Monat: Juni 2019

Bikefitting: Sitzposition auf dem Triathlonrad – Aerodynamik und Komfort

Bikefitting

Bikefitting ist nicht gleich Bikefitting. Welcher Ansatz für welchen Athleten ideal ist, lässt sich pauschal nicht vorhersagen. Hinzu kommt: „Bikefitter“ ist kein geschützter Begriff. Es gibt praxisorientierte Bikefitter und solche, die ihr Bikefitting nach strengen, vermeintlich wissenschaftlichen Erkenntnissen durchführen.

So ist es möglich, dass ein und derselbe Fahrer mit demselben Triathlonrad bei unterschiedlichen Experten unterschiedliche Sitzpositionen empfohlen bekommt. Bei der Suche nach einem guten Bikefitter spielt vor allem ein Faktor eine entscheidende Rolle, dessen Maß sich schwer erfassen lässt. Dieser Faktor ist Erfahrung. Je erfahrener ein Bikefitter ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Sitzposition zu erhalten.

Wie läuft ein Bikefitting ab?

Lizenzvergabe beim Bikefitting?

Physiotherapeuten, Ärzte, Sportwissenschaftler, Radhändler und Trainer können sich als Bikefitter bezeichnen. Eine einheitliche Lizenzvergabe findet nicht statt. Derlei Lizenzen gibt es aber. Oft vergeben sie Radhersteller zur Analyse der Sitzposition nach einer Schulung an Radhändler oder Institute.

Unterschiedliche Bikefitting-Anbieter verfolgen unterschiedliche Ansätze und setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Wichtig ist: Zur Leistungssteigerung kann ein Bikefitting nie so viel beitragen wie eine bestmögliche Trainingssteuerung, Disziplin – und Talent.

RennRad 7/2019

Jetzt im Shop die Ausgabe 7/2019 mit 64 Seiten Tour-Spezial bestellen!

Kompromiss

Die Sitzposition auf dem Triathlonrad ist immer ein Kompromiss: aus Aerodynamik, Komfort, Leistung und Steuerbarkeit. Die unterschiedliche Gewichtung dieser vier Komponenten ergibt schlussendlich eine individuelle, auf die jeweiligen Bedürfnisse des Athleten abgestimmte Sitzposition. Ein Bikefitter ist in diesem Prozess eher ein Vermittler als derjenige, der die vermeintlich optimale Sitzposition vorgibt.

Das Bikefitting an sich ist keine einmalige Angelegenheit, sondern vielmehr ein Prozess. So wie Trainingsumfang und -intensität über die Saison variieren, kann sich auch die ideale Sitzposition während der Saison verändern.

Allein schon der Trainingszustand erlaubt es meist, während der Rennperiode deutlich aggressiver und gebückter auf dem Rad zu sitzen als in der Off-Season oder im Aufbautraining. Auch dies verdeutlicht die Bedeutung von Core- und Stabi-Training.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!


Die Triathlon-Kolumne 2019 der RennRad

Bikefitting 2.0: Anpassung der Sitzposition auf dem Rennrad
Erklärung: Was ist Bikefitting?
Leistungs-Optimierung beim Triathlon durch Aero-Bekleidung
Reboots Recovery Boots: Regeneration mit Druck
Ernährung als Leistungsfaktor für Triathleten: Tipps und Strategien
Argon 18 E-117: Triathlon-Rad im Test
Allgäu Triathlon: Erlebnisbericht

Bikefitting: Anpassen des Triathlonrades an den Fahrer – ein Erfahrungsbericht

Bikefitting, Erfahrungsbericht, Triathlon

Top-Triathleten sind Jäger des Details, des einen Watts, der einen Sekunde: Sie arbeiten am Optimum, sie streben nach der stetigen Verbesserung. Ihr Ziel: mehr Leistung. Dafür trainieren sie härter und effizienter, regenerieren schneller – und haben Zugriff auf das neueste Material, die neuesten Technologien. Alles zusammen mündet in Leistungen, die für viele kaum nachvollziehbar sind.

Die Fragen, die im Raum stehen, lauten: Was kann man als Hobbysportler von den Profis lernen? Und wie schafft man es, sich so lange, so intensiv, so schmerzhaft am Limit zu bewegen?

Die Antwort – zumindest auf dem Rad – lautet: mehr Leistung durch Komfort und Aerodynamik. Auf den ersten Blick sind diese beiden Parameter unvereinbar. Den Faktor Komfort verbinden viele Sportler wohl am wenigsten mit dem Ziel einer verbesserten Leistung. Komfort auf dem Rad bedeutet für einige noch immer eine eher aufrechte, entspannte „Altherren“-Position auf dem Rad. Wie soll man damit schneller sein? Die Antwort lautet – natürlich stark vereinfacht: Leistung gleich Komfort mal Zeit. Je länger die Ausdauerleistung dauert, desto wichtiger wird der Faktor Komfort. Oder: Man erbringt dieselbe Leistung länger, ohne dass es unkomfortabel wird und die Wattwerte abfallen.

Professionelles Bikefitting für Triathleten

Triathleten profitieren stark von einer Radposition, bei der sich der Oberkörper von der Schwimm-Belastung erholen kann und der Bewegungsapparat für den anschließenden Lauf geschont wird. Genau hier setzt ein professionelles Bikefitting an: das Anpassen des Rades an den Fahrer, das genaue Einstellen, das Ermitteln der optimalen Sitzposition. Ein guter Bikefitter nimmt auf die individuellen Bedürfnisse, die anatomischen Besonderheiten, die physischen Fähigkeiten und die Wettkampfdistanzen des Athleten Rücksicht.

Stefan Hütter ist ein erfahrener Bikefitter. Sein kleines Radgeschäft „Bike Base“ am Schliersee sieht innen genauso aus, wie man es sich von außen vorstellt: Viele Räder auf engem Raum, viel Carbon überall, und dazu liegt der typische Geruch eines Radladens in der Luft: der leicht süßliche Duft von Kettenöl und Reifengummi.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Welche Ziele habe ich? Welche Triathlonstrecke peile ich an?

Der Empfang ist herzlich. Ein fester Händedruck, ein kurzer Small Talk über die neuesten Carbonmodelle im Laden. Und schon sind wir mittendrin im Eingangsgespräch zu meinem Bikefitting: Welche Ziele habe ich in diesem Jahr? Welche Triathlonstrecke peile ich an? Bin ich ambitioniert oder nicht? Hütter hört zu und deutet bereits auf den Rollentrainer, in den sogleich mein Rad – das Argon 18 E-117 Tri – eingebaut wird.

Wenige Minuten später, jetzt im Rennanzug und in Radschuhen, mustert mich Stefan Hütter erneut. Bei der Pedalplatteneinstellung hatte ich im Vorfeld schon ganze Arbeit geleistet. Die Platten sind wie mit dem Lineal gezogen mittig platziert. Stefan Hütter bittet mich aufs Rad – und lässt mich treten.

Noch ist der Sattel etwas zu hoch. Ich beende das Treten und stelle die Ferse aufs Pedal. Dies ist die einfachste Variante, um die Sattelhöhe festzulegen. In der untersten Pedalstellung sollte das Bein ganz gestreckt sein. Meines ist noch überstreckt. Stefan Hütter korrigiert meine Sattelhöhe gleich mehrmals nach unten. Der Optimalfall wäre ein Kniewinkel von um die 110 Grad in der Drei-Uhr-Stellung, wobei eine Pauschalisierung schwierig ist.

RennRad 7/2019

Jetzt im Shop die Ausgabe 7/2019 mit 64 Seiten Tour-Spezial bestellen!

Wissenschaftliche Empfehlungen treffen auf Gefühl

Hütter setzt neben diesen wissenschaftlichen Empfehlungen auch auf etwas Gefühl – und seine Erfahrung. Als Bikefitter und Mechaniker betreut er beispielsweise die beiden deutschen Triathlon-Profis Markus Hörmann und Julia Gajer. Immer wieder kniet Stefan Hütter etwa zwei Meter von mir entfernt am Boden und beobachtet meine Pedalumdrehungen. Seinen Augen entgeht kein unrunder Tritt.

Zwar passt nun die eingestellte Sattelhöhe, die Sattelspitze befindet sich aber noch zu weit vorne. Im Idealfall soll sie auf der Höhe des Tretlagers oder leicht davor liegen. Die Kniescheibe sollte sich über der Pedalachse oder minimal davor bewegen.

Erst als er keinen Fehler mehr entdecken kann, geht es an die Einstellung des Cockpits. Hier gilt es, die Höhe der Armauflieger-Pads, deren Breite und Position sowie die Länge der Extensions bestmöglich an die Physiologie des Athleten anzupassen. „Die Höhe der Armauflage hängt natürlich auch von deinen Zielen und Ambitionen ab. Je höher die Frontposition, desto komfortabler fühlt sich die Position an – desto mehr Windangriffsfläche bietet sie allerdings auch“, sagt Stefan Hütter, der selbst bereits einige Positionsüberprüfungen mit seinen Athleten im Windkanal vorgenommen hat.

Erklärung: Was ist Bikefitting?

Aggressive Frontposition für kürzere Distanzen

Eine tiefe, vermeintlich aggressive Frontposition ist eher auf kürzeren Distanzen zu empfehlen, da neben dem Komfort auch die Steuerbarkeit darunter leidet.

Ein Triathlet, der jedoch auf der Ironman- beziehungsweise Langdistanz in Hawaii bestehen will, muss in der Aero-Position stabil und komfortabel sitzen. Sein Rad muss zudem auch bei Böen des berüchtigten Passatwindes jederzeit sicher und beherrschbar bleiben. Ich empfinde die gewählte Position als sehr bequem und bitte Stefan Hütter, noch eine tiefe, vermeintlich aerodynamische Position auszuprobieren.

Sitzposition & Sattelhöhe

Dafür entnehmen wir zwei Spacer am Vorbau und senken das Cockpit ab. Mein Oberkörper liegt nun deutlich flacher auf dem Rad. Um den Komfort dabei nicht zu vernachlässigen, montiert Stefan Hütter die Extensions nach vorne hin ansteigend. Das hat zur Folge, dass Ellenbogen und Unterarm zwar aerodynamisch tief aufliegen, die Hände aber an den Extensions oben greifen können. Der Effekt: ein gefühlt fast doppelt so großer Komfort wie zuvor mit den flach nach vorne laufenden Extensions.

In dieser Haltung, in der ich die Hände nun näher am Körper habe, kann ich meinen Oberkörper sogar noch einmal um einige Zentimeter senken und mich in meine gewünschte, aerodynamische Position „hineindrehen“. Dazu simuliere ich den leicht angezogenen Kopf, der mit dem gedachten Helm am Kopf zwischen die Schultern passt, ohne dass dabei die Nacken- und Schultermuskulatur auf längeren Strecken verkrampft.

Bikefitting

Bikefitting ist die Anpassung des Rades an den Triathleten

Bikefitting: Finetuning an der Sitzposition

Ich bin überrascht: Mein Körper liegt nun deutlich tiefer auf dem Triathlonrad, ohne dass ich durch die neue Position Komforteinbußen spüre. Oft sind es kleine Details und Veränderungen, mit denen sich langfristig große Wirkungen auf dem Rad erzielen lassen. Darauf setze ich neben all dem Training und Material. Die Möglichkeiten des Feintunings an der Sitzposition sind grenzenlos.

Um eines kommt man jedoch nicht herum: Neue Sitzpositionen müssen ausprobiert werden. Meist dauert es zwei oder drei Ausfahrten, um die Unterschiede festzustellen. Stefan Hütter und seine Bikefitter-Kollegen sind keine „Wunderheiler“, sondern eher Helfer. Es sind meist die vielen Helfer, die Großes erst möglich machen.


Über United Cycling

United Cycling – der offizielle Vertriebspartner der kanadischen Premium-Marke Argon 18 für Skandinavien, Deutschland und Österreich schafft es eine flexible Online-Konfiguration mit Händlerexpertise zu verknüpfen. Das online individuell zusammen gestellte Rad wird zum Händler geliefert und vor Ort auf die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden eingestellt.

Mehr zu United Cycling

Mehr zur Bike Base Schliersee


Die Triathlon-Kolumne 2019 der RennRad

Bikefitting 2.0: Anpassung der Sitzposition auf dem Rennrad
Erklärung: Was ist Bikefitting?
Leistungs-Optimierung beim Triathlon durch Aero-Bekleidung
Reboots Recovery Boots: Regeneration mit Druck
Ernährung als Leistungsfaktor für Triathleten: Tipps und Strategien
Argon 18 E-117: Triathlon-Rad im Test
Allgäu Triathlon: Erlebnisbericht

Oliver Zimmerli und Nima Hashemi: Tour über 40 Pässe der Alpen

Oliver Zimmerli, Nima Hashemi, Alpen, Tour, Rennrad, Pässe, Bericht

Der Asphalt flimmert, Sonnenstrahlen brennen auf der nackten Haut. Muskeln, Venen und Sehnen stehen aus braun gegerbter Haut hervor. Kuhglocken läuten, Autos hupen und quälen sich mit hoher Drehzahl an zwei Radfahrern vorbei. Ihre Oberkörper wiegen hin und her. Die Kette surrt im kleinsten Gang.

Oliver Zimmerli und Nima Hashemi sind am Limit. Vier Berge haben sie schon in den Beinen: Col des Planches, Forclaz, Col des Mosses, Col de la Croix. Hier, am Col du Pillon oberhalb von Gstaad, kämpfen sie um die letzten Meter bis zur Passhöhe. Sieben Stunden sitzen sie zu diesem Zeitpunkt schon im Sattel. Keiner von beiden ist die Pässe vorher abgefahren. Zimmerli und Hashemi bewegen sich an den Grenzen des eigenen Körpers – und manchmal auch darüber.

Dehydriert, ermattet von 36 Grad Celsius und 170 zurückgelegten Kilometern. Dies ist der erste Tag, die Königsetappe: 186 Kilometer und 4859 Höhenmeter sollen es am Ende werden. Fast 27.000 Höhenmeter sollen in den neun Tagen darauf noch folgen. Denn dies ist erst der Anfang ihrer Tour – eines gewaltigen Projekts: 40 Pässe in zehn Tagen. „Wir wollen alle Highlights der Schweiz mit einem, mit unserem, Trip abdecken“, sagt Nima Hashemi. Doch schon am Col du Pillon, auf der ersten Etappe gerät dieser Plan ins Wanken.

Auf die erste Etappe folgten noch weitere 27.000 Höhenmeter.

Am Anfang der Alpen-Tour steht eine Whatsapp-Gruppe

Whatsapp-Gruppen sind ein Hort der seichten Unterhaltung. Man tauscht sich aus, verschickt Fotos und Videos. Manchmal sind solche Gruppenchats aber auch der Hort einer verrückten Idee, die zum bedeutungsvollen Projekt – zu etwas Einmaligem – wird. Im Februar 2017 lädt Oliver Zimmerli 200 Freunde in eine solche Gruppe ein. Er nennt sie: 40 Pässe in zehn Tagen.

Es ist sein Lebenstraum, der auf dem Rennrad in Erfüllung gehen soll. Dafür sucht er Mitstreiter. Die Reaktionen sind durchwachsen. Einige halten ihn für einen Spinner. Die meisten Emojis lachen Tränen. Tag für Tag verabschieden sich die Teilnehmer aus der Gruppe. Drei Wochen später sind fast alle ausgetreten.

„32.000 Höhenmeter und 40 Alpenpässe in 10 Tagen. Dagegen scheint die Tour de Suisse ein Sonntagsausflug.“

Oliver Zimmerli und Nima Hashemi bleiben übrig. Sie kennen sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange. Sie treffen sich auf einen Kaffee, diskutieren über mögliche Routen, spinnen die verrückte Idee zu einem konkreten Plan und sagen sich gegenseitig fix zu. 32.000 Höhenmeter und 40 Alpenpässe wollen sie in nur zehn Tagen zurücklegen. Dagegen scheint die Tour de Suisse ein Sonntagsausflug. Zum Vergleich: Die Profis legten dort 2017 in neun Tagen etwa ähnlich so viele Kilometer zurück, aber mit 17.490 nur etwa halb so viele Höhenmeter.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Oliver Zimmerli und Nima Hashemi: Bergfahrer und Rouleur

Zimmerli und Hashemi bilden ein ungleiches Gespann: Zimmerli ist Radsport- und Fitness-Trainer, groß gewachsen, blonde Haare, kein Gramm zu viel auf seinen Rippen. Typ: Bergfahrer. Hashemi ist der muskulösere der beiden. Mit knapp 80 Kilogramm hat er seine Stärken eher auf dem flacheren Terrain. Er ist der Idealtypus eines „Rouleurs“.

Während Nima Hashemi eher nach Lust und Laune trainiert, hält sich Oliver Zimmerli bei seiner Vorbereitung strikt an seinen Plan. Er fährt jährlich bis zu 10.000 Kilometer, trainiert mit Powermeter und kennt seine Schwellenwerte genau. Viel Zeit seiner Vorbereitung hat der Aargauer im Fitnessstudio verbracht. Seine Lieblingstrainingseinheit: 30 bis 35 Beinpressen bis zum Anschlag und anschließend 45 Minuten Indoor-Cycling bei einer Herzfrequenz von 169 bis 189. Ein Programm, das garantiert für müde Beine sorgt.

In der Grundverschiedenheit liegt die große Stärke des Gespanns. „Oliver ist die Bergziege und kommt mit der Kälte nicht so gut zurecht, während ich mich bei sanften Anstiegen und auch im Regen gut zurechtfinde“, beschreibt Hashemi die interne Rollenverteilung. Sie wird sich im Laufe ihres Projekts bewähren müssen.

„Wir hatten das Privileg an den schönsten Orten Europas Rennrad zu fahren“, sagt Nima Hashemi.

Grundlagen- und Bergtraining

Warum tut man sich so etwas überhaupt an? Es scheint, als hätten die beiden Schweizer genau auf diese Frage gewartet. Zimmerli antwortet schnell mit einem Lächeln: „Ich habe eine Herausforderung gesucht. Etwas, das noch nie jemand versucht hat. Und zehn und 40 sind schön runde Zahlen.“ Über seine WhatsApp-Gruppe suchte er nach Sparringspartnern. „Und ich war der einzige Depp, der sich gemeldet hat“, fällt ihm Hashemi ins Wort und lacht.

Während der Vorbereitung lernen sie sich und ihre Schwächen näher kennen. Viele Grundlagenkilometer legen die beiden gemeinsam zurück. 7000 Kilometer sind es insgesamt bis zum Start im August. Grundlagentraining bedeuten in diesem Fall 150 Kilometer und mehr. Sobald der Schnee von den Pässen verschwindet, beginnen sie im Frühjahr 2017 mit dem Bergtraining. Ihr Lieblingsanstieg: Der Klausenpass in der Innerschweiz. 23 Kilometer lang, 1500 Höhenmeter. Er ist für den vierten Tag ihrer Tour geplant.

„Und ich war der einzige Depp, der sich gemeldet hat.“

Eine Frage der Planung

Das „Projekt 10/40“ ist auch logistisch eine Herausforderung. Pässe suchen, Routen finden, Hotels buchen, Transfers organisieren. Zimmerli und Hashemi stellen sich dazu ein kleines Team zusammen. Vater und Schwiegervater von Oliver Zimmerli fahren das Begleitfahrzeug. Sie sollen an den Passhöhen warten. Sie geben die Verpflegung, füllen Trinkflaschen und haben ein Ersatzrad im Auto deponiert.

Daneben gehören ein befreundeter Mechaniker sowie ein Physiotherapeut zur Crew. Für Notfälle stehen ein Arzt und eine Krankenschwester auf Abruf bereit.

Jetzt RennRad-Händler finden!

Der Startschuss zur Tour in den Alpen

Am 2. August ging es los. Der Wecker klingelt um 6 Uhr. Aufstehen, Morgentoilette, Frühstück. Um 8 Uhr sitzen Zimmerli und Hashemi auf ihren Rädern. Das Wetter meint es gut mit ihnen. Blauer Himmel, Sonnenschein, 30 Grad schon gegen 11 Uhr. Trikot, kurze Hose, Socken, Schuhe und ihr Rad. Mehr braucht es nicht zum Glück.

Pausen haben sie fast keine eingeplant. Ein kurzer Snack an den Passhöhen, ein Schluck aus den Trinkflaschen mit isotonischem Kohlenhydratpulver. Zimmerli und Hashemi trinken bis zu fünf Liter am Tag. Von einem Schweizer Nahrungsergänzungshersteller haben sie sich im Vorfeld einen konkreten Ernährungsplan zusammenstellen lassen.

Sie rollen über die ersten Anstiege in der Westschweiz. Am Col des Mosses geraten sie zum ersten Mal ins Straucheln. Die Hitze macht ihnen zu schaffen. „Die Streckenlänge war nicht das Problem. Das Entscheidende waren in diesem Fall die knapp 5000 Höhenmeter gleich zu Beginn“, sagt Hashemi. „Der erste Tag war gleich der schwierigste. Als wir den gemeistert hatten, war uns klar, dass wir es packen können.“

An neun von zehn Tagen meinte das Wetter es gut mit den beiden Radfahrern.

Etappe vier und eine unerwartete Begleitung

Es folgen 111 Kilometer und 2637 Höhenmeter an Tag zwei, 93 Kilometer und 1929 Höhenmeter an Tag drei und schließlich die 89 Kilometer und 2609 Höhenmeter der vierten Etappe.

An diesem Tag kommt es zu einer besonderen Begegnung. „Plötzlich stand da ein Herr, etwa Mitte 50, um mir zu sagen, dass er extra wegen mir gekommen sei. Er begleitete uns dann eine Weile auf seinem E-Bike und leistete uns Gesellschaft. Er sei Iraner und hat von unserem Projekt mitbekommen“, schildert Hashemi die Begegnung. Sein eigener Vater kommt aus dem Iran. Nima Hashemi ist in der Schweiz geboren. „Diese Begegnung, die Begleitung und Unterstützung des Mannes haben mich sehr berührt.“

Dieser Reisebericht erschien in der RennRad-Ausgabe 5/2018. Diese können Sie in unseren Shop als E-Paper sowie im Print-Format nachbestellen!

Zimmerli und Hashemi: Im Flow

Zwischen zweieinhalb und acht Stunden sitzen Zimmerli und Hashemi täglich im Sattel. „Je länger wir unterwegs waren, desto stärker sind wir geworden“, wird Nima Hashemi später auf diese Tage zurückblicken. Auf der siebten Etappe, jener in Italien, erwischen sie den perfekten Tag. Pordoi, Sella Joch, Grödner Joch, Campolongo. Die 59 Kilometer und 1634 Höhenmeter absolvieren sie eine Stunde schneller als geplant.

Das Anstrengende folgt im Anschluss: Die Transfers zum nächsten Startort. Oliver Zimmerli und Nima Hashemi sitzen im Begleitbus auf der Rückbank, versuchen zu schlafen, die Beine hochzulegen. Die Müdigkeit nach der Etappe ist groß. „An manchen Tagen sind wir erst gegen 20 Uhr im geplanten Hotel angekommen“, schildert Hashemi die logistischen Herausforderungen am Ende eines langen, höhenmeterreichen Tages im Sattel. Es gibt Regenerations-Getränke mit Eiweißbausteinen. Am Abend freuen sich beide auf eine große Portion Cordon Bleu.

„Je länger wir unterwegs waren, desto stärker sind wir geworden.“

Bei Sonne durch die Alpen, dann der Umschwung

Neun von zehn Tagen des Projekts scheint die Sonne. An neun Tagen kämpft das Duo Zimmerli/Hashemi mit den sommerlichen Temperaturen. Am zehnten Tag, ihrer finalen Etappe, schlägt das Wetter um. Nebelschwaden und Regenwolken wabern durch die Bergwelt. Die Straße ist feucht, glitschig und es ist kalt.

Die finalen 150 Kilometer und 3350 Höhenmeter über kämpfen Zimmerli und Hashemi gegen die Naturgewalten. „Irgendwann war jede Regenjacke durch. Die Nässe kam von überall“, erinnert sich Hashemi. Am Anstieg zum Gotthard-Pass beginnt es zu hageln. Je weiter das Duo nach oben klettert, desto mehr verwandeln sich die kleinen, groben Hagelkörner in große, sanfte Schneeflocken.

Der Wetterumschwung stellte die beiden zum Ende noch einmal vor eine Herausforderung.

Zimmerli und Hashemi: Zwei Freunde erreichen das Ziel

Nach 5:05:47 Stunden durch Regen und Kälte erreichen Zimmerli und Hashemi die Passhöhe am Gotthard. Ihre Betreuer warten bereits. Eine nasse Sektdusche, ein kurzes Foto und dann ins Auto.

Die Ankunft verläuft so unglamourös wie passend zum Naturell der beiden Schweizer. „Das Entscheidende am Projekt waren schlussendlich die durchschnittlich 3000 Höhenmeter pro Tag. Die Streckenlängen an sich waren kein Problem. Und das Beste überhaupt war ohnehin: Wir hatten das Privileg an den schönsten Orten Europas Rennrad zu fahren“, sagt Hashemi.

„Wir sind gute Freunde geworden“, die Tour hat Zimmerli und Hashemi zusammengeschweißt.

Ihr Projekt „40 Pässe in zehn Tagen“ hat Oliver Zimmerli und Nima Hashemi zusammengeschweißt. Die vielen Kilometer, die gemeisterten Krisen auf dem Rad, der Regen, die Hitze, die schmerzenden Muskeln. „Wir sind gute Freunde geworden“, sagt Nima Hashemi „Die Qualen am Berg werden eben belohnt: durch den Ausblick auf der Passhöhe, die Geschwindigkeit und die Abkühlung in der Abfahrt – oder die unbändige Vorfreude auf einen Teller Pasta.“

Für 2018 haben Zimmerli und Hashemi bereits neue Pläne und ein ähnliches Projekt. Mehr wollen sie noch nicht verraten. Das Ziel ist aber ist schon heute klar: „Mehr Pässe in weniger Tagen.“

Red Bull Trans-Siberian Extreme: Extrem-Radsportler Pierre Bischoff im Porträt

Pierre Bischoff, Red Bull, Trans-Siberian Extreme, Extrem-Radsport, Radsportler, Porträt

Die Straße ist nicht nur so gerade, als wäre sie mit dem Lineal geplant worden, sie wurde es auch – er blickt nach vorne und sieht sie als schmalen dunklen Strich vor sich am Horizont verschwinden. Pierre Bischoff fährt seit sieben Stunden auf dieser Straße. Immer geradeaus. Immer schnell.

Dies ist erst der Anfang. Der Anfang der Königsetappe des wohl längsten Radrennens der Welt: der Red Bull Trans-Siberian Extreme. Die Zahlen dieser Etappe: 1368 Kilometer, 12.260 Höhenmeter. Die Strecke führt durch den Südosten Russlands, von Chita nach Svobodny am Amur. Pierre Bischoff liegt in Führung.

Extrem-Radsport: Wie trainiert Christoph Strasser?

Pierre Bischoff: Dem Alltag entfliehen

Er fährt alleine vor sich hin. Vom Start weg: Einsamkeit. Doch das ist, was er will. Die Zeit und den Raum für sich selbst, den Abstand zum Alltag. Zu diesem Zeitpunkt hat er bereits mehr als 6000 Kilometer in den Beinen. Er fährt diese drittletzte Etappe im Stile eines Einzelzeitfahrers. Sein Blick ruht auf dem Asphalt vor ihm. Die Landschaft, die neben ihm vorbeizieht, bietet nichts, an dem der Blick haften könnte. Wälder, Wälder, Wälder, einige Felder, kleine Dörfer und alle 100 Kilometer ein riesiges Logistikzentrum der Transsibirischen Eisenbahn am Straßenrand.

Pierre Bischoff fährt wie auf Schienen. Als er nach 240 Kilometern die erste Verpflegungsstation ansteuern will, ist diese noch nicht aufgebaut. Er ist zu schnell. Zu schnell für den Zeitplan. Zu schnell für seine Konkurrenten. Dabei zeigt sein Pulsmesser maximal 146 Herzschläge pro Minute. Seine durchschnittliche Herzfrequenz während der kompletten 1368 Kilometer: 109. Die verbrannten Kilokalorien nach 49:46:35 Stunden im Ziel: 18.500. Seine Durchschnittsgeschwindigkeit – Schlaf- und Verpflegungspausen eingerechnet: 27,6 Kilometer pro Stunde. Sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten dieser Etappe: mehr als vier Stunden.

Der Deutsche Pierre Bischoff fuhr 9.100 Kilometer durch Russland – in Bestzeit.

Sieger beim Race Across America und Trans-Siberian Extreme

Pierre Bischoff hat 2016 als bislang einziger Deutscher das legendäre 4900 Kilometer lange Race Across America gewonnen. 2017 wurde er Ultra-Cycling-Weltmeister. Er sagt von sich selbst: „Ich bin nicht extrem.“ Dabei zählt er zu den besten Extrem-Radsportlern der Welt. Sein Sieg beim Trans-Siberian Extreme 2018 bestätigt dies.

Das Rennen ist dreimal länger als die Tour de France und fast doppelt so lang wie das Race Across America. Es führt quer durch einen weiten Teil des unendlichen Russland. Von Moskau nach Wladiwostok, von West nach Ost, von Europa an den Pazifischen Ozean. 9100 Kilometer durch Nässe, Hitze, Staub und Sonnenschein. Radkilometer, die sich ins Gedächtnis brennen.

Race Across America: Christoph Strasser gewährt Einblicke

Pierre Bischoff vs Vladimir Gusev: Ein ungleiches Duell

Momente, die man so im normalen Alltag nicht erleben kann. Pierre Bischoff ist ein Momente-Sammler. Einer, der das Unmögliche sucht, um es möglich zu machen. Wie tickt ein erfolgreicher Extrem-Radsportler? Wie motiviert und ernährt er sich während eines Langstreckenrennens? Für RennRad gewährt Bischoff exklusive Einblicke in sein Rennrad-Abenteuer durch Russland.

Ultraradsportler legen extreme Strecken zurück. Ihre Geschwindigkeiten sind dabei deutlich niedriger als die von Tour-de-France-Profis. Das Trans-Siberian Extreme 2018 war auch ein Aufeinandertreffen dieser zwei Welten: Pierre Bischoff gegen Vladimir Gusev. Der 36-jährige Russe verdiente viele Jahre lang als Radprofi sein Geld. Er fuhr unter anderem für die Teams Discovery Channel, CSC und Astana.

Während der 7. Etappe des Trans-Siberian Extreme kommt es zum Showdown. Gusev und Bischoff lösen sich früh von den restlichen Teilnehmern. Beide eint ihr Siegeswille und ihre extreme physische Stärke. Beide attackieren sich wechselseitig während der 619 Kilometer langen Etappe durch die russische Nacht.

Bis sie irgendwo auf den Straßen Sibiriens, zwischen Omsk und Novosibirsk, nebeneinander fahren, weil keiner die Führungsarbeit übernehmen will. Aus dem Nichts kommt es zum Wortgefecht. Gusev brüllt Bischoff auf Englisch an: „Glaubst du wirklich, dass du der Bessere bist?“ Bischoff antwortet mit einem sehr schnellen, knappen und deutlichen: „Ja.“ Er landet mit diesem einzigen Wort einen Wirkungstreffer.

Ein Feld mehrerer Fahrer. Beim Trans-Siberian Extreme ein seltener Anblick.

Gusev überzieht, Bischoff trimuphiert

Zwar kann sich der Russe kurzzeitig von dem Deutschen lösen und ihm davonfahren. Doch wenig später holt Bischoff seinen Konkurrenten wieder ein. Er sagt: „Gusev ist in meine Falle getappt. Er hat in seinem Rennfahrerstil mit den vielen Attacken einfach überzogen. Aber das hier ist kein Straßenrennen. Das hier ist Extrem-Radsport. Und der findet vor allem im Kopf und im Grundlagenausdauerbereich statt.“ Gusev bricht ein. Bischoff gewinnt die Etappe.

Seine Durchschnittsgeschwindigkeit für die 619 Kilometer – Essens- und Schlafpausen eingerechnet: 32,3 Kilometer pro Stunde. Hinter Vladimir Gusevs Namen stehen im Klassement drei unheilvolle Buchstaben: DNF. Did not finish. Wegen Knieschmerzen erreicht der Russe das Ziel in Novosibirsk nicht. Zwar darf er am nächsten Tag wieder an den Start gehen. Doch der Gesamtsieg ist dahin.

„Das hier ist kein Straßenrennen. Das hier ist Extrem-Radsport.“

Trans-Siberian Extreme: 20.000 Euro für einen Startplatz

Der Erfolg im Ultra-Radsport setzt sich aus den Komponenten Psyche, Physis und Team zusammen. Alle drei Komponenten haben den gleichen prozentualen Anteil am Gesamterfolg, sagt Pierre Bischoff: „Alle drei müssen stimmen. Ohne ein funktionierendes Team bist du völlig machtlos.“

Beim Red Bull Trans-Siberian Extreme wird jedem Teilnehmer eine VW Caravelle mit zwei Chauffeuren als Begleitauto gestellt. Sechs Ärzte und Physiotherapeuten, drei Radmechaniker, die Jurymitglieder sowie ein siebenköpfiges Catering-Team begleiten die Sportler während der 9100 Kilometer durch Russland. Das hat seinen Preis: Ein Startplatz kostet 20.000 Euro. Anders als das Race Across America wird nicht nonstop, sondern in Etappen gefahren. Die kürzeste Etappe war in diesem Jahr 260 Kilometer lang. Die Distanz der längsten Etappe betrug 1368 Kilometer.

Dieser Artikel stammt aus der RennRad-Ausgabe 10/2018. Diese können Sie in unserem Shop als E-Paper sowie im Print-Format jederzeit nachbestellen!

Ernährung beim Extrem-Radsport: 100 Riegel auf 750 Kilometern

Die Ernährung ist ein leistungsbestimmender Faktor im Extrem-Radsport. Pierre Bischoff setzte auch dabei auf unkonventionelle Methoden. Eine davon beinhaltete Schokolade, Zucker, Kokosflocken und Fett. In komprimierter Form finden sich diese vier Zutaten in Bounty-Schoko-Riegeln. Allein während der 750 Kilometer langen Schlussetappe vertilgte er 100 dieser Riegel.

Dabei hat der gebürtige Duisburger vor seiner Radsport-Karriere eigentlich Food-Management studiert. „Wissenschaft ist Wissenschaft. Aber jeder Körper reagiert anders“, sagt er. „Irgendwann muss man nur noch leere Kalorien reinhauen.“ Zum Frühstück vor dem Etappenstart nimmt er Unmengen von Porridge zu sich. Seine Essensaufnahme während der Etappen richtet sich nach den Daten auf seinem GPS-Computer – aber auch nach dem Gefühl.

„Irgendwann muss man nur noch leere Kalorien reinhauen.“

Im Durchschnitt alle 100 Kilometer stoppt er, um eine Portion Porridge zu essen. Alle 150 Kilometer bekommt er aus seinem Begleitauto einen Eiweißshake gereicht. Alle zwölf Stunden nimmt er Vitamintabletten und Magnesium für die Immunabwehr zu sich. Dazwischen gibt es an den Verpflegungsstationen Nudeln, isotonische Getränke und Cola. Oder eben Bounty-Riegel. Normalerweise verliert man während einer Dauerbelastung wie dem Trans-Siberian Extreme fünf bis sieben Kilogramm Körpergewicht. Pierre Bischoff gelingt es auf dem Weg von Moskau nach Wladiwostok sein Gewicht annähernd zu halten.

Catering, Physios, Mechaniker. In Russland steht jedem Fahrer ein vielköpfiges Team zur Seite.

Power-Nap während der Etappe

Wer solch enorme Strecken fährt, der muss dabei über einen bestimmten Zeitraum hinweg auch mit einem Schlafdefizit umgehen können. „Schlafentzug kann man nicht trainieren“, sagt Bischoff. Aber er kennt Tricks, die es ihm ermöglichen, die Schlafzeit während eines Ultracycling-Events so kurz wie möglich zu halten. „Kaugummi-Kauen hilft. Dann hat der Körper etwas zu tun.“

Eine andere erfolgsversprechende Variante ist es, vor den wichtigen Wettkämpfen bewusst auf Koffein zu verzichten. Die Wirkung von Koffein sei dann während der Belastung intensiver. Während der Königsetappe von Chita nach Svobodny legte er alle vier Stunden einen jeweils 15-minütigen Power-Nap ein. Seine Standzeit während der knapp 50-stündigen Belastung reduzierte er dadurch auf etwa vier Stunden – mit Abstand die geringste Standdauer aller Teilnehmer.

Training als Extrem-Radsportler: Ski und Mountainbike als Alternative

Muss man als Extrem-Radsportler auch extrem viel trainieren? Pierre Bischoff lebt nicht vom Extrem-Radsport. Acht von zwölf Monaten eines Jahres arbeitet er als Chefkellner in einem Hotel in Nauders am Reschenpass. „Ich bin ein ambitionierter Hobby-Radsportler mit Sechs-Tage-Woche. Während meiner Arbeitszeit laufe ich zehn bis fünfzehn Kilometer am Tag.“ Seine Rad-Jahreskilometer liegen „nur“ zwischen 19.000 und 22.000.

Von Dezember bis Mitte März trainiert er überhaupt nicht auf dem Rad, sondern auf Skiern. Seine Wahlheimat Nauders liegt auf 1300 Metern über dem Meer und macht dies möglich. Die zehn bis fünfzehn Stunden Training pro Woche spult er auf Tourenskiern oder auf dem Mountainbike ab. Dabei nutzt er eine Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber: „Zwischen 12 und 15 Uhr habe ich frei. Im Winter gehe ich in der Zeit meist auf Skitouren: immer mit 1000 bis 1300 Höhenmetern.“

Einen echten Trainingsplan hat er in dieser Jahreszeit nicht. Die einzige Konstante: ein Ruhetag pro Woche. Gefühl und jahrelange Erfahrung prägen sein Wintertraining. Erst ab Mitte März sitzt er wieder auf dem Rennrad oder dem Zeitfahrrad. Als Radguide auf Mallorca holte er sich 2018 die vielen Grundlagenkilometer, die er für sein Sibirien-Abenteuer benötigte. Einen Wattmesser benutzt er zwar – doch in Russland versagte dieser schon während der regenreichen Auftaktetappe nach 50 Kilometern.

Den Heimweg aus Sibiren will Pierre Bischoff auf dem Rad antreten.

Von Sibirien auf dem Rad nach Tirol

Das Rennen durch Sibirien ist nur ein Teil von Pierre Bischoffs Russland-Abenteuer. Der lange Epilog folgt danach: „Das Rennen war nur zum Aufwärmen, um im Anschluss von Sibirien aus mit dem Rad nach Hause zu fahren.“ 15.000 Kilometer wird diese Rückreise lang sein. Bis Anfang Dezember soll sie dauern. Durch Kirgisistan, Usbekistan, Ukraine, Rumänien, Mazedonien, Sarajevo, Kroatien, Italien und zurück nach Nauders.

„Das Rennen war nur zum Aufwärmen.“

„Ich plane, täglich etwa 200 Kilometer zu fahren und dann bei Menschen vor Ort in deren Garagen oder Gartenhütten zu übernachten. Alle sieben Tage gönne ich mir einen Ruhetag in einem schönen Hotel.“ Im Hotel „Mein Almhof“ in Nauders verbringt Bischoff danach den Winter. Seinen Gästen wird er einiges erzählen können. Vom Red Bull Trans-Siberian Extreme und seiner Radreise im Anschluss. Von Einsamkeit. Und 24.000 Kilometern auf dem Rennrad.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Fünf Fakten zum Trans-Siberian Extreme

1.Die Fakten: 15 Etappen in 25 Tagen. Das Rennen führt vom Bolschoi-Theater in Moskau zum Opernhaus in Wladiwostok. 2018 wies es eine Streckenlänge von 9105 Kilometern auf. Die Zahl der Gesamthöhenmeter: 77.000. Das Reglement sieht unter anderem vor, dass die Teilnehmer zwei Etappen vorzeitig unter Einberechnung von Strafzeiten im zweiten Klassement, der sogenannten „Minor Classification“, beenden dürfen.

2. Pierre Bischoff benötigte für seinen Sieg 315 Stunden, 45 Minuten und 26 Sekunden. Zweiter wurde der Däne Michael Knudsen mit einem Rückstand von 18 Stunden. Der drittplatzierte Brasilianer Marcelo Florentino hatte einen Rückstand von 31 Stunden. Erstmals konnten 2018 gleich vier von sechs Startern alle 15 Etappen und 9105 Gesamtkilometer komplett abschließen.

3. Die Königsetappe 2018 war 1365 Kilometer lang. Die Distanz der kürzesten Etappe betrug 260 Kilometer. Etappenorte waren: Nizhny Novgorod, Kazan, Perm, Ekaterinburg, Omsk, Novosibirsk, Tomsk, Irkutsk, Ulan-Ude, Chita, Svobodny, Khabarovsk und Wladiwostok.

4. In den 16 Städten von Moskau bis Wladiwostok sind die Fahrer und ihre Betreuer in Hotels untergebracht. Während der Etappen findet sich alle 240 Kilometer ein Verpflegungs-Stopp mit einem Küchen-LKW und warmen Mahlzeiten, um die Athleten und alle Betreuer zu versorgen.

5. Das Red Bull Trans-Siberian Extreme gilt als „härteste Geographie-Lehrstunde der Welt“. Die Teilnehmer bewegen sich durch fünf unterschiedliche Klimazonen, durchkreuzen acht Zeitzonen, kämpfen sich über das Ural-Gebirge und überqueren vier der längsten Flüsse der Welt. Die Strecke führt am Baikalsee vorbei, entlang der Grenzen zu Kasachstan, zur Mongolei und zu China.

UYN Alpha Jersey und Bibshorts im Test: Kauftipp der RennRad-Redaktion

UYN, Alpha Jersey, Bibshorts, Test

UYN Alpha Jersey im Test – Kauftipp der RennRad-Redaktion

Das Alpha Jersey von UYN sticht aus diesem Test hervor. Das Tragegefühl des Strickmaterials ist deutlich anders als das der aus verschiedenen Materialbahnen vernähten Trikots. Hier kommen unterschiedlich dichte Gewebe je nach Positionierung zum Einsatz. Die Schulterpartie ist anders gestrickt als der Rückenbereich, wo der Schweiß über gewobene Kanäle abtransportiert wird. Die Passform ist sportlich und eng anliegend. Der Stoff trägt sich ungewohnt, aber angenehm auf der Haut – auch weil es nur eine einzige Naht gibt. Der Stoff ist  dicker, transportiert aber den Schweiß gut vom Körper weg.

UYN Alpha Jersey: Preis, Größen, Features

Preis 149,00 Euro
Größen S – XL
Gewicht 145 g
Features Natex in verschiedenen Stricktechniken, durchgehender Reißverschluss, 3 Rückentaschen, Reflektoren, Rizinus-Naturstoff

Stärken, Schwächen, Urteil

  • Stärken: Tragegefühl, Stoff
  • Schwächen: sehr enge Passform
  • Fahrertyp: Rennfahrer, Ambitionierte
  • Test-Urteil: 4,5 / 5
RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

UYN Alpha Bibshorts

Die Alpha-Hose besteht zum Teil aus ähnlichen Stoffen wie das Jersey. Auch hier kommen spezielle Stricktechniken zum Einsatz, die zum einen den Tragekomfort erhöhen und zum anderen leistungsunterstützend sind. Die Passform überzeugte viele unserer Tester. Im Oberschenkel- und Sitzbereich wird ein Stoff verwendet, der zugleich glatter und abriebfester ist. Sehr glatt ist auch das perforierte und großflächige Polster. Im Sitzbereich ist es deutlich dicker, in der Mitte wird es durch einen schmalen Steg geteilt. Es passt sich dem Körper sehr gut an.

9 Leichtgewichts-Rennräder im Test

UYN Alpha Bibshorts: Preis, Größen und Features

Preis 199,00 Euro
Größen S – XL
Gewicht 197 g
Features Natex/Dynamic Flow mit unterschiedlichen Stricktechniken, offener Rücken, nahezu naht­lose Beinabschlüsse (teilgummiert)

Stärken, Schwächen, Urteil

  • Stärken: Passform, Polster
  • Schwächen: Träger kurz und schmal
  • Fahrertyp: muskulöse Sportler
  • Test-Urteil: 4 / 5

UYN Alpha Jersey und Bibshorts im Test: Fazit

UYN bietet einen speziellen Ansatz, was Material und Verarbeitung betrifft. Die Funktionalität überzeugte voll, das Tragegefühl ist Geschmackssache.

Dieser Test erschien in der RennRad-Ausgabe 7/2019. Dort finden Sie unter anderem Tests zu 41 weiteren kurzen Trikots und Bibshorts für den Sommer. Außerdem liegt der Ausgabe ein 64-seitiges Spezial zur Tour de France bei. Jetzt bestellen!

RennRad 7/2019

Jetzt im Shop die Ausgabe 7/2019 mit 64 Seiten Tour-Spezial bestellen!

Dinkelspaghetti mit Tomaten, Parmesan und Basilikum: Profirezept des Teams Bora-Hansgrohe

Rezept, Essen, Dinkelspaghetti, Tomaten, Parmesan, Basilikum, Bora-Hansgrohe

Der Radsport-Sommer steht im Zeichen der Tour de France. Für lange Trainingseinheiten und schwere Etappenrennen dürfen es aus diesem Grund ruhig mal etwas mehr Kohlenhydrate sein. Es versteht sich somit von selbst, dass die italienische Küche Radfahrerherzen höher schlagen lässt. Eine gute Pasta ist für die Profis ein Evergreen, etwas abgewandelt mit Dinkelnudeln ist sie leichter verträglich und vitalstoffreicher.

Dinkel liefert viele Vitamine, hochwertiges Eiweiß, Mineralstoffe und zudem einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren und Ballaststoffen. Gleiches gilt für die Pinienkerne: Mit ihrer günstigen Zusammenstellung von ungesättigten Fettsäuren sowie dem hohen Anteil an den Vitaminen B1 und E sind sie antioxidativ, regenerationsfördernd und wirken sich positiv auf den Stoffwechsel aus. Der Knoblauch ist natürlich geschmacklich nicht jedermanns Sache, aber in punkto gesundheitsfördernder Wirkung ein Alleskönner und kaum zu übertreffen.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Rezept und Zubereitung des Profirezepts Dinkelspaghetti mit Tomaten, Parmesan und Basilikum

  • Spaghetti in reichlich Salzwasser kochen
  • Schalottenstreifen zusammen mit fein geschnittenem Knoblauch in Olivenöl dünsten. Rote und gelbe Tomaten in Scheiben geschnitten dazugeben und kurz weiterköcheln lassen
  • Geröstete Pinienkerne dazugeben und abschmecken. Spaghetti mit der Sauce verrühren. Thymian und Basilikum fein schneiden und zu den Nudeln geben und servieren. Guten Appetit!

Dinkelspaghetti mit Tomaten, Parmesan und Basilikum: Bio-Zutaten

  • 600 Gramm Dinkel-Spaghetti
  • (pro Person rund 150 Gramm)
  • 2 Schalotten
  • 1 Knoblauchzehe
  • 2 EL Olivenöl
  • 100 Gramm rote Kirschtomaten
  • 100 Gramm gelbe Kirschtomaten
  • 2 EL geröstete Pinienkerne
  • Meersalz, frisch gemahlener Pfeffer Muskatnuss
  • Frischer Thymian und Basilikum
  • Frisch geriebener Parmesan

Kochdauer: Zehn Minuten Vor- und zehn Minuten Zubereitungszeit

Das Rezept erschien in der RennRad-Ausgabe 7/2018. Diese und weitere Ausgaben können Sie jederzeit in unserem Online-Shop nachbestellen!

Weitere Profirezepte für Sportler vom Team Bora-Hansgrohe

Teryaki-Hähnchen
Gegrillte Lachsforelle mit Quinoa
Kalbsröllchen mit Kräutersalat, Zitrusfrüchten und Manchego

24-Stunden-Radrennen: Markus Rieber im Porträt

Markus Rieber, 24-Stunden-Radrennen, Radsport, Porträt, Kelheim, Nürburgring

808 Kilometer, 8300 Höhenmeter, ohne Pause, innerhalb von 24 Stunden. 49 Mal über dieselben Hügel, durch dieselben Kurven, durch dasselbe Festzelt, durch die Nacht, durch den Tag. Alleine.

808 Kilometer. Das entspricht einem Stundenmittel von 33,7 Kilometern. Über 24 Stunden hinweg. Ohne Pause. Das ist der Streckenrekord beim 24-Stunden-Rennen von Kelheim. Es ist sein Rekord. Der Rekord eines Mannes, der diese Extremrennen dominiert. Der nicht vom Radsport lebt, aber für ihn: ­Markus ­Rieber.

Er ist 49 Jahre alt, Werkzeugmacher, süchtig nach Sport – und hat in diesem Juli das Kelheimer 24-Stunden-Rennen gewonnen. Zum fünften Mal – nach 2012, 2013, 2014 und 2016. Beim fünften Start. Es war ein unerwarteter Sieg. Denn eigentlich war Markus Riebers Radkarriere bereits zu Ende.

Im Februar 2017 rutschte er während einer Trainingsfahrt auf ­einer Eisplatte aus. Oberschenkelbruch. Operation. Rehabilitation. Monatelange Trainingspause, 1,5 Jahre Wettkampfpause. Mit 48 Jahren. „Natürlich denkt man dann: Das war es“, sagt er.

„Natürlich denkt man: Das war es.“

Doch er entscheidet sich um. An einem Tag, an Silvester, sagte er zu seiner Frau: „Wir müssen reden. Ich glaube, ich bin noch nicht durch mit der Geschichte. Ich bin noch nicht fertig mit dem Radfahren. Einmal will ich noch, einmal muss ich noch.“ Einen Sieg will er noch, den fünften in Kelheim, den Rekordsieg.

Dieser Beitrag erschien in der RennRad-Ausgabe 10/2018. Diese können Sie in unserem Shop nachbestellen – im Print-Format oder als E-Paper!

Startschuss zum 24-Stunden-Radrennen: Am Anschlag

Juli 2018, Kelheim, 14 Uhr. Ein Donnerschlag ertönt, der Startschuss. Markus Rieber macht, was er in diesen Situationen immer macht – bei jedem der rund ein Dutzend 24-Stunden-Rennen, die er bislang gefahren ist: Er fährt am Anschlag. Seine Konkurrenten wissen schon vorher, was passieren wird. Doch kaum einer kann oder will das Tempo mitgehen. Nicht wenn noch ein Tag und eine Nacht zu fahren sind.

Der Rundkurs ist 16,4 Kilo­meter lang. Kurz nach dem Start: der Anstieg. Zwei Kilo­meter lang, meist sanft ansteigend, 100 Höhenmeter, 4,8 Prozent Durchschnittssteigung. Dann geht es leicht bergab. Bis zur zweiten kürzeren Bergauf-Passage. Dies ergibt: 170 Höhen­meter pro Runde. Markus Rieber sprintet hinauf. Kraftvoll, mit einem schweren Gang. Zum ersten Mal.

RennRad-Magazin bestellen!

Zeit der Entscheidung für Markus Rieber

Zwölf Stunden später. Es ist zwei Uhr nachts. Es ist kühl, es ist dunkel. In der Ferne taucht ein Licht auf. Es kommt näher. Es stammt von einer starken Akkulampe. Der Lichtkegel erhellt den dunklen Asphalt. Dieselben Meter Straße, auf denen Markus ­Rieber seit dem Startschuss gerade zum 26. Mal bergauf fährt. Der Tritt ist noch etwas langsamer. Nichts ist zu hören außer dem Klang seiner Kette und dem Klacken seiner Schaltung, als er in einen leichteren, aber immer noch schweren Gang wechselt.

„Die Nacht, das ist die einfachste Zeit. Man hat keine Ablenkung. Das ist meine Zeit. Wenn die anderen müde werden, werde ich wach.“ Er fährt seinen Rhythmus. Immer. Die ganze Nacht. Am Horizont erglimmt ein orangegoldenes Glühen. Bei 24-Stunden-Rennen ist dies häufig die Zeit der Einbrüche, die Zeit der Entscheidung.

Die verbleibende Renn- und Fahrzeit: neun Stunden. Was denkt man in solchen Situationen, zu solch einer Zeit, nach Stunden des Schwitzens, des Tretens, des Hin-und-her-Rut­schens auf dem Sattel? „Nicht viel. Man ignoriert das Meiste, man verdrängt all die kleinen Schmerzen, alles Negative.“

Die Nacht – das ist die Zeit von Markus Rieber.

24-Stunden-Radrennen: Event in Kelheim

Sonnenaufgang. Ein Zwischenziel. Die Dunkelheit ist überstanden. Die Einsamkeit auch. Denn schon bald stehen wieder die ersten Zuschauer an der Strecke. Die Menschen sind es, die das Rennen von Kelheim zu einem besonderen, zu einem der größten und renommiertesten des Landes machen: Die Strecke führt durch die Innenstadt, über den Stadtplatz – und durch ein Festzelt.

Auf einer riesigen LED-Videoleinwand wird das Rennen übertragen. Es gibt Livemusik, einen Moderator, eine „Racemap-App“, mit der jeder die Fahrer live tracken kann, Würstchen- und Pommesbuden. Jahrmarktsatmosphäre. Partystimmung.

„Diesmal habe ich nur aus Pflichtgefühl weitergemacht. Ich wollte die wenigen, die an mich geglaubt haben, nicht enttäuschen.“

Seit 1997: Von 175 zu 1200 Fahrern

Das Kelheimer 24-Stunden-Rennen existiert seit 1997, dem Jahr, in dem Jan Ullrich die Tour de France gewann. Damals traten insgesamt 175 Teilnehmer als Einzel- oder Teamfahrer an. Heuer sind es fast 1200. Zwei kommen zusammen ins Ziel: Hubert Liepold und Markus Rieber.

„Ich hatte noch nie einen so schlechten Kopf wie dieses Mal. Mindestens zehnmal hab ich gedacht: Hör auf, fahr rechts ran, setz dich hin, fahr heim. Diesmal habe ich nur aus Pflichtgefühl weitergemacht. Weil ich zum ersten Mal einen Sponsor hatte, weil ich zum ersten Mal in Radklamotten fuhr, die ich nicht selbst gekauft hatte. Weil die Leute den Sieg von mir erwartet haben. Auch nachdem ich nach meiner Verletzung 1,5 Jahre lang kein Rennen mehr gefahren bin. Ich wollte die wenigen, die an mich geglaubt haben, nicht enttäuschen.“

Nach dem Sonnenaufgang wird das Rennen in Kelheim wieder von zahlreichen Zuschauern besucht.

Markus Rieber: Schluss am Nurbürgring

Es ist Riebers fünfter Sieg. Es ist das Ende eines langen Weges. Es ist sein – wohl – vorletztes 24-Stunden-Rennen. Der Domi­nator tritt ab: zwei Wochen später, bei Rad am Ring auf dem berühmten Nürburgring. Viel früher als gedacht. Nach sieben Runden. Normalerweise bedeuten die 24 Stunden auf dem Nürburgring für ihn: 16.000 Höhenmeter – und Platz eins. Viermal siegte er hier. Diesmal nicht.

„Ich war vorne dabei, bis es mir in den Rücken gefahren ist. In der siebten Runde bin ich die Hohe Acht nicht mehr hochgekommen. Das war es.“ Diesmal muss er abbrechen. Aufhören. Nach Hause fahren. „In jedem 24-Stunden-Rennen stirbt man hundert Tode – und doch kommt man immer wieder zurück.“ Diesmal nicht. Diesmal war es keine ­Frage des Willens. Diesmal war es ein Schlusspunkt. Das Ende einer Lebens­phase.

„Was bislang absolute Leidenschaft war, fange ich jetzt an zu hassen.“

„Auf dem Nürburgring wäre ich in der Abfahrt der Fuchsröhre fast gestürzt – bei 110 km/h. Da wäre ja alles kaputt. An die Risiken des Sports, an die Konsequenzen, habe ich früher nie gedacht. Jetzt auf einmal schon. Das ist halt das Alter. Altwerden ist scheiße. Was bislang absolute Leidenschaft war, fange ich jetzt an zu hassen. Ich bin wohl gerade in der Abnabelungsphase vom Radsport. Ob ich das schaffe, weiß ich nicht. Wahrscheinlich fahre ich noch einmal ein paar Radmarathons mit, den Ötztaler oder so etwas. Und so einen Hunderter pro Tag werde ich schon noch trainieren – sonst fühle ich mich nicht ausgelastet, nicht wohl. Aber wer weiß. Es kann schon sein, dass es mich noch einmal packt – wenn ich älter bin.“

Dieser Beitrag ist Teil der dreiteiligen Serie zu Markus Rieber und dem Langdistanz-Radsport. Die beiden weiteren Artikel finden Sie hier:

Langdistanz-Training: Trainingsansätze und Tipps

Markus Rieber über Training, Motivation und Ernährung

Langdistanz-Training: Trainingsansätze und Tipps

Langdistanz, Radsport, 24-Stunden-Radrennen, Training, Tipps, Langstrecke

Viel hilft viel – so lautet das Motto beim Langdistanz-Training, oder? Nein, dem ist nicht so, denn heute gibt es etliche neue, moderne Trainingsansätze, die sich durch eine sehr große Zeiteffizienz auszeichnen. Deshalb sagt auch Markus Rieber: „Trainiert nicht so wie ich.“ Demnach geben wir hier einige pragmatische Trainingstipps, die auch und vor allem auf weniger erfahrene Athleten und Sportler mit wenig Zeit zugeschnitten sind.

Langdistanz-Training: Trainingsansätze

Fettstoffwechsel

Bei 24-Stunden-Rennen und anderen Langdistanzen lautet ein Ziel: die Kohlenhydratspeicher schonen und stattdessen lange auf den Fettstoffwechsel setzen. Man kann dem Körper beibringen, effizient Fett zu „verbrennen“.

Zum Beispiel durch Nüchterntrainings: Zu Beginn genügt es, vor dem Training das Frühstück zu reduzieren und während des Trainings ein leichtes Hungergefühl zu tolerieren. Nach einiger Zeit kann man auch auf ein „komplettes“ Nüchterntraining umsteigen und ohne Frühstück starten.

Aber Vorsicht: Nüchterntrainings sollten nie intensiv sein, sondern immer in unteren Intensitätsbereichen stattfinden.

Krafttraining

Zu einer Langdistanz-Vorbereitung gehören auch zwingend regelmäßige Stabilisationsübungen für Rumpf, Nacken und Rücken. Zudem empfehlen sich Einheiten im Kraftraum – etwa die „Radsportler-Standardübungen“ Kniebeugen, Beinpresse, Hüftabspreizen, Rumpfstabilisation, Nacken, Rückenstrecker, Sit-ups, Liegestütze.

Gerade im Winter absolvieren viele Athleten auch ein regelmäßiges Maximalkrafttraining mit nur je zwei (bis zehn) Wiederholungen pro Durchgang, aber maximaler Intensität. So soll die Intramuskuläre Koordination verbessert werden.

Einbein-Training

Um eine Grundlageneinheit aufzuwerten, können sowohl Trittfrequenzpyramiden – zum Beispiel je 80, 90, 100, 110, 120 Umdrehungen pro Minute als Steigerungsfahrt – als auch Einbein-Trainings eingestreut werden.

Beispiel: Im Rahmen des GA1-Trainings bei einer Trittfrequenz von 90 sechsmal je 30 Sekunden mit nur einem Bein treten. Die Serienpause: je fünf Minuten.

Dieser Beitrag stammt aus der RennRad-Ausgabe 10/2018. Diese können sie als E-Paper sowie im Print-Format in unserem Shop nachbestellen!

Sweet-Spot-Training

Das sogenannte Sweet-Spot-Training findet im Bereich zwischen 88 und 93 Prozent der Functional Threshold Power statt. Oder, grober abgesteckt, zwischen 75 und 83 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Es zeichnet sich durch seine Effizienz aus.

Viele Profis setzen auf Intervallformen, etwa dreimal 20 Minuten mit ebenso langen Pausen. Für erfahrene Langdistanz-Athleten kommen auch längere Einheiten von bis zu 120 Minuten am Sweet Spot infrage.

All-Out-Intervalle

Hier ist sehr viel möglich. Etwa sogenanntes High Intensity Intervall Training (HIIT) mit kurzen Intervallen bei 100 Prozent Intensität. Etwa: zehnmal Sprints von acht – oder zwölf oder 20 – Sekunden aus dem Stand.

Die Trainingseffekte sind sehr ähnlich zu denen des Grundlagenausdauer-Trainings. So werden etwa durch erhöhte Laktatlevel nicht, wie früher angenommen, die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, zerstört, sondern sie werden auch durch das HIIT neu gebildet.

Ein Star der Langdistanzszene, der fünfmalige Sieger des Race Across America Christoph Strasser, setzt auf längere All-out-Intervalle, die mit viermal vier Minuten beginnen und im Laufe der Saison auf viermal 16 Minuten – mit 16 Minuten aktiver Pause – gesteigert werden. Intensität: 100 Prozent.

Tipps fürs Langdistanz-Training

Pacing

Viele Einzelstarter neigen dazu, ein Rennen zu schnell anzugehen – etwa indem sie versuchen, an Staffelfahrern dranzubleiben. Dieser Standardfehler kann sich durch spätere Leistungseinbrüche bitter rächen.

Kurze Sprints im anaeroben Bereich sollten vermieden werden. Es gilt, unterhalb der Individuellen Anaeroben Schwelle, die bei rund 75 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegt, zu bleiben.

Ernährung

Gebot Nummer eins lautet: Keine Experimente im Wettkampf! Ergo sollte man seine Ernährungsstrategien alle bereits im Training ausprobiert haben.

Einige Athleten schwören auf eine reine „Flüssignahrung“, etwa auf Fertigmischungen wie „Ensure“, die neben Kohlenhydraten, Salz und Mineralien auch Proteine und Fett enthalten. Oder auf Eigenkreationen wie jene des Radmarathonspezialisten Robert Petzold, die aus 60 Gramm Maltodextrin, 30 Gramm Fruktose und einer Prise Salz pro Trinkflasche bestehen. Andere Athleten ernähren sich eher konventionell und greifen zu Bananen, belegten Brötchen, Eiwaffeln mit Nutella, Reiskuchen oder gar Nudeln.

Reines Wasser sollte man während eines 24-Stunden-Wettkampfes meiden. Dies kann zu einem „Ausspülen“ der Mineralien und einem Leistungseinbruch führen. Lösungen von Elektrolyt- beziehungsweise Kohlenhydratpulvern und/oder etwas Salz sind die bessere Wahl.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Material

Im Vordergrund sollten zwei Aspekte stehen: Komfort und Aerodynamik. Im Idealfall probiert man im Training verschiedene Sattel- und Hosenmodelle aus. Einige Athleten setzen zudem auf Radhandschuhe mit Gel-Einlagen oder das Verwenden von zwei Lenkerbändern übereinander.

Wichtig ist auch die Lichtanlage. Diese kann am Helm oder am Lenker montiert sein. Auf abgesperrten Rennstrecken muss zudem keine Rücksicht auf eine StVZO-Konformität der Lampe genommen werden.

Koffein

Viele Sportler greifen während der 24 Stunden zu Cola, schwarzem oder grünem Tee, koffeinhaltigen Gels und Riegeln oder gar Kaffee.

Dass Koffein Müdigkeit bekämpft und die Leistungsfähigkeit erhöhen kann, ist ein Fakt. Jedoch kann es auch überdosiert werden. Zudem stand es, in hohen Dosen, bis vor einigen Jahren auf der Dopingliste.

Tapering

Mindestens die finalen fünf Tage vor dem Rennen sind zur Erholung gedacht. Hier kann zudem ein Carbo-Loading durchgeführt werden.

Der Trainingspeak sollte in der Regel rund zwei bis 1,5 Wochen vor dem Wettkampf liegen. Dann kann auch eine Rennsimulation – bei der man vorrangig im GA2-Bereich beziehungsweise um und am Sweet Spot fährt – ­absolviert werden.

Am Tag vor dem Rennen sollte man am besten nicht pausieren, sondern sich locker für eine bis zwei Stunden einfahren und dabei zwei bis drei kürzere Intervalle oder Sprints einbauen.

RennRad-Magazin bestellen!

Dieser Beitrag ist Teil der dreiteiligen Serie zu Markus Rieber und dem Langdistanz-Radsport. Die beiden weiteren Artikel finden Sie hier:

24-Stunden-Radrennen: Markus Rieber im Porträt

Markus Rieber über Training, Motivation und Ernährung

René Fürstenberg: Vom Fußballtor zum Rennradfahrer – ein Porträt

René Fürstenberg, Radsport, Porträt, Tour de Kärnten, Rennrad

Die Oberschenkel beginnen zu brennen. Herzfrequenz, Laktatspiegel und Straße steigen stetig nach oben. Schweiß tropft auf den Lenker und das Oberrohr. René Fürstenberg arbeitet nach einem langen Arbeitstag weiter – auf dem Rad. An seinen Fähigkeiten am Berg, an Fähigkeiten, die er braucht, um sein Ziel zu erreichen: die Teilnahme an der Tour de Kärnten.

Triathlon-Kolumne: Erlebnisbericht eines Einsteigers

René Fürstenberg: Erst Übergewicht, dann Triathlon

Wie für viele Berufstätige gilt es für den Fachinformatiker sein Training möglichst effektiv in den beruflichen und familiären Alltag zu integrieren. War das Radfahren am Anfang noch als Ausgleich gedacht, entwickelte der ehemalige Fußballtorwart sehr schnell sportlichen Ehrgeiz. Viele Jahre lang stand der 1,89 Meter große und kräftig gebaute Hobbysportler bei Spielen der oberen Amateurligen im Tor.

Das Karriereende dort bedeutete, wie bei Leistungssportlern nicht unüblich, auch für ihn einen vorläufigen Abschied vom Idealgewicht. Phasenweise wog er 35 Kilogramm mehr als zu seinen Zeiten als Torwart. Parallel mit der Gewichtszunahme sank seine Freude an der Bewegung. „Das war nicht mehr ich“, sagt der heute 37-Jährige rückblickend.

Eines Abends, bei einer Feier, erzählte ihm ein Freund von Volkstriathlon-Events. René Fürstenberg hörte zu – und in seinem Kopf machte es Klick. Mit wenig Kondition, aber einem großen Willen startete er kurz darauf bei seinem ersten Kurztriathlon: 500 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren, fünf Kilometer Laufen.

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Faszination Radsport: Vom ersten Rennrad zum ersten Rennen

„Im Ziel war ich fix und fertig, aber stolz auf das Erreichte.“ Fürstenberg war infiziert. Der Freund, der ihn zum Triathlon brachte, begeisterte ihn schließlich auch für ein Radrennen. 2011 kaufte er sein erstes Rennrad. Und erlebte, was Radrennen bedeuten: Ein Kampf gegen sich selbst, Gegner, Strecke, Hitze, Kälte, Regen.

Wie für die meisten Einsteiger galt es auch für René Fürstenberg erst einmal Kilometer abzuspulen. Der Spaß rückte dabei fast schon in den Hintergrund. Nicht nur brennende Fußsohlen, Nackenschmerzen und Sitzbeschwerden erforderten viel Disziplin und Willenskraft. Vor allem in Sachen Geschwindigkeit war das Training noch weit entfernt von der einstigen Dynamik und Explosivität, die für einen Torwart im oberen Amateurbereich notwendig sind.

Nach vielen Wochen konsequenter Arbeit stellten sich die ersten Erfolge ein. Während die angezeigten Werte der Digitalwaage und des Herzfrequenzmessers immer weiter nach unten gingen, erhöhte sich das Leistungsvermögen. Die Ausfahrten wurden länger und länger. Spätestens hier wurde die Faszination Radsport für den ehemaligen Fußballer greifbar. Seine Ziele bei den ersten Hobby-Radrennen: ankommen. Erfahrungen sammeln.

Wie sieht gesunde Ernährung für Radsportler aus? Tipps vom Experten

Mehr als Abnehmen

Doch nach und nach stieg mit den Ambitionen auch der Trainingsaufwand. Betrug seine Rad-Kilometer-Zahl im Jahr 2010 null – so kommt er heute auf rund  12.000 Trainings-Kilometer auf dem Rennrad.

Die Trainingsinhalte sind inzwischen wesentlich differenzierter. So war der Kraftraum in der Vorbereitung auf die Saison 2018 ein fester Bestandteil, um verschiedene Muskelgruppen gezielt zu trainieren. Das Ziel: die Maximalkraft. Zur Ermittlung der genauen Belastung erfolgte bereits im Vorfeld ein Maximalkrafttest.

Aber natürlich kennt auch René Fürstenberg die Standard-Probleme aller Hobbyathleten: Etwa, dass viele Trainings nicht wie vorgesehen durchgeführt werden können. Er nimmt das hin. Und macht später wieder normal mit seinem Trainingsplan weiter. „Die Belastungen bauen aufeinander auf und sollten deshalb in einer gewissen Reihenfolge und mit entsprechenden Abständen stattfinden“, sagt er.

RennRad-Magazin bestellen!

Den Spaß am Sport erhalten: René Fürstenberg und sein Ehrgeiz

Seit zwei Jahren spielt in seinem Leben auch das Thema Ernährung eine immer wichtigere Rolle. Aber eine ohne Dogmen, ohne selbstauferlegte Verbote. Fast. Denn Alkohol ist für ihn absolut tabu. Zu Süßigkeiten greift er nur selten. Wie beim Training steht auch bei der Ernährung die Ausgewogenheit im Vordergrund, um den notwendigen Spaß am Sport zu erhalten.

Eine gezielte Gewichtsreduktion sieht Fürstenberg nicht als unbedingt leistungsfördernd. Für ihn regelt sich dies vor allem über die Qualität der Einheiten. „Gerade in meiner Anfangszeit habe ich bemerkt, wie alleine das Training auf dem Rad zehrt“, sagt er rückblickend.

Die Tour de Kärnten war eines seiner ersten großen Ziele. Heute blickt er auf mehrere erfolgreiche Teilnahmen zurück. Seine Gesamtfahrzeit 2018: 16 Stunden, 39 Minuten. Platz 222. Galt es 2012 noch die Rennen zu beenden, ist sein großes Saisonziel nun ein anderes: die Qualifikation für die Jedermann-Weltmeisterschaft im italienischen Varese.

Dieser Artikel erschien in der RennRad-Ausgabe 8/2018. Diese können Sie genauso wie viele weitere Hefte in unserem Shop nachbestellen – im Print-Format oder als E-Paper!

Leichte Rennräder im Test: 9 Leichtgewichts-Rennräder

Leichte Rennräder, Test, RennRad 7/2019

Auf dem Rennrad fallen die Entscheidungen meist bergauf – erst an den Anstiegen trennt sich die Spreu vom Weizen. Dies gilt für die Tour de France genauso wie für das Jedermannrennen oder die Gruppenfahrt mit Freunden. Gerade bergauf macht sich jedes Kilogramm weniger bemerkbar. Der Wert, der letztendlich zählt, heißt: Watt pro Kilogramm. Es geht also um die Leistung in Relation zum Systemgewicht, das sich aus dem Fahrer, seiner Kleidung und seinem Rad zusammensetzt. Physikalisch gesehen bringt ein Gewichtstuning für eine konstante Geschwindigkeit in flachem Terrain fast gar nichts. Bergauf sind leichte Rennräder dagegen schon ein Trumpf.

Ein Beispiel: Bewegt ein Fahrer ein Systemgewicht von 85 Kilogramm an einem fünf Kilometer langen Anstieg mit durchschnittlich sechs Prozent Steigung mit einer konstanten Geschwindigkeit von 15 km/h, so muss er dafür durchschnittlich 236 Watt leisten. Ein um 0,5 Kilogramm minimiertes Systemgewicht spart 1,2 Watt. Ergo kann der Fahrer 0,1 km/h schneller fahren. Die Fahrzeit von knapp 20 Minuten reduziert sich um sechs Sekunden.

RennRad 7/2019

Jetzt im Shop die Ausgabe 7/2019 mit 64 Seiten Tour-Spezial bestellen!

Leichte Rennräder im Test: Diese Modelle haben wir getestet

Marke Modell UVP Prädikat
ROSE X-Lite Six Ultegra 3399 Euro Kauf-Tipp
Storck Aernario.2 Comp 3998 Euro Race-Tipp
Canyon Ultimate CF SLX 9.0 4699 Euro Kauf-Tipp
Stevens Comet 5219 Euro  
Ax-Lightness Vial Evo RaceTestbrief 8899 Euro Race-Tipp
Airstreeem Triple EEETestbrief 9070 Euro  
Ridley Helium SLX 9499 Euro  
Argon 18 Gallium Pro AstanaTestbrief 9500 Euro  
Trek Émonda SLR9 Disc 9999 Euro  

Bilder der leichten Rennräder aus dem aktuellen Test

ROSE X-Lite Six Ultegra, Test

ROSE X-Lite Six Ultegra

Storck Aernario.2 Comp, Test

Storck Aernario.2 Comp

Canyon Ultimate CF SLX 9.0, Test

Canyon Ultimate CF SLX 9.0

Stevens Comet, Test

Stevens Comet

AX-Lightness Vial Evo Race, Test

AX-Lightness Vial Evo Race

Airstreeem Triple EEE, Test

Airstreeem Triple EEE

Ridley Helium SLX, Test

Ridley Helium SLX

Argon 18 Gallium Pro Astana, Test

Argon 18 Gallium Pro Astana

Trek Émonda SLR9 Disc

Die ausführlichen Testberichte der leichten Rennräder lesen Sie in der RennRad-Ausgabe 7/2019. Darüber hinaus versorgen wir Sie auf 64 Extra-Seiten über alles, was Sie über die Tour de France 2019 wissen müssen. Jetzt bestellen!

Gewichtslimit

Fährt man generell schneller oder beschleunigt zwischendurch einige Male, gewinnt man noch mehr Zeit dazu. Für den Anstieg nach L’Alpe d’Huez wurde für die schnellsten Profis bei einem Gewichtsvorteil von einem Kilogramm eine Leistungsersparnis von 4,5 Watt errechnet. Generell gilt: Bei 250 Watt hat man mit einem ein Kilogramm leichteren Rad ab einer Steigung von 4,4 Prozent Vorteile gegenüber einem Aero-Rad.

Das Problem jedes Material-Gewichtstunings ist: der Preis. Denn je leichter ein Teil ist, desto teurer ist es in der Regel auch. Häufig kommen in diesem Bereich Hightech-Carbon und -Fertigungstechniken zum Einsatz – und manchmal auch sehr viel Handarbeit. In diesen Test haben wir Räder bis zu einem Gewicht von 6,9 Kilogramm aufgenommen.

Zum Vergleich: Das durch den Weltverband UCI vorgegebene Mindestgewicht von Rennrädern beträgt 6,8 Kilogramm. Mit den meisten der Räder dieses Tests dürften die Profis demnach gar nicht bei Rennen starten. Außer sie bauen schwerere Komponenten oder gar kleine Bleigewichte ein.

Wer wird Super Stagiaire 2019? Die sechs Kandidaten in Phase 2 gibt es hier!

RennRad, Abo, Mini-Abo, Banner

Jetzt die RennRad ohne Risiko testen! Zum Shop!

Leichte Rennräder, die auch die Profis fahren

Zwei unserer Testräder werden so auch von Radprofis gefahren: das Ridley Helium und das Argon 18 Gallium. Letzteres wurde als Team-Replica in den Farben des Spitzenteams Astana geliefert. Es rollt auf Schlauchreifen und Corima-Carbon-Laufrädern. Die Geometrie ist klassisch: lang und gestreckt.

Klar erkennbare Renn-Gene haben etwa auch das Ridley Helium und das Storck Aernario, das jedoch auch sehr stark auf eine Aerodynamik-Optimierung ausgerichtet wurde – was man auf flachen Highspeed-Abschnitten durchaus spürt.

Einen anderen Ansatz – hin zu viel Komfort und Langstreckentauglichkeit selbst für Einsteiger – geht hingegen Trek mit seinem Emonda SLR 9 Disc: Das Steuerrohr ist eher lang, die Sitzposition eher kompakt und leicht aufrecht. Extrem ausgewogen ist etwa das Canyon Ulti­mate CF SLX: Es ist sowohl agil als auch laufruhig, aerodynamisch und leicht – somit spricht es eine sehr breite Zielgruppe an.

Preis-Leistung

Das günstigste Rad des Testfeldes, das ROSE X-Lite Six, kostet rund 3400 Euro – bei einem Gewicht von 6,6 Kilogramm und einer robusten und durchdachten Ausstattung. Sowohl die Rahmen- als auch die Fahreigenschaften sind top. Rose ist der klare Testsieger in der Kategorie Preis-Leistung.

Auch das leichteste Rad kommt von einem deutschen Hersteller – es wird sogar in Deutschland und in Handarbeit produziert: das AX-Lightness Vial Evo Race. Sein Gewicht: 5,5 Kilogramm. Allerdings haben die deutschen Leichtbau- und Carbonspezialisten sogar noch leichtere Versionen des Vial Evo im Programm. Der Rahmen des getesteten Modells wurde an manchen Stellen, vor allem am Tretlager, noch einmal verstärkt – das maximal zulässige Fahrergewicht liegt bei 120 statt 100 Kilogramm. Die sehr hohe Rahmensteifigkeit, das agile Handling und der überraschend hohe Fahrkomfort überzeugten unsere Tester.