, steht im Verdacht, auch als Bürger nicht ganz tauglich zu sein“, schreibt eine ‚Deutschlandfunk’-Autorin über das Buch.

Der Wandel hin zu einem Aufstieg des Fitnessaspekts begann demnach in den späten 1970ern. „Wanderurlaube waren etwas für Rentner und das Windsurfen gerade erst erfunden, der Berlin-Marathon existierte noch gar nicht. Die wenigsten Erwachsenen besaßen ein Fahrrad.“ Damals, so heißt es in der Rezension, als „der Kapitalismus auf den flexiblen Angestellten zu setzen begann, der selbst dafür verantwortlich ist, qualifiziert und fit genug zu bleiben. Fortan galten Form und Materialität des Körpers als Ausdruck der Fähigkeit, sich selbst zu regieren, das eigene Leben zu gestalten, Leistung zu erbringen und im allgegenwärtigen Wettbewerb zu bestehen. Fett stand immer weniger für Erfolg und Reichtum und immer mehr für Trägheit und Willensschwäche.“

Bewegung und Ernährung als Mittel zum Zweck

Demnach gälten dicke Menschen heutzutage als „failed citizens“. Jürgen Martschukat schreibt: „Man könnte sogar sagen, in Bewegung zu sein und verantwortungsvoll zu essen, sind Mittel zum Zweck. Es sind Signale der Leistungsbereitschaft und bürgerlichen Befähigung.“ In einem Interview erklärt er: „Wir leben in einer Gesellschaft oder auch in einem Zeitalter, das Individualität und Autonomie so hoch schätzt wie vielleicht noch nie zuvor. […] Fitness kann durchaus Spaß machen und Freude bereiten. Das kann aber auch mit einer Form von Zwang, die man dabei empfindet, oder Druck, sagen wir mal lieber, einhergehen.“ Zum einen macht man sich im Fitnessbereich, ergo außerhalb des Profi- und Leistungssports, einen solchen Druck stets selbst.

Zum anderen: Was genau kann nicht mit Druck einhergehen? Eine Ehe kann es, Elternsein kann es, ein jeder Job, eine jede Reise, ein jedes Hobby kann es. Wer investiert nicht – Zeit, Gedanken, Geld – in Gesundheit und Leistungsfähigkeit? Und: In welcher Gesellschaftsform muss ein Individuum nicht selbstverantwortlich handeln? Im Absolutismus? Im Sozialismus? In Nordkorea? Und was ist die Alternative zu der Selbstverständlichkeit, „verantwortungsvoll zu essen“? Unverantwortlich zu essen? Völlerei? Leben wir wirklich in einem Zeitalter der Fitness und der Huldigung des Körperlichen? Nein, eher im Gegenteil. Dies ist das Zeitalter des Sitzens, der zunehmenden Bewegungslosigkeit und der Entkörperlichung.

Gesundheit und Krankheit

60,5 Prozent der Männer, 46,6 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Kinder sind hierzulande übergewichtig. 24, 23 beziehungsweise sechs Prozent sind gar fettleibig. 1997 waren etwa 44 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland übergewichtig, 2022 waren es 53,5 Prozent. Die Zahl der von Adipositas betroffenen Sechs- bis Achtzehnjährigen wuchs innerhalb von zehn Jahren bundesweit um mehr als ein Drittel – in der Teilgruppe der 15- bis 18-Jährigen gar um 43 Prozent. Dabei nahm das Ausmaß „des Kapitalismus“ doch weiter zu, oder nicht? Wie passt dies mit der These zusammen? Eher: nicht. Bereits der Blick in den Bundestag, die Regierung, die Parteivorstände spricht gegen die These von Übergewichtigen als „failed citizens“.

Die Zahl der Schulstunden im Fach Sport fiel von vier Anfang der Neunzigerjahre an Haupt- und Realschulen auf heute durchschnittlich zwischen 2,2 und 2,4. Davon fällt jede vierte aus. Alle vier Tage wird in Deutschland ein Schwimmbad geschlossen. Die landesweit häufigsten Todesursachen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Bewegungsmangel-Folgekosten für das Gesundheitssystem

Die jährlichen Bewegungsmangel-Folgekosten für das nationale Gesundheitssystem: mehr als neun Milliarden Euro. Nur 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erreichen die von der WHO empfohlene Mindest-Bewegungszeit von 60 Minuten pro Tag. Der durchschnittliche Tag eines Erwachsenen hierzulande besteht aktuell aus: 7,5 Stunden Schlaf, 8,5 Stunden Sitzen, acht Stunden Stehen und Bewegung, davon 20 Minuten „intensiv“. Laut einer Krankenkassen-Studie hat hierzulande der Anteil der Sechs- bis Zehnjährigen mit motorischen Entwicklungsstörungen in zehn Jahren um 63 Prozent zugenommen.

Eine Befragung der AOK ergab, dass nur jedes zehnte Kind ausreichend Bewegung hat. Die Hälfte der 14- bis 17-jährigen Patienten leiden an Rücken- und Nackenschmerzen. Sind dies Zahlen, die einen ausufernden, mit Neoliberalismus korrelierenden Fitnesswahn zeigen? Mit einem ausreichenden Maß an Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung könnten, laut Global Burden of Disease, GBD, allein hierzulande pro Jahr rund 242.000 vorzeitige Todesfälle vermieden werden.

Fortschritt und Freiheit

Wenn die körperliche Fitness einer Gesellschaft ein Zeichen für die kapitalistisch-wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wäre, wären die meisten Industrienationen, die USA und Deutschland vorneweg, auf dem Weg in Richtung Dritte-Welt-Land. Handelt es sich hier um ein Henne-Ei-Problem? Was war zuerst da – Marktwirtschaft oder Zeit für Fitnesstraining? Wann begann die Ära des Kalorienüberschusses und wann jene der ausgebauten sozialen Sicherungssysteme und der arbeitsfreien Zeit? Erst in den vergangenen Jahrzehnten. Erst nachdem zunehmend Wohlstand aufgebaut worden war.

Erst der technische Fortschritt und die von den „einfachen Bürgern“ erkämpften und abgetrotzten Freiheitsgrade für alle haben, in manchen Ländern, zu einem „Wohlstand für alle“, Zitat Ludwig Erhard, und infolgedessen zu einer Marginalisierung der Körperlichkeit geführt.

Erst nach dieser „Entkörperlichung“ konnte es qua Definition in kleinen Teilen der Gesellschaft zu einer Art Gegenbewegung kommen: zum sogenannten „Fitnesstrend“. Der Mechanismus funktioniert demnach genau andersherum: In Ländern mit hohem Einkommen liegt, nach einer Studie der WHO, der Anteil der Menschen, die sich zu wenig bewegen, bei 36,8 Prozent. In Ländern mit niedrigen Einkommen bei 16,2 Prozent. Marktwirtschaftliche Offenheit korreliert positiv mit Wohlstand. Und Wohlstand für breite Bevölkerungsschichten korreliert mit hohen Bewegungsmangel-, Krankheits- und Adipositas-Raten.

Die Auswirkung von Wohlstand auf die Bewegung

Dies wird auch am Beispiel Vietnams deutlich. Seit sich die sozialistische Republik wirtschaftlich reformiert und geöffnet hat, wächst der Wohlstand der Bevölkerung rapide. Gleichzeitig stieg, laut einer WHO-Studie, allein zwischen 2006 und 2016 der Anteil an übergewichtigen Menschen von 13 auf 18 Prozent – ergo: um 44 Prozent.

Eine ähnliche Entwicklung findet auch in Mexiko statt. 1980 waren noch weniger als 40 Prozent der Mexikaner übergewichtig. 2008 waren es fast 70, heute sind es 75 Prozent. „Wenn sich Länder von einem niedrigen zu einem mittleren Einkommen hin zu einem hohen Einkommen entwickeln, verdienen die Menschen mehr Geld und können die Lebensmittel essen, die ihnen schmecken“, sagt Steve Wiggins vom Overseas Development Institute in London. In vielen anderen Gesellschafts- und Wirtschaftssystemen kann es gar keinen „Freizeitsport“ geben. Denn es gibt keine Freizeit. Keine Muße. Keinen Überschuss. Keine Sorglosigkeit.

Geschichte und Leistung

Wann in der Geschichte der Menschheit kam eine Fixierung auf leistungsfähige Körper auf? Eine Vermutung könnte lauten: vor rund 3,2 Millionen Jahren. Seit der erste Menschenaffe von seinem Baum geklettert ist. Körperlichkeit definiert jedes Tier, auch den Menschen. Das Überleben war seit Anbeginn der Lebewesen von der eigenen Bewegungsfähigkeit, den Muskeln, der Schnelligkeit, der Kraft, der Ausdauer abhängig. Mehr als 99 Prozent der Menschheitsgeschichte bestand vor allem aus: dem Kampf ums Überleben. Nahrungssuche, Jagd, Krieg, Feldarbeit, Flucht. Mit dem Sesshaftwerden und der Ausweitung der Landwirtschaft kamen zunächst: das weite Auseinanderdriften der „sozialen Klassen“, Hunger, Krieg und Krankheiten.

In mehreren Untersuchungen, unter anderem der Universität Cambridge, wurde gezeigt, dass der Übergang von der Jäger-und-Sammler-Epoche zu einer sesshaften bäuerlichen Lebensweise für das Gros der Menschheit zunächst ein „schlechter Deal“ war. Die Lebensqualität und -dauer sanken, die Arbeitszeiten nahmen zu, die Bedingungen wurden schlechter. Die durchschnittliche Körpergröße ging um mehr als zwölf Zentimeter zurück. Die Lebenserwartung und die Körpergröße waren erst nach rund 10.000 Jahren auf dem „alten Stand“. Der Großteil der Menschen kämpfte zumeist darum, das tägliche Kaloriendefizit auszugleichen.

In der Moderne gilt: Erst nachdem Wohlstand und Freiheitsgrade erschaffen und errungen wurden, bleibt auch den Menschen außerhalb einer winzigen Oberschicht genug Zeit und Kapital, um sich nicht lebensnotwendigen Dingen zu widmen. Etwa: Sport und anderen Hobbys. Der Körper als Symbol – ist dies, wie es im Buch suggeriert wird, ein Produkt der 1970er-Jahre, der Zeit der Jane-Fonda-Aerobic-Videos? Die wohl berühmteste Statue der Welt, Michelangelos David, wurde um das Jahr 1504 erschaffen.* Dieser Körper wirkt wie ein Symbol der puren physischen Leistungsfähigkeit.

War Michelangelo seiner Zeit Jahrhunderte voraus, nahm er „neoliberale Kapitalismus-Ideale“ vorweg? Im Gegenteil. Er kopierte nur sehr viel ältere Traditionen. Jene der Griechen und Römer. Ob Minoer, Ägypter, Sumerer oder Frühchinesen: Die Zeugnisse der frühen Hochkulturen zeigen eine Fixierung auf gut trainierte, sehr athletische und schlanke Körper.

Wirtschaft und Freizeit

Seit 1978 gelang allein in China mehr als 800 Millionen Menschen der Aufstieg aus der absoluten Armut – ein in diesem Ausmaß in der Menschheitsgeschichte einmaliger Erfolg. Ein Hauptgrund: Die wirtschaftliche Öffnung des Landes und das Loslösen von der reinen Planwirtschaft. 20 Jahre zuvor hatte Mao den „großen Sprung nach vorne“ verordnet. 45 Millionen Menschen starben – an Hunger, Folter, Krankheiten. Vor der Umwandlung von der reinen Plan- in eine „sozialistische Marktwirtschaft“ gab es in China sehr wahrscheinlich sehr wenige übergewichtige Menschen – die Parteikader einmal ausgenommen. Auch wenn alle „gleich“ sind, sind immer manche gleicher.

Im einst streng kommunistischen Vietnam sank nach den die Wirtschaft teils öffnenden Doi-Moi-Reformen seit Mitte der 80er-Jahre die Armutsquote von mehr als 80 auf nur noch rund fünf Prozent. Bevor Korea 1948 in einen kapitalistischen Süden und einen kommunistischen Norden geteilt wurde, war es eines der ärmsten Länder der Welt, vergleichbar mit Afrika südlich der Sahara. Dies blieb bis Anfang der 60er-Jahre so, auch im Süden.

Heute steht Nordkorea im Index für wirtschaftliche Freiheit auf Rang 177 – als letztes aller gelisteter Länder. Das marktwirtschaftliche Südkorea liegt auf Platz 19 – nur drei Ränge hinter Deutschland. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts betrug die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit 47 Jahre. Heute: 72. Vor der Entwicklung der Marktwirtschaft lebten die allermeisten Menschen in extremer Armut – 1820 betrug die Armutsquote 90 Prozent. 1981 lag sie bei 42,7, im Jahr 2000 bei 27,8, 2021 bei unter zehn Prozent.

Fitnesstrend als Randerscheinung

Wirtschaft, Wohlstand und die zunehmende „Entkörperlichung“ hängen miteinander zusammen. Der, warum auch immer, von einigen beklagte „Fitnesstrend“ ist nur eine Gegenbewegung eines sehr kleinen Bevölkerungsanteils. Laut des „Global status report on physical activity 2022“ beträgt weltweit der Anteil an Jugendlichen, die sich deutlich zu wenig bewegen: 81 Prozent. Eine fatale Zahl.

Der Teufelskreis aus Bewegungsmangel, Junk-Food, mehr Digitalisierung, weniger sozialen Kontakten und den daraus resultierenden psychischen und physischen Problemen dreht sich immer weiter und schneller – und wird dennoch, noch immer, politisch weitgehend ignoriert.

Dieser Leitartikel erschien in der RennRad 6/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

*Als älteste Kunstwerke der Menschheit gelten die „Venus von Willendorf“ und ähnliche steinzeitliche Darstellungen sehr voluminöser Frauenkörper. „Fett muss für die Menschen des Jungpaläolithikums, 40.000 bis 10.000 vor Christus, purer Luxus gewesen sein. Warum also stellten sie in den ältesten Darstellungen des menschlichen Körpers diesen als von Fett gezeichnet dar?“, schreibt ‚Welt Geschichte‘.

In einer Studie der University of Colorado wurde festgestellt, dass die Herstellung dieser Figuren mit Zeiten extremer Nahrungsknappheit korrelieren. Eine Klimaveränderung führte zu einem schnellen Absinken der Temperaturen. Die Messungen zeigten, „dass in den Regionen, die den vordringenden Gletschern am nächsten lagen, die Statuetten deutlich rundlicher waren als in Räumen, die noch nicht vom Eis bedroht waren. Daraus schlossen die Forscher, dass die Figuren nicht Schwangere wiedergeben, wie von anderen Autoren vorgeschlagen, sondern einen idealisierten Körpertyp für die deutlich schwieriger gewordenen Lebensbedingungen darstellten. Rasch Fett anzusetzen und Nahrung gut für sich verwerten zu können, sei in Zeiten des Mangels von großem Vorteil gewesen.“

Primož Roglič: Ein Grand-Tour-Sieger für das Team Bora-Hansgrohe

1,1 Kilometer vor der Ziellinie tritt Tadej Pogačar an. Es geht steil bergauf. Dies ist der Schlussanstieg – der Ort der Entscheidung. Das Fahrerfeld „explodiert“ sofort. 900 Meter vor dem Ziel sind nur noch zwei Fahrer an seinem Hinterrad: Richard Carapaz, der Olympiasieger von Tokio, und Primož Roglič, der Zeitfahr-Olympiasieger. 500 Meter vor dem Ziel werden die ersten drei Fahrer langsamer, vier andere können aufschließen. 350 Meter vor der Linie tritt ein Fahrer an – und niemand kann ihm folgen.

Primož Roglič gewinnt nach 204 anspruchsvollen Kilometern eines der letzten großen Saisonrennen, den Giro dell’Emilia, vor seinem slowenischen Landsmann Tadej Pogačar und dem Briten Simon Yates. Es war sein drittletztes Rennen für jenes Team, in dem er zum Star wurde – und das er mit groß gemacht hat: die Equipe Jumbo-Visma. Es ist das Ende einer Ära, nach acht Jahren. Roglič ist einer der „Überfahrer“ seiner Generation – und einer von sehr wenigen Athleten, die aktuell in der Lage sind, eine Grand Tour zu gewinnen. Die eine Frage ist: Wie lange noch?

Die junge Konkurrenz

Denn der Slowene wurde Ende Oktober 34 Jahre alt. Seine zukünftigen Hauptkonkurrenten bei den großen Landesrundfahrten – Pogačar, Vingegaard, Evenepoel – sind 25, 27 beziehungsweise 23 Jahre alt. In der Saison 2023 gewann er jede Rundfahrt, bei der er antrat: Tirreno-Adriatico, Volta a Catalunya, Vuelta a Burgos, Giro d’Italia. Bis auf eine: die Vuelta. Darauf hatte er sich monatelang vorbereitet – und zugunsten seines Teamkollegen Jonas Vingegaard auf die Tour de France verzichtet.

Doch im Verlau der Rundfahrt änderte man innerhalb seines Teams die Taktik – mit dem Ergebnis, dass der bisherige „Edelhelfer“ Sepp Kuss die Gesamtwertung gewann. Vor Vingegaard und Roglič.

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Dominanz & Taktiken

Für das Team Jumbo-Visma war es der totale Triumph. Doch für Roglič war es vielleicht ein Vertrauensbruch. Direkt im Anschluss an seinen Sieg beim Giro dell’Emilia gab er bekannt, dass er sein Team verlassen wird – trotz eines noch gültigen Vertrags.

Für seine neue Equipe ist seine Verpflichtung ein Coup. Der zweite, sechs Jahre nach der sensationellen Verpflichtung des damals amtierenden Weltmeisters Peter Sagan. Mit ihm schaffte der deutsche Rennstall endgültig den Aufstieg in die Topriege der WorldTour.

Meilenstein für Bora-Hansgrohe

Ralph Denk, der Teamchef, nennt diesen Transfer einen „weiteren Meilenstein“ in der Geschichte seines Rennstalls. „Primož ist nicht nur sehr professionell, sondern er liebt auch, was er tut. Und diese Verliebtheit wird ihm auch helfen, dass er in relativ hohem Alter Höchstleistungen erbringen kann.“

Denk und Roglič hatten schon einmal miteinander verhandelt – vor der Saison 2016. „Die guten Erinnerungen an unser Kennenlernen vor acht Jahren haben die Gespräche einfach gemacht“, sagte Primož Roglič. „Aber ausschlaggebend war, dass das Team richtig motiviert ist, mit mir zu arbeiten, und wir die gleichen Ideen haben.“ Primož Roglič ist ein Superstar. Vier Grand Tours hat er bereits gewonnen: dreimal die Vuelta a España und einmal, in diesem Jahr, den Giro d’Italia. Nur ein Sieg fehlt ihm noch: jener bei der Tour de France. Hier erwuchs ihm inzwischen eine enorm starke Konkurrenz im eigenen Team.


Primož Roglič im Steckbrief

Geboren: 29. Oktober 1989
Größe: 1,77 Meter
Gewicht 65 Kilogramm

Primož Roglič: Top-Ergebnisse

  • 3 x Gesamtsieg Vuelta 19, 20, 21
  • 12 x Etappensieger Vuelta 19, 20, 21, 22, 23
  • 1 x Gesamtsieg Giro 2023
  • 1 x Olympiasieger Einzelzeitfahren 2021
  • 2 x Gesamtsieg Tirreno-Adriatico 23, 19
  • 2 x Sieg Baskenland-Rundfahrt 21, 18
  • 2 x Sieg Tour de Romandie 19, 18
  • 3 x Etappensiege Tour de France 17, 18, 20
  • 1 x Gesamtsieg Paris-Nizza 2022
  • 1 x Sieg Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020
  • 3 x Sieger Giro dell’Emilia 23, 21, 19
  • 1 x Gesamtsieger Critérium du Dauphiné 2022

Transfers & Ziele

Ab der neuen Saison wird er nun zu jenen gehören, die die Fahrer des in diesem Jahr so dominanten Jumbo-Visma-Teams schlagen wollen. „Primož war der Ausgangspunkt des Erfolgs unseres Teams. Ich denke, dass er absolut alles dafür tut, um die Tour de France zu gewinnen“, sagte sein ehemaliger Jumbo-Visma-Teamkollege Dylan van Baarle nach dem Bekanntwerden des Scheiterns eines medial viel diskutierten Zusammenschlusses seiner Equipe mit Soudal Quick-Step.

Klar ist: Dieser Wechsel verändert das Gefüge innerhalb der WorldTour. Er verändert Taktiken, Ansprüche und Ziele. Und er zeigt unter anderem eine Ausrichtungsänderung des Teams Bora-Hansgrohe: hin zu großen Grand-Tour-Ambitionen. Mit dem Giro-d’Italia-Sieger2022 Jai Hindley, Aleksandr Vlasov, Sergio Higuita, Lennard Kämna, dem 20-jährigen Supertalent Cian Uijtdebroeks und dem Neuzugang Daniel Felipe Martínez ist die Equipe hier gut aufgestellt. Das große gemeinsame Ziel lautet: Tour de Fance. Dort könnte es 2024 zum „Clash der Superstars“ kommen: Vingegaard versus Roglič versus Pogačar versus Evenepoel.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 01/02/2024Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

Assos Mille GT Winter Jacket EVO: die neue Race-Winterjacke im Test

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Dünn, leicht und dennoch warm und schützend – dies sind die Eigenschaften der Assos Mille GT Winter Jacket EVO, die schnell auffallen. Das Gewicht in der Größe S: 377 Gramm – ein Top-Wert für eine Winterjacke. Getragen wurde sie meist nur in der Kombination mit einem darunterliegenden langärmeligen Baselayer. Nur bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und darunter benötigte unser Tester eine zusätzliche Zwischenschicht, Windjacke oder -Weste.

Passform & Schnitt

Der Kragen der Mille GT ist recht niedrig geschnitten, sodass der Hals nicht ideal vor Kälte und Wind geschützt wird. Die assos-eigene Regular-Fit-Passform überzeugte: Die Jacke ist zwar schmal, sportiv und enganliegend geschnitten, doch durch das extrem dehnbare Material nicht einengend. Auch die Bewegungsfreiheit ist auf einem sehr hohen Niveau. Wer die Mille mit weiteren Schichten darunter kombinieren will oder etwas breiter gebaut ist, könnte auf eine Nummer größer als üblich zurückgreifen.

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Material & Atmungsaktivität

Die Vorderpartie und der obere Bereich der Rückseite bestehen aus „Neos-Medium“, einem dreilagigen Softshell-Material mit gebondeter PU-Membran. Dieses gewährleistet, dass die Jacke im Frontbereich nicht nur warm, sondern auch vollständig winddicht und stark wasserabweisend ist. Selbst langanhaltendem Nieselregen und Schnee hielt es im Testverlauf sehr lange stand. An den Oberarmen besteht die Mille aus Neos-Light-Stoff. Dieser ist etwas dünner und weniger isoliert, besitzt dafür aber eine höhere Atmungsaktivität. Im Bereich der Unterarme und des unteren Rückens verwendet Assos das mit Fleece ausgekleidete RX-Material, das zwar nicht vollständig winddicht ist, dafür aber effektiv ein Überhitzen verhindert. Bemerkenswert: die extrem hohe Atmungsaktivität. Auch bei sehr intensiven Intervallen kam es zu keinem stärkeren Feuchtigkeitsstau im Inneren. Auch die drei Rückentaschen überzeugen: Sie bieten durch das äußerst dehnbare Material viel Stauraum. Die Reflektorstreifen stellen zudem einen gewissen Sicherheitsfaktor dar.

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Preis & Größen

Stärken und Schwächen der Assos Mille GT Winter Jacket EVO

+ Atmungsaktivität
+ Verarbeitung
+ Race-Schnitt
+ Stauraum
– Kälteschutz am Hals

Sie haben Interesse an der Assos Mille GT Winter Jacket EVO? Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Website des Herstellers.

Enhanced Games: Für und Wider der Freigabe von Doping

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7,38 Watt pro Kilogramm über mehr als 13 Minuten – ist das „normal“? Ist diese Leistung „menschlich“? Ist sie erklärbar – auf Talent, Wille, Training und weitere „marginal gains“ zurückzuführen?* Top-Leistungen werfen, gerade im Radsport, Fragen auf.

Die schnellsten Auffahrt-Zeiten auf die Pässe der Tour de France stammten lange von Marco Pantani, Jan Ullrich, Bjarne Riis, Ivan Basso, Iban Mayo, Lance Armstrong.

Pantani hält bis heute den Rekord für die schnellste Auffahrt hinauf nach L‘Alpe d’Huez: 36:50 Minuten für den 13,8 Kilometer langen und durchschnittlich 8,1 Prozent steilen Anstieg. Seine geschätzte Leistung: 7,2 Watt pro Kilogramm Körpergewicht. Jan Ullrich fuhr bei seinem Tour-Sieg 1997 in 22:55 Minuten den zehn Kilometer langen und durchschnittlich sieben Prozent steilen Schlussanstieg zur Skistation Ordino-Arcalis hinauf – bis heute die Rekordzeit. Der Däne Bjarne Riis stellte 1996 am Anstieg hinauf nach Hautacam die bis heute gültige Rekordzeit auf: 34:38 Minuten benötigte er für den 13,5 Kilometer langen und 7,9 Prozent steilen Anstieg. Seine Durchschnittsgeschwindigkeit: 23,39 km/h. Seine geschätzte Leistung: 6,76 Watt pro Kilogramm Körpergewicht. Es sind Leistungen aus der EPO-Doping-Ära des Radsports.

Eine neue Zeit der Rekorde

Nun ist wieder eine Zeit der Rekorde angebrochen. Jonas Vingegaard und Tadej Pogačar brachen in diesem Jahr während der Tour de France unter anderem den 30 Jahre alten Rekord am Col du Tourmalet. Ihre Zeit: 45:35 Minuten. Die Durchschnittsgeschwindigkeit: 22,38 km/h bei 7,4 Prozent Steigung über 17 Kilometer.

Auch am Col du Marie-Blanque stellte Vingegaard einen Rekord auf: Er fuhr die 7,9 Kilometer mit 671 Höhenmetern in 20:58 Minuten – und leistete geschätzte 6,9 Watt pro Kilogramm Körpergewicht. Pogačar holte sich die Bestzeit am Grand Colombier: Er absolvierte die 17,6 Kilometer mit 7,1 Prozent Durchschnitssteigung in 44:32 Minuten.

Von Jahr zu Jahr wird die Tour de France im Mittel 0,1 bis 0,2 km/h schneller gefahren. Doch es ist nicht nur der Radsport, in dem sich enorme Leistungsentwicklungen zeigen. Im Marathonlauf liegt der aktuelle Weltrekord des Kenianers Eliud Kipchoge bei zwei Stunden und 69 Sekunden. Im Triathlon beträgt die Weltrekord-Zeit über die Ironman-Distanz: 07:24:40 Stunden. Der amtierende Eisschnelllauf-Weltrekordhalter über 10.000 Meter heißt: Nils van der Poel. Seine Zeit: 12:30,74 Minuten – aufgestellt während der Olympischen Winterspiele 2022. Im Jahr 1998 reichten knapp 45 Sekunden weniger zum Weltrekord.

Rekorde und Zweifel

Sind solche Leistungssteigerungen ohne Doping möglich? Kann man die menschliche Leistungsfähigkeit nur durch neues Material, moderne Trainingsmethoden und eine bessere Ernährung erklären? Alle diese Fragen und Diskussionen sollen nun „obsolet“ werden. Denn: Der Einsatz von Dopingmitteln soll erlaubt werden. Jede Leistung wird akzeptiert, gefeiert und belohnt. Völlig egal, wie sie zu Stande kam – und zu welchem Preis. Das ist das Prinzip der „Enhanced Games“ – einer neuen, privat organisierten, jährlichen Version der Olympischen Spiele. Es sind Wettkämpfe ohne „Hemmnisse“. Es sollen „transparente“ Spiele werden. 2024 sollen sie zum ersten Mal in Australien ausgetragen werden.

Jeder Athlet muss vor den Wettkämpfen offenlegen, welche Mittel er einsetzt. Ergo: Was er einnimmt, was er sich spritzt und in welcher Dosis. „Das ist besser, als wenn sich die Sportler gepanschte Dopingmittel im Internet bestellen“, sagt Brett Fraser, der Chief Athletes Officer der Enhanced Games, in einem NZZ-Interview. „Will einer leistungssteigernde Mittel einnehmen, ist das in Ordnung. Wenn ein anderer das nicht will – auch okay. Es wird im Weltsport so oder so gedopt. Wir wollen nicht, dass die Athleten die Mittel im stillen Kämmerlein nehmen. Die meisten leistungssteigernden Substanzen sind von den Behörden zugelassen.“

Enhanced Games: Jeder ist für sich selbst verantwortlich

Die Botschaft: Jeder ist für sich selbst verantwortlich, für seine Leistung, seinen Erfolg, seine Gesundheit. Gesundheitliche Risiken oder Langzeitschäden befürchtet Fraser keine. Er war lange selbst Spitzensportler. Drei Mal nahm er als Schwimmer an Olympischen Spielen teil. Die aktuelle Organisation des Spitzensports halten er und die anderen Macher der Enhanced Games für unfair, unausgereift und überholt. „Ich war im Schwimmen einer der Besten der Welt“, sagt Fraser, „aber ich hatte nach der Karriere keine Ersparnisse. So geht es vielen Olympia-Teilnehmern. Man verdient als Athlet zu wenig. Dabei erwirtschaftet das IOC Milliarden, teilweise mehr als das Bruttoinlandsprodukt von kleinen Staaten wie Tonga oder Bhutan. Die Funktionäre leben im Luxus, für die Athleten bleibt nichts. Schwimmer widmen ihr Leben dem Training – sie opfern ihren Körper und ihre Zeit, um alle vier Jahre bei den Olympischen Spielen für etwa zwei Minuten oder weniger ihre Zeit zu haben. Wenn sie krank werden, verpassen sie Ihre Chance – womöglich die ihres Lebens. Unser Ziel ist es, eine neue Veranstaltung zu erschaffen, die jedes Jahr stattfindet, mit abgestimmten finanziellen Anreizen für Sportler, ausreichend Unterstützung in Bezug auf die psychische Gesundheit und vor allem Zugang zu Ärzten und Wissenschaftlern, die valide nicht-invasive medizinische Therapien anwenden können, damit die Athleten ihre Lebenserwartung verlängern, ihre Leistungen steigern und sich besser fühlen können.“

Seine Botschaft: Das Geld von Sponsoren, TV-Lizenzeinnahmen et cetera lande nicht bei denen, die es verdienen – den Athleten – sondern bei den Verbänden. Zudem seien die Olympischen Spiele viel zu groß und teuer geworden. Die Infrastrukturkosten für die Veranstalter seien viel zu hoch.

All dies soll sich bei den Enhanced Games ändern: Die jährlichen Spiele sollen kleiner werden – und sehr viel günstiger. Brett Fraser schätzt die Gesamtkosten des neuen Events auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Teure Neubauten von Stadien, Athletenunterkünften und anderen Sportstätten brauche es für die Durchführung nicht. Auch weil man sich auf Kernsportarten wie Leichtathletik, Schwimmen, Kampfsport, Gewichtheben und Kunstturnen beschränken werde.

Wirtschaft und Wissenschaft

Aron D’Souza, der Gründer und Initiator des Ganzen, sagt: „Es gibt keine bessere Plattform für die Bedeutung der Wissenschaft in der modernen Gesellschaft als den Spitzensport. Wir alle wissen, dass der Einsatz von leistungssteigernden Substanzen im Sport ein offenes Geheimnis ist. Der sicherste Weg, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, besteht darin, den Sportlern die Möglichkeit zu geben, die Wissenschaft offen zu nutzen, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass erwachsene Sportler gut informiert auch freie Entscheidungen über ihren eigenen Körper treffen können. Mein Körper, meine Wahl – dein Körper, deine Wahl. Ich hoffe aufrichtig, dass ein bekannter Sportler auftaucht und sagt: ‚Ich bin WADA-konform und ich werde alle, auch die gedopten Athleten, schlagen.‘ Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich passieren wird, aber es könnte jemanden geben, der in der genetischen Lotterie gewonnen hat. Die spiegelt nicht die eigene Leistung oder harte Arbeit wider. Doping und Wissenschaft können uns dabei helfen, dieses Problem zu überwinden. Wir haben die Auswahl der Veranstaltungen gezielt so gestaltet, dass wir Weltrekorde brechen können. Wer will schon die alten, langweiligen und langsamen Olympischen Spiele sehen, wenn alle Weltrekorde bei den ‚Enhanced Games‘ aufgestellt wurden?“ Aus diesem Grund soll demnach der Einsatz von Dopingmitteln erlaubt werden. Um zu zeigen, was möglich ist. Um das Spitzensport-System transparent zu machen und die Athleten zu „schützen“.

D’Souza wirft dem IOC vor, die Athleten nicht fair für ihre Arbeit zu bezahlen. Er fügt hinzu, dass sein Unternehmen nicht auf Steuerzahler angewiesen sei, um die Wettbewerbe zu finanzieren. Laut D’Souza sind für die Olympischen Spiele in den vergangenen zwei Jahrzehnten 100 Milliarden US-Dollar ausgegeben worden. „Die Olympischen Spiele machen einen Umsatz von acht Milliarden US-Dollar, der alle vier Jahre erzielt wird. Thomas Bach, der IOC-Präsident, fliegt in einem Privatjet um die Welt, er verhält sich wie ein Staatsoberhaupt, er lebt buchstäblich in einem vom IOC bezahlten Palast. Dennoch bekommen die Sportler keinen einzigen Cent bezahlt. (…) Es ist so unfair, dass es ausbeuterisch ist.“

Fragezeichen bei den Enhanced Games

Doch bei seinen Enhanced Games gibt es noch viele Fragezeichen. So gibt es neben den gesundheitlichen und ethischen Punkten auch noch einen juristischen: das Strafrecht. In dem geplanten Austragungsland, Australien, ist die Verabreichung von Dopingmitteln strafbar. Den Athleten und den sie betreuenden Ärzten könnte die Strafverfolgung drohen.

Doping im Sport freizugeben, hätte etliche potenzielle Konsequenzen. Es würde den Sinn, die gesellschaftliche Wahrnehmung und die ganze Struktur des Sports ändern. „Durch den Sport wird ein enormes Maß an Wir-Gefühl transportiert“, sagte der Sportsoziologe Dr. Elk Franke in einem RennRad-Interview. „Sport ist eine eigene Welt innerhalb der normalen Welt, der man eine eigene Bedeutung zuschreibt. In dieser Welt ist Doping nicht nur eine Übertretung, sondern ein Verrat am gesamten System. Durch Doping verliert der Sport seine Seele. (…) Wir leben in einer ergebnisorientierten Leistungsgesellschaft. Es zählt das Ergebnis. Nur: In anderen Lebensbereichen wie Schule, Studium, Arbeit fragt niemand nach dem Weg dorthin. Im Sport dagegen wird dieser Weg kontrolliert, man bindet den Erfolg an ‚natürliche Voraussetzungen‘. Die EPO-Spritze ist unter Umständen in ihrer Wirkung nichts anderes als drei Wochen Höhentraining. Dabei erfolgt die Vermehrung der roten Blutkörperchen, der Erythrozyten, auf ‚natürliche‘ Weise. Deshalb bleibt letztlich ein errungener Sieg nur so lange auch glaubwürdig, wie er das Ergebnis einer selbst erbrachten Arbeit am eigenen Körper eines Athleten darstellt. Sportarten, in denen die Natürlichkeit der Leistungen und die Funktionalität der Kontrollsysteme nicht mehr glaubwürdig sind, könnten im schlimmsten Fall zukünftig aus dem Sportkanon herausfallen – und zu einer Art Showprogramm werden. Wie im Zirkus. Nur treten dann statt den Artisten Gedopte gegeneinander an. Monster, die im Ring, am Gerät, an Alpenpässen übermenschliche Leistungen erbringen, bei denen man eigentlich nur dem Arzt oder Apotheker gratulieren darf. Denn der Athlet ist dann längst nicht mehr nur ein Opfer, sondern ein würdeloses Objekt im großen Sensationsspiel der Grenzüberschreitungen geworden.“

*Leistete Jonas Vingegaard nach inoffiziellen Berechnungen im Tour-de-France-Zeitfahren 2023 an der Côte de Domancy.

Diesen Leitartikel lesen Sie in der RennRad 10/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

Körpereigenes EPO durch Ketonester: Studie

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Erythropoetin, kurz EPO, ist ein Hormon, das die Bildung roter Blutkörperchen anregt. Der menschliche Körper produziert es größtenteils in den Nieren. Als synthetisch hergestelltes Medikament wird es vor allem zur Behandlung von Blutarmut eingesetzt. In Ausdauersportarten wird es zudem teils zu Dopingzwecken missbraucht, um die Zahl der roten Blutkörperchen zu erhöhen. Je mehr von ihnen im Blut enthalten sind, umso mehr Sauerstoff kann in die Muskeln und Organe transportiert werden.

Durch ein Höhentraining kann man die EPO-Produktion gezielt anregen – und so die Zahl der roten Blutkörperchen legal erhöhen. Doch offenbar können auch Ketonester solche Effekte bewirken. Zu diesem Ergebnis kamen US-amerikanische Wissenschaftler in einer Studie* aus dem Jahr 2022.

Studiendesign

Die Forscher ließen neun gesunde Männer je zweimal eine einstündige Rennrad-Trainingseinheit inklusive Intervallen absolvieren. Einmal nahmen die Teilnehmer im Training keine Nahrung zu sich und direkt im Anschluss Kohlenhydrate und Proteine. Eine Woche später verpflegten sie sich während und nach derselben Einheit mit rund 20 Gramm Ketonestern.

Mittels Blutanalysen nach den beiden Einheiten zeigte sich: Die EPO-Spitzenwerte nach dem Training mit Ketonestern waren um rund 20 Prozent höher als nach der Einheit mit Kohlenhydraten und Proteinen.

Fazit der Studie

Das Fazit der Wissenschaftler: Ketonester können die EPO-Produktion kurzfristig deutlich erhöhen. Ob sie jedoch lange genug auf einem hohen Level gehalten werden kann, das für die Produktion roter Blutkörperchen nötig ist, ist noch unklar. Hierfür müssten über einen längeren Zeitraum täglich rund 20 Gramm Ketonester eingenommen werden – was sehr teuer wäre. Zudem können Ketonester zu Magen-Darm-Beschwerden führen.

Die UCI rät von der Einnahme ab, da über die möglichen gesundheitlichen Konsequenzen noch zu wenig bekannt ist.

*Studie: Evans, Eric et al. “Ketone monoester ingestion increases postexercise serum erythropoietin concentrations in healthy men.” American journal of physiology. Endocrinology and metabolism vol. 324,1 (2023): E56-E61.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 6/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.


Studien zu Erkenntnissen der Trainingslehre

Proteine und Schlaf: Macht Eiweiß-Zufuhr vor dem Schlafen dick?
Abnehmen mit Apfelessig?
Einfluss der Schlafqualität auf das Immunsystem
Kurbellängen und die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit
Supplementierung durch Kreatin
Fruktose und kohlenhydratreiches Frühstück für eine höhere Leistung
Natriumcarbonat: Studie zum Einfluss auf sportliche Leistungsfähigkeit
Windschatten und der Vorteil an Bergauf-Passagen
Bewegung und der Einfluss auf das Denkvermögen
Intervalltraining im Winter: Studie zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit
Kartoffeln als Energielieferant im Radsport
Bananen und der Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit
Sport verbessert die Motorik

System Profi-Radsport: Rekorde, Zweifel und Doping-Vorwürfe

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In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Dieses Prinzip gilt seit weit mehr als 2000 Jahren. Es ist noch heute ein wichtiger Teil der Basis eines jeden Rechtsstaats. Man könnte den Mechanismus auch anders formulieren: Ein Beschuldigter gilt so lange als unschuldig, bis seine Schuld bewiesen ist. Moralische und juristische Aspekte gehen dabei, natürlich, nicht immer konform. Recht häufig werden – in Einzel-Äußerungen, aber teils auch in der medial geformten „Öffentlichen Meinung“ – moralische Einordnungen vorgenommen und Verfehlungen einiger auf andere Gruppen quasi „übertragen“. Die Fälle von Verdachts- und Vorwurfs-Kampagnen gegen juristisch (noch) nicht belangte Menschen mehren sich. Was macht dies mit einer Gesellschaft – und wo führt es hin? Dies gilt für alle Gesellschaftsbereiche, von der Kultur über die Wirtschaft und Politik bis hin zum Sport. In einer besonderen Weise betroffen ist: der professionelle Radsport.

System Profi-Radsport: Zweifel und Unterstellungen

Denn für Viele ist er noch immer das „schwarze Schaf“ unter den Sportarten – beziehungsweise ein „gebranntes Kind“. Teils auch für Menschen, die in diesem „System Profi-Radsport“ sozialisiert wurden. Die ein Teil davon waren und sind.

Einer von ihnen ist Jérôme Pineau. Der 43-jährige Franzose war bis 2015 Radprofi, zuletzt beim Team IAM-Cycling. Zu seinen größten Erfolgen gehörten der Gesamtsieg der Normandie-Rundfahrt sowie ein Etappensieg beim Giro d’Italia. Von 2018 bis 2022 war er Teammanager des inzwischen aufgelösten französischen Rennstalls Equipe B&B Hotels – KTM. „Wir sehen die Bilder. Ich spreche nicht von klassischem Doping, sondern von etwas viel Schlimmerem,“ sagte er nun Mitte September in der Sendung ‚die Große Klappe im Sport‘ von Radio Monte-Carlo. Das Thema: die Vuelta – und die Überlegenheit der Fahrer des Teams Jumbo-Visma. „Ich spreche über mechanisches Doping. Wenn man sich den Angriff von Sepp Kuss am Col du Tourmalet anschaut, gegen Fahrer wie Juan Ayuso, Cian Uijtdebroeks – der als Super-Talent gilt – und Marc Soler: Kuss fährt bei seinem Angriff zehn km/h schneller, muss dann vor einem Zuschauer abbremsen und fährt danach wieder zehn km/h schneller. Wie kann man das erklären?“

Ein Ex-Profi erhebt demnach Betrugsvorwürfe gegen einzelne Fahrer und Teams – weil er sich deren Leistungen nicht anders erklären kann. Diese Aussagen führen zu vielen Fragen, die man sich stellen könnte beziehungsweise sollte. Etwa: Gilt die Unschuldsvermutung nicht mehr? Ist es legitim, die aktuelle Athleten-Generation – im Schatten ihrer Vorgänger – zu verdächtigen? Soll man Pineau zustimmen oder ihn verurteilen? Diese Fragen muss jeder für sich selbst beantworten.

Doping und Kontrollen im Profi-Radsport

Neu ist, dass Pineau von mechanischem Doping spricht – und nicht von chemischem. Solche Verdächtigungen kamen bereits vor mehreren Jahren gegen den damaligen Schweizer Top-Radprofi Fabian Cancellara auf. Ein Youtube-Video, in dem das potenziell verwendete Elektromotor-System erklärt wird, wurde bis heute 5,3 Millionen Mal geklickt. Fakt ist: Pineau ist nicht irgendein Außenseiter – er kennt das System Profi-Radsport. Er war ein Teil von ihm.

Zudem war es in der Geschichte des Sports bislang immer wieder so, dass die Dominanz Einzelner beziehungsweise eines Teams nicht „gut ausging“. Es war: Zu gut, um wahr zu sein. Es war nicht wahr. Absolute Top-Leistung basierten – neben Talent, Training, Wille – erwiesenermaßen auch oftmals auf Betrug. Konkret: auf dem Einsatz von Dopingmitteln.

Nun hat es in den vergangenen drei Jahren in der WorldTour, der ersten Liga im Profi-Radsport, nur fünf Dopingfälle gegeben. Zudem wurden die Tests immer besser und aufwendiger, Blutpass-Untersuchungen und eine „No-Needle-Policy“ wurden eingeführt. Viel spricht dafür, dass der Radsport heute „sauberer“ ist als früher.

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Wie sind die Rekordzahlen im Profi-Radsport zu erklären?

Doch dagegen sprechen – wenn auch „nur“ indirekt: Zahlen. Zum Beispiel: 7,38 Watt pro Kilogramm Körpergewicht. Dies hat, inoffiziellen Berechnungen zufolge, Jonas Vingegaard – auf einem Zeitfahrrad – im Verlauf des Zeitfahrens der Tour de France 2023 über 13:21 Minuten durchschnittlich bergauf geleistet. Am Saisonende fuhr er am Schlussanstieg der 16. Etappe der Vuelta, dem Puerto de Bejes, durchschnittlich 7,4 Watt pro Kilogramm Körpergewicht über 13:11 Minuten. Tadej Pogačar leistete während Paris-Nizza im März am Col d’Èze geschätzte 6,97 Watt pro Kilogramm für insgesamt 15 Minuten und 22 Sekunden. Remco Evenepoel zeigte bei der Tour of Norway 2022 die vielleicht beste Bergauf-Leistung des vergangenen Jahres: Den Schlussanstieg der dritten Etappe fuhr er in 30:23 Minuten – und leistete dabei 6,5 Watt pro Kilogramm Körpergewicht.

Allein bei der Tour de France 2023 brachen die Top-Fahrer neun Auffahrts-Rekordzeiten an berühmten Pässen. Die bisherigen Bestzeiten stammten alle aus der „Epo-Doping-Ära“ des Radsports.

Physiologisch sind solch hohen Dauerleistungen (noch) nicht zu erklären. „Es gibt Grenzen, die uns der Körper setzt, die niemand von uns selbst mit den besten Voraussetzungen überschreiten kann“, sagte der Mann, der jene Grenzen der menschlichen Leistung errechnet haben will, vor einiger Zeit in einem SZ-Interview: Antoine Vayer, der „geläuterte“ frühere Trainer des Skandal-Profi-Teams Festina. Seiner Meinung nach sind alle Dauer-Leistungen am Berg zwischen 430 und 450 Watt „Wunder“. Mehr als 450 Watt könnten demnach dauerhaft nur „Mutanten“ treten. In der modernen Sportwissenschaft sind diese „Grenzwerte“ weitgehend anerkannt.

System Profi-Radsport: Bestzeiten und Leistungs-Werte

Solche Leistungen in Frage zu stellen beziehungsweise nach rationalen, objektiven, wissenschaftlich validen Erklärungen dafür zu suchen, ist nicht nur legitim, sondern logisch. Nur auf welche Art man dies tut, ist die Frage. Weitere Hintergründe zu den Leistungsgrenzen des Körpers und Einblicke in die Entwicklungen innerhalb der Profi-Szene, das alltägliche Training und die Leistungsdaten finden Sie in unserem großen Analyse-Artikel mit dem Profi-Trainer Peter Leo in der RennRad-Ausgabe 7/2022.

Das eine ist demnach die Frage nach der physiologischen Erklärung von Top-Leistungen. Das andere ist die Grundsatzfrage, die da lautet: Gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung noch? Eine weitere: Was sind die Konsequenzen dessen, wenn es nicht mehr gilt? In was für einer Gesellschaft resultiert dies?

Misstrauen gegenüber dem Kontrollsystem

Wer angesichts der angeführten Leistungsdaten die Athleten des Betrugs verdächtigt, impliziert damit zugleich ein massives Misstrauen gegenüber dem Kontrollsystem. Hier liegt einer von mehreren „schwachen Punkten“ in Pineaus Argumentation: Mechanisches Doping ist – gegenüber chemischem – wohl vergleichsweise einfach nachzuweisen. Zudem führt der Ex-Profi keinerlei Beweise für seine These an. Die einzigen Fakten, auf die er verweist, sind die Leistungswerte der Vuelta-Top-Fahrer. Dies ist keine stringente Argumentation. Dies ist ein bloßes Verdächtigen.

Die Räder der Profis werden regelmäßig gescannt. Zudem wären pro Team recht viele Menschen – Mechaniker, Sportliche Leiter, Fahrer – in einen solchen großangelegten Betrug involviert. Und die Beweise würden sich nicht, wie es bei vielen Dopingmitteln der Fall ist, nach und nach selbst abbauen. Nein, sie wären nachhaltig. Zudem brächte spätestens jeder größere Sturz, bei dem Material zu Bruch geht, die Gefahr der Enthüllung beziehungsweise Entdeckung mit sich.

Aus einer hypothetischen Betrügersicht ist das chemische Doping wohl „einfacher“ und risikoloser umzusetzen als das mechanische. Die großen Dopingfälle des Radsports kamen nicht durch positive Tests zu Tage, sondern durch andere Ermittlungen. Etliche Dopingmittel – wie etwa Geref oder Wachstumshormone wie IGF-1 – sind noch immer nicht nachweisbar. Die Frage lautet demnach: Wieso sollte jemand, der betrügen will, das Risiko des mechanischen Dopings auf sich nehmen?

Diesen Leitartikel lesen Sie in der RennRad 11-12/2023. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

Ernährung: Superfoods und Effekte auf den Körper

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Schokolade macht glücklich, Rote-Bete-Saft macht ausdauernd, Fischöl macht gesund – könnte man meinen. Zu diesen – und hunderten, nein tausenden anderen – Nahrungsmitteln findet man unzählige Online-Artikel und Studien, seriöse und unseriöse. Etliche „Superfoods“ werden als Wundermittel angepriesen. Doch die Realität ist – wie immer: relativ. Keine der drei Aussagen des ersten Satzes ist falsch. Und keine ist wahr. Zumindest nicht zu 100 Prozent.

Etliche Lebensmittel, und auch einige Nahrungsergänzungsmittel, haben nachgewiesene Effekte. Gerade für Ausdauer-Athleten sind beispielsweise jene der roten Bete sehr interessant: Ihr Saft enthält eine relativ hohe Menge Nitrat. Ein Teil dieses Nitrats wird im Körper zu Stickstoffmonoxid umgewandelt. Dieses Molekül spielt eine entscheidende Rolle bei der Erweiterung der Blutgefäße und kann somit die Durchblutung und den Sauerstofftransport verbessern. Zwei Faktoren, die essentiell für eine hohe Ausdauerleistungsfähigkeit, aber auch für kurze Maximal-Belastungen sind.

Rote Bete und dunkle Schokolade

Doch trotz der potenziell leistungssteigernden Wirkung ist ein hoher Konsum von Rote-Bete-Saft für Viele nicht besonders attraktiv. Ein Hauptgrund dafür: der säuerliche bis bittere Geschmack.

Eine süßere „Alternative“: Dunkle Schokolade. Sie soll teils ähnliche Effekte haben. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler der Kingston University in einer 2016 veröffentlichen Studie. Die Forscher testeten neun Amateur-Radsportler, die sie in zwei Gruppen aufteilten. Die Sportler der „Schokoladen-Gruppe“ sollten zwei Wochen lang täglich 40 Gramm dunkle Schokolade essen. Jene der Kontrollgruppe sollten weiße Schokolade oder einen Snack ihrer Wahl zu sich nehmen.

Die Ergebnisse: Die Probanden der Schokoladen-Gruppe benötigten bei einer moderaten Intensität weniger Sauerstoff und legten in einem zweiminütigen Zeitfahren eine größere Distanz zurück als jene der Kontrollgruppe. Die Erklärung der Forscher für die verbesserte Leistung: Die in den Kakaobohnen enthaltenen Flavonoide erhöhen, ähnlich wie Rote-Bete-Saft, die Menge an Stickstoffmonoxid. Auch wenn neun Probanden zu wenig sind, um eine generelle Aussage über die leistungssteigernde Wirkung von dunkler Schokolade zu treffen, liefert die Studie dennoch interessante Hinweise. Unklar ist allerdings, wann nach dem Verzehr die Wirkung eintritt und wie lange sie anhält.

Im Hinblick auf den Geschmack würden Viele einen nachweislich leistungssteigernden Effekt von dunkler Schokolade wohl sehr begrüßen.

Darum kann dunkle Schokolade antidepressiv wirken

Ein weiterer Wirkstoff, der in Schokolade enthalten ist, wirkt primär auf die Psyche. Sein Name: Anandamid. Dieses Molekül wirkt im Gehirn über ähnliche Wege beziehungsweise Mechanismen wie etwa das THC in Cannabis. Jedoch ist die Anandamit-Konzentration so gering, dass man rund 300 Tafeln Schokolade essen müsste, um dieselbe Wirkung wie bei Cannabis zu spüren.

Dennoch könnte Schokolade demnach das Potenzial haben, potenziell antidepressiv und aphrodisierend zu wirken – wenn auch nur in einem vergleichsweise geringen Ausmaß.

Junkfood-Konsum und seine Folgen

Nahrung kann auf das Gehirn wirken – positiv oder negativ. So haben etwa auch besonders ungesunde Nahrungsmittel einen Wirkeffekt. Der Mechanismus: In den Zellen des menschlichen Darms gibt es Sensoren beziehungsweise Rezeptoren für Zucker und Fett. Durch das Andocken von Nahrungsmolekülen wird ein elektrischer Impuls über die Nerven ins Gehirn gesendet. Darin wird dann das „Glückshormon“ Dopamin ausgeschüttet. Junkfood macht daher glücklich.

Allerdings ist dieser Effekt nur kurzfristig, denn fettige und süße Lebensmittel aktivieren das Belohnungssystem enorm stark. Das Gehirn „lernt“ mit der Zeit, solche Lebensmittel immer mehr zu bevorzugen. Dies zeigte etwa eine Studie des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung: „Unsere Messungen der Gehirnaktivitäten haben gezeigt, dass sich das Gehirn durch den Konsum von Pommes und Co. neu verdrahtet. Es lernt unterbewusst, belohnendes Essen zu bevorzugen“, sagt der Leiter der Studie, Marc Tittgemeyer.

Langfristig überstrahlen die negativen Auswirkungen von Junkfood die positive kurzfristige Ausschüttung von Dopamin. Die potenziellen Folgen: Übergewicht, Diabetes, Fettleibigkeit, Arteriosklerose und vieles mehr. In einer gesunden und ausgewogenen Ernährung sollten süße, fettige und stark verarbeitete Lebensmittel nur einen geringen Anteil einnehmen.

Kaffee als wohl bekanntestes Superfood

Im Gehirn beziehungsweise auf das zentrale Nervensystem wirkt auch ein anderes extrem weitverbreitetes „Rauschmittel“: Kaffee. Er ist das wohl bekannteste „Superfood“, dessen Wirkungen vielfach nachgewiesen und bestätigt werden konnten. Kaffee ist eines der wenigen Lebensmittel, das man in allen Ländern der Welt findet. Das mag einerseits am Geschmack liegen, vor allem macht das Getränk aber auch seine Wirkung auf das Nerven- und Herzkreislaufsystem so attraktiv.

Koffein wirkt, indem es die Adenosinrezeptoren im zentralen Nervensystem blockiert. Diese binden den Botenstoff Adenosin. Er wird vor allem bei vermehrter Müdigkeit und Energiemangel gebildet und hemmt die Ausschüttung von stimmungsaufhellenden Neurotransmittern wie Dopamin. Sind diese Rezeptoren blockiert, so setzen Müdigkeit und Erschöpfung deutlich später ein. Der Körper ist leistungsfähiger.

Auch die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin werden von Koffein beeinflusst. Die Folge: eine erhöhte Herzfrequenz und Wachsamkeit – und dadurch auch eine höhere Leistungsfähigkeit. Koffein stand ab einem gewissen Grenzwert lange Zeit auf der Dopingliste.

Unter anderem, weil der leistungssteigernde Effekt nicht linear mit der Einnahme verläuft, wurde Koffein im Jahr 2004 schließlich von der Dopingliste gestrichen. Bis zu einer Dosis von drei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht nimmt der leistungssteigernde Effekt zu. Dosen darüber hinaus erzielen keinen zusätzlichen Effekt. Im Gegenteil, bei einer höheren Dosierung kann es oftmals zu unvorteilhaften Nebenwirkungen, unter anderem Herzrasen, Durchfall und Krämpfen kommen.

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Wählt man die Dosis und den Zeitpunkt richtig, so ist Koffein eine der zuverlässigsten und wirksamsten Substanzen

Ernährung und Superfoods: Safran im Trend

Aktuell im Trend im Bereich der „Stimmungsaufheller“ ist das teuerste Gewürz der Welt: Safran. Ein Kilogramm des Stoffes kostet rund 5000 Euro. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Safran – in Form von Extrakten und Konzentraten – gegen leichte bis mittelschwere Depressionen genauso gut wirken könnte wie Psychopharmaka.

Dafür soll vor allem der Gewürz-Bestandteil Crocetin verantwortlich sein. Dieser Wirkstoff wird aktuell vielfach erforscht – und gilt als potenzieller Inhaltsstoff für zukünftige Medikamente. Im Gehirn beeinflusst Crocetin den Neurotransmitter Serotonin. Dieser ist maßgeblich an der Regulierung von Stimmung, Appetit und Schlaf beteiligt. Vor allem der Aspekt der Stimmungsveränderung soll potenziell die Symptome einer Depression positiv beeinflussen können.

Wie so oft bei Naturprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln kam infolgedessen eine regelrechte „Lawine“ in Gang: Auf wenige Blog- und Onlineartikel folgten immer mehr Videos und Social-Media-Posts. Die Zahl der Produkte in Online-Shops wuchs genauso schnell wie das Ausmaß der Heil- und Wirk-Versprechungen.

Doch: Ein pharmazeutisch entwickeltes und geprüftes Medikament ist bislang noch nicht auf dem Markt. Denn die propagierten Effekte sind bislang weiterhin, wissenschaftlich gesehen, „auf Sand gebaut“. Die Zahl der Studien dazu ist aktuell noch viel zu gering. Ein wissenschaftlicher Konsens besteht noch lange nicht. Zudem stammen die meisten der wenigen Studien mit positiven Effekten von iranischen Forschern. Und somit „zufälligerweise“ aus dem Land, das als größter Safranproduzent der Welt gilt.

Ist Vitamin D3 ein Allheilmittel?

Zu immer mehr Lebensmitteln werden Kontroversen – oder härter formuliert fast schon „Glaubenskriege“ – geführt: Milch, Brot, Nudeln, Weizen, Soja, Fleisch, Eier und mehr.

Dies gilt auch für ein Prohormon: Vitamin D3. Für Manche gilt es fast schon als „Allheilmittel“, andere halten jede Art von Substitution für unnötig oder gar schädlich.

Fakt ist: In West- und Mitteleuropa beziehungsweise nicht südlichen Ländern sind große Teile der Bevölkerung im Winter von einem Vitamin-D3-Mangel betroffen. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen mit niedrigen Vitamin-D3-Spiegeln ein erhöhtes Risiko für depressive Symptome und Stimmungsstörungen haben. Vitamin D3 beeinflusst unter anderem die Produktion von Serotonin, einem Neurotransmitter, der für das allgemeine Wohlbefinden mitverantwortlich ist. Ein Mangel könnte so zu einem Ungleichgewicht in der Neurotransmitter-Funktion führen – und damit die Stimmung negativ beeinflussen.

Einfluss von Vitamin D3 auf die sportliche Leistungsfähigkeit

In einer Studie der Universität Edinburgh, Schottland, konnten die Wissenschaftler zudem auch positive Effekte auf die sportliche Leistungsfähigkeit nachweisen. Die Forscher beobachteten insgesamt 15 gesunde Männer und Frauen zwei Wochen lang. Ein Teil der Gruppe erhielt täglich eine Vitamin-D3-Tablette, der andere ein Placebo. Bewegungs- und Bluttests wurden jeweils zu Beginn der Untersuchung, nach sieben Tagen und am Ende durchgeführt. Zudem fuhren die Probanden am ersten und am letzten Tag je 20 Minuten lang auf einem Ergometer.

Das Ergebnis: Die Einnahme von Vitamin D3 senkte das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und auch der durchschnittliche Blutdruck und die Stresshormon-Konzentration der Probanden nahmen ab. Die Leistung auf dem Ergometer verbesserte sich klar: Statt fünf Kilometer zu Beginn der Studie fuhren die Probanden danach in jener Zeit durchschnittlich 6,5 Kilometer.

Vitamin D3 wird im Körper gebildet. Doch dafür ist etwas nötig: Sonneneinstrahlung. Nur wenn die Haut dem UV-B-Licht der Sonne ausgesetzt ist, kann der Körper Vitamin D3 produzieren.

Daneben kann es, in geringem Umfang, auch aus bestimmten Lebensmitteln gewonnen werden: etwa fetter Fisch, Eigelb, Milchprodukte, Pilze und Lebertran. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Vitamin-D3-Gehalt der meisten Lebensmittel im Vergleich zum täglichen Bedarf sehr niedrig ausfällt. Daher ist es schwierig bis unmöglich, allein durch die Ernährung eine ausreichende Menge davon aufzunehmen. Durch die oftmals geringe Stärke der Sonneneinstrahlung in Mittel- und Nordeuropa während des Winters kommt es demnach oftmals zu einer Unterversorgung mit Vitamin D3. Je nach der Region kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln somit durchaus sinnvoll sein.

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Zusammenhang zwischen Fischöl und Depressionen?

Teils umstritten sind auch die Effekte von Fischöl. Die in ihm enthaltenen Omega-3-Fettsäuren zählen zu den essenziellen Fettsäuren. Der menschliche Körper kann diese nicht selbst bilden. Weshalb sie mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Zwei für den Menschen bedeutende Formen sind die Eicosapentaensäure, EPA, und die Docosahexaensäure, DHA. Diese weisen eine antioxidative Wirkung auf und spielen eine wichtige Rolle in der Regeneration nach sportlichen Belastungen. Sie „neutralisieren“ während der Belastung entstehende freie Radikale und hemmen so die damit verbundenen Entzündungsprozesse.

Zusätzlich zu den physiologischen Wirkungen gibt es, etwa laut Wissenschaftlern der Universität in Wien, schon länger Hinweise darauf, dass Fischöl auch positiv auf die Psyche wirken kann. Ähnlich dem Mechanismus nach einer sportlichen Belastung, weisen Menschen mit Depressionen erhöhte Entzündungswerte im Blut auf.

Einzelne Studien zeigen, dass vor allem EPA diese Entzündungen hemmen und somit die Blutwerte verbessern kann. Die Symptome einer Depression sollen so gelindert werden. Im Gegensatz zu vielen Psychopharmaka, deren Wirkmechanismus direkt im Gehirn ansetzt, wirkt Eicopentaensäure nicht im Hirn, sondern im Blut. Dadurch ließe sich der Einsatz von Psychopharmaka mit all seinen Risiken möglicherweise reduzieren.

In mehreren Studien konnte zudem gezeigt werden, dass EPA und DHA die Proteinkinase-Aktivität erhöhen und die Mitochondrien, die „Kraftwerke der Zellen“, positiv beeinflussen. In einer US-amerikanischen Studie konnten die Wissenschaftler um Gorden Smith nachweisen, dass bei älteren Erwachsenen eine tägliche Supplementation mit EPA – von 1,86 Gramm pro Tag – und DHA, 1,50 Gramm pro Tag, über acht Wochen hinweg die Muskel-Proteinsynthese bei einer konstanten Eiweiß-Einnahme erhöhte.

Widersprüchliche Ergebnisse

Aber: Bisher haben längerfristige Untersuchungen widersprüchliche Ergebnisse erbracht. So fanden etwa Lee et al. in ihrer Studie mit gesunden älteren Erwachsenen als Probanden nach einer zwölfwöchigen Omega-3-Gabe keine signifikanten Steigerungen der Muskelkraft oder Verbesserungen der körperlichen Funktionen.

Die beste Omega-3-Quelle ist fetter Seefisch, wie etwa Lachs, Makrele oder Hering. Alternative vegane Lebensmittel, wie etwa Walnüsse oder Leinöl, weisen nicht das ideale Fettsäureprofil auf. Um Effekte auf die Psyche hervorzurufen sind demnach sehr hohe EPA-Anteile notwendig.

Eine pflanzliche Alternative, die diese Anforderung eines hohen EPA-Anteils erfüllt: Meeresalgen. Hochwertiges Algen-Öl enthält ähnliche hohe Mengen langkettige Omega-3-Fettsäuren, wie sie sonst nur in Fisch und Meeresfrüchten enthalten sind. Für Veganer kann ein solches Öl damit eine Alternative zu fettem Seefisch darstellen.

Wenige Untersuchungen zu einigen Superfoods

Generell gilt: Die Auswahl an angeblichen „Superfoods“ ist enorm. Genauso wie die Wirkversprechungen dazu. Auch der Nahrungsergänzungsmittel-Markt ist riesig – und wächst immer weiter. Bereits jetzt verdienen etliche Hersteller viel Geld mit ihren Versprechungen.

Doch zu vielen Wirkstoffen existieren nur wenige – und oftmals vom Studiendesign her schlecht gemachte – wissenschaftliche Untersuchungen. Je weniger Studien es zu einem Bereich gibt, und je wissenschaftlich minderwertiger diese sind, desto vorsichtiger sollte man sein. Denn die Grenzen zwischen Marketing und Wissenschaft sind zwar hart und wichtig – doch für die Meisten im Alltag nicht immer sofort erkennbar.

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Welchen Einfluss haben (vermeintliche) Superfoods auf die Gesundheit und die sportliche Leistungsfähigkeit


Gesunde Superfoods: Lebensmittel und Leistung

Brokkoli

Ein vielfach unterschätztes „Superfood“ aus unseren Breitengraden ist der Brokkoli. Er ist ein Kreuzblütengewächs und zeigte schon in mehreren Studien krebspräventive Effekte. Er beinhaltet unter anderem sogenannte Glucosinolate: Diese wirken antioxidativ und besitzen anti-inflammatorische Eigenschaften.

In einer 2008 erschienen Studie führte der Verzehr von vier 100-Gramm-Portionen Brokkoli pro Woche zu einem präventiven Effekt gegen Prostatakrebs. Zusätzlich enthält Brokkoli relativ große Mengen an Vitamin C und Calzium.

Leinsamen

Leinsamen wurden bereits in der Antike als Heilmittel eingesetzt. Sie sind reich an entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren. Zudem enthalten sie sehr viel Eiweiß. Mit ihrem hohen Ballaststoffanteil regen sie die Verdauung an und wirken lange sättigend. 20 Gramm Leinsamen enthalten die empfohlene Tagesdosis an Vitamin E.

In mehreren Studien der Iowa State University, USA, konnte nachgewiesen werden, dass die Einnahme von drei Teelöffeln Leinsamen pro Tag über einen Zeitraum von drei Monaten hinweg den Cholesterinspiegel der Probanden um durchschnittlich zehn Prozent senken konnte. Der Bund für Risikobewertung gibt als tägliche Leinsamen-Höchstmenge allerdings 20 Gramm an. Der Grund: Die Pflanzen könnten potenziell hochgiftiges Cadmium aus dem Erdboden aufgenommen und eingespeichert haben.

Grüner Tee

In der chinesischen Kultur wird grüner Tee seit Jahrtausenden in der Medizin eingesetzt. Damit werden vor allem Kopfschmerzen, aber auch Depressionen behandelt.

Grüner Tee beinhaltet zahlreiche Vitamine, darunter Vitamin A, B12 und C sowie Koffein, Eisen, Magnesium und insgesamt mehr als 400 weitere organische Substanzen. Grünteeblätter besitzen zudem im Vergleich zu anderen Teesorten wesentlich mehr entzündungshemmende Antioxidantien. Der Grund: Grüntee wird im Unterschied zu anderen Tee-Sorten nicht weiterverarbeitet.

Chili

Chilischoten besitzen einige sehr ‚spannende‘ Eigenschaften. Sie enthalten unter anderem Capsaicin, eine Verbindung, die einerseits für die Schärfe verantwortlich ist. Andererseits hat Capsaicin schmerzlindernde Eigenschaften und kann dazu beitragen, den Stoffwechsel anzuregen. Zusätzlich hemmt Schärfe das Hungergefühl und kann so ein Helfer beim Abnehmen sein.

Aber, natürlich gilt auch: Ein übermäßiger Verzehr von sehr scharfen Chilis kann potenziell Magenprobleme und Unwohlsein verursachen.

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Tour de France 2024: Strecke, Etappen, Zeitplan, Favoriten

Tour de France 2024, Etappen, Strecke, Favoriten, Vorschau

Mit gleich mehreren Premieren geht die Tour de France 2024 in ihre 111. Auflage: Erstmals startet das größte Radrennen der Welt in Italien, erstmals endet es wegen der Olympischen Spiele nicht in Paris, sondern in Nizza. Und zum ersten Mal seit 1989 besteht die letzte Etappe der Tour wieder aus einem Einzelzeitfahren.

Die Daten der Gesamtroute: 21 Etappen und 3492 Kilometer. „Es wird episch“, bilanzierte der Titelverteidiger Jonas Vingegaard nach der Vorstellung der Strecke im Pariser Palais de Congrès.

Nicht nur wegen der Routenführung und der potenziellen Spannung bis zu den letzten Sekunden könnte diese Tour eine ganz besondere werden – sondern auch wegen der Konkurrenz. Es kann gut sein, dass alle Weltklasse-Rundfahrer der aktuellen Generation an den Start gehen: die je zweimaligen Tour-Sieger Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard, der Zeitfahr-Weltmeister und Vuelta-Sieger Remco Evenepoel und der viermalige Grand-Tour-Gewinner Primož Roglič.

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Die Vorstellung der Strecke im Pariser Palais de Congrès

Tour de France 2024: Ausgewogene Strecke

Generell wird die Strecke recht ausgewogen, denn auch den Sprintern bieten sich bis zu acht Möglichkeiten für Etappensiege. Nach dem Start in Florenz folgen zwei Tage in Italien, ehe es in die französischen Alpen geht. Dort wird es am legendären Col du Galibier schon früh – während der vierten Etappe – einen ersten Härtetest geben.

Danach geht es in Richtung Paris, wo das neunte Teilstück teils über Offroad- und Schotterabschnitte führt. Für die Zuschauer wird hier Action geboten, doch unter den Profis ist diese Streckenführung umstritten. „Es gibt separate Gravel-Events und -Meisterschaften“, sagte etwa Remco Evenepoel. „Müssen solche Schotterpassagen unbedingt bei einer Grand Tour sein? Ich glaube nicht.“ Der Belgier wird, falls er an den Start geht, einer der Top-Favoriten sein. Genau wie der Slowene Primož Roglič, der vom die Grand Tours 2023 dominierenden Jumbo-Visma-Team zur deutschen Equipe Bora-Hansgrohe wechselte. Ob er und sein neues Team die Vormachtstellung von Jumbo-Visma und Pogačar UAE-Emirates-Equipe brechen können, wird eine der spannendsten Fragen der Tour.

Königsetappe und Pyrenäen

Nach dem ersten Ruhetag in Orleans geht es in die Pyrenäen. Dort endet die 15. Etappe nach einem extrem anspruchsvollen Streckenprofil mit fast 5000 Höhenmetern auf dem Plateau de Beille.

In der Schlusswoche warten dann noch einmal drei Alpen-Etappen auf die Fahrer. Hier ragt der 19. Abschnitt mit der Auffahrt auf die 2802 Meter hohe Cime de la Bonette und der finalen Bergankunft in Isola 2000, wortwörtlich, heraus. Auf „nur“ 145 Kilometern sind hier 4600 Höhenmeter zu bewältigen. Ein Einzelzeitfahren von Monaco nach Nizza über 35 Kilometer bildet den Abschluss der Tour. Auf der berühmten Promenade des Anglais direkt am Mittelmeer wird der Sieger ermittelt.

Ob es zu einem ähnlich dramatischen Finale wie 1989 kommt, bleibt abzuwarten. Damals lieferten sich der Franzose Laurent Fignon und der US-Amerikaner Greg LeMond in Paris einen denkwürdigen Kampf gegen die Uhr. Am Ende gewann LeMond mit einem Vorsprung von nur acht Sekunden das Gelbe Trikot. Dies ist noch immer die bislang knappste Tour-Entscheidung der Geschichte.

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Die Etappen der Tour de France 2024

Etappennummer Datum Wo wird gefahren Streckenlänge
1. Etappe Samstag, 29. Juni 2024 Florenz – Rimini 206 km
2. Etappe Sonntag, 30. Juni 2024 Cesenatico – Bologna 200 km
3. Etappe Montag, 1. Juli 2024 Piacenza – Turin 229 km
4. Etappe Dienstag, 2. Juli 2024 Pinerolo – Valloire 138 km
5. Etappe Mittwoch, 3. Juli 2024 Saint-Jean-de-Maurienne – Saint-Vulbas 177 km
6. Etappe Donnerstag, 4. Juli 2024 Mâcon – Dijon 163 km
7. Etappe Freitag, 5. Juli 2024 Nuits-Saint-Georges – Gevrey-C. – Einzelzeitfahren 25 km
8. Etappe Samstag, 6. Juli 2024 Semur-en-Auxois – C.-Les-Deux-Églises 176 km
9. Etappe Sonntag, 7. Juli 2024 Troyes – Troyes 199 km
Ruhetag Montag, 8. Juli 2024 Orléans
10. Etappe Dienstag, 9. Juli 2024 Orléans – Saint-Amand-Montrond 187 km
11. Etappe Mittwoch, 10. Juli 2024 Évaux-les-Bains – Le Lioran 211 km
12. Etappe Donnerstag, 11. Juli 2024 Aurillac – Villeneuve-sur-Lot 204 km
13. Etappe Freitag, 12. Juli 2024 Agen – Pau 171 km
14. Etappe Samstag, 13. Juli 2024 Pau – Saint-Lary-Soulan 152 km
15. Etappe Sonntag, 14. Juli 2024 Loudenvielle – Plateau de Beille 198 km
Ruhetag Montag, 15. Juli 2024 Gruissan
16. Etappe Dienstag, 16. Juli 2024 Gruissan – Nimes 187 km
17. Etappe Mittwoch, 17. Juli 2024 St-Paul-Trois-Châteaux – Superdévoluy 178 km
18. Etappe Donnerstag, 18. Juli 2024 Gap – Barcelonnette 179 km
19. Etappe Freitag, 19. Juli 2024 Embrun – Isola 2000 145 km
20. Etappe Samstag, 20. Juli 2024 Nizza – Col de la Couillole 133 km
21. Etappe Sonntag, 21. Juli 2024 Monaco – Nizza – Einzelzeitfahren 34 km