Monat: April 2021

Bontrager Aeolus RSL

Drei neue Aero-Laufräder stellt der US-Hersteller Bontrager vor. Die Aeolus RSL wurden komplett neu entwickelt und sind die Nachfolger der XXX-Laufräder des Komponenten-Herstellers von Trek. Die neuen Modelle besitzen Felgenhöhen von 51, 62 oder 75 Millimetern. Sie erweitern damit das Aeolus-RSL-Portfolio, die leichten 37-Millimeter-Modelle waren bereits zuvor erhältlich. Im WorldTour-Team Trek-Segafredo waren die Laufräder bereits im Einsatz: Jasper Stuyven gewann mit den neuen Modellen im März das Monument Mailand-San Remo.

Bontrager Aeolus RSL: Schneller und fahrstabiler

Bontragers neue Aeolus RSL-Laufräder sind das Ergebnis eines komplett überarbeiteten Designprozesses. In der Vergangenheit vertraute Bontrager bei der Optimierung seiner Laufraddesigns auf die 2D-Technologie. Für die Aeolus RSL arbeitete Bontrager aber mit dreidimensionalen CFD-Modellen, die es den Ingenieuren ermöglichten, den Luftwiderstand in jeder Richtung, jeder Ebene und über alle Teilbereiche der Laufrad-Reifen-Einheit hinweg zu erfassen.

Die Bontrager Aeolus RSL sollen nicht nur schneller, sondern auch fahrstabiler sein als ihre Vorgänger.

Laut Bontrager sind die Aeolus RSL-Laufräder durch diese neue Modellierung schneller als alle vorherigen Aeolus-Modelle, ohne dass dieser Geschwindigkeitsvorteil zulasten der Fahrstabilität geht.

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Bontrager Aeolus RSL: Größere Maulweite

Am Aeolus RSL sorgt die Felgeninnenweite von 23 Millimetern – am Aeolus RSL 37 sind es 21 Millimeter – für einen aerodynamisch optimierten Übergang zum Reifen. Dieses Design soll es ermöglichen, einen geringeren Reifendruck zu fahren, welcher mehr Komfort bieten kann. Dies sorgt für eine Einheit aus Reifen und Felge, die nicht nur schneller sein soll, sondern auch mehr Fahrstabilität bietet. Die Analysen im Windkanal der Universität von San Diego zeigt: Die Aeolus RSL 62 sind tiefer als das vergleichbare Vorgängermodell XXX 6, bietet aber eine höhere Fahrstabilität.

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Alle Aeolus RSL-Laufräder sind aus dem von Trek bewährten OCLV-Carbon gefertigt. Dieses soll für eine hohe Steifigkeit und ein sehr geringes Gewicht sorgen. Der komplette Laufradsatz des RSL 37 wiegt nach Herstellerangaben 1325 Gramm. Die neuen RSL 51 wiegen 1410 Gramm, das Modell mit 62 Millimetern Felgenhöhe 1520 Gramm. Das aerodynamische, wohl vor allem bei Triathleten und in Zeitfahren zum Einsatz kommende 75-Millimeter-Modell, wiegt 1645 Gramm.

Trek-Segafredo-Profis wie Mads Pedersen waren an der Entwicklung der Aeolus-RSL-Laufräder beteiligt.

Mit Profis entwickelt: Bontrager Aeolus RSL

Die Profis des WorldTour-Teams Trek-Segafredo waren an der Entwicklung des Laufräder beteiligt. Aerodynamisch schnellere Felgenformen und eine Laufrad/Reifen-Einheit mit nachweislich verringertem Rollwiderstand sorgen für erhebliche Watt-Einsparungen. Fahrer wie der Sprinter und Klassiker-Spezialist Mads Pedersen sollen mit dem Aeolus RSL im Vergleich zu vorherigen Aeolus-Laufrädern mit vergleichbarer Felgenhöhe beim Zielsprint ganze 34 Watt einsparen.

Jasper Stuyven gewann Mailand-San Remo auf einer Kombination der neuen Laufräder: Am Vorderrad hatte er die Aeolus RSL 62 montiert, am Hinterrad die auf maximale Aerodynamik ausgerichteten RSL 75.

Aeolus RSL: Neue Nabenmechanik & Tubeless Ready

Die Laufräder kommen mit neuen, leichteren Ratchet-EXP-Freiläufen, die für einen gleichmäßigen Kraftschluss und einen leichtgängigen, schnellen Lauf mit der bewährten 240s-Mechanik von DT Swiss ausgestattet sind.

Die Laufräder wurden ausschließlich für den Gebrauch mit Scheibenbremsen hergestellt und sind ab Werk Tubeless Ready montiert. Mit dem Felgenband Bontrager TLR Rim Strips ist eine Umstellung auf ein Tubeless-System unkompliziert möglich.

Als weiteres Modell wird der Aeolus-Pro-Laufradsatz angeboten. Dieser besitzt eine Felgenhöhe von 51 Millimetern, wiegt 1596 Gramm und soll die Vorzüge der neuen RSL-Laufräder für einen geringeren Preis bieten.

Bontrager Aeolus RSL

Drei neue Aeolus-RSL-Modelle stellt Bontrager vor. Mit 51 Millimeter Felgenhöhe...

Bontrager Aeolus RSL

...mit 62 Millimetern Felgenhöhe...

Bontrager Aeolus RSL

...und mit 75 Millimetern Felgenhöhe. Topsprinter und vor allem Zeitfahrer und Triathleten nutzen dieses Modell.

Bontrager Aeolus Pro

Die Bontrager Aeolus Pro sind ebenfalls neu: Sie sind eine günstigere Alternative mit einer Felgenhöhe von 51 Millimetern.

Übersicht: Die neuen Bontrager Aeolus RSL Modelle

Aeolus RSL 37: Eine leichte, 37 Millimeter hohe Felge mit dem Fokus auf ein geringes Gewicht und die Bergauf-Performance.

Aeolus RSL 51: Ein vielseitiges, 51 Millimeter hohes Felgenprofil mit dem Fokus auf den Allround-Fähigkeiten.

Aeolus RSL 62: Das 62 Millimeter hohe Felgenprofil richtet sich vor allem an Sprinter mit dem Fokus auf hohe Geschwindigkeit im flachen Terrain.

Aeolus RSL 75: Eine 75 Millimeter hohe, für Zeitfahrer und Triathleten konzipierte Felge mit dem Fokus auf der Aerodynamik.

Preise: 1099 Euro für das Vorderrad, 1299 Euro für das Hinterrad. Satzpreis: 2399 Euro.

Aeolus Pro 51: 599 Euro für das Vorderrad, 699 Euro für das Hinterrad. Satzpreis: 1199 Euro.

Weitere Informationen und die Verfügbarkeiten der Laufräder gibt es auf der Homepage von Trek.

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Sram Rival Etap AXS

Eine kabellose elektronische Schaltung per Funk und eine Zwölffach-Kassette: Das bieten die Gruppen der Versionen Etap AXS des US-amerikanischen Herstellers Sram. Bisher gab es ausschließlich die beiden Top-Gruppen Red und Force mit der Technologie. Jetzt präsentiert Sram auch die Gruppe Rival als Version Etap AXS mit einer Zwölffach-Kassette. Sie soll künftig besonders häufig an Rädern im Bestseller-Bereich ab etwa 3000 Euro verbaut sein. Alle Informationen, der erste Test und die Preise.

Sram Rival Etap AXS: Das ist neu

Ab dem 15. April 2021 soll die neue Gruppe im Handel sein. Erstmals gibt es damit auch die Gruppe Rival mit Zwölffach-Kassette und Srams X-Range-Gangspektrum. Dies bot Sram zuvor nur bei den Top-Gruppen. Ebenso war die kabellose elektronische Etap-Schalt-Technologie ursprünglich nur bei der Top-Gruppe Red und seit 2019 auch bei der etwas günstigeren Force erhältlich. Die neue Gruppe gibt es ausschließlich als HRD-Version mit hydraulischen Scheibenbremsen. Auch einen eigenen Powermeter bietet Sram für die neue Gruppe. Dieser kann, wie bei den Top-Gruppen von Sram, von den Fahrradherstellern bereits standardmäßig montiert werden.

Testrad: Das Specialized Aethos mit der neuen Sram Rival Etap AXS.

Red, Force und Rival: Srams Etap-AXS-Gruppen

Die Schalthebel-Griffkörper der Sram Rival Etap AXS sind schmaler als die der Gruppen Red und Force. Dieses schlankere Design ergibt sich auch durch das Fehlen der von Force und Red bekannten Optionen, den Kontaktpunkt für die Bremse einzustellen, sowie Zusatzschalter anzustecken.

Die Rival Etap AXS ermöglicht keine Anbindung zusätzlicher Plug-In-Schalter, während sich bei Red und Force jeweils zwei, respektive einen Zusatz-Schalter pro Schalthebel anbringen lassen. Der Bremshebel der Rival Etap AXS besteht nicht aus Carbon, sondern aus Aluminium.

Erstmals bietet Sram die kabellose elektronische Schaltung und die Zwölffach-Kassette nun auch für die Gruppe Rival.

Die Zweifach-Kurbelgarnituren werden aus poliertem Aluminium gefertigt, der Kurbelstern ist integriert. Die 1x-Kurbelgarnituren verfügen über ein Direct-Mount-Kettenblatt.

Sram bietet, wie bei den Gruppen Red und Force, auch für die neue Rival Etap AXS eine Powermeter-Option an. Während jedoch bei Red und Force die Leistung im Kurbelstern gemessen wird, wird die Leistung bei der neuen Rival durch einen eigens entwickelten, linksseitigen Quarq-DUB-Kurbelarm einseitig gemessen.

Zwölf Ritzel mit einer Bandbreite von 10 bis 36 Zähnen bietet Srams X-Range.

Bei den Gruppen Red und Force werden die Schaltwerke mit Srams Orbit-Flüssigkeitssystem gedämpft. Bei der Rival-Gruppe kommt eine Federkupplung zum Einsatz, um die Kettenspannung aufrechtzuerhalten.

Übersetzungen: Kurbelgarnituren und Kassetten

Die Rival Etap AXS ist mit 10-30- und 10-36-Kassetten erhältlich. Sie ist voll kompatibel mit den Zwölffach-Kassetten der Sram-Gruppen Red und Force mit Abstufungen von 10-28 bis 10‑36. Die neuen Kurbelgarnituren sind in verschiedenen Varianten erhältlich: als 48/35- und als 46/33-Standardkurbelgarnituren. Optionale Einfach-Direct-Mount-Kettenblätter sind in den Größen mit 38, 40 und 42 Zähnen separat erhältlich.

Die Sram Rival Etap AXS wird mit Einfach- und Zweifach-Kettenblättern angeboten.

Zusätzlich sind Varianten der bereits von der Force-Gruppe bekannten Wide-Version für eine größere Reifenfreiheit und optimiere Gangabstufungen bei den „leichteren“ Gängen erhältlich – als 43/30-„Wide“-Version und als Einfach-Kettenblatt-“Wide“-Version mit einem 40-Zähne-Kettenblatt.

Spektrum und Entfaltung: Die Gänge der Sram Rival Etap AXS

Mit einer 10-36-Kassette ist in der Kombination mit allen kompatiblen Kurbelgarnituren mit zwei Kettenblättern eine Übersetzung von weniger als 1:1 möglich. Das ermöglicht „leichte“ Gänge, wie man sie vor allem an steilen Anstiegen, bei einem höheren Gewicht durch Gepäck sowie auf losen Gravel-Untergründen oft einsetzt. In der Kombination mit der 10-36-Kassette bietet die Sram Rival Etap AXS zudem die größtmögliche Bandbreite an Gängen.

Geringere Übersetzungen als 1:1 sind mit Srams X-Range bei der neuen 12fach-Rival möglich.

• Kombination „Race“: 48/35-Kettenblätter mit 10-36-Kassette: 494 % Gangspektrum. Das Übersetzungsverhältnis: 4,8 – 0,97
• Kombination „Endurance“: Bei 46/33-Kettenblätter mit einer 10-36-Kassette: 502 % Gangspektrum. Das Übersetzungsverhältnis: 4,6 – 0,91
• Kombination „Gravel“: Bei 43/30-Kettenblätter mit einer 10-36-Kassette: 516 % Gangspektrum. Das Übersetzungsverhältnis: 4,3 – 0,83

X-Range: Bandbreite, Spektrum, Effizienz

Die neue Sram Rival Etap AXS verfügt damit über das X-Range-Gängespektrum. Dieses soll eine größere Bandbreite bei kleineren Gangsprüngen, einen besser nutzbaren und sanfteren Gangverlauf sowie aufgrund der elektronischen AXS-Schaltung bessere Schalteinstellungen ermöglichen. Von X-Range profitiert man besonders, wenn man häufig leichte Gänge benötigt.

Eine Akku-Ladung für die kabellose elektronische Schaltung hält laut Sram für rund 1000 Kilometer.

Bei X-Range verlagert Sram einen Funktionsteil des Übersetzungsspektrums vom vorderen Teil des Antriebs, den Kettenblättern, nach hinten, an die Kassette. Die Differenz zwischen den Kettenblättern liegt dabei immer bei 13 Zähnen.

Die Kassetten haben mit 10 bis 36 Zähnen jedoch eine größere Bandbreite von 360 Prozent. Somit kann man länger auf demselben Kettenblatt fahren und benötigt weniger Schaltvorgänge am Umwerfer, welche Sram als weniger effizient bezeichnet als die Schaltvorgänge an der Kassette.

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Durch die kleinere 13-Zähne-Differenz zwischen den Kettenblättern soll der Sprung sanfter sein. Mit weniger Gegenkorrekturen des Schaltwerks soll sich die richtige Trittfrequenz erreichen lassen. Weniger und schnellere Schaltvorgänge des Umwerfers sollen das Finden des richtigen Gangs erleichtern.

Durch das 10-Zähne-Ritzel kann die Kassette zudem insgesamt kleiner und leichter gehalten werden. Das potenzielle Mehrgewicht von 12 statt elf Ritzeln kann dadurch laut Sram ausgeglichen werden.

Sram sperrt bei den Zweifachantrieben jedoch immer die Kombination aus dem kleinen Kettenblatt und dem kleinsten Ritzel, um ein Kettenrasseln zu vermeiden. Dadurch stehen effektiv 23 Gänge zur Verfügung.

Die neue Rival gibt es nur als Scheibenbrems-Gruppe, nicht für Felgenbremsen.

Wer erstmals von Elffach-Systemen auf ein Zwölffach-System von Sram wechselt, könnte sich an folgenden, von Sram vorgelegten Vergleichswerten orientieren:

Kettenblätter – – Kassette
11-fach – X-Range – – 11-fach – X-Range
53/39 –  48/35 – – 11-28 – 10-30
52/36 – 46/33 – – 11-28 – 10-30
50/34 – 46/33 – – 11-30 – 10-36
46/30 – 43/30 – – 11-34 – 10-36

Das Schalthebel-Design ist schlanker als gewohnt. Auch, weil die Option zur Einstellung des Kontaktpunktes entfällt.

Details und Ergonomie: Die Sram Rival Etap AXS

Die Kurbeln sind in den Längen 160, 165, 170, 172,5 und 175 Millimeter erhältlich. In den „Wide“-Varianten beträgt der Q-Faktor, also der Abstand der Pedalbefestigungspunkte zwischen den Kurbelarmen 150,5 Millimeter. Bei der Standard-Achslänge liegt er bei 145,5 Millimetern.

Die Kettenlinie für die Kurbelgarnituren mit der Standard-Achslänge beträgt 45 Millimeter. Die Kettenlinie für Kurbelgarnituren mit „Wide“-Achslänge beträgt 47,5 Millimetern, was zu einem Unterschied von 2,5 Millimetern zwischen diesen beiden Kurbelgarnituren führt.

Die Distanz der Pedal-Kontaktpunkte ist bei der Wide-Version zugunsten einer größeren Reifenfreiheit im Gravel-Einsatz größer.

In der Praxis: relevante Werte der Sram Rival Etap AXS

Die Akkus der elektronischen Schaltung sollen laut Sram mit einer Ladung Energie für rund einen Monat, mehr als 1000 Kilometer oder mehr als 60 Stunden Fahrzeit bieten. Die Reifenfreiheit der Zweifach-Standard-Version der Gruppe beträgt bei 28-Zoll-Laufrädern, auch abhängig vom Rahmendesign, rund 42 Millimeter. Bei Einfach-Antrieben oder der Wide-Version der Gruppe liegt die Reifenfreiheit bei 45 Millimetern. Die Discs des Scheibenbrems-Systems sind in 140 und 160 Millimetern Durchmesser erhältlich.

Die Kettenspannung des Schaltwerks erfolgt bei der Sram Rival Etap AXS durch eine Federkupplung.

Sram Rival Etap AXS: Die Preise

2x mit Powermeter: 1688 Euro
2x ohne Powermeter: 1463 Euro
1x mit Powermeter: 1453 Euro
1x ohne Powermeter: 1228 Euro
Eine Gruppe enthält: Brems-Schaltsystem, Bremsscheiben, Kurbelgarnitur, Innenlager, Kette, Kassette, Schaltwerk, Batterien, Ladegerät, bei den Zweifach-Optionen: Umwerfer

Die unverbindlichen Preisempfehlungen gelten für eine komplette Rival-Etap-AXS-Schaltgruppe, inklusive Mehrwertsteuer. Mehr Informationen zu den einzelnen Bauteilen sowie zur Kompatibilität gibt es auf der Website des Herstellers Sram.

In der Praxis: der erste Test der neuen Sram Rival Etap AXS

Testrad: Das Specialized Aethos mit der neuen Sram Rival Etap AXS.

Der erste Test der neuen Sram Rival Etap AXS erfolgte am Specialized Aethos Comp. Die Konfiguration: 48/35-Kettenblätter und eine 10-36-Kassette. Das Schaltverhalten war dem der Red- und Force-Varianten der Etap-AXS sehr ähnlich. Es bot ein knackiges, wenn auch durch den Aluminiumkörper weniger starkes, Feedback am Schalthebel und weiche, direkte und sehr präzise Gangwechsel.

Die Gangwechsel auf der Kassette erfolgen dabei deutlich schneller als zwischen den Kettenblättern. Hier überzeugt Srams X-Range-Technik, die aufgrund der Zwölffach-Kassette weniger Wechsel zwischen den Kettenblättern nötig macht. Die Auswahl an Gängen überzeugte sowohl hinsichtlich der großen Bandbreite als auch hinsichtlich der geringen Gangsprünge. Von der X-Range profitiert man besonders, wenn man häufig leichte Gänge benötigt.

Sram Rival Etap AXS im Praxistest

Die Sram-Schaltlogik war für alle Tester schnell intuitiv umzusetzen: Auf schwerere Gänge an der Kassette wechselt man mit dem rechten Schalthebel, auf leichtere mit dem linken. Bedient man beide gleichzeitig, wechselt die Kette auf das jeweils andere Kettenblatt. Über die AXS Mobile App können weitere Schaltmodi eingestellt werden.

Die Haptik der ergonomischen Sram-Schalhebel war deutlich anders als von den anderen Sram-Gruppen gewohnt. Das Design des Griffkörper ist deutlich schmäler, was Fahrern mit kleineren Händen mehr entgegenkommt als bei den Red- und Force-Gruppen. Auch angesichts des Preises ist die Leistung der überzeugenden kabellosen elektronischen Schaltung stark.

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Corona-Pandemie: Effekte und Folgen für Sport und Bewegung

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„Wir taten nichts, absolut gar nichts, waren faul wie die Waschbären“, heißt es in einem Video, das die Bundesregierung unter dem Hashtag #besonderehelden auf Twitter verbreiten ließ. Der Protagonist liegt chips­essend und colatrinkend auf einem Sofa. „Tage- und nächtelang blieben wir auf unserem Arsch zu Hause und kämpften gegen die Ausbreitung des Coronavirus.“ In einem anderen Video dieser Serie wird über die vor der Spielekonsole verbrachte Zeit während des Lockdowns geschwärmt. Nach dieser propagierten Logik zeichnen sich „Helden“ beziehungsweise „gute Bürger“ des Corona-Zeitalters wohl, spitz formuliert, durch bestimmte „positive“ Eigenschaften aus: Passivität, Bewegungslosigkeit, Fast-Food- und Videospiele-Konsum.

Eine interessante Botschaft. Angesichts der laut WHO weltweit rund 5,8 Millionen Bewegungsmangel-Toten pro Jahr, der – nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums – hierzulande mehr als sieben Prozent auf Bewegungsmangel-Folgen zurückzuführenden Todesfälle und der damit verbundenen jährlichen Kosten von 15 bis 20 Milliarden Euro. Das Robert Koch-Institut, RKI, rechnet zudem neben Älteren auch Menschen mit Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und Übergewicht zur „Corona-Risikogruppe“, insgesamt deutschlandweit 36 Millionen Menschen.

Bewegungsmangel als Zivilisationskrankheit

„Wir produzieren die Kranken der Zukunft“, sagt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Im Gespräch mit der Deutschen Welle legt er dar, dass die Risikogruppe durch die Lockdown-Maßnahmen um bis zu zehn Prozent anwachsen könnte: „Allein in Deutschland sterben jährlich 50.000 bis 60.000 Menschen an den Folgen von Diabetes Typ 2.“

Eine Hauptursache dieser „Zivilisationskrankheit“: Bewegungsmangel. Die Zeit der Lockdowns hat diesen gesellschaftlichen „Trend“ weiter verstärkt. „Die Spätfolgen werden immens sein”, sagt Froböse. Er geht davon aus, dass sich die damit im Zusammenhang stehenden Behandlungskosten für die Krankenkassen bis zum Jahr 2030 verdoppeln werden. Zudem gelte: „Verpasste körperliche Lernphasen lassen sich später nicht nachholen.”

Die Bedeutung von Sport

Welche Bedeutung haben Sport und Bewegung für eine Gesellschaft? Aus Sicht der deutschen Politik lautet die Antwort wohl: fast keine. Anders kann man die Entscheidungen der Entscheider – und die langfristige Entwicklung in diesem Land – wohl kaum interpretieren. Oder in Zahlen ausgedrückt: null. So oft kam das Wort „Sport“ in dem Ende Februar veröffentlichten Control-Covid-Konzept-Papier des RKI zu möglichen Lockdown-Lockerungsszenarien vor.*

Eine der vielen Entwicklungen dieses „Corona-Zeitalters“ lautet: Bewegungslosigkeit. Die Bedeutung einzelner Teilbereiche, wie etwa des Sports, sowie die potenziellen Langfrist-Effekte der Maßnahmen spielten über Monate hinweg quasi keine Rolle in der öffentlichen Diskussion. Dies ist es, was an dieser Stelle kritisiert wird: fehlende Debatten, Strategien, Perspektiven.

Die Entscheidungen zeigten: Sportvereine, -Stätten, -Trainer, -Helfer sind, aus der Sicht der Entscheider, nicht systemrelevant. Sie stehen damit, wie Michael Schirp, der stellvertretende DOSB-Leiter Kommunikation, es in einem Newsletter schrieb, quasi auf einer Stufe „mit Spaßbädern und Bordellen“. Ob Hygienekonzepte erstellt, die Einheiten von drinnen nach draußen verlegt, die Gruppen verkleinert oder die Abstände vergrößert wurden – etwa wenn zwei Tennisspieler durchschnittlich 23 Meter voneinander entfernt sind, und damit „ein paar“ Meter mehr als Menschen in Bussen, Bahnen, Schulen – all dies: Machte keinen Unterschied.

Schirp schrieb, dass sich die Politik nicht anders zu helfen wisse, „und den Breitensport, der in der Pandemie mit all seinen gesundheitlichen und psychosozialen Heilkräften Teil der Lösung und nicht Problem ist, mechanisch einordnet und wegsperrt.“ Und weiter: „Der DOSB ist kein Wutbürger. Ein Drittel der Bevölkerung ist hier versammelt, alle gemeinsam tragen und übernehmen Verantwortung. Dazu zählen auch die Hygieneregeln, die überzeugend entwickelt und gelebt wurden und dazu beigetragen haben, dass der Sport bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Gesundheitsämter bundesweit die Nachverfolgung nicht mehr gewährleisten konnten, nicht als Pandemietreiber und Superspreader aufgefallen war.“

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Die Corona-Pandemie verändert den Alltag – und hat Folgen für den Sport

Stellenwert

Nach Angaben des RKI war Ende 2020 in 75 Prozent der Corona-Fälle jedoch nicht nachvollziehbar, wo die Infektion stattfand. Die Corona-Pandemie ist eine Ausnahmesituation. Doch die Zeiten der Lockdowns – und die während dieser Zeit entwickelten Verhaltensweisen – werden massive gesellschaftliche Folgen haben. Wirtschaftliche, politische, soziale, psychologische. Ob sie reversibel sind – und ob solche „erlernten“ Verhaltensweisen wieder geändert werden – ist völlig unklar.

So warnt etwa der DOSB vor „massiven und teilweise irreparablen Schäden an unserem Sportsystem“. Das gesellschaftliche Teilsystem Sport sei gefährdet, sagt der DOSB-Präsident Alfons Hörmann in einem Zeit-Online-Interview: „Unsere Gesellschaft hat sich daran gewöhnt, dass der Sport Motor für Integration und Inklusion ist, einen gesunden Lebensstil vermittelt oder Kinder und Jugendliche in schwierigen Phasen ihres Lebens stabilisiert und für ihr Leben teamfähig macht. Auf all diese wichtigen Beiträge des Sports muss unser Land derzeit verzichten.“

Nach einer DOSB-Zählung sind hierzulande rund 27 Millionen Menschen Mitglieder von Sportvereinen – jeder dritte Deutsche. Doch: Jeder zweite deutsche Sportverein erwartet in den kommenden zwölf Monaten eine existenzbedrohende Lage. 44 Prozent der Sportvereine verloren im Vorjahr Mitglieder, 35 Prozent verloren ehrenamtliche Trainer und Helfer. Dies sind Ergebnisse der „8. Welle des Sportentwicklungsberichts“, der im Januar 2021 von Forschern der Deutschen Sporthochschule Köln veröffentlicht wurde.

Erlernte Passivität in der Corona-Pandemie

Dafür wurden Vertreter von mehr als 20.000 der rund 90.000 Sportvereine in Deutschland befragt. „Je länger Sportvereine ihrem Zweck nicht nachkommen dürfen, desto schwächer wirken sie als stabilisierendes Element der Gesellschaft“, sagt der Studienleiter Professor Christoph Breuer. „Es geht sozialer Kitt verloren, der gerade in einer individualisierten Zuwanderungsgesellschaft von Bedeutung ist. Damit treffen die Folgen nicht nur die Vereinsmitglieder, sondern die gesamte Gesellschaft.“

„Viele kleinere Vereine reduzieren die Ausgaben drastisch und leben von ihren Rücklagen. Doch es geht nicht nur ums Geld. Wir fürchten, viel mehr zu verlieren“, sagt Alfons Hörmann. Andere Länder gingen andere Wege – was einmal mehr zeigt: nichts ist alternativlos. So wurde in den Niederlanden zwar der Amateursport verboten, doch für Jugendliche wurden, selbst für Teamsportarten, Ausnahmen erlassen. Die Schweizer Politiker verboten zwar alle Kontaktsportarten im Amateurbereich, doch waren Heranwachsende unter 16 Jahren davon ausgenommen. Das Kinder- und Jugend-Training blieb erlaubt. Auch der Sportunterricht, im Rahmen eines Wechselunterrichts-Konzeptes, wurde in einigen Kantonen beibehalten.

Menschen nehmen in der Corona-Zeit zu

„Mein Vorschlag wäre, dass sich hierzulande die Vereine oder Fitnessstudios engagieren: Übungsleiterinnen und Trainer können mit den Kindern und Jugendlichen einen Waldlauf, Kniebeugen oder Liegestütze machen, in kleinen Gruppen im Freien trainieren. Auf jeden Fall sollte man ein Signal setzen: Wir tun was für die Bewegung. Offensichtlich aber haben der Staat und das Bildungsministerium dies nicht auf dem Radar“, sagte etwa der Sportmediziner Kurt Mosetter gegenüber Zeit Online.

Eine große Studie des RKI zu den Gesundheitseffekten des ersten Lockdowns umfasste den Zeitraum vom April bis zum September 2020. Die Ergebnisse: Die 23.000 Befragten nahmen innerhalb eines Jahres durchschnittlich mehr als ein Kilogramm zu – ihr mittleres Gewicht stieg von 77,1 auf 78,2 Kilogramm. Der mittlere BMI stieg von 25,9 auf 26,4.

In einer Befragung der TU München von 1.000 Eltern von mindestens einem Kind bis zu 14 Jahren, die Mitte September und somit noch vor dem zweiten Lockdown durchgeführt wurde, wurde festgestellt, dass die höchsten relativen Gewichtszunahmen Jungen und Mädchen im Alter von zehn bis 14 Jahren betrafen. 57 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe bewegten sich weniger als zuvor. Der Ernährungsmediziner Hans Hauner, der die Studie vorstellte, sagt: „Ernährung und Sozialkontakte hängen eng zusammen.“ Essen könne als Mittel zu einer „emotionalen Entlastung“ verwendet werden. Und: „Adipositas ist einer der schwersten Risikofaktoren für eine schwere Covid-19-Erkrankung.“

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Bewegung und Medien

Für die sogenannte Cospy-Studie befragten Forscher der UKE-Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie zwischen Dezember 2020 und Januar 2021 mehr als 1000 Kinder und Jugendliche und mehr als 1600 Eltern. Mehr als 80 Prozent der befragten Eltern und der Kinder im Alter zwischen sieben und 17 Jahren hatten bereits an der ersten Befragung im Juni 2020 teilgenommen.

Die Ergebnisse: Zehnmal mehr Kinder als vor der Pandemie und doppelt so viele wie bei der ersten Befragung trieben überhaupt keinen Sport mehr. Bis zu 40 Prozent der Befragten waren nicht mehr sportlich aktiv. Und: Fast jedes dritte Kind zeigt psychische Auffälligkeiten. Sorgen und Ängste sowie depressive Symptome nahmen auch im Vergleich zur ersten Befragung – bei der bereits mehr als 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen angaben, sich durch die Corona-Krise seelisch belastet zu fühlen – zu.

Auch die Lebensqualität verschlechterte sich weiter. Um 75 Prozent nahm die mit digitalen Spielen und sozialen Medien verbrachte Zeit während des ersten Lockdowns zu. Dies zeigte eine Untersuchung der DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen mit Kindern und Jugendlichen zwischen zehn und 17 Jahren. Im September 2019 lag die durchschnittliche Spieldauer werktags noch bei rund 79 Minuten – im April 2020 bei 139 Minuten. Für die Wochenendtage lag die Zuwachsrate bei fast 30 Prozent. Die vor Bildschirmen verbrachte Zeit stieg auf 193 Minuten.

Verhaltensmuster und Kosten

In der im Frühjahr 2020 erhobenen Motorik-Modul-Studie, Momo, des Karlsruher Instituts für Technologie wurde festgestellt, dass sich die befragten 1700 Kinder und Jugendlichen zwischen vier und 17 Jahren während des Lockdowns um 36 Minuten länger pro Tag bewegten – und eine Stunde mehr vor Bildschirmen verbrachten.

Doch die Autoren konstatieren auch: Das Spielen im Freien ersetzt kein echtes Training. „Die Erhebung zeigt, dass die Alltagsaktivität zugenommen hat, aber sie war eine Momentaufnahme in einem außergewöhnlich warmen Frühjahr, und Quantität ist nicht Qualität“, sagt Professor Alexander Woll. Die Schließung der Sportvereine bedeutete der Momo-Studie zufolge für den Alltag der Kinder: durchschnittlich 28,5 Minuten weniger Sport pro Tag.

Eine Studie des Universitätsklinikums Münster zeigte während des ersten Lockdowns im April eine Verfünffachung der Zahl der Kinder, die sich in diesem Zeitraum fast gar nicht mehr körperlich betätigten. Parallel dazu stieg der Medienkonsum signifikant an: Rund 45 Prozent der befragten Jugendlichen gaben an, mehr als acht Stunden pro Tag vor Bildschirmen zu verbringen. Vor der Pandemie galt dies für rund 20 Prozent der Heranwachsenden.

Bewegungslosigkeit bei Jugendlichen

1990 bewegten sich Zehnjährige durchschnittlich noch rund 25 Stunden pro Woche. Heute sind es maximal zehn Stunden. Die Autoren des vierten Deutschen Kinder- und Jugendsportberichts stellten 2020 fest, dass 80 Prozent der Jugendlichen zwischen sechs und 14 Jahren hierzulande die durch die WHO empfohlene tägliche Mindest-Bewegungszeit von 60 Minuten nicht erreichen.

Anders gesagt: Vier von fünf Jugendliche bewegen sich weniger als eine Stunde pro Tag**. Diese Zahlen stammen von vor der Corona-Krise. „Schon vor der Pandemie hatten wir eine Pandemie des Bewegungsmangels, und wir müssen aufpassen, dass sie sich nicht noch verstärkt,“ sagt Malte Claussen, der Leiter der Sportpsychiatrie der Uniklinik Zürich, in einem Deutschlandfunk-Interview.

Dieser Leitartikel erschien in RennRad 5/2021. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

 

*Um genau zu sein: Es findet sich in dem Dokument in dem Abschnitt „Public Transportation Vehicles“, ergo ohne jede Sport-Relation

**Einen umfassenden Leitartikel zu dem Thema Bewegungsmangel finden Sie in der RennRad-Ausgabe 3/2021

Lisa Brennauer: Erfolge und Ziele des Radsport-Stars

Lisa Brennauer, Porträt, Ziele, Erfolge, Weltspitze

Eine Sekunde. Eine Sekunde bringt ihr den Sieg. Nach neun Kilometern am Limit – auf dem Zeitfahrrad. Die Strecke ist flach. Es ist windig. Lisa Brennauer fährt die neun Kilometer in 12:40 Minuten. Durchschnittsgeschwindigkeit: 42,63 km/h.

Sie ist damit eine Sekunde schneller als die Zweitplatzierte, als eine der weltbesten Fahrerinnen: als Elisa Longo Borghini. Dieses Zeitfahren im Westen Madrids bildet die zweite von drei Etappen der Ceratizit Challenge. Schon am Tag zuvor zeigte Brennauer, wofür sie – seit vielen Jahren – steht: Konstanz. Das 82 Kilometer lange Rennen fand nach zwei Stunden Fahrzeit mit einem Massensprint auf einer ansteigenden Zielgeraden seinen Abschluss. Vier Fahrerinnen lösen sich vom Feld – darunter auch Lisa Brennauer. Sie wird Dritte. Die Siegerin: die wohl schnellste Sprinterin der Welt, die erst 21-jährige Niederländerin Lorena Wiebes aus dem deutschen Team Sunweb. Die ersten Vier dieser Etappe gewinnen drei Sekunden auf alle anderen. Drei sehr wichtige Sekunden für Lisa Brennauer.

Der dritte Tag, die letzte Etappe. 97 Kilometer. Wieder kommt es zu einem Massensprint. Wieder ist es eine ansteigende Zielgerade. 300 Meter vor der Linie ist Brennauer am richtigen Hinterrad. Dem der Italienerin Elisa Balsamo. Doch auf den letzten 150 Metern öffnet sich eine Lücke.

Lisa Brennauer wird Siebte – und gewinnt: die Gesamtwertung. Und damit das letzte Rennen der Women’s WorldTour 2020. Sie verteidigt damit ihren Titel aus dem Vorjahr. Es ist der Abschluss einer besonderen, für sie sehr erfolgreichen Saison. Die Zahl ihrer Renntage: 22. Die Zahl ihrer Top-Ten-Platzierungen: 15. Das nennt man wohl Konstanz.

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Zeitfahren und Sprints

Die Straßensaison begann für die 32-jährige Allgäuerin erst am 1. August – mit der „Strade Bianche“. Das Rennen über die weißen Straßen der Toskana wurde vom März in den August verlegt, an den Beginn des „Re-Starts“ der Saison, die wegen des Coronavirus beinahe ein halbes Jahr stillstand.

Das Rennen auf den Schotterpisten um die toskanische Stadt Siena bedeutet im Hochsommer: Staub und Hitze. Das Tempo ist hoch. Die steilen Anstiege auf losem Untergrund und die hohen Temperaturen sorgen dafür, dass das Feld in viele Teile zerfällt. Lisa Brennauer kommt als Achte ins Ziel.

3:26 Minuten hinter der Siegerin – der „Überfahrerin“: Annemiek van Vleuten. Für die Niederländerin ist es zu diesem Zeitpunkt der fünfte Sieg im fünften Rennen.

Beeindruckende Bilanz der Lisa Brennauer

Doch auch die Bilanz der Deutschen ist beeindruckend: acht, eins, vier, sechs, eins – so lauten ihre ersten fünf Platzierungen dieser so besonderen „Corona“-Saison. Ende August verteidigt Lisa Brennauer ihren Deutschen Meistertitel auf der Straße. Wenige Stunden später fliegt sie in die Bretagne, um bei den Europameisterschaften zu starten. Im Einzelzeitfahren verpasst sie als Vierte eine Medaille – um nur 15 Sekunden.

Vier Tage später gewinnt sie die Goldmedaille: in der Mixed-Zeitfahr-Staffel. Der Ablauf: Erst absolvieren drei Männer zwei Runden auf dem Kurs in Plouay, dann drei Frauen. Die Distanz: je 27,3 Kilometer. Das deutsche Herren-Trio, bestehend aus Michel Heßmann, Justin Wolf und Miguel Heidemann, ist noch unerfahren. Es fährt dennoch stark und übergibt, auf Platz zwei liegend, an Lisa Klein, Mieke Kröger und Lisa Brennauer.

Lisa Brennauer, Erfolge, Ziele

Die Liste der Erfolge der Lisa Brennauer ist wahnsinnig lang

Lisa Brennauer als Lokomotive

Vor der letzten Runde haben die Deutschen elf Sekunden Rückstand auf das Team aus der Schweiz. Mit Lisa Brennauer als „Lokomotive“ wird aus dem Rückstand ein Vorsprung von 26 Sekunden. Gemeinsam mit ihrer Teamkollegin auf der Bahn, Lisa Klein, überquert sie die Ziellinie. „Rückblickend war diese Rennwoche das Highlight des letzten Jahres für mich. Ich wurde Deutsche Meisterin und belegte nur einen Tag später in Plouay den vierten Platz im Zeitfahren“, sagt Brennauer. „Da habe ich mir gesagt: Ich bin international wieder da. Schon bei Strade Bianche habe ich gespürt, dass die Form stimmt. Dann der EM-Erfolg, der Sieg mit der Mannschaft, das gute Abschneiden im Straßenrennen, bei dem ich trotz eines Sturzes unter die ersten Zehn gefahren bin. Das hat mir unglaubliche Motivation für den weiteren Saisonverlauf gegeben.“

Dieser sieht zunächst die Weltmeisterschaften vor, die kurzfristig von der Schweiz in das italienische Imola verlegt wurden. Im Einzelzeitfahren wird sie erneut Vierte. Wieder fehlen nur 14 Sekunden zu einer Medaille. Seit 2015 wartet die beste deutsche Einzelzeitfahrerin auf eine Medaille in dieser Disziplin. Im Jahr zuvor war sie im spanischen Ponferrada nach Hanka Kupfernagel und Judith Arndt die dritte Deutsche, die Weltmeisterin im Zeitfahren wurde. „Jeder große Erfolg hat seine unglaublichen emotionalen Momente, die einem für immer bleiben, aber der WM-Titel im Einzelzeitfahren war schon besonders.“

Lisa Brennauer: Fast ein Jahrzehnt in der Weltspitze

Seit fast einem Jahrzehnt fährt Lisa Brennauer konstant in der Weltspitze. Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Bahn.  Dabei kommt es auch auf das Mentale an. Die Zielsetzung spielt eine zentrale Rolle. „Ich habe ein Bild im Kopf: Wie ich auf dem Siegertreppchen ganz oben stehe. Dazu kommen die kleinen Momente, neue Fortschritte, die man im Training macht, bis hin zu neuen Bestleistungen. Das ist es, was mich Tag für Tag motiviert.“

Ihr nächstes großes Ziel lautet: die Olympischen Spiele von Tokio 2021. Es wären ihre dritten Spiele. „Es werden sicherlich andere Spiele werden, als ich sie schon zweimal erlebt habe. Ich glaube, dass sie stattfinden werden, wenn auch mit keinen oder nur wenigen Zuschauern. Ich hoffe es jedenfalls – und schaue optimistisch nach vorne, nach Japan, weil ich aus einer Sportart komme, die es geschafft hat, nach dem Lockdown im letzten Frühjahr wieder durchzustarten. Unsere Meisterschaften, mit Ausnahme der Zeitfahr-DM, konnten alle stattfinden.“

Bahn und Straße

Der Traum von einer Olympiamedaille ist ihr großer Antrieb. Bei Welt- und Europameisterschaften gewann sie bisher 13 Medaillen, eine olympische fehlt noch in ihrem Palmarès. Bei ihren ersten Spielen, jenen von in London, war sie erst 21 Jahre alt. Als Teil des deutschen Frauen-Vierers auf der Bahn fuhr sie auf Rang acht.

Vier Jahre später waren die Voraussetzungen andere: In das Einzelzeitfahren von Rio de Janeiro startet sie als Mitfavoritin. Die Verhältnisse: extrem schlecht. An den Tagen zuvor schien an der Copacabana die Sonne, der Wind spielte nur an der Küstenstraße eine Rolle. Doch statt der Sonne erwarteten die Athleten an diesem Tag Starkregen und Sturm.

Lisa Brennauer fährt dennoch stark – zumindest denkt sie das auf der Strecke. Während jenen anspruchsvollen 30 Kilometern. Doch: Am Ende reicht ihre Zeit „nur“ für Platz acht. Sie ist 56 Sekunden langsamer als die Siegerin: die damals 42-jährige US-Amerikanerin Kristin Armstrong. „Ich bin natürlich enttäuscht. Unterwegs habe ich mit Blick auf meine Werte gedacht, das muss ein Toprennen sein“, sagte Brennauer damals nach dem Rennen.

Lisa Brennauer, Ziele, Erfolge

Ein großes Ziel hat Lisa Brennauer noch: eine Medaille bei Olympia

Endlich eine Medaille bei Olympia

2021, bei ihrer dritten Teilnahme an den Olympischen Spielen, will sie nun „endlich“ eine Medaille. Sie wird dafür mehrere Möglichkeiten haben – auf der Straße und auf der Bahn. Vier Jahre lang ist Lisa Brennauer nicht auf der Bahn gefahren. Sie konzentrierte sich von 2013 bis 2017 ausschließlich auf Straßenrennen. Obwohl sie ihre ersten großen Erfolge auf den Holzovalen einfuhr: Sie wurde Deutsche Meisterin in der Einerverfolgung und im Omnium und gewann mehrere EM-Medaillen in der Mannschaftsverfolgung. Nach dem Rückzug von der Bahn verlief ihre Karriere auf der Straße extrem erfolgreich.

Doch nach den großen Siegen mit Gold und Silber bei der WM 2014 und der Bronze-Medaille im WM-Zeitfahren 2015 wurden die internationalen Erfolge weniger.

Nach einer – für ihre Verhältnisse – wenig erfolgreichen Saison 2017 mit „nur“ vier Siegen und dem zwölften Platz im WM-Zeitfahren wollte sie etwas verändern. Sie brauchte neue Reize, einen neuen Antrieb. Sie fand ihn in einer Rückbesinnung: auf die Bahn. „Mit Lisas Rückkehr auf die Bahn kehrte der Erfolg zurück“, sagt der Bundestrainer André Korff. Bei ihrem ersten Rennen in der Mannschaftsverfolgung verbesserte Brennauer – zusammen mit Gudrun Stock, Charlotte Becker und Lisa Klein – den deutschen Rekord um mehr als vier Sekunden. „Ich hatte nicht mal mehr ein Bahnrad im Keller. Deshalb war ich nach vier Jahren Pause schon sehr nervös vor dem ersten Training. Man muss sich schon umgewöhnen: Geschwindigkeit, Kurvendruck, starrer Gang, Abstand – aber nach fünf Minuten war wieder alles wie früher“, sagt Lisa Brennauer.

Die letzte Medaille des deutschen Frauen-Vierers, EM-Silber, datierte aus 2011. Mit dabei: Lisa Brennauer. Bis zum Gewinn der nächsten Medaille dauerte es sieben Jahre. Es brauchte: Lisa Brennauers Rückkehr. Sie war die dominierende Fahrerin der EM 2018 – und unterstrich dies mit dem Titelgewinn in der Einerverfolgung.

Das große Ziel

Ihre erfolgreiche Saison 2020 begann bereits früh – auf der Bahn. Bei den Weltmeisterschaften auf dem Velodrom von Berlin. Der deutsche Frauen-Vierer zeigte, dass er endgültig wieder in der Weltspitze angekommen ist: Die Fahrerinnen verbesserten den deutschen Rekord erneut, um mehr als fünf Sekunden: auf 4:11,039 Minuten. Die Siegerzeit der US-Amerikanerinnen war zwei Zehntelsekunden langsamer – doch die deutsche Mannschaft musste sich mit Bronze begnügen.

Ein Fehler im Halbfinale verhinderte den Einzug in das Rennen um die Gold-Medaille. „Wir wissen, was wir können. Unser Ziel für Tokio 2021 muss daher lauten, um Gold zu fahren“, sagte Lisa Klein.

Hinter der überragenden Fahrerin dieser Weltmeisterschaft, Chloe Dygert, gewann Lisa Brennauer zudem Silber in der Einerverfolgung. Nun fehlt noch eines in ihrer enormen Erfolgsliste, in ihrer Medaillensammlung: Olympia-Gold.

Dieser Artikel erschien in der RennRad 3/2021. Hier können Sie die Ausgabe als E-Paper oder Printmagazin bestellen.

Lisa Brennauer, Portrait, Ziele, Erfolge

Lisa Brennauer im Portrait


Lisa Brennauer: Steckbrief

Team Ceratizit-WNT Pro Cycling
Geburtsdaum 08.06.1988 in Kempten
Größe 1,68 Meter
Gewicht 62 kg
Wohnort Durach
Erfolge Auf der Straße:

  • Weltmeisterin EZ 2014
  • 2 x Ceratizit Challenge by La Vuelta 2019, 2020
  • 2 x Thüringen-Rundfahrt 2017, 2018
  • Boels Ladies Tour 2014
  • Europameisterschaft MZF 2020
  • 3 x Deutsche Meisterin EZF 2013, 2014, 2018
  • 3 x Deutsche Meisterin im SR 2014, 2019, 2020
  • 3 x Weltmeisterin im MZF 2013, 2014, 2015

 Auf der Bahn:

  • Europameisterin Einerverfolgung 2018
  • 2 x Silber WM Einerverfolgung 2019, 2020
  • Bronze WM Mannschaftsverfolgung 2020
  • 2 x Deutsche Meisterin Einerverfolgung 2013, 2018
  • Deutsche Meisterin Omnium 2011

Erschütterungen beim Radfahren: Studie zu Risiken und Folgen

Thüringer Wald, Tipps, Touren, Marcel Kittel

Paris-Roubaix ist eines der legendärsten Radrennen der Welt — vor allem wegen der zahlreichen Kopfsteinpflaster-Sektoren. Viele Zuschauer können wohl kaum nachvollziehen, wie sich diese Pavés für die Fahrer anfühlen. Der Selbstversuch, nachzulesen in der Ausgabe 4/2020, zeigt: Die Erschütterungen sind noch härter, als es am Bildschirm scheint.

Wissenschaftler der Universität Exeter* in England haben die Auswirkungen solcher Ganzkörpervibrationen auf den Körper erforscht.

Sie untersuchten die Stoßwirkungen an zehn guttrainierten Radsportlern. Diese absolvierten mehrmals einen sechs Kilometer langen Abschnitt mit sowohl glattem als auch „sehr schlechtem“ Asphalt. Zusätzlich wurde der Einfluss der Sattelstützen untersucht: Drei unterschiedliche Modelle wurden getestet, wovon zwei auf einen hohen Dämpfungskomfort ausgerichtet waren.

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Ergebnisse der Studie zu den Erschütterungen

Die Ergebnisse: Radfahrer sind – gerade auf schlechtem Asphalt – potenziell schädlichen Ganzkörpervibrationen und Erschütterungen ausgesetzt, welche über den von der EU empfohlenen Maximalwerten liegen. Die Auswirkungen am Sattel waren deutlich größer als jene auf die Lumbarregion. Die Forscher stellten zudem keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sattelstützen fest.

Die Erschütterungen können zu Schmerzen im unteren Rücken, Wirbelsäulenbeschwerden und einem erhöhten Verletzungsrisiko führen. Weiterführende Studien sollten den Einfluss der Reifenbreite oder des Reifendrucks untersuchen.

Die individuellen Unterschiede waren jedoch groß: In einzelnen untersuchten Fällen konnten spezielle Sattelstützen oder Sättel bereits viele Erschütterungen dämpfen.

*Edwards & Holsgrove (2020): Thunder road – whole-body vibration during road cycling, and the effect of different seatpost designs to minimise it, Journal of Sports Science


Studien zu Erkenntnissen der Trainingslehre

Ausdauersport und Gefäße
Einfluss des Alters auf den Fettstoffwechsel
Asthma: Auswirkungen von Ausdauersport
Mehr Leistung durch Nitrate
Radfahren > Laufen
Intervalltraining: Studie zum Einfluss der Intervalldauer
Der Effekt von Radfahren gegen Parkinson
Der Effekt vom Fluchen auf die sportliche Leistung
Bakterien und Blutdruck: Studie zu Effekten von Sport und Mundhygiene
Cannabis und Leistung: Welchen Einfluss hat die Hanfpflanze auf die Leistungsfähigkeit im Radsport?
Radfahrer sind die besseren Autofahrer
Welchen Einfluss hat Kaffee auf die Regeneration?
Welchen Einfluss hat Kälte auf die Regeneration?
Der Zusammenhang von Kohlenhydraten und der Lebenserwartung?
Doping mit Tramadol: Was bringt die Einnahme wirklich?
High Intensity Intervall Training: Was bringt HIIT?

Saltimbocca: Profi-Rezept vom Team Bora-Hansgrohe

Saltimbocca, Rezept, Bora-Hansgrohe

Emanuel Buchmann wird in diesem Jahr zum ersten Mal beim Giro d’Italia starten – als einer der Favoriten auf eine Top-Platzierung. Auch die kulinarische Vorbereitung ist bereits italienisch: Saltimbocca mit Trauben, Salbei und Selleriepüree.

Das Kalbfleisch ist besonders fettarm und eiweißreich. Es enthält unter anderem Eisen, Magnesium, Kalzium, seltene Spurenelemente wie Zink und das Vitamin B12. Der Knollensellerie ist eine Art „Superfood“: Seine ätherischen Senföle wirken magenschonend, reizlindernd und antibakteriell.

Der Name Salbei kommt vom lateinischen „salvare“ – heilen. Dieses Kräuter-Gewürz gibt dem Saltimbocca die entscheidende Geschmacksnote.

Saltimbocca mit Trauben, Salbei und Selleriepüree: Die Zubereitung

  • Den Sellerie waschen, schälen, würfeln und mit der Hafer- oder Mandelmilch im Topf weichkochen. Die Milch abgießen. Mit einem Pürierstab den Sellerie mixen, 50 Gramm Butter unterrühren und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen.
  • Die Schnitzel salzen und auf jedem Speck und drei Salbeiblätter mit Spießen fixieren. Den Backofen auf 60 Grad aufheizen. Die Schnitzel auf der Speckseite etwa 2,5 Minuten in der Pfanne scharf anbraten, dann wenden, nach einer Minute herausnehmen und für rund 15 weitere Minuten im Backofen ruhen lassen.
  • Zum Fleisch auch den Knoblauch und die restlichen Salbeiblätter in die Pfanne geben, würzen und braten. Den Herd abstellen und die teils halbierten Trauben in die Pfanne legen. Mit Traubensaft und Weißweinessig ablöschen. Mit Salz und Pfeffer würzen. Dann die restliche Butter dazugeben und alles zu einer Soße vermischen.
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Saltimbocca mit Trauben, Salbei und Selleriepüree: Bio-Zutaten für vier Personen

  • 400 Gramm Knollensellerie
  • 400 Milliliter Hafer- oder Mandelmilch
  • 80 Gramm Butter
  • Pfeffer, Natur- oder Meersalz, Muskat
  • 2 Kalbsschnitzel, je circa 200 Gramm schwer
  • 6 dünne Scheiben Putenspeck oder -schinken
  • 12 Salbeiblätter
  • 2 Knoblauchzehen
  • 175 Gramm kernlose rote Trauben
  • 100 Milliliter Traubensaft
  • 1 TL Weißweinessig
  • Bratolivenöl

Weitere Profirezepte für Sportler vom Team Bora-Hansgrohe

Steak Bavette mit Tamarinden-Marinade und Gemüse
Hähnchen-Wraps mit Mango-Chutney
Seehecht in Chiakruste
Saibling auf Blumenkohl-Couscous und Haselnüssen
Auberginen-Türmchen mit Ziegenkäse
Gegrillter Pfirsich mit Dinkelbutterstreusel, Honig und Rosmarin
Lammrücken „Ras el Hanout“ mit Minze, Erbsen-Hummus und Granatapfel
Garnelen auf Gemüsepfanne mit Cashews und Koriander
Radicchio-Salat mit Bündnerfleisch, Walnüssen und Ziegen-Bergkäse
Steak Frites mit BBQ-Sauce
Soba-Nudeln mit Spargel, Garnelen und Zitronengras
Frittata mit Spinat und Feta
Pastasotto mit Pak Choi
Rafal Majkas Borschtsch
Dinkel-Pancakes mit Beeren und Honig
Tagliata
Hirsecanneloni mit Spinat und Feta
Teryaki-Hähnchen
Gegrillte Lachsforelle mit Quinoa

Gravelbikes 2021 im Test: 17 Räder unter 3000 Euro im Vergleich

Gravelbikes, Test, Kaufberatung, Gravel

Bikepacking, Langstrecke und Komfort – oder Renntauglichkeit, Agilität, Leichtgewicht: Die Gravelbikes in diesem Test sind höchst unterschiedlich – und definieren damit diese noch „junge“ Fahrradgattung.

Auch die Geländetauglichkeit unterscheidet sich zum Teil stark: Einige Modelle entlehnen ihre Geometrien aus dem Bereich der Mountainbikes, andere sind Marathon-Rennrädern näher.

Reifenbreiten bei Gravelbikes

Ein weiterer Indikator dafür sind die Reifenbreiten: So sind etwa am Scott Addict Gravel 20 „nur“ 35 Millimeter breite Schwalbe-Pneus montiert. Das Addict ist eines der „rennrad-ähnlichsten“ und am klarsten auf den Renn-Einsatz ausgelegten Modelle dieses Tesfeldes. Die Sitzposition: recht tief und gestreckt. Der Fahrspaß: extrem hoch.

Auf der anderen Seite des Spektrums steht etwa das Merida Silex+. Es ist mit 27,5-Zoll-Laufrädern und 45 Millimeter breiten Reifen ausgestattet – und zählt damit zu den am klarsten auf einen hohen Dämpfungskomfort ausgerichteten Modellen in diesem Test. Seine Geometrie mit dem stark abfallenden Oberrohr erinnert optisch an ein Mountainbike – die Fahreigenschaften ebenfalls.

Alltagseinsatz und Bikepacking-Touren

Viele unserer Testräder sind vorrangig auf den Alltagseinsatz und lange Bikepacking-Touren ausgelegt. Dazu zählt etwa das Fuji Jari Carbon 1.3 mit seiner komfortorientierten Sitzposition und den 22 Gewinde-Ösen zur Montage von Taschen, Getränkehaltern, Schutzblechen und eines Gepäckträgers.

Im Bereich der Gravelbikes sind die Entwicklungsschritte aktuell so schnell und vielfältig wie bei wohl kaum einer anderen Radgattung. Dies zeigt sich auch in diesem Test. So setzt etwa Basso bei seinem neuen Modell Tera auf einen Mix aus einem Aluminium-Rahmen und einem Carbon-Hinterbau. Die Carbon-Streben setzen tief am Sitzrohr an und erhöhen den Dämpfungskomfort des Gravelbikes spürbar.

Auch das Rondo Ruut sticht heraus: An der Gabel lässt sich die Geometrieausrichtung ändern – in eine „kürzere“ Position für mehr Fahrkomfort oder in eine tiefere, gestreckte Sitzposition.

Preis und Leistung bei den Gravelbikes

Weitergehende Innovationen finden sich naturgemäß an teureren Modellen. Viele davon testeten wir ausgiebig für die Ausgabe 10/2020. Kleinere Laufräder, Mountainbike-Kassetten mit bis zu 50 Zähnen, Federsysteme – immer mehr wird für die Geländetauglichkeit von Gravelrädern getan. Zudem steigt die Zahl der Gravelrennen. Diese Events stehen für einen Trend, der aus den USA nach Europa kommt und eine wachsende Zielgruppe findet.

Ob Rennen, Pendelfahrten oder Touren als Haupteinsatzgebiete:  In diesem Testfeld wird jeder fündig. Das passende Zubehör für Mehrtages-Touren und Übernachtungen – wie etwa Leichtgewichtszelte, Schlafsäcke und Isomatten – finden Sie in der RennRad 5/2021. Dieser

Radtest bildet die ganze Breite des Spektrums der Gravelbikes ab und zeigt, dass auch in den günstigeren Preisklassen innovative, robuste und durchdachte Modelle für alle Einsatzgebiete zu finden sind: für den Renneinsatz, den Alltag, als Ganzjahresrad, als Bikepacking-Tourer, als Mountainbike-Hardtail-Alternative oder als das eine Rad für alle Fälle.

Diese Gravelbikes haben wir getestet

Marke Modell Preis Prädikat
Focus Atlas 6.8 1999 Euro  
Poison Taxin 2000 Euro  
Basso Tera 2200 Euro  
Bombtrack Hook 2299 Euro  
Felt Breed 20 2399 Euro  
Giant Revolt Advanced 2 2499 Euro  
BH GravelX Evo 3.0 2699 Euro  
Rondo Ruut CF 2X 2699 Euro  
Fuji Jari Carbon 1.3Testbrief 2719 Euro  
Bergamont Grandurance Elite 2799 Euro  
Scott Addict Gravel 20 2799 Euro Race-Tipp
Benotti Fuoco GravelTestbrief 2899 Euro Kauftipp
Canyon Grail CF SL 8 2899 Euro Kauftipp
Merida Silex+ 6000Testbrief 2949 Euro Komfort-Tipp
Titici A-GR 01 2990 Euro  
Rose Backroad GRX RX810 2999 Euro* Kauftipp
Storck Grix ProTestbrief 2999 Euro Race-Tipp

*Rose kündigte Mitte März an, die Preise aller Fahrräder um acht bis zwölf Prozent zu erhöhen. Zum Redaktionsschluss galt noch der angegebene Preis.

Die ausführlichen Testberichte zu den einzelnen Gravelbikes lesen Sie in der RennRad 5/2021. Hier können Sie die Ausgabe als Printmagazin oder E-Paper bestellen.

Die getesteten Gravelbikes in der Bildergalerie

Focus Atlas 6.8, Test, Gravelbike-Test, Kaufberatung

Focus Atlas 6.8

Poison Taxin, Kaufberatung, Test

Poison Taxin

Basso Tera, Gravelbikes, Test

Basso Tera

Bombtrack Hook, Gravelbikes

Bombtrack Hook

Felt Breed 20, Test, Gravelbikes

Felt Breed 20

Giant Revolt Advanced 2, Gravelbikes, Test

Giant Revolt Advanced 2

BH GravelX Evo 3.0, Test, Gravelbikes

BH GravelX Evo 3.0

Rondo Ruut CF 2X, Test, Gravelbike-Test, Kaufberatung

Rondo Ruut CF 2X

Fuji Jari Carbon 1.3, Gravelbikes, Test

Fuji Jari Carbon 1.3

Bergamont Grandurance Elite, Gravelbikes, Test

Bergamont Grandurance Elite

Scott Addict Gravel 20, Test, Gravelbike-Test

Scott Addict Gravel 20

Benotti Fuoco Gravel, Gravel, Gravelbikes, Test

Benotti Fuoco Gravel

Canyon Grail CF SL 8, Gravelbikes, Test, Kaufberatung

Canyon Grail CF SL 8

Merida Silex+ 6000, Gravelbike-Test, Kaufberatung

Merida Silex+ 6000

Titici A-GR 01, Gravelbikes, Test, Kaufberatung

Titici A-GR 01

ROSE Backroad GRX RX810, Test, Gravelbikes

ROSE Backroad GRX RX810

Storck Grix Pro, Gravelbikes, Test, Kaufberatung

Storck Grix Pro

Am Test der Gravelbikes arbeiteten mit: David Binnig, Johann Fahrmann, Yannik Achterberg, Jan Zesewitz

RennRad 5/2021: Alle Inhalte der aktuellen Ausgabe

RennRad 5/2021, Heftinhalt

Für Straßen, Feld- und Schotterwege – Rennlenker, breite Stollenreifen, eine komfortable Ausrichtung: Dies sind Räder für alle Fälle und Terrains. Oder anders gesagt: Gravelbikes. Diese noch junge Rad-Gattung ist längst etabliert, und somit viel mehr als ein Trend. Für die RennRad 5/2021 haben wir 17 Gravelräder zwischen 1999 und 2999 Euro getestet. Ihre Ausrichtungen reichen von: extrem geländegängig, robust und packtaschen-optimiert bis zu leicht, steif und absolut renn-orientiert.

Auf einem solchen robusten, asphalt- wie auch offroad-tauglichen Rad war auch der Protagonist unserer 16 Seiten umfassenden Reportage unterwegs. Mehr als 8000 Kilometer weit. Von Dresden aus gen Indien, über das Himalaya, über die höchsten Pässe der Welt. Sein Ziel: Neues erleben, Abenteuer, Freiheit – und mehr als 350.000 Höhenmeter überwinden.

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Gravelbikes und Bikepacking-Equipment im Test, packende Reportagen und Trainingstipps für mehr Ausdauer: Hier können Sie die RennRad 5/2021 als Printmagazin und E-Paper bestellen

RennRad 5/2021: Bikepacking und Ausdauer

Auch ein weiterer großer Test dieses Magazins – jener von Mehrtages-Touren- beziehungsweise Bikepacking-Equipment wie Zelten, Isomatten, Schlafsäcken – und der Schwerpunkt der Trainings-Rubrik passen thematisch zu dieser Reportage: Auf acht Seiten widmen wir uns dem Thema „mehr Ausdauer“.

Die Inhalte: Fettstoffwechsel, Ernährung, Intervalle – Tipps, Einblicke, Anleitungen und Trainingspläne für Athleten aller Leistungsniveaus. Für mehr Abwechslung und mehr Effizienz.

Alle Inhalte der RennRad 5/2021 auf einen Blick

Jedermann

Auftakt: Menschen, Szene, Geschichten
News, Termine und Leitartikel: Sport, Bewegung & die Corona-Krise. Von Passivität und Veränderungen

Abenteuer: Himalaya & die höchsten Pässe
Krebsdiagnose mit 24, Aufbruch mit 28. Philipp Markgraf fährt gen Osten. 12.000 Kilometer weit

Porträt: Langdistanzen & 24-Stunden-Rennen
Lukas Klöckner war Extrem-Radsportler. Er wechselte erst zu Radmarathons, dann zu Rennen

Selbstversuch: Zeitfahren & Leistungstests
Von Null auf 100: als Anfängerin zum King of the Lake. Einblicke in das erste Rennen. Leistungstest & Tipps

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Krebsdiagnose mit 24, Aufbruch mit 28. Philipp Markgraf fährt gen Osten. 12.000 Kilometer weit

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Lukas Klöckner war Extrem-Radsportler. Er wechselte erst zu Radmarathons, dann zu Rennen

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Von Null auf 100: als Anfängerin zum King of the Lake. Einblicke in das erste Rennen. Leistungstest & Tipps

Test & Technik

Auftakt: Neuheiten, Trends & mehr
Belüftung: Neuer Top-Helm von Specialized, Rapha präsentiert Gravelschuhe & weitere Neuheiten

Einzel-Tests: Top-Race-Rennräder
Aerodynamik, Vielseitigkeit, Leichtgewicht: neue Top-Rennräder von Basso, BMC und Angel

Rad-Test: 17 Gravelbikes unter 3000 Euro
Vielseitige & preis-leistungsstarke Gravelräder im großen Test. Modelle von Canyon, Rose & mehr

Bikepacking & Camping: Zubehör im Test
18 Zelte, Schlafsäcke und Isomatten getestet: Wetterschutz, Gewicht, Komfort und mehr

Gravel-Test: Trikot, Radhose & mehr
Packliste für das Bikepacking. Plus: Gravel-Kleidung. Trikots, Hosen, Schuhe & mehr. Tipps und Tests

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Vielseitige & preis-leistungsstarke Gravelräder im großen Test. Modelle von Canyon, Rose & mehr

18 Zelte, Schlafsäcke und Isomatten getestet: Wetterschutz, Gewicht, Komfort und mehr

Training

Auftakt: Wissen, Tipps und Rezepte
Studie: Die Risiken von Erschütterungen. Plus: Rezept – Essen wie die Bora-Hansgrohe-Profis

Wissen: Ketone, Stoffwechsel & Leistung
Mehr Ausdauer, ein optimierter Fettstoffwechsel: das versprechen Ketone. Studien & Einblicke

Training: Grundlage, Intervalle & Ernährung
Ausdauer & mehr: ein effizienteres Training und optimierte Ernährung. Einblicke, Tipps & Pläne

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Ausdauer & mehr: ein effizienteres Training und optimierte Ernährung. Einblicke, Tipps & Pläne

Peloton

News: Watt-Werte, Stürze & Ergebnisse
Leistungsanalyse: Die Attacken des Mathieu van der Poel. Plus: die Vuelta-Strecke & Pässe

Portrait: Romain Bardet – der Bergspezialist
Neue Ziele, neue Herausforderungen, neues Team: Romain Bardet, Team DSM, im Portrait

47.000 Höhenmeter: Der Giro d’Italia
Acht Bergankünfte und eine Königsetappe durch die Dolomiten. Ein Giro für Bergspezialisten

Interview: Simon Geschke – Training & Ziele
Seit zwölf Jahren Profi: Simon Geschke über Motivation, vergangene Erfolge und neue Ziele

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Acht Bergankünfte und eine Königsetappe durch die Dolomiten. Ein Giro für Bergspezialisten

Reise in der RennRad 5/2021

Thüringer Wald: Marcel Kittels Top-Touren
Ruhe, Natur, Einsamkeit – und Training. Rennrad- und Gravelstrecken am Rennsteig

RennRad 5/2021, Heftinhalt, Vorschau

Ruhe, Natur, Einsamkeit – und Training. Rennrad- und Gravelstrecken am Rennsteig

Thüringer Wald: Tipps für Rennrad-Touren von Marcel Kittel

Thüringer Wald, Tipps, Touren, Marcel Kittel

16 Prozent Steigung – ich gebe alles, doch ich komme nicht vorwärts. Das Hinterrad dreht auf dem lockeren Geröll des schmalen Waldweges durch. Es riecht nach feuchten Baumrinden und Moos, nach Fichtennadeln und Baumharz. Die Sonne scheint durch einzelne Lücken zwischen den hohen, dicht nebeneinanderstehenden Bäumen. Mein Mitfahrer steht am höchsten Punkt des Hügels und wartet auf mich. Er springt auf sein Gravelbike und sprintet los. Als wäre der Pfad unter ihm nicht von Wurzeln und Schotter überzogen, sondern glatter Asphalt. Er kennt hier – im Thüringer Wald – fast alle Wege. Dies ist seine Heimat. Der Name meines Mitfahrers: Marcel Kittel.

Irgendwann sind wir wieder auf einem breiteren Forstweg. Wir rollen nebeneinander her und reden: über Radrennen, große und kleine Momente des Sports, Technik und über seine Herkunft. Es geht bergab, auf einem breiten Weg durch eine dunkelgrüne Wiese – unter uns liegen der Wald, ein Tal, eine Burg. Wir werden schneller, ohne zu treten. Der Spätsommer-Fahrtwind trocknet den Schweiß. „Es ist einfach wunderschön hier, im Wald, bei Sonne zu trainieren“, sagt Marcel.

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Aktivregion Rennsteig im Thüringer Wald

Ich verbringe einige Spätsommertage hier in der ‚Aktivregion Rennsteig‘, in und um Oberhof – geografisch in der Mitte Deutschlands. Es ist Spätsommer in dem bekannten Wintersportort in Thüringen, in dem wenige Monate später wieder Biathlon-Weltcup-Rennen ausgetragen werden.

Oberhof liegt am Kamm des Mittelgebirges und damit auch am 169,3 Kilometer langen „Rennsteig“, dem ältesten und beliebtesten Weitwanderweg Deutschlands. Wer ihn begeht, kann sich einfach orientieren: Der Buchstabe R markiert den Weg, in Weiß an Bäume gepinselt und in Holzschilder geschnitzt. Seit der Wiedervereinigung ist der Weg wieder durchgängig begehbar – im Gebiet des Frankenwaldes führt er durch Bayern. Auch unter Radfahrern wird diese Region immer beliebter. Denn sie bietet viel: Ruhe, Natur, Täler, Höhenmeter, gut ausgebaute Radwege, kleine kaum befahrene Straßen, Feldwege und Trails. Ich habe diesmal sowohl mein Rennrad als auch mein Gravelbike mitgebracht. Meine Ziele: Die Natur erleben und an meiner Form arbeiten.

Rennsteig & Gravel

Mein Guide: Marcel Kittel. Er ist 32, und sieht noch muskulöser aus als früher. Er hat, bevor er 2019 überraschend seine Karriere beendete, zahlreiche Radrennen gewonnen, unter anderem 14 Etappen der Tour de France. Mehr als jeder andere deutsche Radsportler.

Jahrelang war er der beste, der schnellste Sprinter der Welt. An seiner Weltklasse-Form arbeitete er auch in seiner Heimat. „Der Thüringer Wald war mein Haupttrainingsgebiet, wenn es um schwere Trainingseinheiten ging. Generell hat man hier alle Möglichkeiten, wenn man zwischen Arnstadt und Erfurt wohnt. Ich konnte flach und bergig trainieren, so wie ich es gerade brauchte“, sagt er.

Hier, mitten im Thüringer Wald, sind wir nur wenige Kilometer von Marcels Heimatstadt Arnstadt entfernt. Beim RSV Adler Arnstadt begann er auf dem Mountainbike mit dem Radsport. „Später habe ich dann zum Glück eine Arnstädter Straßen-Trainingsgruppe gefunden und wir sind kreuz und quer in alle Richtungen gefahren. Als die ersten Erfolge kamen, wurden auch die Trainingseinheiten länger und gingen auch immer öfter durch den Thüringer Wald und vor allem Richtung Oberhof. Auch, als ich schon längst in Erfurt in der Sportschule gewohnt und trainiert habe.“

Thüringer Wald, Tipps, Touren, Marcel Kittel

 

Marcel Kittels neue Welt

Heute fahren wir auf breiteren Gravel-Reifen, mit Geschwindigkeiten von 23, 24, 25 km/h, mit Kaffee- und Kuchen-Pausen. Dies ist seine neue Welt. Eine, die weit weg ist von der Welt des Profi-Radsports – von der Welt der Trainingspläne und Wattwerte. „Nach meiner Karriere bietet mir das Gravelbike eine perfekte Mischung aus Spaß und sportlicher Herausforderung mitten in der Natur und abseits von den bekannten Rennradstrecken. Waldwege, Trails, Mehrtagestouren: Ich habe dadurch im Thüringer Wald viele neue Ecken kennengelernt.“

Ich kann während meiner Tage in Thüringen von seinen Erfahrungen, von seiner Streckenkenntnis, profitieren. Nicht nur Wanderer, sondern auch viele Radsportler orientieren sich während ihrer Touren am Rennsteig. Seit den Neunzigerjahren und dem Aufkommen des Mountainbikes wird Radfahren hier immer beliebter. Die guten Schotterwege und Pfade ziehen inzwischen immer öfter Sportler mit Gravelbikes an.

Mit knapp 200 Kilometern und mehr als 2600 Höhenmetern besitzt der Rennsteig-Radweg ein anspruchsvolles Profil. Marcel Kittel hat die Tour selbst schon unternommen. „Das ist definitv eine Herausforderung. Ich fand es persönlich spannend, dort entlang der ehemaligen DDR-Grenze inklusive des sogenannten Todesstreifens zu fahren und die Geschichte so von meinem Rad aus selbst zu entdecken.“

Perfekte Strecke für ein langes Bikepacking-Wochenende

Für ein langes Bikepacking-Wochenende gibt es in Deutschland kaum geeignetere und zentraler gelegene Strecken.

Wer den Rennsteig-Radweg komplett zurücklegen möchte, sollte in den Taschen am Rad oder im Trikot traditionsgemäß Platz für einen kleinen Stein reservieren: In Hörschel, etwas außerhalb der Wartburg-Stadt Eisenach, nimmt man am Startpunkt des Rennsteigs einen Stein aus der Werra. Am Endpunkt in Blankenstein wirft man ihn in die Selbitz, einen Nebenfluss der Saale.

Doch die wohl schönsten Touren verlaufen nicht nur auf dem Kammweg – sie führen tiefer in den Wald und seine Täler. Die bekanntesten dieser Abzweigungen sind die 44 „Rennsteig-Leitern“: Schmale Zubringer-Wege, die größtenteils auch mit dem Rad befahrbar sind. Sie führen vorbei an kleinen Orten, zu Sehenswürdigkeiten oder auf andere Wege. Marcel Kittel schwärmt immer wieder von dem Radwege-Netz Thüringens, das sich für Gravel- und Rennradtouren auf den Strecken Richtung Thüringer Wald anbietet.

Goethe und Gravelbikes

Unsere Gravel-Tour startet in der Universitätsstadt Ilmenau – am Marktplatz, wo sich auf einer Bank ein Denkmal zu Ehren Johann Wolfgang von Goethes befindet. In Ilmenau startet 2021 auch die dritte Etappe des Profi-Etappenrennens Deutschland-Tour. Über eine Renndistanz von 191 Kilometern führt sie nach Nürnberg.

Unsere Gravel-Tour ist kurz, aber anspruchsvoll. Knapp 900 Höhenmeter sind auf 50 Kilometern zu überwinden. Dass wir dennoch mehr als vier Stunden für die Strecke benötigen, liegt an ihrer Schönheit. Und an den Pausen, die wir uns nehmen, um sie zu bewundern. Um die Ruhe, die Einsamkeit und die Stille zu erleben.

Auf schmalen Wegen und auf Pfaden durch den Wald fahren wir zunächst entlang des Goethe-Wanderweges, der mit einem „g“ gekennzeichnet ist und 17 Wirkungsstätten Goethes von Ilmenau bis Stützerbach verbindet.

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Der beeindruckendste Goethe-Ort

Der wohl beeindruckendste Goethe-Ort unserer Route ist der Schwalbenstein. Wir erreichen ihn über einen kleinen, nur wenige Meter langen Pfad, der am Hang des Großen Spiegelsbergs steil von einem Waldweg abführt.

Über einige Wurzeln, über rostbraunen und dunkelgrünen, kompakten aber federnden Waldboden und letztlich über eine kleine hölzerne Brücke erreichen wir den Porphyrfelsen, der wie eine große Wand aus Vulkangestein in dem dichtbewaldeten Hang steht. Auf ihm befindet sich eine kleine Schutzhütte, von der aus wir einen Blick über das Ilmtal genießen und vor allem eines sehen: Grün.

Der zweithöchste Berg im Thüringer Wald

Schon Goethe ließ sich davon inspirieren und schrieb hier „an einem heiteren Tage“ im März 1779 den gesamten vierten Akt des Stücks „Iphigenie auf Tauris“ nieder. Noch mehr als zwei Jahrhunderte später analysieren Schüler die Handlung um das moralische Dilemma der Hauptfigur, ihren König zu hintergehen. Auch ich muss mich heute anstrengen. Es geht weiter, bergauf, lange. Bis auf das Plateau des Schneekopfs, dem mit 978 Metern zweithöchsten Berg im Thüringer Wald.

Von dem schmalen Aussichtsturm aus, der hier oben neben einem massiveren Funkturm und einer Ausflugsgaststätte steht, genießen wir auf 1001 Metern einen der weitesten Blicke, den man über ein deutsches Mittelgebirge haben kann. Unser Weg führt uns weiter auf den Rennsteig, vorbei an weiteren Ausflugsgaststätten, einer Trinkwasserquelle, wenigen Wanderern und Pilzsammlern. Wir fahren nebeneinander, und werden immer schneller.

Es geht bergab, dann auf eine lange Gerade und wieder hinein in den Wald. Wir nähern uns der Kernzone des UNESCO-Biosphärenreservats Thüringer Wald, das 337 Quadratkilometer groß ist und auf dessen Berg- und Waldwiesen Orchideen und Kräuter wachsen. Man hört immer wieder ein paar Autos, aber die Stille überwiegt bis zur Rennsteig-Kreuzung nahe Schmiedefeld.

Für viele Sportler endet oder beginnt eine Radtour hier am Bahnhof Rennsteig, denn Fahrräder kann man in Thüringens Nahverkehrszügen kostenfrei mitnehmen. An Wochenenden und Feiertagen fährt die „RennsteigBahn“ in rund 30 Minuten von Ilmenau kommend hoch zu der auf 747 Metern gelegenen Station. Auf den Gleisen stehen alte Zugwagons aus DDR-Zeiten. Im ehemaligen, mit Schiefer verkleideten Bahnhofsgebäude empfiehlt sich die Gaststätte „Gleis 1“ für eine Kuchen-Pause.

Abfahrt

Wir rollen weiter, vorbei an zahllosen Grenzsteinen ehemaliger Herzog- und Fürstentümer und verlassen bald den Rennsteig für eine lange Abfahrt. Schließlich kommen wir zu einer Lichtung und sehen: Spätsommersonne hinter den Bäumen, wenige Menschen zwischen hohem Gras und Libellen in der Luft stehend über dem Wasser. Ein Idyll wie aus einem Gedicht. Das Platschen stört die friedliche Stille kaum, als ein Junge in den Ochsenbacher Teich springt.

Wir stellen die Räder ab, ziehen die Schuhe aus und setzen uns auf den wackligen Holzsteg, der nur wenige Meter weit in den kleinen, ruhigen Teich hineinragt. Pause, Ruhe. Dann: Aufsteigen. Weiterfahren. Bergauf. Es ist vorbei mit der Entspannung. Zumindest für einige Minuten, bis es wieder bergab geht. Für die letzten zehn Kilometer des Tages benötigen wir kaum Kraft. Die Sonne geht unter. Marcel fährt vor. Er fährt die Kurven schneller und sicherer, als ich es je könnte. Ich verliere ihn aus den Augen. Am Ende der Abfahrt durch das Schortetal steht er neben dem Trail und wartet auf mich. Die letzten Kilometer.

Gravel-Tour im Thüringer Wald: Erholung und Training

Am Ende dieser Tour erreichen wir in der „Schorte“ das Bergwerk „Volle Rose“. Mangan und Flussspat werden hier längst nicht mehr abgebaut. Die Gegend um Ilmenau war eines der Thüringer Bergbauzentren, Goethe war einst Leiter der Bergbaukommission.

Der nächste Tag: Wir treffen uns am Denkmal für Johann Sebastian Bach. Es steht auf dem Arnstädter Marktplatz und ist umgeben von Besuchern des Wochenmarktes. Es riecht, um neun Uhr morgens, schon nach Bratwurst. Marcel wird als „Kind der Stadt“ gefühlt von jedem Zweiten gegrüßt.

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Wechsel vom Gravel- aufs Rennrad

Wir wechseln von den Gravel- auf die Rennräder. Schmalere Reifen, höhere Geschwindigkeiten, die gleichen Anstrengungen, die gleiche Freude. Nachdem wir die Stadt verlassen haben, fahren wir auf dem Geratalradweg über Plaue in Richtung Gehlberg und Schmücke. Nachdem wir unter der hohen A71-Autobahnbrücke durchgefahren sind, wird es steiler. Die Bahntrasse Erfurt-Würzburg schlängelt sich parallel zu uns das Tal hinauf.

Kurz vor Oberhof begegnet uns ein anderer Rennradfahrer: Philipp Horn. Der Profi-Biathlet stammt aus Frankenhain, besuchte die Sportschule Oberhof und gehört weiterhin zur dortigen Trainingsgruppe, zu der auch Erik Lesser zählt. Heute fährt er seine Rennradrunde alleine. Bis er uns trifft. Für die letzten Kilometer hilft ihm Marcel mit einem Energieriegel aus.

Hungerast

Nach der Vormittagstour von Erfurt über Arnstadt und das Geratal mit weit mehr als 100 Kilometern lautet Philipp Horns Selbstdiagnose: Hungerast. Unsere Energieversorgung ist dagegen gesichert. Unter anderem durch Vita Cola. Das Getränk aus der DDR verschwand auch nach der Wende nicht und wird weiterhin in Thüringen produziert.

Der etwas erdige, herbe Geschmack und die dominante Zitrusnote unterscheiden die Thüringer Brause deutlich von anderen Colas. Wir gönnen uns während des nächsten Stopps je eine Flasche, denn unser Energieverbrauch ist hoch. Auf rund 120 Kilometern sammeln wir mehr als 1000 Höhenmeter. „Höhenmeter sind hier fast obligatorisch“, sagt Marcel. „Die 1850 Höhenmeter, die man am Stilfser Joch insgesamt fährt, kann man auch ganz locker während einer Runde im Thüringer Wald schaffen. Rund um Brotterode findet man zum Beispiel viele Strecken, auf denen man sich richtig die Kante geben kann. Nach einer Tour im Thüringer Wald spürt man am Abend, was man getan hat.“

Wintersport und Kultur

Die Anstiege sind meist nur wenige Kilometer „kurz“, kaum länger als drei bis fünf Kilometer, doch es gibt hier unzählige davon. Anstieg. Abfahrt. Anstieg. Abfahrt. Dies ist der Rhythmus des Thüringer Waldes.

In allen Abfahrten geschieht dasselbe: Marcel lässt es rollen – und hängt mich ab. Er fährt auf eine sichere und völlig selbstverständliche Art und Weise durch Kurven, wie ich sie bei einem Hobby-Radsportler noch nie gesehen habe. Wenn er bergauf einmal antritt, hat er mich nach rund 20 Metern um, gefühlt, 19 Meter distanziert. Doch meist fährt er in einem – für ihn – gemütlichen Tempo. „Die Zeit des Sich-Quälens auf dem Rad ist für mich vorbei. Ich habe meine Karriere zum richtigen Zeitpunkt beendet. Ich habe bis zum Schluss alles gegeben und alles für den maximalen Erfolg getan.“ Seit 2019 studiert er Wirtschaftswissenschaften an der Universität Konstanz und lebt mit seiner Familie, seiner Freundin und seinem Sohn, am Bodensee.

Doch seine Heimat bedeutet ihm viel. Sie zieht ihn nach wie vor an. In einem angenehmen Tempo geht es durch den Kanzlersgrund, ein Tal nahe Oberhof, bevor ein Abschnitt der Deutschland-Tour 2019 auf uns wartet und wir die zwei Skisprungschanzen, die Biathlon-Arena und erneut den Rennsteig passieren. „Hier findet man Ruhe und Ausgleich“, sagt Marcel. Und, füge ich in Gedanken hinzu: sportliche Herausforderungen und Höhenmeter. Auf Schotter wie auf Asphalt. Marcels Heimat steht nicht nur für Natur, leere Straßen, Kontemplation – sondern auch für: ein ideales Trainingsrevier.

Thüringer Wald: Perfekte Strecke für ein Bikepacking-Wochenende

Den Artikel lesen Sie in der RennRad 5/2021. Zudem stellt Marcel Kittel dort seine Tourentipps für den Thüringer Wald vor – mit GPX-Downloads. Sie können die Ausgabe bei uns im Shop als E-Paper oder Printmagazin bestellen.


Thüringer Wald

Der Thüringer Wald ist mit einer Größe von rund 1000 Quadratkilometern eines der Zentren des Radsports in Deutschland. Der Große Inselsberg zählt zu Marcel Kittels absoluten Rennrad-Touren-Highlights: „Was die Aussicht betrifft, ist der Inselsberg an einem schönen, sonnigen Tag nicht zu überbieten. Die letzten Kilometer auf dem Kopfsteinpflaster bis ganz nach oben sind eine Herausforderung. Das ist es aber definitiv wert.“ Die Aktivregion Rennsteig bietet ausgiebige Rennrad- und Graveltouren zu Bergseen und Talsperren, eindrucksvolle Aussichtspunkte in ruhiger Natur und Berggaststätten mit typisch thüringischen Speisen. Mit dem Auto ist Oberhof von München aus in 3:30 Stunden, von Frankfurt am Main in 2:40 Stunden, von Köln in vier Stunden, von Hamburg in 4:50 Stunden und von Berlin in 3:40 Stunden zu erreichen.

Weitere Informationen zum Urlaub im Thüringer Wald finden Sie hier.

Smart Drugs und Selbstoptimierung: Leitartikel zu Psyche und Doping

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Der Mensch ist ein Säugetier. Ein Primat. Ein Allesfresser. Ein Ausdauer-Jäger. Rund 98 Prozent des menschlichen Genoms stimmen mit jenem von Schimpansen überein. Europäer tragen zu durchschnittlich rund vier Prozent Gene von Neandertalern in sich. Der durchschnittliche gemessene Intelligenzquotient stieg in den Industrienationen über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich an, um rund drei Punkte pro zehn Jahre. Bis in die Mitte der 1990er-Jahre – seitdem scheint er in einigen Ländern zu stagnieren und in manchen sogar zurückzugehen.

Zu den Gründen dafür existieren viele Theorien und wenig Konsens. Ungeachtet dieses „Anti-Flynn-Effekts“ versuchen immer mehr Menschen, neben ihrem Körper, auch ihre psychische Leistungsfähigkeit zu steigern. Um diesen Trend zur Selbststoptimierung herum ist eine – zur heutigen Zeit – passende Industrie entstanden: ‚Nootropica‘ oder auch ‚Smart Drugs‘. Zu Deutsch: Mittel, mit denen die Denk-Leistung erhöht werden soll. Mehr Konzentration, mehr Leistung, mehr Effizienz, mehr Punkte bei den Prüfungen, mehr Euro auf dem Gehaltszettel, weniger Müdigkeit, weniger „Zeitverschwendung“. So lauten wohl die Versprechen – oder vielmehr: die Erwartungen. Mit Nootropics wurden 2017 rund 1,3 Milliarden US-Dollar umgesetzt. 2024 soll der weltweite Smart-Drug-Umsatz, laut einem „Zion-Market-Report“, bei rund sechs Milliarden Dollar liegen.

Wettbewerb

Das Neuro-Enhancement, die versuchte Optimierung des Denk-Organs, ist eine logische Entwicklung – passend in eine Selbst-Optimierungs-Gesellschaft. Wo ist der Unterschied zwischen dem Neuro-Enhancement und Doping? Wo ist die Thematisierung? Schule, Studium, Beruf, Hobby, Sport, Sex. Ob die Pille blau ist und ‚Viagra‘ heißt – oder weiß und den Namen Adderall, Modafinil, Ritalin oder was auch immer trägt: Immer und überall wird am „optimalen Selbst“ gearbeitet. Am Mehr. Am Besser. Am Schneller. Am Mit-Weniger-Anstrengung. Am „einfachen schnellen“ Weg.

Die größte Studie zur Verbreitung von ‚Smart‘ und anderen Drogen ist der ‚Global Drug Survey‘: Fast 30.000 Menschen wurden dafür befragt. 14 Prozent von ihnen gaben an, in den vorangegangenen zwölf Monaten mindestens einmal Neuro-Stimulanzien verwendet zu haben.

Die Studie, über die unter anderem das Fachjournal ‚Nature‘ berichtete, stammt aus 2017. Im Vergleich zu den Angaben der Studie zuvor aus 2015 kam es innerhalb von nur zwei Jahren fast zu einer Verdreifachung der Nutzer. Die Daten der Untersuchung wurden in 15 Ländern erhoben – in allen 15 stieg die Zahl der „Smart-Drug“-Konsumenten: in den USA von 20 auf fast 30 Prozent, in Großbritannien von fünf auf 23, in Frankreich von drei auf 16 Prozent. 48 Prozent der Konsumenten gaben an, dass sie die Medikamente durch Freunde erhalten hatten. Zehn Prozent kauften die Neuro-Enhancer von einem Händler oder über das Internet, sechs Prozent erhielten sie von einem Familienmitglied, vier Prozent mittels eines eigenen Rezepts.

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Akademischer Druck führt zu höherem Konsum von Smart Drugs

2017 führten Forscher der Universität Verona in Norditalien eine Befragung von Studenten durch. 899 Fragebögen wurden ausgewertet. Das Ergebnis: 11,3 Prozent der Befragten hatten bereits Neuro-Stimulanzien – wie etwa Methylphenidat oder Amphetamine – eingenommen. 58 Prozent davon öfter als fünf Mal in den sechs Monaten zuvor. Als Gründe wurden zu 51 Prozent eine „verbesserte Konzentrationsfähigkeit“ und zu 25,5 Prozent eine „verbesserte Sport-Leistung“ genannt.

Studien aus den USA haben gezeigt, dass die höchsten Nutzungsraten an den Eliteuniversitäten im Nordosten zu finden sind. Dort, wo der akademische Druck wohl am größten ist. Dort, wo die Studenten am „wettbewerbsfähigsten“ sind.

„Smart Drugs“ im antiken Griechenland

Schon im antiken Griechenland dopten sich Olympioniken mit Stierblut, Atropin aus der Alraunwurzel und Alkohol. Die Vorgänger der heutigen ‚Smart Drugs‘ wurden – unter dem Namen Pervitin – von deutschen Jagdfliegern während des zweiten Weltkriegs eingesetzt.

Den Beginn der großen, gesellschaftlich relevanten Verbreitung markiert jedoch wohl das Aufkommen einer neuen Krankheit: ADHS, das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom.

Die Hintergründe, Daten und Studien dazu finden Sie im Leitartikel der RennRad-Ausgabe 10/2020. In den USA werden heute elf Prozent der Kinder zwischen vier und 17 Jahren mit ADHS diagnostiziert. Die Gegenmittel heißen: Methylphenidat, Medikamente wie Ritalin oder Medikinet und Amphetamine, die die Konzentration und die Ausschüttung von Dopamin erhöhen sollen.

Im Sport gelten sie als Doping-Mittel – im „normalen“ Leben nicht. Die US-Leichtathletin Kelli White ist die erste, die des ‚Smart-Drug-Dopings‘ überführt wurde. 2003 wurde sie positiv auf Modafinil getestet – und musste ihre beiden WM-Goldmedaillen zurückgeben.

Musik und Betablocker

Der Sport steht für eine „Gegenwelt“ zum Alltag. Für Fairness, Teamwork und Chancengleichheit. Ebenso wie ein anderes gesellschaftliches Teilsystem: die Musik. Die Mittel und Wege zu mehr Leistung sind andere – doch die Prinzipien sind dieselben.

Das „Optimierungsmittel“, das unter ambitionierten und Profi-Musikern wohl am weitesten verbreitet ist, heißt: Betablocker. 72 Prozent der mehr als 5000 befragten Klassik-Musiker gaben an, aktuell oder zuvor Betablocker einzunehmen beziehungsweise eingenommen zu haben. Dies zeigte eine Studie aus dem Jahr 2016. 1987 lag diese Quote bei „nur“ 30 Prozent.

Betablocker sind das EPO und das Anabolikum der Orchester-Musiker. Die Medikamente verlangsamen das Herz, unterdrücken Nervosität, mindern Fahrigkeit und zitternde Finger. Die WADA stuft sie als leistungssteigernde Mittel ein. Im Golf, Motorsport, Bogenschießen, Schießen und einigen Ski- und Snowboardwettbewerben sind sie verboten. 2008 wurden einem nordkoreanischen Olympia-Medaillengewinner im Pistolenschießen beide Medaillen wegen der Einnahme eines Betablockers aberkannt.

Geld und Status

„Für moderne klassische Musiker liegt die Entscheidung zu dopen nicht darin begründet, ein neues künstlerisches Niveau zu erreichen, sondern darin, den eigenen Job zu sichern“, schreibt ‚The Harvard Crimson‘. Und – als Fazit: „Es ist an der Zeit, zuzugeben, dass unser musikalisches Elfenbein vom Elefanten im Raum stammt.“

Der Elefant im Raum, über den niemand spricht. Dieses Bild traf auch auf den Radsport zu. Bis 1998, dem Jahr des Festina-Doping-Skandals. Hat der Radsport ein Doping-Problem? Natürlich. Zumindest spricht extrem viel dafür, dass dem so ist: die Vergangenheit, die Leistungen, der Pharma-Markt, die potenziellen Effekte, die physiologischen Belastungen, die nachgewiesene Ineffizienz des Doping-Kontrollsystems, die menschliche Psyche. Runtergebrochen: Wenn es die Möglichkeit zum Betrug – oder anders ausgedrückt zur ‚Selbstoptimierung‘ – gibt, werden Menschen diese auch nutzen. Denn dies ist der ‚leichte‘ Weg. Man arbeitet an sich, seinem Körper, seinem Geist, seiner Optik, seinem Selbstwertgefühl.

Profi-Radsport als schwarzes Schaf?

Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts nahmen 23 Prozent der männlichen Fitnessstudiobesucher bereits Anabolika ein. Warum? Es geht ihnen – anders als im Profisport – nicht um Verträge, nicht um Geld, nicht um die eigene Zukunft. Es geht um die Arbeit an der eigenen Identität. Und um das Nutzen von Möglichkeiten.

Noch heute wird der Profi-Radsport vielfach als das eine schwarze Schaf des Sport-Systems dargestellt. Jedoch spricht Vieles dafür, dass – um in diesem Bild zu bleiben – alle Schafe schwarz, oder zumindest grau, sind. Nicht nur im Leistungssport, sondern in allen gesellschaftlichen Teilbereichen. In dem einen System heißt das Sich-Selbstoptimieren „Betrug“, im anderen heißt es „Effizienz“. Im einen gibt es Kontrollen, Regeln und Sanktionen – im anderen spielt nur die erbrachte Leistung eine Rolle. Der Weg dorthin interessiert niemanden.

Die – wie auch immer erbrachte – Leistung, beziehungsweise das wie auch immer optimierte Äußere, wird honoriert. Mit Anerkennung, Geld, Status, Instagram-Followern, Ruhm. Vielleicht lautet das passende Wort dafür: Doppelmoral.

Übersicht über alle Inhalte der RennRad 4/2021.