Monat: April 2020

StVO: Neuerungen für Radfahrer im Straßenverkehr

Verkehrswende, Leitartikel

„Die neuen Regeln stärken insbesondere die schwächeren Verkehrsteilnehmer“, sagt der Verkehrsminister des Bundes, Andreas Scheuer, zu den neuen Regelungen der Straßenverkehrsordnung, StVO. Insbesondere für Radfahrer sollte sich so ab dem 28. April ein besserer Schutz im Straßenverkehr einstellen. Autofahrer sollen sich auf strengere Regeln und höhere Bußgelder einstellen. Doch welche Regelungen haben sich geändert und inwiefern werden die Änderungen den Radfahrern im alltäglichen Straßenverkehr nutzen?

Neue StVO: Halteverbot auf Radwegen

Eine wichtige Neuerung ist das Halteverbot auf eingezeichneten Schutzstreifen und Fahrradwegen. Bei Missachtung drohen dem Autofahrer 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Außerdem erhalten Radschnellwege künftig eine eigene Beschilderung.

Nebeneinanderfahren ist explizit gestattet

In der alten StVO hieß es: „Mit Fahrrädern muss einzeln hintereinander gefahren werden; nebeneinander darf nur gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird.“ Nun ist das Nebeneinanderfahren explizit gestattet – wenn es der Verkehr zulässt: „Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden.“ Damit soll dem Missverständnis entgegengewirkt werden, dass nur in Ausnahmefällen zwei Radfahrer nebeneinander unterwegs sein dürfen.

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In jedem Fall ist künftig die Abstandsregel beim Überholen genau geregelt. Bislang war in der StVO nur von „ausreichendem Abstand“ die Rede, nun ist festgeschrieben, dass Autofahrer beim Überholvorgang mindestens 1,5 Meter seitlichen Abstand innerorts und zwei Meter außerorts einhalten müssen.

Die Erklärung lautet weiter: „Dabei gilt der für Kraftfahrzeuge vorgeschriebene Seitenabstand auch für das Überholen von auf Schutzstreifen befindlichen Rad Fahrenden, da sich auch diese auf der Fahrbahn fortbewegen und der Schutzstreifen lediglich einen geschützten Raum der Fahrbahn darstellt.“ Dieser Mindestabstand gilt für alle „schwächeren Verkehrsteilnehmer“ und explizit auch für Verkehrsteilnehmer, die sich auf Schutzstreifen befinden. An Engstellen ist Überholen nicht gestattet, zeigt künftig ein entsprechendes Schild an.

StVO: „Grüner Pfeil“ für Radfahrer

Durch die Neuregelung dürfen Radfahrer an einer roten Ampel rechts abbiegen, auch wenn die Ampel geradeaus rot zeigt. „Soweit der Radverkehr die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten hat, dürfen Rad Fahrende auch aus einem am rechten Fahrbahnrand befindlichen Radfahrstreifen oder aus straßenbegleitenden, nicht abgesetzten, baulich angelegten Radwegen abbiegen“, so heißt es in der neuen Regelung. Damit geht eine weitere Maßnahme für Kfz über 3,5 Tonnen einher. Diese müssen künftig in Schrittgeschwindigkeit Rechtsabbiegen.

Rad ab: Leitartikel zur Verkehrswende

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Langstreckentraining: Trainingstipps vom zweifachen Ötztaler-Sieger

Langstreckentraining, Training, Trainingstipps

Im Frühjahr stehen zahlreiche beliebte Langstreckenevents im Radsport-Terminkalender. Normalerweise. In normalen Jahren. 2020 hat das Corona-Virus alles geändert. Er hat Leben zerstört. Und die Pläne vieler Athleten. Dennoch blicken wir nach vorne und nicht zurück. Hin zu den kommenden Events, zu Radmarathons, Herausfoderungen, neuen Zielen. Hin auf die kommende Saison, auf eine Normalisierung, auf die Saisonplanung, die Periodisierung.  Zusammengefasst: auf den geplanten Weg zur Topform. Mit dem richtigen Langstreckentraining.

Ein erster Meilenstein ist dann sicherlich für Viele wieder der Spreewald-Marathon mit seinen bis zu 200 Kilometern Länge. International beginnt das Langstrecken-Jahr – falls es ein „normales“ Jahr ist – mit den Ausgaben der bekannten belgischen und italienischen Frühjahrsklassikern für Hobbyathleten. Und mit Mallorca 312: Bis zu 312 Kilometer über die Radsportinsel schlechthin, Mallorca. Weiter geht es unter anderem mit der 300-Kilometer-Strecke der Mecklenburger Seen Runde und mit dem größten dieser frühen Events, dem Rhön-Radmarathon an Pfingsten in Bimbach.

Die folgenden Tipps sollen dabei helfen, seine Ausdauer zu verbessern – und langfristig die Form für solche Langstreckenrennen zu erreichen.

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Langstreckentraining zu Beginn der Saison

Früh in einer Saison haben nur wenige Hobbyathleten schon mehrere Tausend Kilometer in den Beinen, weshalb stets gilt: Bei Radmarathons mit den Kräften haushalten und bestmöglich in Gruppen zusammenarbeiten. Es kann ratsam sein, eine schnellere Gruppe ziehen zu lassen oder an einer Labestation auf eine andere Gruppe zu warten, um nicht zu überziehen.

Bereits beim Start sollte man sich entsprechend seiner geschätzten Leistungsfähigkeit einordnen. Geht man es zu schnell an, wird man das später bereuen. Aber auch wenn man sich gut fühlt und ganz hinten startet, kann es viel Kraft kosten, sich nach vorne zu arbeiten.

Auch wenn es schwerfällt: Der obere Grundlagenbereich ist das richtige Tempo für eine derartige mehrstündige Belastung. Um seine Ziele zu erreichen, erscheint das eventuell zu langsam, aber für den Formaufbau ist es das Richtige. Wer es schneller angehen will, sollte zumindest längere Passagen im Entwicklungsbereich und über der eigenen funktionalen Leistungsschwelle FTP vermeiden.

Pacing und Ernährung

Vor einer langen Belastung müssen die Energiespeicher gefüllt sein – und auch die Energiezufuhr während der Fahrt sollte vorher genau geplant werden. Durch den hohen Energieverbrauch kann man nicht früh genug mit der Nahrungsaufnahme beginnen.

Im Rennverlauf ist eine Umstellung auf „flüssige“ Ernährung möglich. Magenprobleme sind bei langen Belastungen keine Seltenheit – darauf sollte man vorbereitet sein und immer genug Gels oder Pulver bei sich tragen, die im Ernstfall helfen können, den „Supergau“ zu vermeiden: den Hungerast – und damit den rapiden Leistungsverlust. Zu viel essen kann man während einer solch langen Etappe eigentlich nicht. Eher ist es der fehlende Appetit beziehungsweise Durst oder der Magen, der einen davon abhält, genug zu essen und zu trinken. Zu den „Mitteln“ der Wahl zählen: Salz und Kohlenhydrate.

Der Stoffwechsel

Während einer sehr langen Tour werden Tausende von Kalorien „verbrannt“. Bereits im Vorfeld betreiben einige Athleten daher das sogenannte Carbo-Loading: Dabei werden möglichst viele Kohlenhydrate in den Glykogenspeichern der Muskeln eingelagert. Während der Belastung kann man stündlich 60 bis 90 Gramm Kohlenhydrate aufnehmen. Das ist der Teil der Energie, der von außen zugeführt wird.

Für die Langstrecke ist jedoch zusätzlich der Fettstoffwechsel entscheidend. Dieser kann gezielt trainiert werden, vor allem durch Fahrten im Grundlagenbereich. Wie hoch dieser Bereich bei jedem individuell anzusetzen ist, hängt von der FTP ab. Bei etwa 50 bis 77 Prozent der Leistungsschwelle bewegt man sich im Bereich der Grundlagenausdauer und erhöht den Anteil der Fettverbrennung. Wer ohne Powermeter fährt, kann sich auch an seinem Puls orientieren – bis zu 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz ist dann die grobe Richtlinie für den Grundlagenbereich. Wer mit dieser Intensität fährt und trainiert, gewinnt am meisten Energie aus dem Fettstoffwechsel.

Training des Fettstoffwechsels

Dieser lässt sich das ganze Jahr über trainieren: Wer im Winter bereits seine FTP steigern konnte, ist bei Rennen im Frühjahr im Vorteil. Zudem kann die Fettverbrennung durch Nüchterntrainings und gezielte Umfang-Blöcke verbessert werden. Ein Training mit leerem Magen bedeutet, dass körpereigene Reserven zur Energiegewinnung herangezogen werden müssen. Es sollte jedoch nicht zu lange betrieben werden. Da dann auch der Blutzuckerspiegel niedrig ist, sollte der Umfang 90 Minuten nicht übersteigen.

Je besser die Fettverbrennung ist, umso geringer ist der Verbrauch von Kohlenhydraten und umso länger kommt man mit den limitierten Reserven und der begrenzten Aufnahmefähigkeit über die Runden – ein wichtiger Leistungsfaktor für die Langstrecke.

Einen ausführlichen Trainingsplan zu dem Artikel über das Langstreckentraining finden Sie in der RennRad 5/2020.


Stefan Kirchmair ist zweifacher Ötztaler-Radmarathon-Sieger und Radtrainer mit A-Lizenz. Seine Renn- und Trainings-Erfahrungen gibt er gerne weiter. Für Fragen stehen er und sein Team zur Verfügung. Mehr zu ihm gibt es auch auf www.kirchmair-cycling.com sowie auf der entsprechenden Facebookseite.

Coronavirus: Lungenschäden möglich?

Peloton: Corona-Virus als Gefahr

Die durch das neuartige Coronavirus ausgelöste Krankheit Covid-19 könnte auch bei einem milden Krankheitsverlauf bleibende Lungenschäden verursachen. Zu diesem Ergebnis kam Dr. Frank Hartig, Leiter der Notfallaufnahme der Universitätsklinik in Innsbruck nach der Untersuchung von sechs erkrankten Tauchern. Nachdem die Patienten genesen waren, führten sie bei dem Arzt einen funktionalen Lungentest durch.

Sauerstoffunterversorgung nach Coronavirus-Erkrankung

„Spannend sind nun die ersten Kontrollen dieser sechs Taucher, die nach fünf bis sechs Wochen klinisch gesund zur Kontrolle kamen. Bei zweien sahen wir bei Belastung eine deutliche Sauerstoffunterversorgung als typisches Zeichen eines persistierenden Lungenshunts. Zwei andere zeigten bei Belastung immer noch sehr erregbare Bronchien wie bei einem Asthmatiker. Vier von den sechs Tauchern zeigten im Kontroll-CT immer noch eindrucksvolle Lungenveränderungen“, sagt Dr. Frank Hartig gegenüber der österreichischen Agentur APA. Keiner der Patienten kann als tauglich zum Tauchen bezeichnet werden.

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Hartig betont in seiner Stellungnahme, dass er kein Experte im Umgang mit dem Coronavirus sei, sondern als behandelnder Arzt täglich neues über die Krankheit lerne. Und dies sei schockierend: „Wir verstehen nicht, was hier gerade passiert. Sie sind wahrscheinlich lebenslang Patienten. Als Notfallmediziner mit 20 Jahren Erfahrung schluckt man, wenn man bei einem 40-jährigen Patienten so etwas sieht“, sagt er. Seine Beobachtungen lassen keine allgemeingültigen Aussagen zu, doch wird das Thema bereits wissenschaftlich aufgearbeitet.

Coronavirus: Folgen für Ausdauersportler

Auch Virologen wie Christian Drosten von der Berliner Charité schließen bleibende Schäden für die Lunge nicht aus. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, wie lange die Schäden tatsächlich bestehen bleiben. Drosten spricht zunächst von einer „monatelangen“ Erholungsphase, bis sich der Patient vollständig erholen kann. Frank Hartig denkt nicht, dass bei seinen Patienten jemals wieder der Zustand vor der Erkrankung erreicht werden kann.

Lungenschäden: Gefahr für Sportler?

Die Lungenschäden betreffen natürlich besonders auch Ausdauersportler. Die Sauerstoffaufnahme kann sich erheblich verschlechtern, gerade auch bei jüngeren Sportlern. „Grundsätzlich müssen wir in der nächsten Zeit auf diese Lungenveränderungen bei Covid-19-Patienten achten, um abschätzen zu können, inwieweit langfristige Veränderungen der Lunge zu Leistungseinschränkungen im Sport führen können“, sagt Prof. Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule in Köln gegenüber der Sportschau.

Coronavirus: Lungentest nach Krankheit ratsam

Für Radsportler und andere Ausdauersportler gilt, sich nach überstandener Krankheit Lungentests zu unterziehen um die Sauerstoffaufnahme und Fähigkeit zur Ausdauerbelastung zu untersuchen. Auch wenn der Krankheitsverlauf nicht schwerwiegend war.

Ansteckungsgefahr beim Sport – neue Erkenntnisse

Ausgangssperren auf der Radfahrer-Insel

Ernährung für Sportler während der Krise

Radmarathon-Ernährung: Leistung, Regeneration, Kohlenhydrate, Proteine

Radmarathon-Ernährung, Nutrixxion

Das Team N4Fun ist die größte Jedermann-Equipe Deutschlands. Die Teamfahrer nehmen in jeder Saison an Dutzenden von Radmarathons und Rennen teil – mit unterschiedlichen Ernährungsstrategien für unterschiedliche Belastungen. Generell gilt jedoch: Ohne die Zufuhr von Kohlenhydraten sind Topleistungen bei längeren Radrennen oder Radmarathons kaum möglich. Dennoch stellen sich viele Radsportler die Frage: Welche Kohlenhydrate? Und wie viele? Was ist die richtige Radmarathon-Ernährung?

Man kann sie etwa anhand ihres „glykämischen Index“ einteilen. Dieser unterscheidet kohlenhydrathaltige Lebensmittel nach ihren Effekten auf den Blutzuckerspiegel. Der Referenzwert ist der Blutzuckeranstieg nach der Aufnahme von 50 Gramm Glukose. Lebensmittel aus Weißmehl oder Haushaltszucker besitzen einen sehr hohen glykämischen Index, was bedeutet: Sie lassen den Blutzuckerspiegel sehr schnell hoch ansteigen. Entsprechend schnell liefern sie Energie, weshalb viele Athleten während des Wettkampfs bevorzugt auf Glukose und/oder Fruktose zurückgreifen. Diese Zuckerarten liefern zwar schnell Energie, aber nicht sehr langanhaltend. Es besteht die Gefahr, zu „unterzuckern“.

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Radmarathon-Ernährung: Kohlenhydrat-Mischung

Bei mehrstündigen Ausdauerbelastungen wie etwa Radmarathons ist es wichtig, dass eine regelmäßige Kohlenhydratzufuhr stattfindet, um eine sogenannte Hypoglykämie, den Hungerast, zu vermeiden. Dafür eignen sich etwa langkettige Kohlenhydrate: die Mehrfachzucker.

Dazu zählt etwa das Maltodextrin, ein Kohlenhydratgemisch, das auf der Basis von Stärke hergestellt wird. Stärke muss aufgespalten werden, bevor sie ins Blut gelangt, sie „wirkt“ daher langsamer, aber langanhaltender. Empfohlen wird eine Kohlenhydrataufnahme von 30 bis 60 Gramm pro Stunde – bei hohen, intensiven Belastungen bis zu 90 Gramm. In der Regel kann der Körper rund 60 bis 70 Gramm pro Stunde aufnehmen beziehungsweise verstoffwechseln. Doch mit einer Fruktose-Mischung kann die Aufnahme auf bis zu 90 Gramm gesteigert werden, da die Fruktose vorrangig über die Leber verstoffwechselt wird.

Eine Mischung aus kurz- und langkettigen Kohlenhydraten soll eine stabile Leistungsfähigkeit und einen relativ ausgeglichenen Blutzuckerspiegel ermöglichen. Diese Kombination findet sich etwa in Energieriegeln, -gels oder -getränken. Proteine können während Extrem-Langstreckenevents sinnvoll sein – und nach Wettkämpfen oder sehr intensiven Trainingseinheiten. Sie unterstützen Reparaturvorgänge in der Muskulatur und können somit die Regeneration unterstützen. Auch der Fettgehalt der Nahrung, die während der Belastung zugeführt wird, sollte so niedrig wie möglich gehalten werden – außer bei extremen Ausdauerfahrten – denn selbst bei gut austrainierten Menschen stellen die körpereigenen Fettreserven ein nahezu unbegrenztes Energiedepot dar.

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Flüssigkeit

Flüssigkeitsverluste können zunächst zu Leistungseinbußen, später zu einer erhöhten Herzfrequenz und Konzentrations- und Koordinationsschwierigkeiten führen. Liegt die Trainings- oder Wettkampfdauer unter einer Stunde, so kann die Aufnahme von etwa einem halben Liter Flüssigkeit in den zwei Stunden vor dem Sport ausreichend sein. Bei einer längeren Belastung sollte man als Anhaltspunkt etwa 150 bis 200 Milliliter alle 20 Minuten zu sich nehmen.

Dies stellt jedoch nur einen Richtwert dar, denn die benötigte Trinkmenge ist für jeden individuell und neben der Belastungsdauer von der Temperatur, dem Schweißverlust, der Körpergröße und dem Trainingszustand abhängig. Wichtig ist auch der Ausgleich der Mineralienverluste durch den Schweiß. Deshalb geben viele Radsportler je eine Messerspitze Salz in ihre Trinkflaschen.

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Radmarathon-Ernährung: Der glykämische Index

Lebensmittel mit hohem GI

Lebensmittel GI
Traubenzucker 100
Weißer Reis 87
Kartoffeln, gekocht 78
Pommes frites 75
Weißbrot 73
Wassermelone 72

Lebensmittel mit mittlerem GI

Lebensmittel GI
Vollkornbrot, fein 70
Zucker 68
Rosinen 64
Müsliriegel 61
Basmatireis 58
Haferflocken 55

Lebensmittel mit niedrigem GI

Lebensmittel GI
Vollkornbrot, ganze Körner 52
Salzkartoffeln 50
Möhren 47
Äpfel 38
Spaghetti al dente 38
Linsen 30

Bahn-WM 2020 der Frauen: Die schnellsten Sprinterinnen der Welt

Emma Hinze, Bahn-WM

Sie widersetzt sich allen Regeln des Kampfsprints – sie braucht keine Taktik, sie fährt einfach von der Spitze aus, die letzten beiden Runden, vorne im Wind, die Gegnerinnen in ihrem Windschatten, chancenlos. Die letzten 200 Meter. Sie schaut über die Schulter, beschleunigt – und gewinnt mit fast einer Radlänge Vorsprung. Keirin ist ein Sprintrennen von sechs Fahrern. Keirin ist Taktik. Im Windschatten fahren. Kraft einteilen. Nicht diesmal, nicht in Berlin, nicht bei dieser Bahnrad-Weltmeisterschaft. Denn dies ist ihre WM. Die WM der aktuell besten Sprinterin der Welt. Die WM der Emma Hinze.

„Ich habe noch nie eine Sprinterin gesehen, die eine Meisterschaft so dominiert hat wie Emma in Berlin“, sagt der Bundestrainer Detlef Uibel. Emma Hinzes Bilanz dieser Heim-WM: Gold im Teamsprint, Gold im Einzelsprint und Gold im Keirin.

Kurz nach einer Siegerehrung, als sie gerade auf dem Weg zu ihren Eltern ist, trifft sie ihre Vorgängerin: Kristina Vogel, die einst beste Sprinterin der Welt. Sie dominierte die Sprintturniere – bis zu einem tragischen Trainingsunfall. Seitdem ist sie querschnittsgelähmt. „Ich bin sehr stolz auf Emma. Es ist Wahnsinn, was sie heute geleistet hat“, sagt Vogel. Und nicht nur an diesem Tag. Es ist die Weltmeisterschaft der Emma Hinze. Nach und nach legte sie ihre Nervosität ab und baute Selbstbewusstsein auf. „Nervosität gehört dazu“, sagt sie. „Eine gewisse Anspannung braucht man. Ich bin dann in einem Tunnel und kriege nichts um mich herum mit. Und als ich im Halbfinale die amtierende Weltmeisterin geschlagen habe, war der Weg frei. Sie war schon oft meine Gegnerin und hat mich meistens geschlagen. Diesmal war es anders.“

Emma Hinze, Kristina Vogel, Bahn-WM

Emma Hinze feiert unter anderem gemeinsam mit Kristina Vogel

Bahnrad-WM 2020: Siege und Verletzungen

Emma Hinze fuhr ihre ersten Radrennen im Alter von sechs Jahren – damals trat sie ihrem Heimatverein bei, dem RSC Hildesheim. „Emma war immer sehr ehrgeizig. Ihre große Stärke war schon immer der Sprint. Kam es auf der Zielgeraden zum Massensprint, war sie immer ganz vorn dabei“, sagt ihr Jugendtrainer Jörg Wiechmann. Emmas Vater Mathias überredete sie, es einmal auf der Bahn zu versuchen. 2013 belegte sie bei ihrer ersten Bahn-DM auf Anhieb Platz zwei im Sprint und wurde im 500-Meter-Zeitfahren Dritte. „Dieser frühe Erfolg hat den Sport für mich attraktiv gemacht“, sagt Emma Hinze. „Ich dachte nur: Das läuft, dabei bleibe ich. Außerdem bin ich eher eine Einzelkämpferin und ziehe gern mein eigenes Ding durch.“

2013 übersiedelt sie mit 16 Jahren nach Kaiserslautern, in das dortige Sportinternat, da sie zu Hause in Hildesheim keine Möglichkeit hat, auf einer Bahn zu trainieren. Doch nach nur einem Jahr wechselt sie von der Pfalz nach Brandenburg, in die Lausitzer Sportschule Cottbus. Erste internationale Erfolge stellten sich ein: Zusammen mit Doreen Heinze bestritt sie 2014 ihre erste Junioren-WM, 2015 fuhr sie an der Seite von Pauline Grabosch zu Gold und gewann die beiden Einzeltitel im Sprint und Keirin. 2016 wurde sie als Ersatzfahrerin für die Olympischen Spiele von Rio de Janeiro nominiert. Doch dann begann eine schwierige Zeit für sie: Immer wieder litt sie unter Knie- und Rückenproblemen – und dachte bereits daran, ihre Karriere zu beenden. Mit erst 20 Jahren.

In diesem Moment änderte ein Zusammentreffen viel: Sie lernt Aleksander Harisanow kennen. Er kann sie umstimmen und wird ihr Trainer. „Emma hat ihr Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft“, sagt er 2017. Und er behält recht. 2018 fuhr sie an der Seite von Miriam Welte zu EM-Bronze im Teamsprint. Im Folgejahr gewann dieses Duo EM-Silber und WM-Bronze. In der Saison 2020 stand die Cottbuserin sechsmal auf dem Podest verschiedener Weltcups, siegte in Hongkong im Teamsprint an der Seite von Pauline Grabosch und gewann in Minsk die Entscheidung im Keirin. Dann kam die WM in Berlin.

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Team und Taktik

Am Eröffnungstag gewann Hinze zusammen mit Lea Friedrich und Pauline Grabosch ihr erstes Gold im Teamsprint. „Diese Disziplin mag ich besonders“, sagt Hinze. „Sie kommt immer zuerst in einem Wettkampfprogramm. Und wenn es da gut läuft, hast du ein gutes Gefühl für die anderen Wettbewerbe.“ Nur zwei Tage später holte sie Gold im Einzel. „Der Erfolg von Berlin gibt Rückenwind für Tokio.“ Dort könnte sie im Teamsprint erneut zusammen mit Pauline Grabosch ins Rennen gehen, die sich in Berlin an der Weltspitze zurückmeldete. Vor zwei Jahren in Apeldoorn gewann Grabosch an der Seite von Miriam Welte und Kristina Vogel ebenfalls die Goldmedaille.

Darauf folgte ein Leistungstief bei der heute 22-Jährigen. Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Pruszków war die Magdeburgerin noch am Boden zerstört – nach Platz 15 über 500 Meter. Im Teamsprint wurde sie gar nicht eingesetzt. In Berlin lief es ganz anders: Sie wurde zu einem wichtigen Teil des Goldteams.

Der Anteil von Trainer Tim Zühlke

Einen großen Anteil an diesem „Comeback“ hat ihr Trainer: Tim Zühlke. „Wir funktionieren sehr ausgeglichen und harmonisch, offen und ehrlich. Herr Zühlke hat eine klare Meinung und einen klaren Weg. Er weiß, wie er mit mir umgehen muss, wenn ich nicht geradeaus laufe. Neben meiner Familie und meinen Freunden ist er einer meiner engsten Vertrauten“, sagt Pauline Grabosch.

Nachdem sie bei Kristina Vogels Trainingsunfall anwesend war, musste sie sich vor allem auch mental erst einmal in den Bahnradsport zurückkämpfen. Lange Zeit stand ihre Karriere in den Monaten nach dem Unfall auf der Kippe. Mehrere Rennen sagte sie kurzfristig ab, sie zog sich zurück und nahm während der Saison eine längere Auszeit. „Ich hatte eine relativ harte Zeit. Aber ich habe mich zurückgekämpft — mir geht es wieder gut. Ich mache mir keinen Druck und versuche wieder Spaß zu haben. Ich habe mich neu fokussiert und wieder Vertrauen in mich selbst.“

Lea Sophie Friedrich

Dies zeigte sich schon bei den Weltcups im Winter: Sieg beim Weltcup in Hongkong und Platz drei in Glasgow. Die Dritte im jungen deutschen Goldteam ist auch die Jüngste: Lea Sophie Friedrich ist erst 20 Jahre alt – und schon zweifache Weltmeisterin. Neben Gold im Teamsprint gewann sie den Titel im 500-Meter-Zeitfahren. Nach Miriam Welte in den Jahren 2014 und 2018 ist sie damit erst die zweite Deutsche, die diesen Titel gewann.

Friedrich fährt erst ihre zweite Saison in der Eliteklasse. Dennoch wirkt sie schon sehr routiniert und nervenstark. „Sie ist konditionell unglaublich stark. Ich muss sie manchmal eher noch bremsen. Taktisch muss sie noch dazulernen, aber sie steht ja auch erst am Anfang ihrer Karriere“, sagt der Bundestrainer Detlef Uibel über sein Supertalent. Bereits 2018 war Lea Sophie Friedrich vierfache Junioren-Weltmeisterin. Den Übergang in die Frauenklasse schaffte sie nahtlos. Schon bei der WM vor einem Jahr in Polen wurde sie Vierte im Sprint. Bei der EM gewann sie Bronze und holte Silber im Keirin und im Teamsprint. Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin im Sommer 2019 ließ sie im Sprint und im Keirin alle Konkurrentinnen hinter sich.

Lea Sophie Friedrich, Bahn-WM, Frauen

Lea Sophie Friedrich gehört zu den talentiertesten deutschen Fahrerinnen

Training und Tokio

Pauline Grabosch, Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich gelang es bereits jetzt, die Erfolge von Miriam Welte und Kristina Vogel fortzuführen. „Wenn mir das jemand vor zwei Jahren prophezeit hätte, den hätte ich für verrückt erklärt“, sagt Detlef Uibel. Nach zwei Jahren des Umbruchs, der mit dem furchtbaren Unfall von Kristina Vogel begann und im vergangenen Jahr durch den Rücktritt von Miriam Welte endgültig eingeleitet wurde, sind die deutschen Sprinterinnen wieder in der absoluten Weltspitze.

Die drei Topathletinnen befinden sich alle noch am Anfang ihrer sportlichen Karrieren – und haben es bereits geschafft, die Nachfolge der mehrfachen Weltmeisterinnen und Olympiasiegerinnen anzutreten. „Miriam Welte und Kristina Vogel haben mit ihren Erfolgen den Nachwuchs mitgerissen, darum haben wir jetzt diese Stärke. Hinze, Grabosch, Friedrich haben sehr schnell den Sprung an die Spitze geschafft, aber das darf uns nicht übermütig werden lassen“, sagt Uibel. „Der Erfolg von Berlin ist gut für das Selbstvertrauen, aber unsere Arbeit ist noch lange nicht beendet.“

Finale Vorbereitung auf Olympia

Nach einem Konditionslehrgang auf Mallorca beginnt die finale Vorbereitung auf Olympia: Kraft- und Bahntraining auf den Pisten von Cottbus und Frankfurt an der Oder. Der Bundestrainer hat nun die schwere Aufgabe, aus dem neuen Erfolgstrio zwei Fahrerinnen für Tokio 2021 auszuwählen. Dort dürfen nur zwei Frauen starten, die dann neben dem Teamsprint auch in den Einzeldisziplinen Sprint und Keirin eingesetzt werden.

Friedrich und Hinze sind derzeit im Vorteil. Das weiß auch Grabosch, die in Berlin die perfekte Anfahrerin war. „Ich möchte nicht in der Haut des Bundestrainers stecken“, sagt sie. „Ich höre nicht auf zu zappeln, solange es nicht vorbei ist. Ich gebe meine Möglichkeit nicht kampflos auf.“ Kristina Vogel und Miriam Welte erlebten die Triumphe ihrer Nachfolgerinnen in Berlin mit und waren die ersten Gratulanten. „Jede Zeit hat ihre Athleten, ihre Stars. Ich war es vielleicht auch ein paar Jahre. Jetzt kommen neue Champions. Vielleicht war es auch das Richtige für sie, dass die zwei Alten weg sind und Platz für Neue machen“, sagte Vogel. Die neue goldene Generation ist bereits da. Die schnellsten Fahrerinnen der Welt kommen wieder aus Deutschland.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 5/2021. Hier können Sie die Ausgabe als E-Paper oder Printmagazin bestellen.

RennRad 5/2020: Alle Inhalte der aktuellen Ausgabe

RennRad 5/2020: Alle Inhalte der aktuellen Ausgabe

Die Coronavirus-Krise verändert Perspektiven. Auf das Leben, die Arbeit, Wünsche, Träume. Es gibt so viel Wichtigeres als Rennräder. Und doch kann das eigene Hobby ein mentaler Anker sein – und das Radfahren eine neue gute Perspektive für alle. 32 Räder haben wir für diese RennRad-Ausgabe getestet – ein Rekord.

Es sind Räder aus zwei Welten, für viele Einsatzzwecke und Terrains. Ihre Reifenbreiten liegen zwischen 28 und 47 Millimetern. 14 von ihnen sind Rennräder, die alle in eine Richtung ausgelegt wurden: Fahrkomfort und Langstreckentauglichkeit – Radmarathon-Räder. Die anderen 18 sind noch vielseitiger: Gravelbikes. Dämpfung, Komfort, Geländegängigkeit – das zeichnet die Vertreter dieser Radgattung aus.

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RennRad 5/2020: 35 Paar Radschuhe

Im zweiten großen Test dieser Ausgabe haben wir 35 Paar Radschuhe miteinander verglichen: von günstig bis Highend, von 100 bis 500 Euro. Um das Thema Langstrecke dreht sich auch eine unserer Reportagen: Deren Protagonisten nahmen als Team an einem der härtesten Radrennen überhaupt teil – an dem 2170 Kilometer langen Race Around Austria. Nach drei Tagen und einer Stunde waren sie im Ziel. Die Geschichte ihres Abenteuers erzählen sie in diesem Magazin. Bleiben Sie gesund.

Verlosung: Gewinnen Sie ein Scott-Rennrad im Wert von fast 5000 Euro!

Alle Inhalte der RennRad 5/2020 auf einen Blick

In der Rubrik „Jedermann“

Auftakt: Menschen, Szene, Geschichten
News, Informationen und Leitartikel: Profisport und Kommerzialisierung. Probleme und Chancen

Extrem: Rund um Österreich – Pässe & mehr
Vier Freunde, ein Ziel: 2100 Kilometer auf dem Rad gemeinsam überstehen. Beim Race Around Austria

Abenteuer: Radrennen im Senegal
Sieben Etappen, ein Erlebnis: Das deutsche Team Embrace The World erlebt Chaos und Glück in Afrika

Reportage: Radmarathons in Italien
Der größte Radmarathon Italiens führt über neun Hügel der Emilia-Romagna. Inklusive Tourentipps

Porträt: Von Brasilien aus an die Weltspitze
Berge, Smog, São Paulo: Nadine Gill fährt erst seit zwei Jahren Radrennen — und nähert sich der Spitze

 

 

 

 

In der Rubrik „Teststrecke“

Auftakt: Neuheiten, Trends und mehr
Laufräder, Reifen, Räder aus dem 3D-Drucker: Neuheiten von Canyon, Lezyne, Velotec und mehr

Mega-Radtest: 32 Gravel- und Marathonräder
Komfort & Schotter: Der Vergleich im größten Test der RennRad-Geschichte. Von 1500 bis 8000 Euro

Gravel: die Grundausstattung – Offroad-Material
Gravel verspricht Freiheit — abseits von Straßen und Autos. Wir wollen sie erleben. Plus: Bikepacking-Tipps

Gravel Spezial, RennRad, Banner, Sonderausgabe

Das RennRad Gravel Spezial 2022 können Sie hier als E-Paper bestellen!

Mega-Test: 35 Paar Radschuhe
Topmodell oder die günstigere Variante? Der Test — mit Schuhen von Giro, Sidi, Fizik und vielen mehr

 

 

In der Rubrik „Training“

Auftakt: Wissen, Tipps und Rezepte
Studie: Schokolade hilft der Leistung. Plus: Rezept – Essen wie die Bora-Hansgrohe-Profis

Wissen: Gesund & fit – die richtige Ernährung
Zucker, Kaffee, Milch: Welche Lebensmittel nutzen uns — und welche schaden? Wissenschaftliche Einblicke

Training: Abnehmen & Top-Leistung
Diäten ohne Jo-Jo-Effekt. Einblicke in Trends und Studien. Mit Rezepten und Trainingstipps

Ernährung: Super-Organ Darm –Tipps
Der Darm ist unser größtes Organ und wichtig für Psyche und Leistung. Einblicke von Experten

Radmarathon-Training: die Langstrecke
200 Kilometer und mehr? Trainingspläne für lange Rennen vom Radmarathon-Experten

 

 

 

 

In der Rubrik „Peloton“

Profiradsport: Analyse & Fakten
Quintanas Rekord am Mont Ventoux und Rennabsagen wegen des Coronavirus

Der Alleskönner: Maximilian Schachmann
Der Sieger von Paris-Nizza über seine Form, die Klassiker und seine Olympia-Ziele

Bahn-WM: die weltbesten Sprinterinnen
Die schnellsten Bahn-Sprinterinnen der Welt kommen aus Deutschland. Die Hintergründe

Bahn-WM: Intervalle & Teamwork
Der Vierer ist die Königsdisziplin. Einblicke in das Training: Der lange, harte Weg an die Weltspitze

 

 

In der Rubrik „Reise“

Bergregion: Pässe in drei Ländern
20 Pässe, drei Länder: Das Dorf Nauders liegt in einem Radsport-Paradies. Mit Anstiegen und Touren

 

Gravel und Marathon: 32 Räder im Test

Gravel und Marathon: In diesem bislang umfangreichsten Rekord-Radtest, den wir von RennRad je durchgeführt haben, geht es um zwei unterschiedliche Radgattungen. Ihre Grundausrichtung geht in dieselbe Richtung: hin zu Fahrkomfort. Die Stichworte: eine eher aufrechte Sitzposition, breite Reifen, Flex und Dämpfungskomfort an bestimmten Rahmenabschnitten und Komponenten. Doch die Vertreter der einen Radgattung sind von ihrer Ausrichtung her „nur“ für einen Untergrund optimiert: Asphalt. Die der anderen sind „breiter“ – von ihrer generellen Ausrichtung und ihrem Einsatzgebiet her sowie von der Breite ihrer Reifen.

32 Räder im Test: Der Überblick

Hersteller Modell Preis Ausrichtung Prädikat
Cube Attain GTC RaceTestbrief 1699 Euro Marathon-Rennrad
Giant Defy Advanced 2Testbrief 1999 Euro Marathon-Rennrad
Felt VR Advanced 105Testbrief 2399 Euro Marathon-Rennrad
Canyon Endurace CF SL Disc 8.0Testbrief 2499 Euro Marathon-Rennrad Kauf-Tipp
Liv Avail Advanced 1Testbrief 2499 Euro Marathon-Rennrad Tipp Preis-Leistung
Airstreeem Marathon Disc (Ultegra)Testbrief 2764 Euro** Marathon-Rennrad
ROSE Reveal Four DiscTestbrief 2799 Euro Marathon-Rennrad
Cannondale Synapse UltegraTestbrief 2999 Euro Marathon-Rennrad
Storck Fascenario.3 Comp Disc (DT Swiss PRC1400/35)Testbrief 4498 Euro* Marathon-Rennrad
Bianchi Infinito XETestbrief 3199 Euro Marathon-Rennrad
Trek Domane SL 6Testbrief 3599 Euro Marathon-Rennrad Komfort-Tipp
KTM Revelator Alto GloriousTestbrief 3899 Euro Marathon-Rennrad Race-Tipp
Basso AstraTestbrief 4705 Euro Marathon-Rennrad
Specialized Roubaix CompTestbrief 4799 Euro Marathon-Rennrad Kauf-Tipp
Rennstahl 991 Speed GravelTestbrief 7834 Euro Marathon/Gravel
Bombtrack Hook 1Testbrief 1400 Euro Gravel-Bike
Giant Revolt 0Testbrief 1599 Euro Gravel-Bike
Kona Libre ALTestbrief 1899 Euro Gravel-Bike
Rondo Mutt ALTestbrief 1899 Euro Gravel-Bike
8Bar Mitte SteelTestbrief 1990 Euro Gravel-Bike
Felt Breed 20Testbrief 2399 Euro Gravel-Bike Offroad-Tipp
Centurion Crossfire Gravel 4000Testbrief 2599 Euro Gravel-Bike
Bergamont Grandurance EliteTestbrief 2799 Euro Gravel-Bike Kauf-Tipp
BMC Urs FourTestbrief 2999 Euro Gravel-Bike
Orbea Terra M20Testbrief 2999 Euro Gravel-Bike
Scott Addict Gravel 30Testbrief 2999 Euro Gravel-Bike
Storck GrixTestbrief 3.049 Euro Gravel-Bike
Canyon Grail CF SL 8.0 eTapTestbrief 3599 Euro Gravel-Bike Kauf-Tipp
Colnago G3-XTestbrief 4240 Euro Gravel-Bike
Standert PfadfinderTestbrief 4299 Euro Gravel-Bike
Chapter 2 AOTestbrief 5799 Euro Gravel-Bike
Rennstahl 991 GravelTestbrief 7298 Euro Gravel-Bike

*getestet wurde das Storck Fascenario.3 Comp Disc anders als bei den Details im Magazin angegeben, mit den höherwertigen DT-Swiss-Laufrädern PRC1400/35. Der angegebene Preis bezieht sich auf die Ausstattung mit diesen Laufrädern.

**getestet wurde das Airstreeem Marathon Disc mit einer Shimano-Ultegra-Ausstattung. Der angegebene Preis bezieht sich auf diese höherwertige Ausstattung. Auch das Urteil hinsichtlich dem Preis-Leistungsverhältnis, der Ausstattung und dem Gesamtergebnis kann sich dadurch verbessern. Die Anmerkung, dass bei der Ausstattung angesichts des Preises noch Potenzial besteht, wird dadurch relativiert.

Alle Tests finden sich in der RennRad-Ausgabe 5/2020

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Das Herbst-Offroad-Abo! Die RennRad 10/2020 mit dem Schwerpunkt Gravel und die 11/2020 mit dem Schwerpunkt Cyclocross plus das 88-seitige Gravel Spezial für nur 5,90 Euro – 60% sparen im Vergleich zum Einzelheftkauf! Hier bestellen!

Komfortabel und sportiv: Allroundeigenschaften

Welches Rad bietet wie viel Komfort? Wie sportiv lassen sich die Testräder bewegen? Welche Ausstattung passt zur jeweiligen Ausrichtung? Diese und viele weitere Fragen soll dieser Test beantworten. Wie bei so vielen Radtests ist die Spannbreite zwischen einer sportlich-agilen und einer klar komfortbetonten Auslegung sehr breit. Wenn auch die Ansprüche an die Modelle dieses Tests ungewöhnlich weit auseinandergehen – selbst unter den Rennrädern des Testfeldes gibt es einige, die klar auf Agilität, Kraftübertragung und Sportlichkeit, und andere, die klar auf Allround-Eigenschaften und Fahrkomfort gepolt sind.

Leicht und agil: unterschiedliche Eigenschaften

Zu Ersteren zählt etwa das Storck Fascenario.3 Comp Disc, das mit einem Gewicht von 7,49 Kilogramm das leichteste Rad des Tests ist. Die Ausrichtung auf lange bergige Radmarathons und eine sportlich-ambitionierte Fahrweise ist offensichtlich. Ein ähnlich agiles Fahrverhalten zeigt etwa auch das Canyon Endurace. Zu den besonders komfortbetonten Rennrädern zählt dagegen das Giant Defy Advanced 2. Mit seinen 32 Millimeter breiten Reifen bietet es besonders viel Dämpfung. Zudem zeichnet es sich durch eine eher aufrechte Sitzposition aus.

Der Überblick: die 32 Räder des Tests

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

8bar Mitte Steel

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Airstreeem Marathon Disc

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Basso Astra

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Bergamont Grandurance Elite

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Bianchi Infinito XE

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

BMC URS Four

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Bombtrack Hook 1

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Cannondale Synapse Ultegra

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Canyon Grail CF SL 8.0 eTap

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Canyon Endurace CF SL Disc 8.0

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Centurion Crossfire Gravel 4000

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Chapter2 AO

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Colnago G3-X

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Cube Attain GTC Race

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Felt Breed 20

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Felt VR 105

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Giant Revolt 0

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Giant Defy Advanced 2

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Kona Libre AL

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

KTM Revelator Alto Glorious

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Liv Avail Advanced 1

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Orbea Terra M20

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Rennstahl 991 Gravel

Test: Gravel und Marathon in der Ausgabe 5/2020

Rennstahl 991 Speed Gravel

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Rondo Mutt AL

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Rose Reveal Four Disc

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Scott Addict Gravel 30

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Specialized Roubaix Comp

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Standert Pfadfinder

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Storck Fascenario.3 Disc

Test: Gravel in der Ausgabe 5/2020

Storck Grix

Test: Marathon in der Ausgabe 5/2020

Trek Domane SL 6

Komfort: Dämpfung bei Rädern für Gravel und Marathons

Doch die dämpfungsstärksten Räder des Testfeldes sind unter den Gravelbikes zu finden. So sind die 27,5-Zoll-Vittoria-Terreno-Dry-Reifen des Felt Breed 47 Millimeter breit. Zudem weisen einige Gravelbikes sogar federnde beziehungsweise stark flexende Elemente auf, die den Fahrkomfort weiter erhöhen sollen – so etwa der optisch sehr markante Hover-Bar-Lenker des Canyon Grail oder das MTT-Elastomer am Hinterbau des BMC Urs.

Canyon Grail, Chapter2 AO und mehr

Generell zählt das Canyon Grail jedoch zu den sportiven Gravel-Modellen. Das leichteste von ihnen ist mit einem Gewicht von nur 8,22 Kilogramm in der Größe Small das extrem sportive Chapter2 AO. Egal, ob der eigene Anspruch Gravel-Rennen, Radmarathons, Mehrtagestouren, Bikepacking, Pendeln oder das eine komfortable Rad für alle Einsätze und alle Terrains lautet – in diesem Testfeld findet man dazu passende Rad-Modelle. Alle Tests finden sich in der aktuellen RennRad-Ausgabe 5/2020.

Das leichteste Testrad
Storck Fascenario.3 Comp Disc
Das Gewicht: 7,49 Kilogramm

Das günstigste Testrad
Bombtrack Hook 1
Der Preis: 1399,99 Euro

Das Testrad mit den breitesten Reifen
Felt Breed. Die Reifen: Vittoria Terreno Dry 650b. Die Breite: 47 Millimeter

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Mon Chasseral Laufräder von DT Swiss

DT Swiss, Mon Chasseral

Berglaufräder aus der Schweiz: DT Swiss präsentiert den neuen Laufradsatz der Serie Mon Chasseral: den PRC 1100 Dicut 24. Es ist der leichteste Laufradsatz von DT Swiss. Benannt ist die seit 2007 bestehende Linie nach dem Hausberg des Herstellers.

1266 Gramm, 2948 Euro: die neuen Mon Chasseral von DT Swiss

Nur 1266 Gramm soll der neue Laufradsatz aus Carbon für Tubeless Ready und Scheibenbremsen sein. Die Felgenhöhe beträgt für auf Leichtgewicht ausgerichtete Laufräder typische 24 Millimeter.

Die Carbonfelgen wurden im Out-of-the-mold-Verfahren gefertigt

Die Felgen des neuen Mon Chasseral von DT Swiss

Die Carbon-Felgen wurden in Out-of-the-mold-Bauweise hergestellt. Dadurch lässst sich Gewicht einsparen, zudem ist die feine Carbonstruktur der Felgen sichtbar. Laut DT Swiss sind es die am schnellsten beschleunigenden Laufräder des Herstellers.

Leichte Einzelteile: Das Gewicht des Laufradsatzes beträgt 1266 Gramm

Beschleunigung: Watt sparen durch leichte Laufräder

Bei einer Beschleunigung von null auf 30 km/h können demnach im Vergleich zu dem Laufradsatz DT Swiss PRC 1100 Dicut 35 sogar 15 Prozent der für die Rotation und die Kraftübertragung notwendigen Energie eingespart werden. DT Swiss bezeichnet die Laufräder zudem als besonders steif, was zu einem guten Verhältnis von der Steifigkeit zum Gewicht führen soll. Diese ist für einen spritzigen, agilen Fahreindruck mitverantwortlich.

Naben: 180 Dicut im DT Swiss Mon Chasseral

Für die neuen Laufrädern der Mon-Chasseral-Serie sind die 180-Dicut-Naben von DT Swiss verbaut. Sie kennzeichnet ein geringeres Gewicht durch eine neuentwickelte Nabenschale und kleinere und engere Nabenflansche. Aussparungen am Center-Lock-System lassen zusätzliches Gewicht einsparen.

Der neue glattere und schmalere Freilaufkörper der Mon Chasseral

13 Prozent Gewichtsersparnis bei den Naben

Im Vergleich zum Vorgängermodell konnten durch kleinere Sinc-Ceramic-Kugellager und einem leichten Aluminium-Freilauf für Shimano-11-fach-Kassetten das Gewicht weiter verringert werden: um 13 Prozent. Die EXP-Sperrklinken mit 36 Zähnen sollen für einen besonders zuverlässigen und effizienten Antrieb sorgen.

Innenleben: die 180-Dicut-Nabe

24 Speichen: gefertigt am Fuße des Mon Chasseral in der Schweiz

Alle Speichen für seine Laufräder entwickelt und produziert DT Swiss selbst in der Schweiz: am Fuße des Berges Chasseral, der der Laufrad-Serie seinen Namen gibt. An jedem Laufrad sind 12 besonders leichte und stabile Speichen der Serie DT Aerolite und zwölf Speichen der Serie DT Aero Comp montiert.

Aerodynamik: Dank der T-Enden verdrehen sich die Speichen nicht

Speichen von DT Swiss: Aerodynamik an den Laufrädern der Serie Mon Chasseral

Die Abflachung der Speichen sollen bereits der Aerodynamik dienen. Zudem sind die Speichen mit T-förmigen Enden ausgestattet, um eine der Aerodynamik dienende Einspeichung zu ermöglichen, bei der die Speichen nicht verdreht werden.

Die Fakten zum neuen Laufradsatz von DT Swiss

PRC 1100 DICUT Mon Chasseral von DT Swiss

Felgenhöhe: 24 Millimeter
Felgenmaterial: Carbon
Ausrichtung: Tubeless Ready
Empfohlenen Reifenbreite: 25 Millimeter
Maulweite: 18 Millimeter
Felgendurchmesser: 700C/ 28 Zoll
Bremssystem: Disc Center Lock
Achssystem: Steckachsen, 12 Millimeter
Einbaubreite: 142 Millimeter
Freilauf: 180 Dicut, 36-Zähne-Sperrklinken, Shimano 11-fach ASSL11 Optionen für Campagnolo und Sram XDR
Speichen: 24, über Kreuz eingespeicht. 12 x DT Aerolite, 12 x DT Aero Comp, T-förmige Enden, innenliegende Speichennippel
Maximales zulässiges Systemgewicht: 110 Kilogramm
Gewicht: ab 1266 Gramm
Preis (UVP): ab 2948 Euro

Mehr Informationen gibt es auf der Website von DT Swiss.

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Gravel-Abenteuer in Spanien: Zwischen Barcelona und Girona

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Die Stollenreifen graben sich in den Kies. Meine Hände verkrampfen sich am Lenker, ich versuche dosiert, aber kraftvoll zu treten. Das Hinterrad dreht sich, gräbt sich tiefer, immer tiefer in dieses mit Schotter gefüllte Schlagloch ein. Das Vorderrad hebt sich um wenige Millimeter vom Boden ab – an diesem steilen Anstieg von 15 Prozent. Ich lehne mich wieder nach vorne, trete fester, das Rad dreht weiter durch. Null km/h. Ich stehe. Ich wackle. Keine Traktion, kein Vortrieb. Das Gravelbike unter mir fängt an zu kippen. Ich versuche, mit dem Schuh aus dem Pedal auszuklicken. Dann falle ich. Ich kippe einfach um – und schlage auf dem staubigen Boden auf, auf Steinen und Erde. Blut am Ellbogen, Blut am Knie, Staub im Gesicht. Staub auf den Zähnen, Staub auf der Zunge. Denn ich kann nicht anders – als zu lachen. Und ich lache nicht allein. Rob steht hinter mir, die Arme auf den Lenker seines Rades gestützt. Er schüttelt den Kopf und lacht. Ich stehe auf und wir schieben unsere Räder, bis es wieder flacher wird.

Acht Prozent Steigung. Das ist wieder fahrbar. Fahrbar – das ist fast alles. Zumindest mit einem Gravelbike. Deshalb bin ich hier. Keine Autos, dafür Abenteuer. Natur, Wurzeln, Steine, Schotter, Staub unter den Reifen. Staub auf der Kette, auf der Haut, im Gesicht. Mitte Oktober, irgendwo zwischen Barcelona und Girona, im katalanischen Hinterland.

Mit dem Auto kann man es in etwas mehr als einer Stunde von Barcelona nach Girona schaffen. Denn etwas mehr als 100 Kilometer beträgt die Distanz zwischen den Städten nahe des Mittelmeers im Nordosten Spaniens. Man kann sich für die Strecke aber auch sechs Tage Zeit nehmen. Auf schmalen, steinigen Schotterwegen statt auf der breiten Autopista AP-7. Mit von einem langen Rennrad-Sommer müden Beinen auf einem Basso-Palta-Gravelrad statt in einem Seat Ibiza mit 80 PS.

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Gravel-Abenteuer von Barcelona nach Girona

Seit Stunden, seit etlichen Höhenmetern sind wir gemeinsam auf mal feinem Sand, mal auf Schotter und mal auf steinigem Untergrund unterwegs, den man auch als felsig bezeichnen könnte. Der Schweiß auf unserer Haut und in unseren Trikots, Hosen und Socken wirkt wie ein Kleber, der den Staub festhält. Der Staub wird nach vier Stunden zur Kruste an den Schienbeinen und bildet gemeinsam mit Salzkristallen an den Oberschenkeln eine schmierige, dreckige Schicht.

Wir fahren durch Gestrüpp, streifen in engen Kurven mit den Schultern und den Beinen die Sträucher und Dornen, die in die Wege hineinragen. Bergauf, bergab. Es ist kein Rennen, es gibt nichts zu gewinnen. Aber es gibt so viel zu verlieren. Konkret: das Hinterrad des Vordermannes. Mit 34, 35 km/h fahren wir im Flachen über die staubigen Pisten, die noch im Stadtgebiet von Barcelona beginnen und von denen aus wir hinunterblicken auf die Metropole am Meer: die Vororte, den Hafen, die Sagrada Família – jene vom Architekten Antoni Gaudí im Stil des Modernisme entworfene Kirche, die seit 1882 wohl eine der sehenswertesten Baustellen der Welt ist. Zu deren Anblick neben den Türmen auch die noch weiter über die von Touristen, Feierwütigen und Erasmus-Austauschstudenten belebte Riesen-Stadt aufragenden Baukräne gehören. 2026 soll sie fertiggestellt werden.

„Es ist kein Rennen. Aber es wird zu einem: Wir wollen schnell fahren, die anderen abhängen, so lange bergauf fahren, bis es nicht mehr geht. Egal, ob auf Asphalt oder auf Schotter.“

Blick auf das Stadion des FC Barcelona

Von hier oben sieht man auch das Stadion des Fußballclubs FC Barcelona, das wie eine riesige Schüssel mit einer tiefen Öffnung in der Mitte so nahe am Stadtzentrum steht wie nur wenige der modernen Superstadien Europas. Fast 100.000 Zuschauer finden darin Platz. Mehr als 81.000 Menschen waren am Vorabend im Stadion, als der FC Sevilla zu Gast war, einer der wenigen ernst zu nehmenden Gegner, den „Barca“ in La Liga, der ersten spanischen Spielklasse, hat.

Mein Hotel liegt etwas höher als das Camp Nou. In der 78. Minute fiel das 4:0 zum Endstand. Torschütze: Lionel Messi. Die Jubelgesänge der Fans füllen die nächtliche Atmosphäre über der Stadt ebenso aus wie das bläuliche Licht, das aus der Stadionschüssel strömt.

Girona

Ganz anders ist Girona: Etwa 100.000 Einwohner hat die Stadt, die gut 100 Kilometer nordöstlich von Barcelona liegt. Ein lautes, hektisches Stadtzentrum findet man hier nicht. Stattdessen: Den breiten Fluss Onyar, der die Stadt teilt. Westlich liegt der modernere Teil. Östlich der mittelalterliche, mit der Kathedrale, den alten Stadtmauern am Hang und den vielen schmalen Gassen. Hier gibt es Cafés, Kneipen, Bäckereien.

Drei der bei Rennradfahrern beliebtesten Cafés der Stadt: das Federal, betrieben vom australischen WorldTour-Profi Rory Sutherland, sowie La Fabrica und Espresso Mafia, betrieben vom ehemaligen kanadischen Profi Christian Meier.

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RennRad-Redakteur Johann Fährmann begab sich auf das Gravel-Abenteuer zwischen Barcelona und Girona

Wahlheimat vieler Radsportler

Girona ist nicht nur wegen der hohen Lebensqualität die Wahlheimat vieler Radsportler aus der ganzen Welt: Nach wenigen Minuten ist man weg vom Stadtzentrum, auf flachen oder bergigen Strecken, der Asphalt ist meist gut. Der bekannteste Anstieg der Region ist wohl die Stichstraße zum Rocacorba auf 959 Metern Höhe. Bei der 13 Kilometer langen Auffahrt vom Banyoles-See überwindet man gut 790 Höhenmeter.

Die Auffahrt über die in vielen Abschnitten zweistelligen Steigungsprozente lohnt sich: Vom höchsten Punkt aus kann man die im Frühjahr meist verschneiten Berge der Pyrenäen im Norden sehen. Für viele Rennfahrer ist es ein Test-Anstieg: Schaffe ich diesen Berg schnell genug, dann sollte die Form für das nächste Renn-Highlight reichen. Das Verkehrsaufkommen ist geringer als anderswo, die Autofahrer sind meist rücksichtsvoller.

Profis finden hier andere Profis zum Trainieren, und auch als Hobbyfahrer muss man nicht alleine fahren. Die Strecke von Barcelona nach Girona ist ein Genuss, ein ganz besonderes Erlebnis – in Sachen Landschaft und in Sachen Höhenmeter.

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Renngeschwindigkeit

Bergauf, bergab. Steigt die Schotterstrecke an, dann trennt sich die Gruppe: Um hier schnell zu sein, reicht es nicht, an den Anstiegen eine hohe Wattleistung abrufen zu können. Gefragt sind auch sehr viel Balance und ein gutes Gefühl für den ständig wechselnden Untergrund. Wie schaffe ich es, auf dem Schotter im Anstieg nicht wegzurutschen? Wie verkrafte ich die Rhythmuswechsel, zu denen mich die großen Steine immer wieder zwingen? Kann ich bei fünf km/h und 15 Prozent Steigung noch präzise lenken, um den mit Kies gefüllten Schlaglöchern auszuweichen? Und vor allem: Gelingt mir das auch noch nach vier Stunden, in denen ich immer wieder am Anschlag gefahren bin – ohne Sinn und Ziel, einfach, weil es eben gerade ging – und die anderen um mich herum dieselbe Leidenschaft teilen?

Irgendwann ist der letzte Schotterweg für diesen Tag geschafft. Er mündet in eine perfekt asphaltierte Straße. Die Felstürme, die wir seit mehr als einer Stunde im Blick hatten, befinden sich nun direkt vor uns. Es sind die Sandsteinsäulen des Montserrat-Gebirges, das mit bis zu 1236 Meter hohen Gipfeln als letzte höhere, gut zehn Kilometer breite Bergkette vor der spanischen Mittelmeerküste liegt.

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Das Gravel-Abenteuer mit dem Basso Palta

Kontrast zur Ruhe und zur Einsamkeit

Nicht nur der Asphalt ist dabei ungewohnt: Auch die vielen Hundert Menschen, die in Reisebussen hierhergebracht werden, aussteigen und Montserrat erleben wollen, bilden einen krassen Kontrast zur Ruhe und zu der Einsamkeit, die uns bislang auf unserem holprigen Weg bis hierher begleitet haben. Die Sehenswürdigkeiten hier sind nicht nur die Bergtürme und das zwischen ihnen auf 720 Metern Höhe über dem Meer errichtete Kloster, das wir auf dieser Tour nach 67 Kilometern und 1309 Höhenmetern erreichen.

Es ist der Blick über die Landschaft, der Blick von den Bergen bis ans Meer, wo Barcelona liegt. Doch wer in Barcelona startet, kann viel schneller an Höhe gewinnen. Direkt nördlich der Stadt liegt der Collserola-Nationalpark mit dem Tibidabo – das ist der klangvolle Name des 512 Meter hohen Hausbergs der Küstenstadt. An seinen Hängen gewinnt man schnell an Höhe und damit an Aussicht auf die Stadt, die Sagrada Família, das Camp-Nou-Stadion, auf das Meer. Hier ist man nie allein. Bergläufer und Radfahrer arbeiten hier an ihrer Form. Jugendliche sitzen mit Weinflaschen an den Wegen und teilen sich große selbstgedrehte „Zigaretten“, deren Pflanzenduft in der Luft liegt.

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Es wird bereits dunkel, als wir mit hell leuchtenden Lampen am höchsten Punkt dieser 28-Kilometer-Abend-Tour mit 686 Höhenmetern am Lenker den Tibidabo auf den Schotterpfaden umrunden. Wir kommen an der Kirche Sagrat Cor an. Mit unseren Gravelbikes stehen wir zwischen einigen Erwachsenen und sehr vielen Kindern aus der Fünf-Millionen-Einwohner-Stadt. Tibidabo – der Name leitet sich aus dem lateinischen Verführungsversprechen des Teufels an Jesus ab: „tibi dabo“ – ich werde dir geben. Was für ein Name für einen Berg, an dem sich eine große, schöne, katholische Kirche neben einem Vergnügungspark befindet.

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„Direkt bei Barcelona beginnt das Gravel-Abenteuer – am Tibidabo, dem Hausberg der Fünf-Millionen-Einwohner-Stadt.“

Churros: Wie eine viel zu schnelle Fahrt auf grobem Untergrund

Alles um mich herum leuchtet, blinkt und bewegt sich, während der Schweiß von meiner Nase auf den Radcomputer tropft, der in den Nachtmodus wechselt und mir sanft strahlend eine noch immer hohe Herzfrequenz bescheinigt: 161, 158, 160. Meine Brille beschlägt, in der Dunkelheit nehme ich nur noch die blinkenden Lichter des Vergnügungsparks und den vom Fußballstadion und dem Lichtsmog erhellten Himmel über der Stadt wahr.

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Kinder lachen, schreien, weinen. Neben mir zischt das Fett der Fritteusen. In ihnen wird, wie an so vielen Orten in Spanien, die wohl ungesündeste – und vielleicht deshalb bei so vielen Kindern sehr beliebte – Speise zubereitet: Churros, Teigstangen, die erst frittiert, dann mit Zucker bestreut und anschließend in eine gehaltvolle Schokosauce getunkt werden. Sie zu essen ist wie eine viel zu schnelle Fahrt auf viel zu grobem Untergrund an einem viel zu steilen, scheinbar endlosen Anstieg. Es knirscht, es ist irgendwie sinnlos, es macht Spaß und es ist kein Ende in Sicht. Und: Sobald man auf den Geschmack gekommen ist, kann man nicht mehr damit aufhören. Man will immer mehr.

Bewegungslosigkeit in der Gesellschaft: Leitartikel zum Wandel

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Drei Millionen US-Dollar Preisgeld erhielt der Sieger eines E-Sports-Worldcups 2019. Das Preisgeld für einen Tour-de-France-Etappensieg: 11.000 Euro. Und warum? Weil die Welt geldgetrieben ist und nach dem einen Prinzip funktioniert: Angebot und Nachfrage. Millionen – vor allem junger und sehr junger – Menschen schauen online live zu, wie virtuelle Kriege geführt oder Städte gebaut werden. Der Hersteller Epic Games setzte 2019 allein mit einem Spiel, Fortnite, 1,9 Milliarden Dollar um. Allein bei Fortnite-Turnieren wurden 2019 64,4 Millionen Dollar Preisgelder ausgeschüttet. Manche dieser Spiele haben mehr mit den uralten Strategiespielen gemein, als viele denken – mit Schach und Go. In beiden Spielen, von denen das chinesische Go das weitaus komplexere ist, haben Menschen gegen Computer längst keine Chance mehr. Wird Computerspielen einmal olympisch werden? Vielleicht. Dann, wenn die Konsumentenzahl noch größer wird – und das damit verbundene Monetarisierungspotenzial. Fände ich das gut? Nein. Würde ich es akzeptieren? Selbstverständlich. Alles tariert sich aus – in dem ewigen Spiel von Angebot und Nachfrage.

Sieben Stunden sitzen 14-Jährige hierzulande täglich vor Bildschirmen – zweieinhalb Stunden davon vor dem Smartphone. Mit Konsequenzen: Die groß angelegte BLIKK-Studie zeigte einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Medienkonsum und Entwicklungsauffälligkeiten wie Hyperaktivität, Sprachentwicklungs- und Konzentrationsstörungen.

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Gesellschaft entwickelt sich zur Bewegungslosigkeit

Der durchschnittliche Tag eines Kindes besteht inzwischen aus neun Stunden Liegen, neun Stunden Sitzen, fünf Stunden Stehen, einer Stunde Bewegung. Die Zeit des unbeaufsichtigten Spielens, des Bewegens, ging innerhalb weniger als einer Generation um weit mehr als 50 Prozent zurück.

Nur jedes dritte Kind spielt noch täglich im Freien, 25 Prozent nur einmal pro Woche oder gar nicht. 15,4 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen sind übergewichtig, 5,9 Prozent sogar fettleibig. Die umfangreiche KIGGS-Welle-2-Studie zeigte: Nur 22,4 Prozent der Mädchen und 29,4 Prozent der Jungen sind mindestens 60 Minuten pro Tag körperlich aktiv – und erreichen damit die Bewegungsempfehlung der WHO.

Bewegung

Ist dieser Wandel aufzuhalten? Nein. Kann und muss man etwas gegen die Konsequenzen tun? Absolut. Ein Anfang wäre es bereits, Bewegung in den Schulalltag zu integrieren und die Rolle des Schulsports zu stärken, statt ihn immer weiter abzubauen: Anfang der 90er-Jahre wurden an Haupt- und Realschulen noch bis zu vier Stunden Sport pro Woche unterrichtet – heute liegen die Durchschnittswerte zwischen 2,2 und 2,4 Stunden.

In elf der 16 Bundesländer wurde der Grundschul-Sportunterricht auf zwei Stunden gekürzt. Davon fällt jede vierte aus. Dabei ist der Sport sowohl die günstigste und beste Prävention als auch eine Sozialisationsinstanz. „Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Teilnahme am Schulsport und körperlicher Aktivität in der Freizeit und einem geringeren Risiko für psychische Erkrankungen. Zudem kann die Förderung körperlich-sportlicher Aktivität im Kindes- und Jugendalter zur Prävention von Adipositas und der Aufmerksamkeitsdefizit-Störung, zu einer gesunden Entwicklung sowie einer besseren kognitiven und schulischen Leistung beitragen“, heißt es in der Studie.

In dem Artikel zur Studie aus dem Journal of Health Monitoring werden weitere Maßnahmen gefordert: „Die Bewegungsförderung im Kindes- und Jugendalter sollte Maßnahmen umfassen, die Kindergärten und Schulen sowie das häusliche Umfeld der Kinder und Jugendlichen bewegungsfreundlicher machen. Dazu gehören auch eine gesundheitsorientierte Stadtplanung, die Reduzierung von Gefahren und Umweltbelastungen im Straßenverkehr, ein Ausbau von Fuß- und Radwegenetzen sowie eine kinder- und jugendgerechte Gestaltung von Grünflächen und Freizeitanlagen.“ In beiden Bereichen – dem Erhalt und Ausbau des Schulsports und einer bewegungsfreundlichen Infrastruktur – hat die Politik versagt.

Bewegungsfreundliche Infrastruktur

Auch für die Erwachsenen – von denen hierzulande mehr als 53 Prozent übergewichtig oder gar fettleibig sind – gilt: Alles, was dazu führt, dass sich Menschen mehr bewegen, ist positiv. Der Bewegungsmangel ist einer der größten Feinde der westlichen Industriegesellschaften – und größtenteils selbst verschuldet.

Nach Schätzungen der Global Burden of Disease Study 2016 verursacht die zu geringe körperliche Aktivität in Deutschland 12,3 Prozent der Todesfälle durch koronare Herzkrankheiten, 7,6 Prozent durch Schlaganfälle, 3,1 Prozent durch Diabetes mellitus. Im Zuge der Klimadebatte gewann nun hierzulande auch das Thema „Fahrrad-Infrastruktur“ endlich an Stellenwert. Nach Jahrzehnten des Verschleppens, Negierens und Heiße-Luft-Absonderns.

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Politik sollte Menschen im Feld Bewegungslosigkeit Anreize geben

Der Bewegungsmangel ist eines der Felder, in dem die Politik Menschen Anreize geben sollte – etwa in Form von an das Ausmaß der Bewegung gekoppelten Krankenkassenbeiträgen. Auch E-Bikes oder Fahrräder mit Motoren bringen mehr Menschen, etwa bislang bewegungsferne Zielgruppen, auf Fahrräder – und sind deshalb eine Chance.

Die Radhersteller und -händler profitieren enorm von dem anhaltenden E-Bike-Trend bei den City- und Trekkingrädern und vor allem den Mountainbikes. Der durchschnittliche Kaufpreis eines Citybikes lag 2018 hierzulande bei 520 Euro, der eines Mountainbikes bei 1014 Euro, der eines Rennrades bei 1850 Euro – der eines E-Bikes bei 2354 Euro.

Trends gegen Bewegungslosigkeit

Eine Chance ist auch eine Entwicklung, die innerhalb des traditionellen Radsports stattfindet. Diese Entwicklung heißt: Gravel. Zu Deutsch: Schotter. Rennlenker, breitere Stollenreifen, Robustheit und Geländegängigkeit – das sind Gravelbikes. Wir werden sie zukünftig noch stärker berücksichtigen.

Auch hier gilt: Diese Räder sprechen sowohl Rennradfahrer als auch völlig neue Zielgruppen an. Und haben so das Potenzial, mehr Menschen dazu zu bringen, Radfahren zu ihrem Hobby zu machen. Für viele ist der Kauf eines Gravelbikes der Einstieg in die „sportive“ Welt des Radfahrens. Die Hemmschwelle für viele Neueinsteiger, sich ein solches Allroundrad, mit dem man fast überall durchkommt, zu kaufen, ist sehr viel niedriger als jene vor der Entscheidung, sich ein Rennrad zuzulegen. Viele dieser Neu-mit-Rennlenker-Fahrenden werden „auf den Geschmack kommen“: das geringere Gewicht, die höheren Geschwindigkeiten, das direktere Handling. Vielleicht wird das nächste Rad dann schon ein Rennrad sein.

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„Gravel-Szene ist relaxter“

„Die Gravel-Szene ist sehr viel relaxter. Man trinkt abends nach dem Rennen zusammen ein Bier am Lagerfeuer. Es gibt so viel Kameradschaft“, sagt Peter Stetina. Zehn Jahre lang war der heute 32-jährige Radprofi in den Teams Garmin, BMC und Trek-Segafredo. Vor dieser Saison hat er sich entschlossen, von der Straße ins Gelände zu wechseln – und zukünftig nur noch Gravel-Rennen zu fahren. „Ich habe gelernt, dass meine Gefühle des Glücks direkt mit meiner sportlichen Leistung verbunden sind.“

Auch Ian Boswell war zehn Jahre lang Radprofi – und unter anderem Zweiter des Klassikers Lüttich-Bastogne-Lüttich und Dritter der Tour of Utah. Auch er wechselte, mit 28 Jahren, vor der neuen Saison von Slicks auf Stollenreifen: In das neue „Wahoo-Frontiers-Campaign-Gravel-­Team“, für das auch Peter Stetina und Colin Strickland antreten.

Gravel, Bewegungslosigkeit, Leitartikel

Der Gravel-Boom könnte dem Trend zur Bewegungslosigkeit entgegenstehen

Gravel-Boom

Strickland ist ein Star der Gravel-Szene. Der US-Amerikaner ist 33 Jahre alt – und hätte in dieser Saison als Profi in der WorldTour fahren können. Das Team EF Education bot ihm einen Vertrag an. Doch er lehnte ab. Denn: Er hätte als Straßenprofi zunächst weniger verdient als jetzt – und seine persönlichen Sponsoren verloren. Er war bislang ein Ein-Mann-Gravel-Projekt-und-Selbstvermarkter. Sein Helm ist in Blau und Silber gehalten und zeigt das Logo eines omnipräsenten Energie-Brause-Produzenten aus Österreich.

Beim wohl bedeutendsten Gravel-Rennen des Planeten, dem Dirty Kanza, schlug er mehrere WorldTour-Profis und gewann nach einem Rekord-Solo. Das Dirty Kanza steht symbolisch für den Gravel-Boom: Was 2006 mit 34 Teilnehmern begann, ist jetzt ein riesiges Event, dessen Startplätze verlost werden müssen. Die Daten der Strecke: 322 Kilometer und mehr als 4000 Höhenmeter.

Follow the Boom – könnte das Motto des Weltradsportverbandes UCI lauten. Dessen Präsident David Lappartient ließ verlautbaren, dass die UCI bald auch eine Gravel-Weltmeisterschaft ausrichten wolle. „Wir leben im Umbruch. Das heißt, dass die Dinge nicht bleiben, wie sie waren“, sagte er. Der Gravel-Sport ist eine Alternative. Eine, die noch nicht die Bürde des Doping-Images mit sich trägt.

Während im Straßen-Radsport weiter in Doping verstrickte Figuren wie Alexander Winokurov, Bjarne Riis oder Jonathan Vaughters an den Strängen ziehen, ist das Image der Gravel-Events positiv: bodenständig, authentisch, eine Mischung aus Radrennen, Lagerfeuerromantik und Spaß. Noch. Denn: Wie lange wird dies so bleiben, wenn sich die Szene immer weiter professionalisiert? Wenn immer mehr Geld im Spiel ist?


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